BT-Drucksache 18/1658

zu der Unterrichtung - Drucksache 18/419 Nr. A.44 - Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO) KOM(2013) 534 endg.; Ratsdok.-Nr. 12558/13*) hier: a) Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes b) Politischer Dialog mit den EU-Institutionen

Vom 4. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1658
18. Wahlperiode 04.06.2014

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

zu der Unterrichtung
– Drucksache 18/419 Nr. A.44 –

Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen
Staatsanwaltschaft (EPPO)
KOM(2013) 534 endg.; Ratsdok. 12558/13*

hier: a) Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23
Absatz 3 des Grundgesetzes

b) Politischer Dialog mit den EU-Institutionen

A. Problem
Die Europäische Kommission hat am 17. Juli 2013 einen Vorschlag für eine Ver-
ordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft
(EPPO) vorgelegt. Aufgabe der dezentral aufgebauten Europäischen Staatsanwalt-
schaft soll die Untersuchung und Verfolgung von Straftaten sein, die die finanziel-
len Interessen der Europäischen Union schädigen.

B. Lösung
Annahme einer Entschließung, mit der der Deutsche Bundestag eine Stellungnah-
me gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes gegenüber der Bundesregierung
abgibt. Die Bundesregierung soll darin aufgefordert werden, im weiteren Verhand-
lungsverlauf bestimmte, in der Entschließung aufgeführte Belange durchzusetzen.
Um ihre Berücksichtigung durch Kommission und Europäisches Parlament zu
ermöglichen, soll ferner der Präsident des Deutschen Bundestages gebeten werden,
die Stellungnahme an den Präsidenten der Europäischen Kommission und an den
Präsidenten des Europäischen Parlaments zu übermitteln.
Einstimmige Annahme einer Entschließung in Kenntnis des Vorschlags der
Kommission.

* Von einer Drucklegung des Ratsdokuments wird abgesehen; dieses ist in EuDoX unter Ratsdok. 12558/13 abrufbar.

Drucksache 18/1658 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1658

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
in Kenntnis der Unterrichtung auf Drucksache 18/419 Nr. A.44 zu dem Vorschlag
für eine Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwalt-
schaft (KOM(2013) 534 endg.) folgende Entschließung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes anzunehmen:
„I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Deutsche Bundestag begrüßt den Ansatz der Kommission zur Errichtung
einer dezentral aufgebauten Europäischen Staatsanwaltschaft (EU-StA), deren
Aufgabe es sein soll, Straftaten zum Nachteil der Europäischen Union zu be-
kämpfen. Struktur und rechtlicher Handlungsrahmen für die EU-StA müssen
darauf ausgerichtet sein, effektive Ermittlungsverfahren unter Beachtung hoher
rechtsstaatlicher Anforderungen zu gewährleisten und eine enge Zusammenar-
beit mit den Behörden der Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Der Deutsche Bun-
destag sieht in dem Verordnungsvorschlag der Kommission vom 18. Juli 2013
(Ratsdokument 12558/13) vor allem unter Berücksichtigung des von der Rats-
präsidentschaft am 17. März 2014 vorgelegten Arbeitsdokuments (DS
1154/14) eine Verhandlungsgrundlage zur Errichtung der EU-StA. Der Bun-
destag begrüßt, dass mit dem Arbeitsdokument auch Änderungen zu einer Rei-
he von Regelungen vorgeschlagen werden, die auch der Bundestag kritisch ge-
sehen hatte.

II. Der Deutsche Bundestag nimmt wie folgt Stellung und fordert die Bundesre-
gierung auf, im weiteren Verhandlungsverlauf folgende Belange durchzuset-
zen:

Die EU-StA muss die für ihre operative Arbeit erforderliche Unabhängigkeit
besitzen. Zugleich muss aber auch ein ausreichendes Maß parlamentarischer
Kontrolle über die EU-StA gewährleistet sein. Der Bundestag begrüßt die Re-
gelung in Artikel 70 des Verordnungsvorschlags, die nicht nur die Erstellung
eines Jahresberichts durch die EU-StA vorsieht, sondern auch gewährleistet,
dass (die Europäische Staatsanwältin im Folgenden generisches Maskulinum)
der Europäische Staatsanwalt als Behördenleiter dem Europäischen Parlament
persönlich Bericht erstattet. Zu befürworten ist insbesondere auch, dass die na-
tionalen Parlamente den Europäischen Staatsanwalt oder die Abgeordneten Eu-
ropäischen Staatsanwälte auffordern können, an einer Aussprache über allge-
meine Angelegenheiten der EU-StA teilzunehmen. Zu Recht unterstreicht der
Verordnungsvorschlag auch, dass die EU-StA, ihr Behördenleiter und die Ab-
geordneten Europäischen Staatsanwälte grundsätzlich zu Verschwiegenheit
und Geheimhaltung hinsichtlich der operativen Tätigkeit der EU-StA ver-
pflichtet sein werden. Gleichwohl sollte nach Wegen gesucht werden, die Be-
richts- und Rechenschaftspflichten der EU-StA zu stärken, ohne dass dadurch
laufende Ermittlungen oder der notwendige Schutz personenbezogener Daten
gefährdet werden. So könnte die EU-StA-Verordnung über den gegenwärtigen
Vorschlag hinausgehend in ähnlicher Weise eine vom Europäischen Parlament
und den Parlamenten der Mitgliedstaaten gemeinsam ausgeübte Kontrolle vor-
sehen.

Wesentliches Element des dezentralen Aufbaus der Europäischen Staatsan-
waltschaft sind die sogenannten Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte,
die zwar eine Rechtsstellung als Staatsanwälte in den Mitgliedstaaten haben
sollen, aber zugleich bei der Durchführung der ihnen übertragenen Ermittlun-
gen für die EU-StA dem ausschließlichen Weisungsrecht der Europäischen
Staatsanwaltschaft unterliegen sollen. Der Deutsche Bundestag begrüßt diesen

Drucksache 18/1658 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Vorschlag der Kommission, der Teil eines dezentralen Regelungsansatzes ist,
der ergänzend zur Verordnung auf das einzelstaatliche Verfahrensrecht zu-
rückgreift und vorsieht, dass die EU-StA bei ihren Ermittlungen eng mit den
Behörden der Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Allerdings ist nicht zu ver-
kennen, dass die in Artikel 6 des Verordnungsvorschlags (Artikel 12 des Ent-
wurfs i. d. F. vom 17. März 2014) vorgesehene „Doppel-Hut“-Stellung der Ab-
geordneten Europäischen Staatsanwälte auch Probleme mit sich bringen kann.
Hier bedürfen das ausschließliche Weisungsrecht des Europäischen Staatsan-
walts und die entsprechende Unabhängigkeit von den einzelstaatlichen Behör-
den noch der näheren Präzisierung. Das gilt unter anderem für die Regelung
möglicher Konflikte, die sich ergeben können, wenn die Abgeordneten Euro-
päischen Staatsanwälte auch weiterhin Aufgaben als einzelstaatliche Staatsan-
wälte wahrnehmen. Zu prüfen ist, ob es angesichts vorhersehbarer Konflikte
nicht günstiger und klarer wäre, den Tätigkeitsbereich der Abgeordneten Euro-
päischen Staatsanwälte auf die Europäische Staatsanwaltschaft zu beschrän-
ken. Dadurch könnte auch eher eine hinreichende Spezialisierung auf Strafta-
ten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU gewährleistet werden, die
wegen der Komplexität dieser Fälle unerlässlich erscheint [vgl. Grünewald,
HRRS 12/2013, S. 508 (519)]. Die hier zu findenden Lösungen müssen auch
verfassungs- und beamtenrechtliche Anforderungen der Mitgliedstaaten in
Rechnung stellen und die Funktionsfähigkeit und Integrität der mitgliedstaat-
lichen Behörden wahren. In diesem Zusammenhang bedarf es noch der Prü-
fung, was gelten soll und wie vorgegangen werden soll, wenn eine Weisung
des Europäischen Staatsanwalts bzw. gegebenenfalls seiner Vertreter mit dem
nationalen Recht kollidiert. Der Deutsche Bundestag regt an, das Ernennungs-
verfahren für die sogenannten Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte da-
von abhängig zu machen, dass diese eine näher zu bestimmende Berufs- und
Praxiserfahrung nachweisen. Statt der Ernennung des Leiters der Europäischen
Staatsanwaltschaft und seiner Vertreter durch den Rat mit Zustimmung des Eu-
ropäischen Parlaments sollte ein Wahlverfahren implementiert werden, das ih-
re demokratische Legitimation sicherstellt. Hierbei ist insbesondere an eine
Wahl durch das Europäische Parlament zu denken, da dieses nicht die Exeku-
tive der Mitgliedstaaten, sondern das europäische Wahlvolk verkörpert. Zudem
sollten die Entlassungsgründe näher präzisiert werden. Nach Art. 8 und Art. 10
Abs. 3 soll eine Entlassung insbesondere möglich sein, wenn der Europäische
Staatsanwalt bzw. die Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte nicht mehr
die Voraussetzungen für die Erfüllung seiner bzw. ihrer Pflichten erfüllt/
erfüllen. Um den Gedanken der Unabhängigkeit zu stärken und willkürliche
Entlassungen auszuschließen, erscheint hier eine Präzisierung wünschenswert.

Bei den wesentlichen Grundsätzen für die Tätigkeit der Europäischen Staats-
anwaltschaft in Art. 11 des Verordnungsvorschlags sollte die Bindung an Ge-
setz und Recht ergänzt werden. Dies ist ein wesentlicher Grundsatz des deut-
schen Verfassungsrechts, der für alle vollziehende Gewalt gilt (Art. 20 Abs. 3
GG) und daher auch bei der Übertragung von Kompetenzen an die Europäi-
sche Staatsanwaltschaft klargestellt werden sollte. Es ist zu begrüßen, dass in
Art. 11 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags der rechtsstaatlich ebenfalls es-
sentielle Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genannt ist. Diesbezüglich wären
allerdings zwei Verbesserungen zu wünschen. Zum einen sollten sich die
Maßnahmen der Europäischen Staatsanwaltschaft nicht nur hieran „orientie-
ren“ müssen, sondern daran gebunden sein. Zum anderen besteht ein Verbesse-
rungsbedarf in der Bezugnahme auf Art. 26 Absatz 3, der den Verhältnismä-
ßigkeitsgrundsatz definieren soll. Dort werden zwar Ermittlungsmaßnahmen
ausgeschlossen, deren Ziel auch mit weniger eingreifenden Mitteln erreicht
werden kann. Nicht ausgeschlossen werden jedoch Maßnahmen, die in diesem
Sinne erforderlich, aber nicht angemessen im Verhältnis zur Schwere des Ein-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1658

griffs sind (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne). Die Gesamtabwägung al-
ler Vor- und Nachteile insbesondere unter Berücksichtigung der Grundrechte
gehört nach dem Verständnis des Deutschen Bundestages zum Kernbestand
der Rechtsstaatlichkeit. Dies sollte in dem Verordnungsvorschlag sichergestellt
werden.

Der Verordnungsvorschlag der Kommission sah vor, dass die EU-StA eine
ausschließliche Zuständigkeit für die in Artikel 12 des Verordnungsvorschlags
in Bezug genommenen Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der
Union haben soll. Der Bundestag begrüßt, dass die Ratspräsidentschaft mit
dem Arbeitsdokument vom 17. März 2014 einen anderen Ansatz wählt und die
Zuständigkeit der EU-StA nicht als eine die Behörden der Mitgliedstaaten aus-
schließende Zuständigkeit ausgestaltet (Artikel 5 Abs. 3 und Artikel 19 des
Entwurfs i. d. F. des Arbeitsdokuments). Die darin jetzt vorgesehene konkur-
rierende (parallele) Zuständigkeit mit einem Evokationsrecht der EU-StA kann
dazu beitragen, dass die EU-StA effizient arbeitet und sich auf Fälle konzent-
rieren kann, bei denen die Ermittlungen auf Unionsebene einen echten Mehr-
wert bringen.

Die Regelungen in Artikel 13 des Verordnungsvorschlags der Kommission zur
Zuständigkeit „kraft Sachzusammenhangs“ vermochten nicht vollständig zu
überzeugen. Aus Sicht des Deutschen Bundestages ist es richtig, geeignete Re-
gelungen für Fälle der Identität der materiellen Tat i. S. eines Komplexes un-
trennbar miteinander verbundener Tatsachen zu finden, bei denen die rechtli-
che Qualifizierung der Tat sowohl eine Zuständigkeit der EU-StA nach Artikel
12 des Verordnungsvorschlags begründen würde, als auch eine Zuständigkeit
der einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden im Hinblick auf andere Delikte
als die in Artikel 12 genannten. Hier verlangt der Grundsatz „ne bis in idem“
in der Ausprägung, die er auch in den Entscheidungen des EuGH zu Art. 54
SDÜ gefunden hat, dass die Strafverfolgung insgesamt in einer Hand liegt und
der Betroffene sich nicht wegen derselben Tat sowohl einem Ermittlungsver-
fahren der EU-StA wie auch einem Verfahren der einzelstaatlichen Behörden
stellen muss. Die in dem Arbeitsdokument der Ratspräsidentschaft vom 17.
März 2014 vorgelegte Fassung dieser Vorschrift (dort Artikel 18) ist eine be-
grüßenswerte Fortentwicklung des Kommissionsvorschlags, die den genannten
Anforderungen besser als bisher gerecht wird. Allerdings sollte wegen der er-
heblichen Ausweitungsgefahr der Kompetenzen der Europäischen Staatsan-
waltschaft durch die Zuständigkeit bei verbundenen Straftaten in den originä-
ren Bereich der in nationaler Verantwortung liegenden Strafverfolgung, nach
weiteren Begrenzungskriterien gesucht werden.

Ob eine Zuständigkeit „kraft Sachzusammenhangs“ vorliegt und ggf. ob diese
einheitliche Zuständigkeit unter Berücksichtigung des Schwerpunktes von der
EU-StA oder von den einzelstaatlichen Behörden ausgeübt werden sollte, kann
auch Auswirkungen auf den Beschuldigten hinsichtlich der Wahrnehmung sei-
ner Verteidigungsrechte und hinsichtlich der Straferwartung haben. Die nach
Artikel 13 Abs. 3 des Verordnungsvorschlags (Artikel 18 Abs. 6 i. d. F. des
Arbeitsdokuments vom 17. März 2014) zu treffende Entscheidung sollte daher
– ebenso wie die einverständliche Entscheidung nach Abs. 1 – einer gerichtli-
chen Kontrolle unterliegen. Daher ist zu begrüßen, dass in dem jetzt vorliegen-
den Arbeitsdokument die Regelung in Abs. 4 des Kommissionsvorschlags ge-
strichen wurde, die eine solche gerichtliche Überprüfung ausdrücklich ausge-
schlossen hätte. Weitergehend sollte aber eine gerichtliche Überprüfung in der
Verordnung vorgeschrieben werden.

Auch die Regelungen zur Zuständigkeitsverteilung innerhalb der EU-StA so-
wie zur Auswahl des Gerichtes, bei dem Anklage erhoben werden soll, vermö-
gen noch nicht zu überzeugen. Hinsichtlich der Geschäftsverteilung sieht Arti-

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kel 7 Abs. 2 des Kommissionsvorschlags (Artikel 16 Abs. 1 des Entwurfs
i. d. F. des Arbeitsdokuments vom 17. März 2014) vor, dass diese von der EU-
StA selbst im Rahmen der Geschäftsordnung geregelt werden soll. Die Ge-
schäftsverteilung muss aber transparenten und für den Bürger vorhersehbaren
Regelungen folgen. In jedem Fall muss die Geschäftsordnung der EU-StA all-
gemein zugänglich und für den Bürger einsehbar sein. Zumindest die Grund-
züge der Regelungen zur internen Zuständigkeitsverteilung müssen aber in der
EU-StA-Verordnung selbst geregelt werden und dürfen nicht der Geschäfts-
ordnung überlassen bleiben. Bei Fällen, die grenzüberschreitende Bedeutung
haben, und sei es auch nur, weil dem Staatsbürger eines Mitgliedstaates vor-
geworfen wird, eine Straftat in einem anderen Mitgliedstaat begangen zu ha-
ben, kann die Entscheidung, in welchem der beiden Mitgliedstaaten das Er-
mittlungsverfahren geführt wird, für den Betroffenen erhebliche Bedeutung
haben. Divergierendes Strafverfahrensrecht und unterschiedliche Möglichkei-
ten des Betroffenen, sich in dem einen oder dem anderen Mitgliedstaat effektiv
zu verteidigen, sowie – trotz teilweiser Harmonisierung – weiter bestehende
Unterschiede im materiellen Strafrecht der Mitgliedstaaten können sich auf
den Ausgang des Verfahrens auswirken. Daher muss schon die Verteilung der
Zuständigkeiten zwischen den Abgeordneten Europäischen Staatsanwälten der
einzelnen Mitgliedstaaten nach Maßgabe von Kriterien und Verfahrensrege-
lungen erfolgen, die jedenfalls im Grundsatz in der Verordnung selbst festge-
legt werden.

Sowohl im Interesse des Beschuldigten als auch im Interesse einer effektiven
Strafverfolgung sollte die auf den Einzelfall anwendbare Rechtsordnung be-
reits im Ermittlungsverfahren bekannt sein und nicht, wie es der Verordnungs-
vorschlag vorsieht, erst nach Abschluss der Ermittlungen durch Auswahl des
für das Hauptverfahren zuständigen Gerichts (Artikel 27 Abs. 4) bestimmt
werden. Weder im Hinblick auf die Auswahl des Mitgliedstaates, dessen Ab-
geordneter Europäischer Staatsanwalt die Ermittlungen führen soll, noch bei
der Auswahl des für das Hauptverfahren zuständigen Gerichts sollte die EU-
StA freies Ermessen haben. Zudem sollte auch klargestellt werden, dass die
Auswahlbefugnis der EU-StA auf die Gerichte solcher Mitgliedstaaten be-
schränkt ist, die überhaupt „Gerichtsbarkeit“ für die anzuklagenden Taten ha-
ben, wobei sich die Pflicht zur Begründung einer solchen „Gerichtsbarkeit“
nach der noch in Verhandlung befindlichen Richtlinie des Europäischen Par-
laments und des Rates über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die fi-
nanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug (vgl.
2012/0193 (COD) bestimmen wird. Insoweit ist zu begrüßen, dass Art. 19 Abs.
1 lit. b des Entwurfs i. d. F. des Arbeitsdokuments vom 17. März 2014 erst-
mals den Ansatz aufgreift, dass die Ausübung der Zuständigkeit der EU-StA
die „Gerichtsbarkeit“ des entsprechenden MS nach dessen nationalen Vor-
schriften erfordert. Die in Artikel 27 Abs. 4 des Verordnungsvorschlags ge-
nannten Kriterien bedürfen ebenfalls der Präzisierung und Gewichtung. Zu
denken ist hier an eine Priorisierung der in Artikel 27 Absatz 4a und 4b ge-
nannten Kriterien.

Hinsichtlich der gerichtlichen Kontrolle muss jedenfalls gewährleistet sein,
dass die Wahl des Gerichtsorts im Zuge des Hauptverfahrens – von Amts we-
gen oder auf Antrag – geprüft wird. Sofern die EU-StA-Verordnung ausrei-
chende Kriterien für diese Entscheidung der EU-StA vorsieht, dürfte diese Prü-
fung auch durch die Gerichte der Mitgliedstaaten in angemessener Weise vor-
genommen werden können. In Zweifelsfällen müssten sie dem EuGH imWege
des Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 267 AEUV eine Frage zur
Auslegung der in der Verordnung vorgesehenen Kriterien vorlegen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1658

Im Hinblick auf die Ermittlungstätigkeit der EU-StA sieht das derzeitige Rege-
lungskonzept des Verordnungsvorschlags vor, dass die Ermittlungen für Straf-
taten, die in die ausschließliche Zuständigkeit der EU-StA fallen, von dieser
eingeleitet und sodann grundsätzlich von den Abgeordneten Staatsanwälten
durchgeführt werden. Die einzelnen Ermittlungsmaßnahmen, welche der EU-
StA in jedem Mitgliedstaat zur Verfügung stehen müssen, sind in Artikel 26
des Verordnungsvorschlags genannt. Ergänzend sieht Artikel 17 Abs. 1 des
Verordnungsvorschlags der Kommission vor, dass notwendige Eilmaßnahmen
auch von den einzelstaatlichen Behörden getroffen werden können, bevor die
EU-StA ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat. Nach anschließender Ver-
weisung der Sache an die EU-StA soll diese die von den einzelstaatlichen Be-
hörden getroffenen Maßnahmen „bestätigen“. Dabei bleibt unklar, was unter
dem Begriff der „Bestätigung“ zu verstehen ist und welche Auswirkungen ein
Unterbleiben der Bestätigung auf die durchgeführte Eilmaßnahme haben wür-
de. Hier bedarf es einer klaren Regelung der rechtlichen Grundlagen und
Rechtsfolgen solcher Eilmaßnahmen. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann
der Ansatz der Ratspräsidentschaft, eine konkurrierende Zuständigkeit von
EU-StA und einzelstaatlichen Behörden vorzusehen (Artikel 19 des Arbeitsdo-
kuments vom 17. März 2014), besser geeignet sein, eine sachgerechte Lösung
zu finden, da in diesem Fall Eilmaßahmen von den einzelstaatlichen Behörden
zunächst im Hinblick auf ein eigenes Ermittlungsverfahren nach Maßgabe des
eigenen Strafverfahrensrechts getroffen werden könnten.

Die im Verordnungsvorschlag vorgesehene Möglichkeit des Behördenleiters
(bzw. der Zentrale der EU-StA), unter bestimmten Voraussetzungen die Er-
mittlungen an sich zu ziehen und die Ermittlungen selbst zu leiten (Artikel 18
Abs. 5 des Verordnungsvorschlags der Kommission), wirft erhebliche rechtli-
che Probleme auf. Der Verordnungsvorschlag regelt nicht hinreichend, wie die
Aufgabenabgrenzung zwischen der Zentrale und den mitgliedstaatlichen Be-
hörden, die bei der Durchführung der Ermittlungsmaßnahmen zu beteiligen
sind (Artikel 18 Abs. 6), ausgestaltet sein soll. Auch bleibt offen, welches ein-
zelstaatliche Recht auf ein solches Ermittlungsverfahren Anwendung finden
soll. Nach Auffassung des Deutschen Bundestages dürfte es kaum möglich
sein, in diesen Fragen ausreichende, angemessene und auch für die Beschul-
digten vorhersehbare Regelungen zu finden, sofern darauf verzichtet wird, eine
einheitliche, eigene Strafverfahrensordnung für die EU-StA zu schaffen. Da es
angesichts der Gesamtkonzeption für die EU-StA auch wenig praktikabel er-
scheint, dass die Zentrale der EU-StA selbst die Ermittlungen vor Ort in den
Mitgliedstaaten leitet, sollte grundsätzlich darauf verzichtet werden, in der
Verordnung eine solche Kompetenz für den Behördenleiter bzw. die Zentrale
vorzusehen.

Der Verordnungsvorschlag verzichtet darauf, substantielle eigene Regelungen
für die Ermittlungsmaßnahmen zu treffen, die der EU-StA zur Verfügung ste-
hen und verweist in Artikel 26 stattdessen weitgehend auf das einzelstaatliche
Recht. Angesichts der Unterschiede in den Verfahrensordnungen der Mitglied-
staaten ist zu bedenken, dass diese Lösung gerade bei grenzüberschreitenden
Fällen zu Problemen nicht nur für die beteiligten Behörden, sondern auch für
die Beschuldigten führen kann. In jedem Fall muss vermieden werden, mit Ar-
tikel 26 eine unklare Gemengelage von europäischen und einzelstaatlichen Re-
gelungen zu schaffen. Insbesondere weil die Errichtung der EU-StA durch eine
Verordnung mit unmittelbarer Geltung in den Mitgliedstaaten erfolgen soll,
darf die Regelung zu den Ermittlungsbefugnissen nicht zu Konflikten mit den
einzelstaatlichen Verfahrensordnungen führen. Art. 26 Abs. 1 sollte deshalb
dahingehend ergänzt werden, dass die Europäische Staatsanwaltschaft die ge-
nannten Ermittlungsmaßnahmen nur dann beantragen oder anordnen kann,
wenn das anwendbare nationale Recht sie vorsieht. Art. 26 Abs. 2 Satz 1 sollte

Drucksache 18/1658 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

insoweit ergänzt werden, dass die in Abs. 1 genannten Maßnahmen generell
technisch möglich sein müssen, sofern das nationale Recht sie vorsieht. Ent-
sprechend Art. 26 Abs. 2 Satz 2 muss sich die Anordnung der Maßnahmen je-
doch nach dem einzelstaatlichem Recht richten. In Art. 26 Abs. 4 sollte zudem
klargestellt werden, dass es im Hinblick auf die in den Buchstaben a bis j vor-
gesehenen eingriffsintensiven Ermittlungsmaßnahmen immer dann einer rich-
terlichen Genehmigung bedarf, wenn dies nach nationalem Recht der Fall wä-
re. Auch sollten Hinweise zu Eingriffsschwellen, Verhältnismäßigkeit und
Verfahrensvoraussetzungen aufgenommen werden, soweit sie nicht zu Unklar-
heiten bei der Anwendung im Zusammenwirken mit dem nationalen Recht
führen können.

Der Verordnungsvorschlag enthält keine hinreichend klaren Regelungen zu der
Frage, wie innerhalb der EU-StA grenzüberschreitend ermittelt werden soll.
Der Deutsche Bundestag begrüßt den Ansatz der Kommission, dass die Ermitt-
lungsmaßnahmen jeweils von einem örtlich zuständigen Abgeordneten Euro-
päischen Staatsanwalt getroffen werden sollen (Artikel 18 Abs. 2 des Verord-
nungsvorschlags der Kommission). Es reicht aber nicht aus, wenn insoweit le-
diglich bestimmt wird, der die Ermittlungen führende Abgeordnete Europäi-
sche Staatsanwalt handle in enger Abstimmung mit dem jeweils örtlich zustän-
digen Kollegen. Da der Verordnungsvorschlag darauf verzichtet, ein einheitli-
ches Verfahrensrecht für die Ermittlungen durch die EU-StA zu schaffen, fin-
det das einzelstaatliche Recht des Ortes Anwendung, in dem die Ermittlungs-
maßnahme getroffen wird (Artikel 11 Abs. 3 des Verordnungsvorschlags der
Kommission, entsprechend Artikel 5 Abs. 2 des Entwurfs i. d. F. des Arbeits-
dokuments vom 17. März 2014). Daher muss die Verordnung um Regelungen
ergänzt werden, auf welcher rechtlichen Grundlage grenzüberschreitend ge-
handelt wird. Es ist zu klären, ob die künftige Richtlinie über die Europäische
Ermittlungsanordnung und der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haft-
befehl Anwendung finden sollen oder die Verordnung eigene Regelungen für
die grenzüberschreitenden Ermittlungen enthalten soll, die auch den Unter-
schiedlichkeiten der einzelstaatlichen Strafverfahrensordnungen Rechnung tra-
gen.

Der Verordnungsvorschlag enthält in Artikel 28 Vorschriften zur Einstellung
eines Ermittlungsverfahrens sowie in Artikel 29 die Möglichkeit, ein Verfah-
ren im Wege eines sogenannten Vergleichs nach Erbringung einer Geldauflage
zu beenden. Soweit an der Möglichkeit des Vergleichs nach Artikel 29 der
Verordnung festgehalten wird, sollten Regelungen zur Herstellung von Trans-
parenz wie Protokollierungspflichten und die Mitwirkung des Gerichts imple-
mentiert werden. Zudem ist erforderlich, klarzustellen, wohin der auferlegte
Geldbetrag einbezahlt werden soll. Die ausdrückliche Regelung der Vorausset-
zungen einer (zwingenden) Einstellung in Artikel 28 ist zu begrüßen. Sie sollte
allerdings ergänzt werden um eine Regelung zur Einstellung in solchen Fällen,
in denen ein nationales Gericht oder eine nationale Staatsanwaltschaft ein Ver-
fahren im Hinblick auf die Erfüllung von Weisungen oder Auflagen mit der
Wirkung eines endgültigen Verfahrenshindernisses eingestellt haben. Ebenfalls
nicht ausdrücklich vorgesehen ist die Benachrichtigung des Beschuldigten von
der Einstellung des Verfahrens – wie sie in etwa Deutschland in § 170 Abs. 2
StPO geregelt ist. Eine entsprechende Verpflichtung sollte auch für die EU-
StA gelten. Im Übrigen muss geregelt werden, in welchem Verhältnis die Ein-
stellungsregelungen der Verordnung zu den Einstellungsmöglichkeiten der
mitgliedstaatlichen Verfahrensordnungen stehen. Auch die Möglichkeit einer
Entschädigung des Beschuldigten und die Möglichkeit eines Klageerzwin-
gungsverfahrens, ähnlich dem in Deutschland gemäß den §§ 172 ff. StPO, soll-
te aufgenommen werden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/1658

Außerdem fehlen hinreichend präzise Regelungen zur Rechtskraft der Ent-
scheidungen nach Artikel 28 bzw. Artikel 29. Bei einer Verfahrenseinstellung
nach Artikel 28 Abs. 2 lit. b sollte immer die Möglichkeit der Wiederaufnahme
bzw. Fortsetzung der Ermittlungen bestehen, solange noch keine Strafverfol-
gungsverjährung eingetreten ist. Gleiches gilt für Art. 28 Abs. 1 lit. c, wenn die
Immunität aufgehoben wird und für Art. 28 Abs. 2 lit. a, wenn neue Tatsachen-
oder Beweismittel vorliegen, die zu einer Änderung der rechtlichen Beurtei-
lung der Tat führen. Artikel 28 Abs. 1 lit. e sieht vor, dass die EU-StA ein et-
waiges neues Ermittlungsverfahren einzustellen hat, wenn der Verdächtige
wegen derselben Tat bereits in der Union rechtskräftig freigesprochen oder
verurteilt worden ist oder ein Vergleich nach Artikel 29 geschlossen wurde.
Nach Auffassung des Deutschen Bundestages ist dies eine im Lichte von Arti-
kel 50 GRC richtige und notwendige Regelung. Entsprechend Art. 4 Abs. 2
des Protokolls Nr. 7 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten in der Fassung des Protokolls Nr. 11 sollte allerdings eine
Wiederaufnahme des Verfahrens grundsätzlich auch möglich sein. Nicht gere-
gelt ist im Verordnungsvorschlag zudem die Frage, ob auch die nationalen
Behörden der Mitgliedstaaten gehindert sind, ein Strafverfahren zu führen,
obwohl die EU-StA bereits wegen derselben Tat ein Verfahren nach erbrachter
Geldauflage gemäß Artikel 29 eingestellt hat. Zwar sind auch die Mitgliedstaa-
ten an den in Artikel 50 GRC niedergelegten Grundsatz „ne bis in idem ge-
bunden“; es sollte jedoch eine dahingehende Klarstellung in der EU-StA Ver-
ordnung erwogen werden. Zudem sollte eine Wiederaufnahmemöglichkeit der
Ermittlungen für den Fall erwogen werden, wenn die Tat wegen eines Verge-
hens gemäß Art. 29 nach der Zahlung eingestellt wurde und Tatsachen bekannt
werden, die den Verdacht eines Verbrechens begründen.

Der Verordnungsvorschlag verweist in Artikel 32 einerseits auf die Geltung
der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthaltenen
Beschuldigtenrechte, andererseits auf bereits verabschiedete oder noch zu ver-
abschiedende Richtlinien in Umsetzung der Entschließung des Rates über ei-
nen Fahrplan zur Stärkung der Verfahrensrechte von Verdächtigen oder Be-
schuldigten in Strafverfahren vom 24. November 2009. Der Deutsche Bundes-
tag ist der Auffassung, dass in dem von der Europäischen Staatsanwaltschaft
geführten Ermittlungsverfahren ein hoher Mindeststandard an Beschuldigten-
rechten gewährleistet sein muss. Soweit in den Artikeln 33 bis 35 einzelne
Beschuldigtenrechte normiert sind, für die es bislang noch keine EU-
Richtlinien gibt, die jedenfalls Mindeststandards namentlich in Bezug auf das
Recht auf Aussageverweigerung, die Unschuldsvermutung und Beweisrechte,
aber auch einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe setzen, ist es nicht ausrei-
chend, die EU-StA lediglich dazu zu verpflichten, diese Verfahrensgarantien
„im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht“ zu gewährleisten. Nach Auf-
fassung des Bundestages sollte zunächst eine weitere Harmonisierung der nati-
onalen Rechtsordnungen im Hinblick auf ein Mindestmaß gemeinsamer
Beschuldigtenrechte in Form von Richtlinien auf der Grundlage von Artikel 82
Abs. 2 AUV erfolgen, auf deren Beachtung dann auch die EU-StA verpflichtet
werden sollte. Einem solchen Weg wäre gegenüber einer vollständigen und de-
taillierten Kodifizierung der Beschuldigtenrechte in der Verordnung selbst der
Vorzug zu geben. Im Übrigen wäre bei den Beschuldigtenrechten (Art. 32 ff.)
auch das Recht auf Akteneinsicht zu berücksichtigen. Außerdem sind Rege-
lungen für den Umgang mit Unterschieden im jeweiligen nationalen Strafrecht
(z. B. betreffend die Unternehmensbestrafung) und weiteren Unterschieden im
Verfahrensrecht, so bei der Zulassung und Verwendung von Beweismitteln,
dringend erforderlich.

Schließlich sind Protokollierungs- und Dokumentationspflichten sowie straf-
prozessuale Mindestrechte wie das Zeugnisverweigerungsrecht zu ergänzen.

Drucksache 18/1658 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Gegen Ermittlungsmaßnahmen der Europäischen Staatsanwaltschaft müssen
hinreichende Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet sein. Der Deutsche Bundes-
tag unterstützt dabei den Ansatz im Verordnungsvorschlag, dass die einzel-
staatlichen Gerichte jeweils nach Maßgabe des eigenen Strafverfahrensrechts
Schutz gewähren, da die Europäische Staatsanwaltschaft in Wahrnehmung ih-
rer Aufgaben zum Zwecke der gerichtlichen Kontrolle als nationale Justizbe-
hörde „gilt“ (Artikel 36 Absatz 1). Allerdings muss nach dieser Grundkonzep-
tion gewährleistet sein, dass auch tatsächlich in allen Fällen eine angemessene
justizielle Kontrolle gewährleistet ist. Sofern vorgesehen wird, dass die Euro-
päische Staatsanwaltschaft bestimmte Entscheidungen nicht in Anwendung des
innerstaatlichen Strafverfahrensrechts, sondern allein auf der Grundlage der
Vorschriften der EU-StA-Verordnung zu treffen befugt ist, muss entweder eine
Rechtsschutzmöglichkeit auf EU-Ebene geschaffen oder eine klare Zuständig-
keitsregelung dafür getroffen werden, welches mitgliedstaatliche Gericht zu-
ständig sein soll, eine erforderliche gerichtliche Kontrolle auszuüben. Die Re-
gelung einer effektiven Rechtschutzmöglichkeit ist Voraussetzung für die Be-
gründung der Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft.

Das zuständige mitgliedstaatliche Gericht, vor dem die Hauptverhandlung
stattfindet, muss im Hinblick auf die Beweisaufnahme prüfen dürfen, ob die
Beweiserhebung nach rechtsstaatlichen Grundsätzen erfolgt ist. Das zuständige
mitgliedstaatliche Gericht muss weiter prüfen dürfen, ob die Verwendung des
Beweismittels nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in Betracht kommt. Es muss
die Möglichkeit haben, die Verwertung eines Beweismittels abzulehnen und
zwar ausnahmsweise auch dann, wenn die in einem anderen Mitgliedstaat er-
folgte Beweiserhebung nach Maßgabe des dortigen Verfahrensrechts rechtmä-
ßig war, die Beweisverwertung jedoch gegen wesentliche Verfahrensgrundsät-
ze des eigenen nationalen Rechts verstoßen würde. Die Regelung des Artikels
30 des Verordnungsvorschlags muss entsprechend angepasst werden.

III. Um eine Unterstützung des Deutschen Bundestages für das wichtige Vorhaben
einer Europäischen Staatsanwaltschaft zu sichern, wäre es hilfreich, wenn
Kommission und Europäisches Parlament den vorgenannten Punkten im weite-
ren Verhandlungsverlauf Rechnung tragen würden. Der Deutsche Bundestag
bittet seinen Präsidenten, die Stellungnahme an den Präsidenten der Europäi-
schen Kommission und an den Präsidenten des Europäischen Parlaments zu
übermitteln.“

Berlin, den 4. Juni 2014

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Dr. Patrick Sensburg
Berichterstatter

Dr. Johannes Fechner
Berichterstatter

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/1658

Bericht der Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Dr. Johannes Fechner, Halina
Wawzyniak und Hans-Christian Ströbele

I. Überweisung

Das Ratsdokument 12558/13 wurde mit Überweisungsdrucksache 18/419 Nr. A.44 vom 3. Februar 2014
gemäß § 93 Absatz 5 der Geschäftsordnung dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federfüh-
renden Beratung und dem Innenausschuss, dem Haushaltsausschuss sowie dem Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 11. Sitzung am 21. Mai 2014 beraten und empfiehlt einver-
nehmlich deren Kenntnisnahme.
Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage in seiner 4. Sitzung am 19. Februar 2014 beraten und empfiehlt
einvernehmlich deren Kenntnisnahme.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Vorlage in seiner 12. Sitzung am
4. Juni 2014 beraten und empfiehlt einstimmig die Annahme der aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen
Entschließung unter Kenntnisnahme der Vorlage. Die Entschließung entspricht einem Antrag, der von den
Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Ausschuss für Recht und Verbraucher-
schutz eingebracht wurde. Des Weiteren empfiehlt der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union mit den Stimmen der Fraktion der CDU/CSU gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD die Ablehnung eines wortgleichen
Antrags auf Annahme einer Entschließung, der von der Fraktion DIE LINKE. in den Ausschuss für Recht
und Verbraucherschutz eingebracht wurde.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage in seiner 4. Sitzung am 29. Januar 2014
zunächst in Selbstbefassung beraten. Sein Unterausschuss Europarecht hat die Vorlage in seiner 1. Sitzung
am 14. März 2014 und in seiner 3. Sitzung am 4. April 2014 weiter vorbereitend beraten. Der Ausschuss für
Recht und Verbraucherschutz hat die Beratung der Vorlage in seiner 17. Sitzung am 21. Mai 2014 vertagt.
In seiner 18. Sitzung am 4. Juni 2014 hat der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz die Vorlage
beraten und empfiehlt einstimmig, in Kenntnis der Vorlage die aus der Beschlussempfehlung ersichtliche
Entschließung anzunehmen. Die Entschließung entspricht einem Antrag, der von den Fraktionen CDU/CSU,
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eingebracht wur-
de.
Ein wortgleicher Antrag auf Annahme einer Entschließung wurde von der Fraktion DIE LINKE. in den Aus-
schuss für Recht und Verbraucherschutz eingebracht. Dieser wurde mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab-
gelehnt.
Im Verlauf der Beratungen äußerte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kritik daran, dass die Frak-
tion DIE LINKE. nicht auch als Antragstellerin in den Antrag der anderen Fraktionen auf Annahme einer
Entschließung aufgenommen worden sei, zumal die Berichterstatterin der Fraktion DIE LINKE. intensiv an
der Erstellung des Antrags mitgearbeitet habe.
Die Fraktion der CDU/CSU wies darauf hin, dass bereits 16 Mitgliedstaaten der Europäischen Union Sub-
sidiaritätsrügen erhoben hätten. Mehrere Mitgliedstaaten hätten zudem verlauten lassen, sich nicht an dem
Vorhaben zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft beteiligen zu wollen, was deren Effektivität in
Frage stellen könnte.
Auf Nachfrage der Fraktion der CDU/CSU hob das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher-
schutz hervor, die Bundesregierung werde sich intensiv für eine Durchsetzung der in der Stellungnahme des
Drucksache 18/1658 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutschen Bundestages genannten Belange in den weiteren Verhandlungen auf europäischer Ebene einset-
zen. Bereits im Rahmen des Rates Justiz und Inneres am 5./6. Juni 2014 werde die Bundesregierung auf die
vom gesamten deutschen Parlament getragene Stellungnahme hinweisen.

Berlin, den 4. Juni 2014

Dr. Patrick Sensburg
Berichterstatter

Dr. Johannes Fechner
Berichterstatter

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

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