BT-Drucksache 18/12153

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/11161 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/11547 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften

Vom 26. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12153

18. Wahlperiode 26.04.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD

– Drucksache 18/11161 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches ‒ Stärkung
des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften

b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

– Drucksache 18/11547 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches ‒ Stärkung
des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften

A. Problem

Zu den Buchstaben a und b

Aus Sicht der Initiatoren zu den Buchstaben a und b ist der Schutz von Vollstre-
ckungsbeamtinnen und -beamten sowie von Rettungskräften ein wichtiges Anlie-
gen. Komme es während der Ausübung ihres Dienstes zu einem Angriff auf Voll-
streckungsbeamte, würden sie nicht als Individualpersonen angegriffen, sondern
als Repräsentanten der staatlichen Gewalt. Da Polizistinnen und Polizisten bei-
spielsweise im Streifendienst den Bürgerinnen und Bürgern möglichst offen ge-
genübertreten sollten, seien präventive Maßnahmen, wie beispielsweise eine ver-
besserte Schutzausrüstung und -bekleidung, nicht in allen Einsatzsituationen rat-
sam. Daher verdienten auch Polizisten, die allgemeine Diensthandlungen ausüb-
ten, einen besonderen Schutz.

Die Antragsteller verweisen auf die Polizeiliche Kriminalstatistik, die seit der Ein-
führung des Kataloges „Geschädigtenspezifik“ im Jahr 2011 Polizisten sowie an-
dere Vollstreckungsbeamte nicht mehr nur als Opfer von „Widerstandsdelikten“

Drucksache 18/12153 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

erfasse, sondern umfassender als Opfer von „Gewaltdelikten“ (zum Beispiel Kör-
perverletzungen, Mord, Totschlag), sofern sie in Ausübung ihres Dienstes geschä-
digt werden. Im Jahr 2015 seien 64 371 Polizisten Opfer von Straftaten geworden
(2014: 62 770; 2013: 59 044). Bei vollendeten Straftaten habe es 2015 gegenüber
2014 eine Steigerung von 1,9 Prozent (in Zahlen: 1 084 Opfer) gegeben, während
es 2014 gegenüber 2013 eine Steigerung von 7,0 Prozent gegeben habe (in Zah-
len: 3 665 Opfer).

Vor diesem Hintergrund beabsichtigen die Antragsteller mit ihren – gleichlauten-
den – Gesetzentwürfen eine Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten.
Tätliche Angriffe auf sie sollen stärker sanktioniert werden. Außerdem soll auch
gewährleistet werden, dass der spezifische Unrechtsgehalt des Angriffs auf einen
Repräsentanten der staatlichen Gewalt im Strafausspruch deutlich wird. Zu die-
sem Zweck sollen die Strafvorschriften der §§ 113 ff. des Strafgesetzbuches
(StGB) umgestaltet und wegen des inhaltlichen Zusammenhangs auch Änderun-
gen in den §§ 125 und 125a StGB vorgenommen werden. Die vorgeschlagenen
Änderungen sollen auch auf die Hilfskräfte der Feuerwehr, des Katastrophen-
schutzes und der Rettungsdienste übertragen werden.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/11161 in geänderter Fas-
sung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Einvernehmliche Erledigterklärung des Gesetzentwurfs auf Drucksache
18/11547.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12153

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/11161 mit folgenden Maßgaben, im
Übrigen unverändert anzunehmen:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. Der Nummer 1 wird folgender Buchstabe d angefügt:

,d) Die Angabe zu § 323c wird wie folgt gefasst:

㤠323c Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfe-
leistenden Personen“.ʻ

2. Folgende Nummer 7 wird angefügt:

,7. § 323c wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

㤠323c

Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden
Personen“.

b) Der Wortlaut wird Absatz 1.

c) Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine
Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten
will.“ ʻ;

b) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/11547 für erledigt zu erklären.

Berlin, den 26. April 2017

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Dr. Volker Ullrich
Berichterstatter

Dr. Johannes Fechner
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

Drucksache 18/12153 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Volker Ullrich, Dr. Johannes Fechner, Jörn Wunder-
lich und Hans-Christian Ströbele

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/11161 in seiner 219. Sitzung am
17. Februar 2017 beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung
sowie an den Innenausschuss, den Verteidigungsausschuss und den Ausschuss für Gesundheit zur Mitberatung
überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/11547 in seiner 225. Sitzung am 23. März 2017
beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung sowie an den In-
nenausschuss, den Verteidigungsausschuss und den Ausschuss für Gesundheit zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlagen auf den Drucksachen 18/11161 und 18/11547 in seiner 116. Sitzung am
26. April 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme der Vorlage auf Drucksache
18/11161. Des Weiteren empfiehlt er, die Vorlage auf Drucksache 18/11547 für erledigt zu erklären.

Der Verteidigungsausschuss hat die Vorlagen auf den Drucksachen 18/11161 und 18/11547 in seiner 90. Sitzung
am 26. April 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme der Vorlage auf Drucksa-
che 18/11161 mit Änderungen. Die Änderungen entsprechen einem Änderungsantrag, der von den Fraktionen der
CDU/CSU und SPD eingebracht und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen wurde. Des Weiteren empfiehlt er,
die Vorlage auf Drucksache 18/11547 für erledigt zu erklären.

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlagen auf den Drucksachen 18/11161 und 18/11547 in seiner 113. Sit-
zung am 26. April 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme der Vorlage auf Druck-
sache 18/11161 mit Änderungen. Die Änderungen entsprechen einem Änderungsantrag, der von den Fraktionen
der CDU/CSU und SPD eingebracht und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen wurde. Des Weiteren
empfiehlt er, die Vorlage auf Drucksache 18/11547 für erledigt zu erklären.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/11161 in seiner 131. Sitzung
am 8. März 2017 anberaten und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen, die er in seiner 135.
Sitzung am 22. März 2017 durchgeführt hat. An dieser Anhörung haben folgende Sachverständige teilgenommen:

Sascha Braun Gewerkschaft der Polizei (GdP), Berlin
Abteilungsleiter Recht und Kriminalpolitik

Ruben Franzen Neue Richter Vereinigung e. V., Leipzig

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12153

Prof. Dr. Dr. h.c Michael Kubiciel Universität zu Köln
Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht
Geschäftsführender Direktor

Dr. Dorothea Magnus, LL.M. Universität Hamburg

Prof. Dr. Henning Ernst Müller Universität Regensburg
Fakultät für Rechtswissenschaften
Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie

Birgitta Radermacher Polizeipräsidium Wuppertal
Polizeipräsidentin

Rainer Wendt Deutsche Polizeigewerkschaft Berlin
Bundesvorsitzender

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 135. Sitzung vom 22. März 2017 mit den
anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Weiterhin lag dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine Petition vor.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/11161 in seiner 142. Sit-
zung am 26. April 2017 abschließend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Ge-
setzentwurfs in der aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung. Die Änderungen entsprechen einem Än-
derungsantrag, der im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD
eingebracht und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen wurde.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bezweifelte, dass das gewünschte Ziel – eine Stärkung des Schutzes
von Vollstreckungsbeamten – durch den Gesetzentwurf erreicht werden könne. Schon jetzt werde das Strafmaß
bei Verurteilungen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in der Regel nicht voll ausgeschöpft. An-
griffe auf Personen seien durch §§ 223 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) bereits unter Strafe gestellt; zudem seien
neben Polizisten auch andere Berufsgruppen erhöhten Gefahren ausgesetzt. Angriffe auf Polizeibeamte würden
außerdem meist von Tätern begangen, die sich des Strafmaßes, mit dem ihr Handeln bedroht sei, ohnehin nicht
im Einzelnen bewusst seien, so dass eine Erhöhung des Strafrahmens nichts bewirken werde. Es handele sich um
reine Symbolpolitik, die nicht in das Strafrecht gehöre. Vielmehr müssten die Voraussetzungen für eine wirksame
Strafverfolgung solcher Taten geschaffen werden.

Die Fraktion der CDU/CSU verwies darauf, dass es in den Jahren 2015 und 2016 über 50.000 Angriffe auf
Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Rettungskräfte gegeben habe. Dies sei nicht hinnehmbar; es gehe um den
Schutz von Personen, die in besonderer Weise und exponiert für den Staat handelten, und damit auch um die
Selbstbehauptung des Rechtsstaats. Der Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte werde der Pra-
xis nicht gerecht, da es zunehmend sogenannte Einmischungsfälle gebe, in denen Polizisten bei normalen Dienst-
handlungen, wie etwa dem Streifegehen, beleidigt und angegriffen würden. Der vorgelegte Gesetzentwurf trage
der Tatsache, dass Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte bei ihren Diensthandlungen einer besonderen
Gefahrenlage ausgesetzt seien, der sie auch nicht ausweichen könnten, durch einen besonderen gesetzlichen
Schutz Rechnung. Wichtig sei auch, dass durch den Änderungsantrag zusätzlich die Behinderung von Rettungs-
oder Hilfeleistungen unter Strafe gestellt werde.

Die Fraktion der SPD unterstrich, dass die Gewalt gegen Polizeibeamte zunehme. Um dagegen vorzugehen,
müsse auch der strafrechtliche Schutz der Polizeibeamten verbessert werden. Zukünftig werde nicht nur Wider-
stand bei Vollstreckungshandlungen, sondern auch Gewalt bei einfachen Diensthandlungen – wie der Streife –
strafbar sein. Die Erstreckung des Schutzes auf Rettungskräfte, die oft ehrenamtlich für die Allgemeinheit tätig
seien, sowie die Einführung des „Gafferparagraphen“, der – mit einer deutlich geringeren Strafandrohung – Fälle,
in denen Personen an der Hilfeleistung gehindert würden, unter Strafe stelle, seien von wesentlicher Bedeutung.

Drucksache 18/12153 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auch die Fraktion DIE LINKE. bezeichnete den Gesetzentwurf als reine Symbolpolitik. Damit werde nichts für
den Schutz der angesprochenen Personengruppen getan. Sie wies darauf hin, dass schon eine frühere Anhebung
des Strafrahmens bei Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte keine Wirkung auf die Anzahl der
Angriffe gezeitigt habe. Das Problem liege nicht darin, dass ein Polizist auf Streife einer alkoholisierten Person
begegne, sondern darin, dass er allein auf Streife gehe. Hier handele es sich um ein Vollzugsproblem und um ein
Versagen der entsprechenden Landesregierungen. Nun werde versucht, politische Fehler mit Mitteln des Straf-
rechts auszugleichen. Die Fraktion hob hervor, dass schon jetzt Rettungskräfte über § 114 Absatz 3 StGB ge-
schützt würden – es fehle nur an Personal, das vor Ort die Täter als Verdächtige feststellen könne. Hieran werde
der Gesetzentwurf nichts ändern.

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/11547 in seiner 142. Sit-
zung am 26. April 2017 abschließend beraten und empfiehlt einvernehmlich, den Gesetzentwurf für erledigt zu
erklären.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfohlenen Änderungen
gegenüber der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss die unveränderte An-
nahme des Gesetzentwurfs empfiehlt, wird auf die jeweilige Begründung in der Drucksache 18/11161 verwiesen.

Über die nachfolgenden Änderungen hinaus weist der Ausschuss darauf hin, dass der persönliche Schutzbereich
der §§ 113 und 114 des Strafgesetzbuches in der Entwurfsfassung (StGB-E) sämtliche Amtsträger oder Soldaten
der Bundeswehr mit Vollstreckungsbefugnissen erfasst. Eingeschlossen sind damit auch Gerichtsvollzieher.

Zu Nummer 1 (Änderung der Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an die Änderung in Nummer 2.

Zu Nummer 2 (Änderung des § 323c des Strafgesetzbuches)

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht Änderungen der strafrechtlichen Vorschriften der §§ 113 bis 115
sowie 125 und 125a StGB vor.

Nach § 115 Absatz 3 StGB-E ist die Behinderung von Rettungsmaßnahmen durch Hilfeleistende der Feuerwehr,
des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes strafbewehrt, wenn die Behinderung durch Gewalt, Dro-
hung mit Gewalt oder ein tätlicher Angriff erfolgt.

Im Lichte der vom Ausschuss durchgeführten öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf erscheint es aber
erforderlich, allgemein Verhaltensweisen strafrechtlich zu sanktionieren, durch die Rettungsmaßnahmen behin-
dert werden, und zwar unabhängig davon, auf welche Weise die Behinderung geschieht und ob die hilfeleistende
Person zu dem von § 115 Absatz 3 StGB-E erfassten Personenkreis gehört. Dies geht insoweit auch über die
Bundesratsinitiative zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Effektive Bekämpfung
von sogenannten Gaffern sowie Verbesserung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts von Verstorbenen (Bundes-
ratsdrucksache 226/16 – Beschluss) hinaus, als dort der Kreis der geschützten Personen auf Hilfeleistende der
Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder der Rettungsdienste beschränkt wird. Aus diesem Grund erscheint es
angezeigt, nicht § 115 Absatz 3 StGB-E zu erweitern, sondern eine gesonderte ergänzende Strafvorschrift zu
schaffen und diese nicht im 6. Abschnitt des StGB zu verorten, sondern als neuen Absatz 2 in § 323c StGB (Un-
terlassene Hilfeleistung).

§ 323c Absatz 2 StGB-E stellt die Behinderung von Personen unter Strafe, die bei Unglücksfällen oder gemeiner
Gefahr oder Not Dritten Hilfe leisten oder leisten wollen. Damit erweitert die Vorschrift letztlich den Schutz von
Personen (d. h. deren Leben oder Gesundheit) oder Sachwerten in entsprechenden Situationen vor Gefahren durch
eine verzögerte oder verhinderte Hilfeleistung, ohne dass es insoweit auf den Nachweis einer Kausalität des be-
hindernden Verhaltens ankommt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12153

Das Tatbestandsmerkmal des Behinderns im Sinne des § 323c Absatz 2 StGB-E setzt eine spürbare, nicht uner-
hebliche Störung der Rettungstätigkeit voraus. Daher müssen die Hilfsmaßnahmen der hilfeleistenden Person
mindestens erschwert werden, wie zum Beispiel durch Beschädigung von technischem Gerät, durch Versperren
eines Wegs, durch Nichtbeiseitetreten, durch Blockieren von Notfallgassen oder durch Beeinträchtigung der Tä-
tigkeit von Ärzten und Krankenhauspersonal in der Notaufnahme.

Da die Strafbarkeit allein an das Behindern einer hilfeleistenden Person anknüpft, kommt es nicht darauf an, ob
sich dieses Verhalten konkret negativ für die Person oder die Sache auswirkt, der die Hilfeleistung zugutekommen
soll. Die Strafbarkeit tritt also beispielsweise auch dann ein, wenn das Opfer trotz der Behinderung von anderen
Personen gerettet werden konnte oder eine Rettung des Opfers gar nicht mehr möglich war, weil es zum Zeitpunkt
der Behinderung einer hilfeleistenden Person bereits verstorben war.

Die Strafbewehrung des reinen Behinderns einer hilfeleistenden Person ergänzt den Schutz, den § 323c StGB den
geschützten Rechtsgütern durch die Unterstrafestellung der unterlassenen Hilfeleistung zukommen lässt. Denn
§ 323 StGB fordert eine sofortige Hilfeleistung; nach der Rechtsprechung ist bereits eine zeitliche Verzögerung
strafbewehrt. Eine Schädigung des Opfers tritt regelmäßig schon infolge einer Verzögerung der Hilfe ein, weil
dadurch die Lage des Verunglückten zunehmend verschlimmert wird. Hierbei kommt nicht nur die erhöhte Ge-
fährdung des Lebens oder der Gesundheit des Opfers in Betracht, sondern es müssen auch die Vermehrung und
Verlängerung von Schmerzen berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 8. April 1960 - 4 StR 2/60).

Berlin, den 26. April 2017

Dr. Volker Ullrich
Berichterstatter

Dr. Johannes Fechner
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

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