BT-Drucksache 18/13162

Auswirkungen des geplanten Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU auf den Landwirtschaftssektor und die Umwelt

Vom 14. Juli 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13162
18. Wahlperiode 14.07.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Bärbel Höhn, Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch,
Harald Ebner, Peter Meiwald, Anja Hajduk, Oliver Krischer, Steffi Lemke,
Corinna Rüffer, Dr. Gerhard Schick, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auswirkungen des geplanten Freihandelsabkommens zwischen Japan und der EU
auf den Landwirtschaftssektor und die Umwelt

Voraussichtlich wird noch in diesem Jahr der Abschluss des EU-Japan-Freihan-
delsabkommens (JEFTA) verkündet. In Brüssel und Tokyo bemühen sich die
Verhandlungsführerinnen und Verhandlungsführer um eine zügige Einigung, an
der insbesondere Japan großes Interesse hat, nachdem das transpazifische Han-
delsabkommen TTP von US-Präsident Donald Trump abgesagt wurde. Auch die
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström ist zuversichtlich, dass alle noch
ausstehenden Verhandlungskapitel bis Ende 2017 geklärt sind. Ein weitestgehend
offener Punkt ist allerdings noch immer der Marktzugang für landwirtschaftliche
Produkte. Japan reformiert derzeit seinen Landwirtschaftssektor mit dem Ziel,
diesen wettbewerbsfähiger zu machen. Im Sommer 2017 wird mit einem Ab-
schluss dieser Agrarreform gerechnet.
Anders als beim europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen CETA wird das
EU-Japan-Freihandelsabkommen in der Öffentlichkeit erst seit kurzem wahrge-
nommen (vgl. www.sueddeutsche.de/wirtschaft/handelsabkommen-zwischen-
der-eu-und-japan-der-neue-pakt-mit-japan-koennte-die-gemueter-erregen-1.355
9218, www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/bruessel-eu-und-japan-einig-ueber-
freihandelspakt-a-1156241.html, www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/
news/freihandelsabkommen-mit-japan-europas-signal-gegen-protektionismus/).
Die voraussichtlich geringen negativen Effekte auf deutsche Agrarabsatzmärkte
könnten ein Grund dafür sein, dass das Abkommen bei den Agrarverbänden und
Nichtregierungsorganisationen bisher auf wenig Resonanz stößt. Die Einfuhren
von Agrarerzeugnissen aus Japan sind extrem gering.
Anders sieht es allerdings bei den Exporten der EU und Deutschland nach Japan
aus: Japan ist der sechstgrößte Handelspartner der EU. Bei Agrargütern und Nah-
rungsmitteln steht Japan als äußerst wichtiges Abnahmeland sogar an zweiter
Stelle, gleich nach den USA (http://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/
bitstream/JRC103602/lb-na-28206-en-n_full_report_final.pdf). EU-Mitglieds-
länder wie Dänemark, die Niederlande, Deutschland und Großbritannien setzen
bereits jetzt große Mengen Schweinefleisch in Japan ab (http://asia.nikkei.
com/Politics-Economy/International-Relations/Japan-weighs-lower-tariff-on-EU-
pork-for-trade-deal).

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Durch eine je nach Übergangszeitraum früher oder später eintretende Liberalisie-
rung der Agrarmärkte werden auf europäischer Seite durch gesteigerte Exporte
und Produktionsmengen schon jetzt bestehende Umweltprobleme noch gravie-
render.
Auf japanischer Seite ist davon auszugehen, dass der bislang u. a. durch Zölle und
Importquoten geschützte japanische Agrarsektor massiv unter Wettbewerbsdruck
gerät und japanische Produzentinnen und Produzenten gegenüber der Konkurrenz
aus Europa das Nachsehen haben. Dies gilt insbesondere für den Fleisch- und
Milchsektor.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hat sich der Handel mit tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen zwi-

schen Japan und der Europäischen Union bzw. Deutschland seit dem Jahr
2006 nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt (bitte jeweils getrennt
nach Warengruppen – Rind-, Geflügel- und Schweinefleischprodukte, Fisch,
Milch und Reis – und EU-Außenhandel/DE-Außenhandel angeben)?

2. Wie hat sich der Handel mit weiterverarbeiteten landwirtschaftlichen Pro-
dukten wie Wurstprodukte, Butter, Molkereierzeugnisse und Käse zwischen
Japan und der Europäischen Union bzw. Deutschland seit dem Jahr 2006
nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt (bitte jeweils getrennt nach
Warengruppen und EU-Außenhandel/DE-Außenhandel angeben)?

3. Wie hat sich der Handel mit Holzprodukten zwischen Japan und der Europä-
ischen Union bzw. Deutschland seit dem Jahr 2006 nach Kenntnis der Bun-
desregierung entwickelt (bitte jeweils getrennt nach Warengruppen und EU-
Außenhandel/DE-Außenhandel angeben)?

4. Wie schätzt die Bundesregierung die Effekte des EU-Japan-Freihandelsab-
kommens in den nächsten zehn Jahren auf den hiesigen Schweinefleisch-,
Geflügel-, Rindfleisch- und Milchsektor ein, und inwiefern werden kleine
Betriebe vom EU-Japan-Freihandelsabkommen profitieren?

Worauf begründet sie ihre Annahme?
5. Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen des EU-Japan-Freihan-

delsabkommens auf die japanische Landwirtschaft hinsichtlich der Entwick-
lung von Betriebsgrößen und Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft ein?

6. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, wie sich der durch-
schnittliche japanische Milchauszahlungspreis im Vergleich zum Auszah-
lungspreis in der EU und Deutschland in Euro in den vergangenen zehn Jah-
ren dargestellt hat, und teilt die Bunderegierung die Einschätzung (vgl.
www.abl-ev.de/spezialseiten/abl-artikel/details/?tx_ttnews%5Btt_news%5
D=1387&cHash= 2eba7b33c20436f94e8c4fc75edcdf3a), dass bei einer Öff-
nung der Agrarmärkte nach Abschluss des EU-Japan-Freihandelsabkom-
mens der wirtschaftliche Druck auf die bäuerlichen Michviehbetriebe in Ja-
pan steigt, die Auszahlungspreise sinken und kleinbäuerliche Betriebe vom
Markt verdrängt werden (bitte begründen)?

7. Im Vergleich zur Betriebsstruktur in Deutschland liegen der Bundesregie-
rung Kenntnisse über die landwirtschaftlichen Betriebsstrukturen im japani-
schen Milchsektor vor (bitte Angabe der Zahl von Milchviehbetrieben, Be-
standsgrößen, Anzahl der Milchkühe)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13162
8. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die aktuell in Japan beschlossene
Milchmarktreform („Livestock Stabilization Act“) hinreichend lokale
Milcherzeugerinnen und -erzeuger schützt, und welche Möglichkeiten bietet
das Freihandelsabkommen Japan, beispielsweise durch besondere Schutz-
mechanismen, seine heimische Pflanzen- und Tierproduktion nach Ab-
schluss des Freihandelsabkommens zu schützen?

9. Spielen die möglichen Auswirkungen des EU-Japan-Freihandelsabkommens
auf die Agrarstruktur in der EU und in Japan nach Kenntnis der Bundesre-
gierung eine Rolle bei den Verhandlungen?
Wenn ja, in welcher Weise?
Wenn nein, warum nicht?

10. Welche Zölle werden derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung auf Seiten
der EU und auf japanischer Seite für welche Warengruppen tierischer,
pflanzlicher und weiterverarbeiteter landwirtschaftlicher Erzeugnisse erho-
ben, und welche Zollsenkungen und Quotenanpassungen werden seitens der
EU innerhalb welcher Übergangszeiten angestrebt (bitte Angaben für alle
Produkte pflanzlicher Erzeugung, für alle Milcherzeugnisse, für Milch, Wein
und alle Fleischprodukte)?

11. Wie wird die Bundesregierung mit den voraussichtlich zunehmenden Expor-
ten tierischer Produkte aus der EU nach Japan (vgl. www.gtai.de/GTAI/
Navigation/DE/Trade/Maerkte/suche,t=deutsches-fleisch-boomt-in-asien,
did=1429970.html; www.agra.de/premiumbereich/nachrichten/eu-agrarexport-
profitiert-vom-handelsabkommen-mit-japan.html), der damit einhergehen-
den Aufstockung von Tierbeständen und den dadurch steigenden Mengen an
Wirtschaftsdünger umgehen, und sieht sie durch das Freihandelsabkommen
EU-Japan die Reduzierung von Stickstoffüberschüssen bis 2030 auf unter
70 kg N/ha im Fünfjahresmittel (Indikator 2.1.a der Deutschen Nachhaltig-
keitsstrategie) und die Einhaltung der Emissionsminderungsverpflichtungen
(EU-NE(R)C-Richtlinie) in Gefahr?

12. Entsprechen nach Kenntnis der Bundesregierung die gesetzlichen Tier-
schutzmindestanforderungen in der Nutztierhaltung der EU denen in Japan,
und wenn nein, worin liegen die Unterschiede bei der Haltung, dem Transport
und bei der Schlachtung von Schweinen, Ferkeln, Sauen, Mastbullen, Milch-
kühen, Kälbern, Masthühnern, Legehennen, Truthühnern, Kaninchen und bei
der Aquakultur (bitte einzeln aufführen)?

13. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, ob im Freihandelsab-
kommen EU-Japan explizite tierschutzrelevante Regelungen verankert wer-
den, und mit welchen Durchsetzungsmechanismen diese versehen werden?

14. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über den Einsatz von
Wachstumsbeschleunigern und Antibiotika in der Rinder-, Schweine- oder
Geflügelhaltung in Japan vor (bitte Angabe des Anteils behandelter Tiere)?

15. Welche Veterinärzertifikate für den Handel mit Japan wurden von der Bun-
desregierung (bzw. dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirt-
schaft) bisher für welche Güter verhandelt und werden seitdem angewandt?

16. Wie viele gentechnisch veränderte Organismen (GVO) und welche sind nach
Kenntnis der Bundesregierung in Japan für den Anbau als Lebens- oder Fut-
termittel zugelassen (bitte je Zulassung auflisten), und wie viel Prozent der
Tierfütterung in Japan werden mit GVO-Futter bestritten (bitte aufführen nach
Kultur, Herkunft und Mengen- bzw. prozentualem Anteil der Länderher-
künfte)?

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17. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse über Gegenmaßnahmen des japani-

schen Agrarministeriums zu dem im Sustainability Impact Assessment der
Europäischen Kommission festgestellten übermäßig hohen Einsatz von Pes-
tiziden in der Landwirtschaft vor (vgl. S. 228; http://ec.europa.eu/trade/
policy/policy-making/analysis/policy-evaluation/sustainability-impact-
assessments/index_en.htm)?
a) Wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass die EU-Kommission

in den Verhandlungen auf EU-Ebene das offensive Interesse bekundet,
dass Japan die Missstände bei der Pestizidanwendung behebt, und wenn
nein, warum nicht?

b) In welchen anderen bilateralen oder multilateralen Foren wird die Bun-
desregierung gegenüber Japan den Missstand in der Pestizidanwendung
thematisieren?

18. Inwieweit trägt das EU-Japan-Freihandelsabkommen nach Auffassung der
Bundesregierung zur Bekämpfung des Walfangs bei?

19. Wurde nach Kenntnis der Bundesregierung der in Japan praktizierte Wal-
fang, vorgeblich zu Forschungszwecken betrieben, im Rahmen der Verhand-
lungen über das EU-Japan-Freihandelsabkommen thematisiert?

Wenn ja, in welchen Verhandlungsrunden?
Wenn nein, warum nicht?

20. In welchem Maße bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung in Japan Re-
gelungen, die der EU-Holzhandelsverordnung entsprechen, und werden
diese vollumfänglich angewendet?

21. Welche Bestimmungen finden sich nach Kenntnis der Bundesregierung in
den derzeitigen Entwürfen des EU-Japan-Freihandelsabkommens, die die
Eindämmung des Handels mit illegal geschlagenem Holz zum Ziel haben?
a) Welche rechtliche Bindewirkung ergibt sich aus diesen Bestimmungen?
b) Ist die Eindämmung des Handels mit illegal geschlagenem Holz ein of-

fensives Interesse der EU in den Verhandlungen?
22. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der mögliche Abschluss des

EU-Japan-Freihandelsabkommens ein geeignetes Mittel darstellt, um eine
Positionsänderung auf Seiten Japans in Bezug auf illegalen Holzhandel zu
erreichen?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 14. Juli 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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