BT-Drucksache 18/12013

Gesundheitsgefährdende Mineralöle in Lebensmitteln

Vom 12. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12013
18. Wahlperiode 12.04.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Karin Binder, Caren Lay, Heidrun Bluhm,
Eva Bulling-Schröter, Katja Kipping, Birgit Menz, Dr. Kirsten Tackmann,
Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Gesundheitsgefährdende Mineralöle in Lebensmitteln

Spätestens seit Dezember 2009 ist dem Bundesministerium für Ernährung und
Landwirtschaft (BMEL) bekannt, dass Lebensmittel mit gesundheitsschädlichen
Mineralölbestandteilen aus Verpackungsmaterialien belastet sind. Bestimmte Mi-
neralöle gehen von Aufdrucken oder von Druckfarbenrückständen im Recycling-
papier der Lebensmittelverpackungen in die Lebensmittel über. Sie können sich
im Körper ablagern, Organe schädigen und Krebs auslösen. Das Bundesinstitut
für Risikobewertung kam in seiner Stellungnahme vom 9. Dezember 2009 zu
dem Schluss, „dass der Übergang von Mineralölen auf Lebensmittel dringend mi-
nimiert werden sollte“. Experten weisen auf die Gefahr einer „chronischen Ver-
giftung“ durch die langjährige Aufnahme der schädlichen Mineralöle auch in ge-
ringen Mengen hin (vgl. ARD-Magazin Plusminus, Sendung vom 31. August
2016). Lebensmittel können leicht durch eine geeignete Schutzbarriere (Folien-
beutel) von Verpackungen getrennt werden, die schädliche Mineralölbestandteile
beinhalten. Zudem kann bei Lebensmittelverpackungen ganz auf Mineralöle ver-
zichtet werden.
Obwohl die Problematik seit nunmehr sieben Jahren bekannt ist, hat die Bundes-
regierung bisher keine Regelungen erlassen, um die Verbraucherinnen und Ver-
braucher vor den gesundheitsschädlichen Mineralölbestandteilen in Lebensmit-
teln zu schützen. Entwürfe zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung, die
den sicheren Umgang mit Lebensmittelverpackungen regelt, wurden möglicher-
weise auch aufgrund von Hinweisen der Interessenverbände der Lebensmittel-
wirtschaft und der Druckfarbenindustrie immer wieder zurückgezogen. Zudem
wartet das BMEL auf eine Genehmigung der nationalen Regelung durch die Eu-
ropäische Kommission, obwohl die Bundesregierung unverzüglich Maßnahmen
zum gesundheitlichen Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher erlassen
kann (Artikel 169 Absatz 4 Satz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Euro-
päischen Union). Mittlerweile liegt ein vierter Verordnungsvorschlag vor. Nach
wie vor werden bei Untersuchungen von Verbraucherorganisationen wie Stiftung
Warentest oder Foodwatch Mineralölrückstände in Lebensmitteln wie Müsli, Ha-
ferflocken, Reis, Nudeln und Schokolade nachgewiesen. Freiwillige Maßnahmen
der Lebensmittelhersteller haben auch nach Jahren nicht zu einem wirksamen
Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor den gesundheitsbedenklichen
Belastungen geführt.

Drucksache 18/12013 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann werden geeignete Maßnahmen in Kraft treten, die sicherstellen, dass
Verbraucherinnen und Verbraucher vor gesundheitsbedenklichen Mineralöl-
bestandteilen in Lebensmitteln geschützt sind?

2. Warum wartet die Bundesregierung das Ergebnis der Notifizierung der Be-
darfsgegenständeverordnung bei der Europäischen Kommission ab, obwohl
ihr spätestens seit dem Jahr 2009 bekannt ist, dass eine gesundheitliche Ge-
fährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher durch bestimmte Mineralöl-
bestandteile nicht auszuschließen ist?

3. Welche Gründe haben im Einzelnen dazu geführt, dass bisherige Verord-
nungsentwürfe zurückgezogen bzw. überarbeitet wurden?

4. Welche Hinweise der Lebensmittelwirtschaft, der Verpackungswirtschaft
und Druckfarbenwirtschaft und der druckfarbenverarbeitenden Branchen
einschließlich deren Verbände wurden in den einzelnen Verordnungsentwür-
fen zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung aufgegriffen?

5. Welche einzelnen Termine und Gespräche fanden seit dem Jahr 2010 zwi-
schen der Bundesregierung einschließlich der zugehörigen Facheinrichtun-
gen und Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft und deren Verbänden
zum Themenspektrum Bedarfsgegenständeverordnung und Übergang von
Mineralölen auf Lebensmittel statt (bitte jeweils Datum, Thema und teilneh-
mende Personen, Institutionen und Unternehmen nennen)?

6. Wie hat die Bundesregierung überprüft, inwieweit die bisherigen Maßnah-
men der Lebensmittelwirtschaft einen wirksamen Schutz der Verbraucherin-
nen und Verbraucher vor Mineralölbestandteilen in Lebensmitteln darstel-
len?

7. Welche Expertinnen und Experten und welche Studien wurden herangezo-
gen, um die Wirksamkeit der funktionellen Barrieren, wie sie im aktuellen
Verordnungsentwurf beschrieben sind, zu belegen bzw. zu spezifizieren?

8. Wie wird belegt, dass die vorgeschriebene Barriere alle der mehreren hundert
potenziell gesundheitsschädlichen Chemikalien vom Übergang auf die Le-
bensmittel zurückhält?

9. Warum werden von dem Verordnungsentwurf nur Altpapierverpackungen
erfasst, obwohl bekannt ist, dass Mineralöle auch aus Umverpackungen bzw.
Transport- und Lagerverpackungen durch die eigentliche Lebensmittelver-
packung hindurch in die Lebensmittel übergehen können?

10. Wie werden andere Migrationswege von Mineralölen, beispielsweise durch
den Verarbeitungsprozess, erfasst, um eine Belastung von Lebensmitteln
wirksam zu verhindern?

11. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung treffen, um gesundheitsbe-
denkliche Mineralölverbindungen aus Kosmetika zu verbannen?

Berlin, den 11. April 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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