BT-Drucksache 18/12646

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/12360 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Asylgesetzes zur Beschleunigung von Verfahren

Vom 2. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12646

18. Wahlperiode 02.06.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Renate

Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/12360 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Asylgesetzes zur
Beschleunigung von Verfahren

A. Problem

Bei den Verwaltungsgerichten ist seit einiger Zeit ein erheblicher Anstieg der
asylgerichtlichen Verfahren zu verzeichnen, der die Justiz vor die Herausforde-
rung stellt, einen angemessenen und zeitnahen Umgang mit der gestiegenen Fall-
zahl zu finden. Das geltende Asylgesetz ist unzureichend, da es in Abweichung
vom sonstigen Verwaltungsrecht in Asylverfahren keine Möglichkeit der Zulas-
sung der Berufung durch das Verwaltungsgericht, keine Sprungrevision zum Bun-
desverwaltungsgericht und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine
Beschwerdemöglichkeiten vorsieht. Folge ist das Fehlen einer obergerichtlichen
Klärung elementarer Rechtsfragen, sodass gleichgelagerte Fälle immer wieder
neu entschieden werden und divergierende erstinstanzliche Entscheidungen
Rechtsunsicherheit auslösen. Gerade im Bereich des Eilrechtsschutzes, der bei
Dublin-Verfahren überwiegend zur Anwendung kommt und teilweise durch die
unionsrechtliche Überlagerung des Asylrechts komplizierte Entscheidungen des
Verwaltungsgerichts erfordert, fehlen obergerichtliche Leitentscheidungen weit-
gehend.

B. Lösung

Eine obergerichtliche Rechtsprechung zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung
sorgt für eine Vereinheitlichung in Asylverfahren und kann die Gerichte der un-
teren Instanz entlasten, sodass die Asylrechtsprechung effektiver und somit auch
beschleunigt wird. Dazu wird das Rechtsmittelsystem in Asylverfahren refor-
miert, indem die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht, die
Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht und Beschwerdemöglichkeiten in
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eingeführt werden. Der Bundesrat hat
insoweit einen praktikablen Vorschlag gemacht (Beschlussdrucksache des Bun-
desrates 179/17(B)), der hiermit aufgegriffen wird, um mit der Unterstützung der

Drucksache 18/12646 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bundesländer die derzeit dringendsten Anpassungen im Rechtsmittelrecht im
Asylverfahren vorzunehmen. Zusätzlich wird die Vereinheitlichung der Recht-
sprechung verlässliche Prüfungsmaßstäbe für das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) ermöglichen.

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Es ist ein geringfügiger Mehraufwand seitens der Oberverwaltungsgerichte und
des Bundesverwaltungsgerichts zu erwarten, dem Einsparungen bei den Verwal-
tungsgerichten gegenüberstehen. Eine erhebliche Verfahrenszunahme und somit
eine erhebliche Kostensteigerung bei den oberen Gerichten ist aber nicht zu er-
warten, da den Beteiligten die Rechtsmittel nur zustehen, wenn sie zugelassen
worden sind.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12646

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/12360 abzulehnen.

Berlin, den 31. Mai 2017

Der Innenausschuss

Ansgar Heveling
Vorsitzender

Nina Warken
Berichterstatterin

Dr. Lars Castellucci
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Drucksache 18/12646 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Nina Warken, Dr. Lars Castellucci, Ulla Jelpke und Volker
Beck (Köln)

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/12360 wurde in der 234. Sitzung des Deutschen Bundestages am
18. Mai 2017 an den Innenausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur
Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 151. Sitzung am 31. Mai 2017 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfohlen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 120. Sitzung am 31. Mai 2017 die Vorlage abschließend beraten und empfiehlt,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/12360 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen.

IV. Begründung

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, mit dem Gesetzentwurf das Rechtsmittelsystem in Asylver-
fahren der Verwaltungsgerichtsordnung annähern zu wollen. Bei der steigenden Verfahrenszahl müsse die Justiz
über die Personalaufstockung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern hinausgehend durch die Mög-
lichkeit der Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht und Beschwerdemöglichkeiten in Verfahren
des vorläufigen Rechtsschutzes entlastet werden; die ebenfalls vorgesehene Sprungrevision zum Bundesverwal-
tungsgericht sei jüngst durch den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Gesetzentwurf zur besseren
Durchsetzung der Ausreisepflicht eingeführt worden. Bundesverwaltungsgericht und Oberverwaltungsgerichte
könnten ihren Auftrag zur Vereinheitlichung und Fortentwicklung des Rechts nur erfüllen, wenn sie auch genü-
gend Fälle erreichten. Der Ausbau des Rechtsschutzes könne zwar kurzfristig zu einer Verlängerung der Verfah-
ren im Einzelfall führen, sichere jedoch neben einer größeren Rechtssicherheit langfristig eine Beschleunigung
der Asylverfahren und entlaste die Justiz. Wenn entscheidungserhebliche Fragen über den Einzelfall hinaus ge-
klärt seien, könnten Gerichte und andere Beteiligte wie insbesondere das Bundesamt für Migration und Flücht-
linge in zahlreichen gleichgelagerten Fällen künftig hierauf zurückgreifen. Dessen durch eine am heutigen Tag
veröffentliche Studie erneut belegten mangelhaften Bescheide seien ein Hauptgrund für den enormen Anstieg der
gerichtlichen Asylverfahren und die Überlastung der Justiz.

Die Fraktion DIE LINKE. sieht in dem Gesetzentwurf keine konsequente Verbesserung der Asylverfahren. Die
in den 1990er Jahren vorgenommene Abschaffung wesentlicher Grund- und Bürgerrechte werde nicht rückgängig
gemacht. In diesem Bereich dürfe eine Reform nicht mit der bloßen Beschleunigung der Verfahren begründet
werden, notwendig sei vielmehr die Wiedereinführung rechtsstaatlicher Grundsätze in den Asylverfahren. Im
Vergleich zur gegenwärtigen Rechtslage, in der faktisch allein das Bundesverfassungsgericht die zweite und damit
zugleich letzte Instanz in Asylverfahren sei, sei der Entwurf dennoch eine Verbesserung. Ihm werde daher zuge-
stimmt.

Die Fraktion der SPD erkennt grundsätzlichen Handlungsbedarf in Fragen guter Rechtsberatung ebenso an wie
die Notwendigkeit, die Verwaltungsgerichte angesichts der großen Zahl an Asylverfahren zu unterstützten. Der

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12646

vorgelegte Entwurf sei hierfür jedoch nicht der richtige Weg. In der gegenwärtigen Lage müsse das bestehende
Verfahren geordnet und im Rahmen der geltenden Gesetze für mehr Effektivität gesorgt werden. Demgegenüber
wäre die Einführung neuer Verfahrensgrundsätze in dieser Phase kontraproduktiv, würde die Gerichte weiter be-
lasten und die Lage eben nicht verbessern, sondern weiter verschärfen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärt, mit der Einführung der Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in
Asylverfahren durch das jüngst verabschiedete Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht sei das
Asylverfahren sinnvoll reformiert worden. Die hierüber hinausgehende, im vorliegenden Gesetzentwurf vorgese-
hene Reform des Asylverfahrens sei nicht nur nicht notwendig, sondern würde zu einer zusätzlichen Belastung
der Gerichte und weiteren Verzögerung der Asylverfahren führen. Angesichts der diesen Verfahren regelmäßig
zugrunde liegenden äußerst individuellen Sachverhalte sei die Bildung von über den Einzelfall hinausgehenden,
höchstrichterlichen Leitsätzen kaum erreichbar.

Berlin, den 31. Mai 2017

Nina Warken
Berichterstatterin

Dr. Lars Castellucci
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

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