BT-Drucksache 18/143

Umfang der von den USA zurückgewiesenen Einreisewilligen

Vom 6. Dezember 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 18/143
18. Wahlperiode 06.12.2013
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Wolfgang Gehrcke, Annette
Groth, Inge Höger, Ulla Jelpke, Niema Movassat, Stefan Liebich, Harald Petzold
(Havelland), Dr. Petra Sitte, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Umfang der von den USA zurückgewiesenen Einreisewilligen

Medienberichten zu Folge ist dem deutschen Schriftsteller und Überwachungs-
kritiker Ilija Trojanow im Oktober 2013 die Einreise in die USA und eine Teil-
nahme an einer Germanistenkonferenz in Denver verwehrt worden. Während
eines Zwischenstopps in Brasilien wurde ihm am Flughafen ohne Angabe
von Gründen mitgeteilt, dass er US-amerikanischen Boden nicht betreten
dürfe (www.faz.net). Ilija Trojanow führte das gegen ihn verhängte Einreisever-
bot auf sein bürgerrechtliches Engagement im Rahmen der Proteste gegen die
Überwachungspraktiken des US-Geheimdienstes NSA, u. a. durch einen offe-
nen Brief an die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, in dem er die Bundeskanz-
lerin aufforderte, dringend etwas gegen die von Edward Snowden aufgedeckten
Spähmechanismen zu tun, zurück. Und Ilija Trojanow scheint kein Einzelfall zu
sein. Vermehrt finden sich Berichte im Internet (www.vice.com), dass kritischen
Journalisten, Gewerkschaftlern und Menschenrechtlern die Einreise ohne Nen-
nung der Gründe verwehrt wird. So musste z. B. bereits am 19. August 2010 der
Air-France-Flug 438 von Paris nach Mexiko-Stadt einen 50-minütigen Umweg
fliegen, da die US-Behörden keine Überfluggenehmigung für US-amerikani-
sches Territorium erteilten, weil sich an Bord der belgische Jurist und Mitarbei-
ter der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke
(GUE/NGL) im Europaparlament, Paul-Emile Dupret, befand. Paul-Emile
Dupret, der auch auf dem Weg zu einer Konferenz war, vermutet ebenfalls, dass
er auf die sogenannten No-Fly-Listen der US-Sicherheitsbehörden, aufgrund
seines friedlichen politischen Engagements, geraten ist (vgl. hierzu: www.
sueddeutsche.de).
Die USA und Australien haben seit geraumer Zeit ein sogenanntes elektro-
nisches Reisegenehmigungssystem (ESTA resp. ETA) in Betrieb, das auf auto-
matisiertem Wege eine Einreisegenehmigung erlaubt bzw. verweigert.
Der Anhang 2 des ersten Berichts der Kommission an den Rat über Reziprozi-
tätsregelungen mit bestimmten Drittländern für die Befreiung von der Visum-
pflicht (KOM(2006) 3 endg. Link: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex
UriServ.do?uri=COM:2006:0003:FIN:DE:PDF) erwähnt, dass ein Land nur an
dem amerikanischen System teilnehmen darf, wenn die Ablehnungsquote in den
Vorjahren bei unter 3 Prozent lag. Insofern schließen wir, dass zumindest die
USA Ablehnungsquoten sammeln und den teilnehmenden Staaten mitteilen.

Drucksache 18/143 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie vielen Bundesbürgerinnen und Bürgern wurde nach Kenntnis der Bun-

desregierung seit dem Jahr 2001 die Einreise in die USA verwehrt?
2. Sind der Bundesregierung weitere Fälle bekannt, in denen die Einreisegeneh-

migung in die USA ohne Nennung von Gründen nicht erteilt wurde, bei de-
nen ein Zusammenhang mit der überwachungskritischen Haltung oder dem
Beruf der betreffenden Person aber nicht auszuschließen ist (falls ja, bitte
nach Zahl der Fälle und dem jeweiligen Datum der Einreiseverweigerung
aufschlüsseln)?

3. Hat die Bundesregierung Hinweise darauf, dass die USA oder andere Staaten
Menschen, die sich kritisch zu den Geheimdienstskandalen geäußert haben,
gezielt die Einreise verwehren?
Wenn ja, um welche Hinweise handelt es sich?

4. Liefert die Aufstellung im Rahmen des ESTA- bzw. ETA-Programms nach
Kenntnis der Bundesregierung auch Gründe für das Nichterteilen der Ein-
reisegenehmigung?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die sogenannten No-Fly-
Listen der USA?

6. Wenn die Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse darüber haben
sollte, wie diese No-Fly-Listen zustande kommen, welche Vermutungen hat
sie darüber?

7. Erfassen deutsche Behörden ihrerseits Fälle, in denen deutschen Bürgerinnen
und Bürgern die Einreise in ein anderes Land verweigert wird, und gibt es
seitens der Bundesregierung Planungen, Fälle, in denen die Ablehnung der
Einreisegenehmigung unbegründet ist, zu sammeln und mit den entsprechen-
den Staaten zu klären?

8. Bietet die Bundesregierung, Personen, denen die Einreise in die entsprechen-
den Staaten verwehrt wurde, Hilfsmöglichkeiten vor Ort durch die Botschaft
oder in Deutschland (falls ja, bitte nach Art und Umfang der Maßnahmen auf-
schlüsseln)?

9. Sieht die Bundesregierung bei verweigerten Einreisegenehmigungen und
fehlendem Rechtsschutz für Bundesbürger und Bürger der Europäischen
Union in den USA Handlungsbedarf?
Wenn ja, in welcher Form?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 6. Dezember 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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