BT-Drucksache 18/11785

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Katja Dörner, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/7655 - Elternschaftsvereinbarung bei Samenspende und das Recht auf Kenntnis eigener Abstammung

Vom 29. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11785
18. Wahlperiode 29.03.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Katja Dörner, Luise Amtsberg,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/7655 –

Elternschaftsvereinbarung bei Samenspende und das Recht auf Kenntnis
eigener Abstammung

A. Problem
Der Antrag zielt auf Änderungen der Rechtslage im Zusammenhang mit Famili-
engründungen durch Samenspenden ab. Anders als in europäischen Nachbarstaa-
ten sei dieser Bereich in Deutschland unzureichend geregelt. Zwar habe die
Rechtsprechung den Anspruch der durch Samenspende gezeugten Menschen auf
ein Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung entwickelt und bestätigt; gleichzeitig
bleibe die Durchsetzung dieses Auskunftsanspruchs aus verschiedenen Gründen
schwierig. Darüber hinaus sei die Samenspende bisher in § 1600 Absatz 5 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nur fragmentär geregelt und biete weder dem
Kind noch den betroffenen Erwachsenen Rechtssicherheit. Schließlich seien viele
Wunscheltern mangels Beratung nur unzureichend darauf vorbereitet, welche
rechtlichen, psychischen und sozialen Herausforderungen eine Familiengründung
mittels Samenspende mit sich bringen könne.

Die Antragsteller fordern daher von der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf
vorzulegen, der sich dieser und weiteren Fragen annimmt. So soll unter anderem
ein neues familienrechtliches Institut – die sog. Familienvereinbarung – einge-
führt und ein Anspruch auf Kenntnis der Abstammung ausdrücklich formuliert
und die Eintragung eines entsprechenden Vermerks – allerdings ohne Angaben
zur Identität des Spenders – in das Geburtenregister vorgesehen werden.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 18/11785 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/7655 abzulehnen.

Berlin, den 29. März 2017

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Dr. Sabine Sütterlin-Waack
Berichterstatterin

Dr. Karl-Heinz Brunner
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11785
Bericht der Abgeordneten Dr. Sabine Sütterlin-Waack, Dr. Karl-Heinz Brunner, Jörn
Wunderlich und Katja Keul

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/7655 in seiner 173. Sitzung am 2. Juni 2016 beraten
und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie an den Ausschuss für Gesundheit zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Vorlage auf Drucksache 18/7655 in seiner
89. Sitzung am 29. März 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
die Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlage auf Drucksache 18/7655 in seiner 110. Sitzung am 29. März 2017
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage der Drucksache 18/7655 in seiner 104. Sitzung
am 22. Juni 2016 anberaten und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen, die er in seiner 115.
Sitzung am 19. Oktober 2016 durchgeführt hat. An dieser Anhörung haben folgende Sachverständige teilgenom-
men:

Eva Becker Deutscher Anwaltverein e. V. Gesetzgebungsausschuss Familienrecht im DAV
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Berlin

Prof. Dr. Nina Dethloff, LL.M. Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Institut für Deutsches, Euro-
päisches und Internationales Familienrecht

Prof. Dr. Tobias Helms Philipps-Universität Marburg Professur für Bürgerliches Recht, Internationales
Privatrecht und Rechtsvergleichung Institut für Privatrechtsvergleichung

Dr. Frank Klinkhammer Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe

Christina Motejl Verein Spenderkinder, Berlin

Dr. Helga Müller DI-Netz e. V. – Deutsche Vereinigung von Familien nach Samenspende;
Rechtsanwältin, Frankfurt am Main.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 115. Sitzung am 19. Oktober 2016 mit den
anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/7655 in seiner
138. Sitzung am 29. März 2017 abschließend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies darauf hin, dass parallel zum vorliegenden Antrag ein Gesetz-
entwurf in den parlamentarischen Beratungen sei, der federführend vom Gesundheitsausschuss betreut werde und
der im Kern die Einführung eines Samenspenderregister vorschlage (Drucksache 18/11291). Dies sei grundsätz-
lich zu begrüßen. Gleichzeitig müsse deutlich gemacht werden, dass dieser Gesetzentwurf in Artikel 2 auch eine
Ergänzung des § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) um einen neuen Absatz 4 vorsehe, der regeln
würde, unter welchen Voraussetzungen ein Samenspender nicht als Vater eines Kindes festgestellt werden kann.

Drucksache 18/11785 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Mit dieser Ergänzung des BGB würde eine grundlegende – aus Sicht der Fraktion in dieser Form verfassungs-
widrige – Entscheidung über Ansprüche und Rechte der Kinder getroffen. Die dazu am heutigen Tag geplante
Anhörung im Gesundheitsausschuss dauere gerade einmal 60 Minuten; anwesend seien 20 Verbände. So könne
das Problem nicht ausreichend besprochen und durchdrungen werden. Sie appelliere an die Familienrechtlerinnen
und Familienrechtler der Koalitionsfraktionen, diesen Teil des Gesetzentwurfs zu überarbeiten, da das Problem
äußerst komplex sei. Eine Trennung der beiden Regelungsmaterien – Schaffung eines Spenderregisters und Nor-
mierung familienrechtlicher Konsequenzen – sei gerade nicht möglich; man könne nicht jetzt das Eine und später
das Andere regeln. Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeige auf, wie eine tatsächlich mögli-
che und verfassungsrechtlich zulässige Lösung im Interesse der Kinder und der Wunscheltern aussehen könne.
Ziel der Elternschaftsvereinbarung sei eine Gleichstellung mit der Adoption. Zum Zeitpunkt des Vertrages werde
sichergestellt, dass das Kind zwei Elternteile habe und die rechtlichen Wunscheltern in die Pflicht genommen
würden. Ähnlich wie bei der Minderjährigenadoption, die grundsätzlich nicht rückgängig zu machen sei, könne
auf diesem Wege die dringend notwendige Rechtssicherheit hergestellt werden.

Die Fraktion der SPD teilte die Einschätzung zur Komplexität der Materie. Diskutiert werde ein Rechtsanspruch
auf Kenntnis der eigenen Abstammung, ein künftiger Vermerk im Geburtenregister, die Einführung eines elekt-
ronischen Melde- und Auskunftssystems sowie die Voraussetzungen für die Feststellung der biologischen Vater-
schaft und entsprechende familienrechtliche Institute. Es sei aber besser, wie vereinbart Schritt für Schritt vorzu-
gehen. Der erwähnte Gesetzentwurf der Bundesregierung aus dem Bundesministerium für Gesundheit befasse
sich zu Recht zunächst lediglich mit der Einführung eines Samenspenderregisters. Weitere Regelungen könne
man nach und nach beraten; dann könnten auch die Ergebnisse des Arbeitskreises „Abstammungsrecht“ abgewar-
tet und einbezogen werden.

Die Fraktion der CDU/CSU schloss sich den Ausführungen der SPD-Fraktion im Wesentlichen an und erklärte,
auch viele Argumente der Antragstellerin nachvollziehen zu können. Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN fordere zu Recht ein Spenderregister; er enthalte aber Punkte, die nicht zustimmungsfähig seien. Die
vorgeschlagene Elternschaftsvereinbarung bereite erhebliche Probleme, da durch vertragliche Regelungen die
Vorgaben zur Bestimmung der Vaterschaft nach § 1592 BGB außer Kraft gesetzt werden würden. Dies könne die
Fraktion nicht mittragen. Aufgrund der Unauflösbarkeit des Vertrages sei dem Kind ein Vaterschaftsanfechtungs-
recht aus der Hand genommen; dies könne in bestimmten Konstellationen aber nicht im Interesse des Kindes sein.
Gegen eine solche Festschreibung bestünden erhebliche Bedenken. Es sei deshalb besser, wie bereits vorgeschla-
gen die Ergebnisse des Arbeitskreises „Abstammungsrecht“ abzuwarten. Zuzustimmen sei der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN insoweit, als die in dem erwähnten Gesetzentwurf vorgeschlagene Regelung zum BGB
mindestens einer intensiven Überprüfung bedürfe; vielleicht ließen sich nach der im Gesundheitsausschuss dazu
heute durchgeführten Anhörung noch Änderungen umsetzen. Diesbezüglich habe man erreicht, dass auch juristi-
scher Sachverstand in die Anhörung einbezogen worden sei, um Fragen zu dem im Gesetz geplanten Ausschluss
der Unterhaltsansprüche durch Ausschluss der Vaterschaftsfeststellung stellen zu können.

Die Fraktion DIE LINKE. zeigte sich ebenfalls skeptisch. Zwar sei die Einrichtung eines Auskunfts- und Mel-
deregister auch für sie ein zentraler Punkt. Mit der vorgeschlagenen Elternschaftsvereinbarung habe die Fraktion
indes Probleme, einmal bezogen auf den Anspruch des Kindes und zum anderen im Vergleich zu den rechtlichen
Bedingungen einer Adoption. Mit dem Antrag seien durch Samenspende gezeugte Kinder schlechter gestellt als
bei einer Adoption, da die Elternschaftsvereinbarung – anders als ihrer Einschätzung nach die Adoption – nicht
aufhebbar sei. Es dürfe nicht sein, dass der Staat auf einer Verbindung von Personen beharre, die nicht biologisch
verwandt seien.

Berlin, den 29. März 2017

Dr. Sabine Sütterlin-Waack
Berichterstatterin

Dr. Karl-Heinz Brunner
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

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