BT-Drucksache 18/12155

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/11162 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Ausweitung des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/11584 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Ausweitung des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern

Vom 26. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12155

18. Wahlperiode 26.04.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD

– Drucksache 18/11162 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Ausweitung
des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern

b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

– Drucksache 18/11584 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Ausweitung
des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern

A. Problem

Zu Buchstaben a und b

Derzeit kommt eine Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung im
Rahmen der Führungsaufsicht bei wegen terroristischer Straftaten Verurteilten,
die nach ihrer Haftzeit weiterhin gefährlich sind, nach § 68b Absatz 1 Satz 3 in
Verbindung mit § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches (StGB) von vorne-
herein nur in Betracht, wenn sie wegen eines oder mehrerer Verbrechen verurteilt
wurden. Keine tauglichen Anlasstaten sind die schweren Vergehen der Vorberei-
tung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a Absatz 1 bis 3
StGB, der Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 3 StGB, des Unter-
stützens einer in- oder ausländischen terroristischen Vereinigung nach § 129a Ab-
satz 5 Satz 1 erste Alternative StGB sowie das Vergehen des Werbens um Mit-
glieder oder Unterstützer einer in- oder ausländischen terroristischen Vereinigung
nach § 129a Absatz 5 Satz 2 StGB, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz
1 StGB. Auch bei § 66 Absatz 3 Satz 1 StGB und den anderen darauf bezugneh-
menden Regelungen zur fakultativen Sicherungsverwahrung sind diese Delikte
keine tauglichen Anlass- oder Vortaten, was bei den drei erstgenannten schweren

Drucksache 18/12155 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Vergehen nach Auffassung der Fraktionen der CDU/CSU und SPD sowie der
Bundesregierung nicht mehr sachgerecht erscheint. Zudem habe sich nach deren
Auffassung bei der Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung auch
die Voraussetzung der Vollverbüßung einer mindestens dreijährigen Freiheits-
strafe bei den vorstehend genannten extremistischen Taten, einschließlich derer
nach § 129a Absatz 5 Satz 2 StGB, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 StGB,
als zu hoch erwiesen.

Mit dem Gesetzentwurf sollen sowohl die Weisung zur elektronischen Aufent-
haltsüberwachung nach der Haft im Rahmen der Führungsaufsicht als auch die
vorstehend genannte fakultative Sicherungsverwahrung grundsätzlich auch bei
solchen extremistischen Straftätern ermöglicht werden, die wegen der schweren
Vergehen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der
Terrorismusfinanzierung oder der Unterstützung einer in- oder ausländischen ter-
roristischen Vereinigung verurteilt wurden. Für die Weisung zur elektronischen
Aufenthaltsüberwachung soll dies auch für Täter gelten, die wegen des Werbens
um Mitglieder oder Unterstützer einer in- oder ausländischen terroristischen Ver-
einigung verurteilt worden sind. Außerdem soll bei extremistischen Straftätern
die Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung künftig schon dann
möglich sein, wenn sie eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren – statt wie
derzeit von drei Jahren – vollständig verbüßt haben.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Die Änderungen dienen le-
diglich der Klarstellung.

Zu Buchstabe a

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/11162 in geänderter Fas-
sung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Einvernehmliche Erledigterklärung des Gesetzentwurfs auf Drucksache
18/11584.

C. Alternativen

Keine.

D. Weitere Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12155

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/11162 mit folgenden Maßgaben, im
Übrigen unverändert anzunehmen:

In Artikel 2 wird der neu einzufügende Artikel wie folgt geändert:

1. In Satz 1 wird der Punkt am Ende durch ein Semikolon ersetzt.

2. In dem bisherigen Satz 2 wird das Wort „In“ durch das Wort „in“ er-
setzt.

3. Die folgenden Sätze werden angefügt:

„Soweit in anderen als den in Satz 1 genannten Vorschriften auf § 66
Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches verwiesen wird, ist § 66 Ab-
satz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches in der Fassung des … Gesetzes zur
Änderung des Strafgesetzbuches vom … [einsetzen: Ausfertigungsda-
tum und Fundstelle dieses Gesetzes] anwendbar. Artikel 316g bleibt
unberührt.“;

b) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/11584 für erledigt zu erklären.

Berlin, den 26. April 2017

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Dr. Volker Ullrich
Berichterstatter

Dr. Johannes Fechner
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

Drucksache 18/12155 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Volker Ullrich, Dr. Johannes Fechner, Jörn
Wunderlich und Hans-Christian Ströbele

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/11162 in seiner 219. Sitzung am 17. Februar 2017
beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung sowie an den In-
nenausschuss und den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/11584 in seiner 225. Sitzung am 23. März 2017
beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung sowie an den In-
nenausschuss und den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Innenausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/11162 in seiner 116. Sitzung am 26. April 2017 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Vorlage auf Drucksache 18/11162 in seiner
90. Sitzung am 26. April 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme mit Änderun-
gen. Der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD wurde mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ange-
nommen.

Zu Buchstabe b

Der Innenausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/11584 in seiner 116. Sitzung am 26. April 2017 beraten
und empfiehlt den Gesetzentwurf für erledig zu erklären.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Vorlage auf Drucksache 18/11584 in seiner
90. Sitzung am 26. April 2017 beraten und empfiehlt den Gesetzentwurf für erledigt zu erklären.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/11162 in seiner 130. Sitzung
am 15. Februar 2017 anberaten und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen, die er in seiner
133. Sitzung am 20. März 2017 durchgeführt hat. An dieser Anhörung haben folgende Sachverständige teilge-
nommen:

Karl Greven Hessisches Ministerium der Justiz, Wiesbaden

Prof. Dr. Jörg Kinzig Eberhard Karls Universität Tübingen
Direktor des Instituts für Kriminologie
Lehrstuhl für Kriminologie, Straf- und Sanktionenrecht

Prof. Dr. Stefan König Deutscher Anwaltverein e. V., Berlin

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12155

Andreas Maltry Richter am Oberlandesgericht München

Dirk Manzewski Behördenleiter des Landesamtes für ambulante Straffälligenarbeit in Mecklen-
burg-Vorpommern (LaStar), Rostock

Dr. jur. habil. Helmut Pollähne Rechtsanwalt und Strafverteidiger, Bremen

Barbara Stockinger Deutscher Richterbund e. V., Berlin

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 133. Sitzung vom 20. März 2017 mit den
anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Zu Buchstaben a und b

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/11162 in seiner 142. Sit-
zung am 26. April 2017 abschließend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Ge-
setzentwurfs in geänderter Fassung. Die Änderungen entsprechen einem Änderungsantrag, der zuvor von den
Fraktionen der CDU/CSU und SPD in den Ausschuss eingebracht und mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. angenommen wurde.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/11584 in seiner 142. Sit-
zung am 26. April 2017 abschließend beraten und empfiehlt einvernehmlich, den Gesetzentwurf für erledigt zu
erklären.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN äußerte den Verdacht, dass durch die Ausweitung der Anwendungs-
möglichkeiten der elektronischen Aufenthaltsüberwachung verschleiert werden solle, dass die bestehenden ge-
setzlichen Möglichkeiten nicht ausreichend vollzogen würden. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung werde
von den Koaltionsfraktionen zu einer Art Allzweckwaffe erklärt. Die bisherigen Erfahrungen rechtfertigten keine
Ausweitung. Diese sei überflüssig. Sie sei auch schädlich, da sie suggeriere, dass mehr Sicherheit geschaffen
werden könne, was nicht der Fall sei. Es sei insbesondere offen, wie gefährdete Orte in Großstädten geschützt
werden können. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung könne bei Sexualstraftätern sinnvoll sein; bei Terro-
risten sei sie völlig ungeeignet. Anzumerken sei auch, dass der Anwendungsspielraum der Sicherungsverwahrung
durch den Gesetzentwurf unverhältnismäßig ausgeweitet werden solle.

Nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE. setze die elektronische Aufenthaltsüberwachung Kooperationsbe-
reitschaft der Betroffenen voraus, um einen Sicherheitsgewinn zu erreichen. Sie sei unverhältnismäßig, da Men-
schen aufgrund einer reinen Prognoseentscheidung dieser Maßnahme unterworfen werden sollen. Anstatt einer
Ausweitung des Maßnahmenkataloges sollten die bestehenden Gesetze besser vollzogen werden. Durch die Aus-
weitung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung werde nichts verbessert.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte den repressiven Charakter der elektronischen Aufenthaltsüberwachung. Bei
Sexualstraftätern funktioniere diese gut und habe sich bewährt. Es gehe darum, das Instrumentarium – auch vor
dem Hintergrund der aktuellen Bedrohung – auszuweiten. Der Rechtsstaat möchte wissen, ob sich verurteilte
Gefährder nach der Haft im Bereich terroristischer Strukturen bewegen und sich gefährdeten Zielen nähern. Dies
sei in der Abwägung höher zu bewerten als die vollständige Bewegungsfreiheit eines wegen einschlägiger Delikte
vorbestraften Täters. Auch sei die elektronische Aufenthaltsüberwachung das mildere Mittel gegenüber der Si-
cherungsverwahrung.

Die Fraktion der SPD war der Auffassung, dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung ein geeignetes Mittel
sei, um gefährliche Menschen von bestimmten Orten fernzuhalten. Sie sei zwar weder Allzweckwaffe noch All-
heilmittel, habe sich aber in der Praxis bewährt. Es handele sich um ein sinnvolles Gesetz und um eine maßvolle
Erweiterung des Anwendungsspielraums der Maßnahme.

Die Bundesregierung teilte mit, sie rechne aufgrund der Ausweitung der Möglichkeiten der elektronischen Auf-
enthaltsüberwachung mit zusätzlichen Anwendungsfällen im niedrigen einstelligen Bereich.

Drucksache 18/12155 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Berlin, den 26. April 2017

Dr. Volker Ullrich
Berichterstatter

Dr. Johannes Fechner
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

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