BT-Drucksache 18/13253

Forschung zu Methadon zur Tumor- und Schmerzbehandlung

Vom 31. Juli 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13253
18. Wahlperiode 31.07.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Matthias W. Birkwald, Katja Kipping, Harald Weinberg, Birgit Wöllert,
Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Forschung zu Methadon zur Tumor- und Schmerzbehandlung

Krebserkrankungen stellen eine häufige Todesursache dar, und Jahr für Jahr er-
kranken allein in Deutschland etwa eine halbe Million Menschen neu. Für die –
oft erfolglose oder mit geringem Zusatznutzen verbundene – Behandlung durch
Chemotherapie rufen die Pharmakonzerne Jahrestherapiekosten auf, die mehrere
10 000 bis über 100 000 Euro pro Tumorpatientin bzw. -patienten betragen kön-
nen. Krebsmittel stellen für Arzneimittelhersteller ein Marktsegment mit sehr ho-
hem Umsatz und hohen Wachstumschancen dar. Auch in die Forschung solcher
Präparate investiert die Industrie darum große Summen.
Einige Forscherinnen und Forscher sowie behandelnde Ärztinnen und Ärzte be-
richten über Erfolge bei der Tumorbehandlung mit dem Drogenersatzmittel Me-
thadon (siehe Plusminus, ARD vom 12. April 2017). Es fehlt jedoch eine breit
angelegte Forschung mit verlässlichen Ergebnissen dazu. Darum raten viele Ex-
pertinnen und Experten davon ab, Methadon als Krebsmittel zu propagieren und
einzusetzen (vgl. Presseerklärung der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. vom
17. Juli 2017).
Die Ulmer Chemikerin Dr. Claudia Friesen vermutet, dass das mangelnde For-
schungsinteresse bei der Industrie daran liegt, dass das patentfreie Methadon
12 Euro für vier bis sechs Wochen Behandlungszeit kostet, die Industrie aber mit
konkurrierenden Medikamenten in der gleichen Zeit 20 000 oder 25 000 Euro
verdienen kann (siehe Plusminus, ARD vom 12. April 2017).
Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Chefarzt in der Helios-Klinik für Hämatolo-
gie, Onkologie und Tumorimmunologie in Berlin und gleichzeitig Vorsitzender
der Arzneimittelkommission der Ärzteschaft, kritisiert, dass klinische Studien
überwiegend von der Pharmaindustrie finanziert werden und Steuermittel für un-
abhängige Forschung nur völlig unzureichend zur Verfügung gestellt werden.
Das wäre aber notwendig, um Ergebnisse zu bekommen, die nicht vom pharma-
zeutischen Hersteller möglicherweise verzerrt seien (ebd.).
Die Fraktion DIE LINKE. fordert darum seit Jahren die Bereitstellung von
500 Mio. Euro im Bundeshaushalt zur „Förderung der nichtkommerziellen Phar-
maforschung“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9826). Zuletzt wurde dieser Vor-
schlag mit der Stimmenmehrheit der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und
SPD im Herbst 2016 abgelehnt.

Drucksache 18/13253 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Forschungsergebnisse hinsichtlich des Einsatzes von Methadon in
der Krebstherapie sind der Bundesregierung bekannt?

2. Welche aktuellen Forschungsvorhaben hinsichtlich des Einsatzes von Me-
thadon in der Krebstherapie sind der Bundesregierung bekannt?

3. Stimmt die Bundesregierung der Ansicht zu, dass Hinweise auf eine wirk-
same und günstige Therapiemöglichkeit bei Tumoren durch Methadon nicht
zum Zuge kommen können, weil sie nicht durch ausreichende Studien über-
prüft werden?

4. Stellt die Bundesregierung Finanzmittel zur Erforschung von Methadon als
Krebsmittel zur Verfügung, und wenn ja, in welcher Höhe?

5. Stellt die Bundesregierung anderweitig Forschungsmittel für Krebstherapien
zur Verfügung, und wenn ja, in welcher Höhe?

6. Sind der Bundesregierung Angaben oder Äußerungen der Pharmaindustrie
zu deren Aufwendungen im Bereich der Forschung nach Arzneimitteln für
die Krebsbehandlung bekannt, und wenn ja, in welcher Höhe bewegen sich
diese Aufwendungen?

7. Hält die Bundesregierung die Beforschung von Methadon im Rahmen der
Krebsbehandlung für ausreichend, oder sind ihres Erachtens hier vermehrte
Bemühungen wünschenswert?

8. Aus welchen Gründen greift die Bundesregierung die Forderungen nach ei-
nem Finanztopf in Höhe von 500 Mio. Euro pro Jahr für die Förderung der
nichtkommerziellen Pharmaforschung (vgl. Änderungsantrag der Fraktion
DIE LINKE. im Rahmen der Haushaltsberatungen) nicht auf?

9. In welcher Höhe vergibt die Bundesregierung Finanzmittel für Arzneimittel-
forschung bzw. speziell Forschung für Krebsmittel, bei der es sich aus-
schließlich um wirklich öffentliche Forschung handelt, und nicht For-
schungsvorhaben, bei denen eine Verquickung mit den am Profit ausgerich-
teten Interessen der Pharmaindustrie bestehen kann?

10. Sind der Bundesregierung personelle Interessenskonflikte bekannt, bei denen
renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor dem Einsatz von
Methadon bei Tumorpatientinnen und -patienten warnen, die gleichzeitig
aber an der Entwicklung weit teurerer Krebsmittel beteiligt sind und Zuwen-
dungen von der Pharmaindustrie erhalten?

11. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen die Forschung durch die
Industrie nicht in die Richtung ging, die für die Patientinnen und Patienten
sinnvoll und notwendig gewesen wäre, sondern an Profitmöglichkeiten aus-
gerichtet war?

12. Könnten diesbezügliche Befürchtungen (vgl. Plusminus, ARD vom 12. April
2017) nach Ansicht der Bundesregierung zutreffend sein?

Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung ggf. daraus?
13. Was kostet nach Kenntnis der Bundesregierung eine durchschnittliche Ta-

gesdosis Methadon?
14. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die zwischen Herstel-

lern und GKV-Spitzenverband ausgehandelten Erstattungspreise für die letz-
ten zehn Krebsarzneimittel, für die der Gemeinsame Bundesausschuss einen
Zusatznutzen im Vergleich zur Standardtherapie festgestellt hat?

15. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der jährliche Umsatz der
Pharmaindustrie mit Krebsmedikamenten?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13253

16. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten der gesetzli-

chen Krankenversicherung für Krebstherapie?

Welchen Anteil daran haben Arzneimittelpräparate?
17. Wie groß sind nach Kenntnis der Bundesregierung die jährlichen Wachs-

tumsraten bei den Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für
Krebsmedikation?

18. Welche Ursachen sind der Bundesregierung für die Zunahme bekannt?

Berlin, den 31. Juli 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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