BT-Drucksache 18/12591

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/10144 - Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen (Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren - EMöGG)

Vom 31. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12591

18. Wahlperiode 31.05.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

– Drucksache 18/10144 –

Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in
Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen
für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen
(Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in
Gerichtsverfahren – EMöGG)

A. Problem

Der Gesetzentwurf sieht eine Lockerung des Verbots der Medienübertragung aus
der Gerichtsverhandlung vor. Nach derzeitiger Rechtslage erklärt § 169 Satz 2 des
Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen so-
wie Ton- und Filmaufnahmen zum Zweck der öffentlichen Vorführung oder Ver-
öffentlichung für unzulässig. Die Entwicklung der Rechtsprechung und die Ver-
änderung der Verbreitung von Nachrichten in den Medien haben nach Auffassung
der Bundesregierung die Diskussion darüber verstärkt, ob das strikte gesetzliche
Verbot von Bild- und Tonübertragungen angesichts der technischen und gesell-
schaftlichen Veränderungen insgesamt noch zeitgemäß sei. Deshalb werde
§ 169 GVG ergänzt. Zukünftig soll das Gericht für die Verkündung von Entschei-
dungen des Bundesgerichtshofs in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rund-
funkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zweck der öffentlichen
Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen können. Der Entwurf
sieht außerdem vor, die Tonübertragung in einen Medienarbeitsraum bei den Ge-
richten zuzulassen. Schließlich soll geregelt werden, dass eine audio-visuelle Auf-
zeichnung der Gerichtsverhandlung ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke
erlaubt werden kann, wenn das zuständige Gericht entscheidet, dass es sich um
ein Verfahren mit herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundes-
republik Deutschland handelt oder handeln kann.

Ferner dient der Entwurf dazu, im Rahmen der barrierefreien Zugänglichmachung
des Gerichtsverfahrens Verbesserungen für Personen mit Sprach- und Hörbehin-
derungen bei der Inanspruchnahme von Gebärdensprachdolmetschern oder ande-
ren geeigneten Kommunikationshilfen in gerichtlichen Verfahren gesetzlich zu
verankern.

Drucksache 18/12591 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Die Änderungen betreffen
zum einen die Möglichkeit der Zulassung von Ton- und Filmaufnahmen zu wis-
senschaftlichen und historischen Zwecken; diese Möglichkeit soll auf Tonaufnah-
men beschränkt werden. Zum anderen soll ein ausdrückliches Nutzungs- und Ver-
wertungsverbot der Aufnahmen normiert werden.

Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12591

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/10144 mit folgender Maßgabe, im Übrigen
unverändert anzunehmen:

1. Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Wörter „Ton- und Filmaufnahmen“ durch das
Wort „Tonaufnahmen“ ersetzt.

b) Satz 3 wird wie folgt gefasst:

„Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder
herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines ande-
ren Verfahrens genutzt oder verwertet werden.“

2. Artikel 2 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Wörter „Ton- und Filmaufnahmen“ durch das
Wort „Tonaufnahmen“ ersetzt.

b) Satz 3 wird wie folgt gefasst:

„Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder
herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines ande-
ren Verfahrens genutzt oder verwertet werden.“

Berlin, den 31. Mai 2017

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Dietrich Monstadt
Berichterstatter

Dr. Matthias Bartke
Berichterstatter

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

Drucksache 18/12591 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dietrich Monstadt, Dr. Matthias Bartke, Harald Petzold
(Havelland) und Katja Keul

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/10144 in seiner 209. Sitzung am 15. Dezember 2016
beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung sowie an den Aus-
schuss für Kultur und Medien und den Ausschuss Digitale Agenda zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat die Vorlage auf Drucksache 18/10144 in seiner 84. Sitzung am
31. Mai 2017 beraten und empfiehlt einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Der
Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD wurde ebenfalls einstimmig angenommen.

Der Ausschuss Digitale Agenda hat die Vorlage auf Drucksache 18/10144 in seiner 89. Sitzung am 31. Mai 2017
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. bei Abwesenheit der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Gesetzentwurf in geänderter Fassung anzunehmen. Der Ausschuss
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. bei Abwesenheit der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD.

Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat sich mit der Vorlage auf Bundesratsdrucksache
492/16 (Bundestagsdrucksache 18/10144) am 20. Oktober 2016 befasst und festgestellt, dass eine Nachhaltig-
keitsrelevanz des Gesetzentwurfs gegeben sei. Der Bezug zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie ergebe sich hin-
sichtlich der Managementregel 9 (Sozialer Zusammenhalt: Armut und Ausgrenzung vorbeugen, Chancen ermög-
lichen, demografischen Wandel gestalten, Beteiligung aller am gesellschaftlichen Leben). Die Darstellung der
Nachhaltigkeitsprüfung sei plausibel und eine Prüfbitte daher nicht erforderlich.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/10144 in seiner 130. Sitzung
am 15. Februar 2017 anberaten und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen, die er in seiner
140. Sitzung am 29. März 2017 durchgeführt hat. An dieser Anhörung haben folgende Sachverständige teilge-
nommen:

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Alwart Friedrich-Schiller-Universität Jena
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Professur für Strafrecht und Strafprozessrecht

Dr. Frank Bräutigam ARD Rechtsredaktion, Leiter
Südwestrundfunk, Karlsruhe

Jens Gnisa Deutscher Richterbund e. V. (DRV), Berlin
Präsident

Andreas Kammerbauer Deutscher Schwerhörigenbund e. V. (DSB), Berlin

Prof. Dr. Andreas Mosbacher Bundesgerichtshof Karlsruhe, 5. Strafsenat
Richter

Dr. Reinhard Müller Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt am Main
Verantwortlicher Redakteur

Dr. Ali B. Norouzi Deutscher Anwaltverein e. V. (DAV), Berlin
Rechtsanwalt

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 140. Sitzung vom 29. März 2017 mit den
anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12591

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/10144 in seiner 151. Sit-
zung am 31. Mai 2017 abschließend beraten und empfiehlt einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs in der
aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung. Die Änderungen beruhen auf einem Änderungsantrag, der
von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD in den Ausschuss eingebracht wurde und der ebenfalls einstimmig
angenommen worden ist.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfohlenen Änderungen
gegenüber der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss die unveränderte An-
nahme des Gesetzentwurfs empfiehlt, wird auf die jeweilige Begründung in der Drucksache 18/10144 verwiesen.

Zu Nummer 1
(Änderung des § 169 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Entwurfsfassung – GVG-E)

Die Änderung bezieht sich auf die im Einzelfall zulässigen Aufnahmen für wissenschaftliche und historische
Zwecke von Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland
(§ 169 Absatz 2 GVG-E).

Zu Buchstabe a

§ 169 Absatz 2 Satz 1 GVG-E sieht die Möglichkeit der Zulassung von sowohl Ton- als auch Filmaufnahmen von
Gerichtsverhandlungen zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken vor. Die Änderung soll die mit der Re-
gelung verbundene Öffnung eingrenzen. Die Möglichkeit, Tonaufnahmen zu erlauben, soll jedoch erhalten blei-
ben. Dass diese Aufzeichnungen für eine spätere historische Aufarbeitung von besonderem Wert sein können,
wird am Beispiel der uns heute vorliegenden Tondokumente zu den im Jahr 1963 vor dem Landgericht Frankfurt
am Main begonnenen Verfahren der sogenannten Auschwitz-Prozesse illustriert. Dem Gericht soll daher die Mög-
lichkeit gegeben werden, Aufnahmen dieser Art in Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung
zukünftig wieder zulassen zu können.

Buchstabe b

§ 169 Absatz 2 Satz 3 GVG-E regelt, dass die Aufnahmen nicht zur Akte zu nehmen sind und nicht herausgegeben
oder zu Verfahrenszwecken genutzt werden dürfen.

Die Änderung dient der Konkretisierung der Zweckbestimmung. Es wird ausdrücklich klargestellt, dass jegliche
Nutzung der Aufnahmen für Verfahrenszwecke unzulässig ist. Dies schließt auch die Verwertung als Beweismit-
tel aus. Das Nutzungs- und Verwertungsverbot gilt nicht nur für das Verfahren, das aufgenommen wurde, sondern
auch für andere Verfahren. Dadurch wird zum Beispiel auch eine Verwertung in einem eventuellen Wiederauf-
nahmeverfahren ausgeschlossen. Durch die umfassende Regelung des Verwertungsverbots wird zudem klarge-
stellt, dass die Aufnahmen auch dann nicht als Beweismittel eingeführt oder sonst verwendet werden dürfen, wenn
Private sie zuvor unrechtmäßig erlangt haben.

Zu Nummer 2
(Änderung des § 17a des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes in der Entwurfsfassung)

Die Änderungen zu Nummer 1 sollen auch für das Bundesverfassungsgerichtsgesetz aufgegriffen werden. Auf
die vorstehende Begründung wird verwiesen.

Berlin, den 31. Mai 2017

Dietrich Monstadt
Berichterstatter

Dr. Matthias Bartke
Berichterstatter

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

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