BT-Drucksache 18/11679

Rechtsextreme Bestrebungen des Vereins Volkshilfe e.V.

Vom 15. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11679
18. Wahlperiode 15.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Matthias W. Birkwald, Dr. Diether Dehm,
Inge Höger, Andrej Hunko, Petra Pau, Martina Renner, Kersten Steinke,
Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Rechtsextreme Bestrebungen des Vereins Volkshilfe e. V.

Der seit April 2015 in Osnabrück eingetragene Verein Volkshilfe e.V. stellt sich
nach außen hin als rein karitative Vereinigung dar. „Wir helfen da, wo Politik
aufhört“, lautet das Motto des Vereins, der nach eigenen Angaben unter anderem
Tauschbörsen für alte Kleidung und Spielsachen und Spendensammlungen für
Obdachlose und Weihnachtssammlungen für bedürftige Familien organisiert.
„Die Volkshilfe hat es sich zum Ziel gesetzt, dem deutschen Volke das Zusam-
mengehörigkeitsgefühl wieder beizubringen, welches es in der heutigen Ellenbo-
gengesellschaft leider verloren hat“, heißt es in einem Werbeflyer des Vereins,
der nach eigenen Angaben dazu beitragen will, die „Schere zwischen Arm und
Reich in unserem Volke wieder enger zusammenzuführen“ (zit. nach LOTTA
www.lotta-magazin.de/ausgabe/online/hilfe-nur-f-r-landsleute). Im Januar 2016
verteilten Aktivisten der Volkshilfe e. V. an Bahnhöfen Reizgasdosen an allein
reisende deutsche Frauen zum Schutz vor vermeintlich drohenden Übergriffen
durch Migranten (www.bnr.de/category/stichworte/volkshilfe-ev).
Der niedersächsische Verfassungsschutz beobachtet Volkshilfe e.V. seit Juli 2015
im Rahmen einer Verdachtsfallbearbeitung. Nach Angaben des Niedersächsi-
schen Ministeriums für Inneres und Sport vom Februar 2016 setzt sich der Verein,
der rund 30 Mitglieder haben soll, überwiegend aus ehemaligen Angehörigen der
Autonomen Nationalisten Wallenhorst (ANW) zusammen. Zu den Vorstandsmit-
gliedern sowie weiteren bei der Gründungsversammlung anwesenden Personen
liegen demnach staatsschutzpolizeiliche Erkenntnisse aus dem Phänomenbereich
der politisch motivierten Kriminalität-rechts vor (www.mi.niedersachsen.de/
aktuelles/presse_informationen/beantwortung-der-muendl-anfrage-der-gruenen-
zum-osnabruecker-verein-volkshilfe-ev-141089.html). Erster Vorsitzender des
Vereins ist der vormals in Münster wohnhafte Neonazi-Aktivist Achim
Kemper, der zuvor bei den „Nationalen Sozialisten Münster“ (NaSoMs) aktiv
war (www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/641414/rechtsextreme-setzen-auf-
vereinsarbeit-auch-in-der-region#). Auch die anderen aus dem Raum Osnabrück
stammenden Vorstandsmitglieder der Volkshilfe e. V. entstammen dem neona-
zistischen Milieu. Die oberflächlich karitative Ausrichtung des Vereins sei Teil
einer rechten Graswurzelstrategie, bei der vermittels vermeintlich sozialer Betä-
tigung an der gesellschaftlichen Basis versucht werde, Kontakt zu Bevölke-
rungsteilen zu knüpfen, die sich von politischen Parteien oder Organisationen
nicht angesprochen fühlen, heißt es dazu in der antifaschistischen Zeitschrift
„LOTTA“. Denn die angebotene Hilfe nur für deutsche „Landsleute“ gründet sich
auf Ausschluss und Ausgrenzung anhand völkisch-nationalistischer Kriterien
(www.lotta-magazin.de/ausgabe/online/hilfe-nur-f-r-landsleute).

Drucksache 18/11679 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Volkshilfe e. V. gibt auf Handzetteln an, über fünf Ortsgruppen in Osnab-
rück, dem Ruhrgebiet, Leer, Hagen und Gütersloh zu verfügen (www.nw.de/
lokal/kreis_guetersloh/guetersloh/guetersloh/21687093_Rechter-Verein-verteilt-
Handzettel-in-Guetersloh.html)

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung

über den Verein Volkshilfe e. V.?
2. Welche vom Verein Volkshilfe e. V. seit seiner Gründung ausgehenden Ak-

tivitäten im Einzelnen sind der Bundesregierung bekannt?
3. Inwieweit sieht die Bundesregierung von der Betätigung des Vereins Volks-

hilfe e. V. und der von diesem Verein vertretenen Ideologie eine Gefahr für
das friedliche Zusammenleben oder eine sonst wie geartete Gefährdung für
die demokratische Grundordnung ausgehen?

4. Wie viele Mitglieder gehören nach Kenntnis der Bundesregierung der Volks-
hilfe e. V. an?
a) Wie viele der Vorstandsmitglieder und einfachen Mitglieder gehörten vor

ihrem Beitritt zur Volkshilfe e. V. welchen rechtsextremen Vereinigun-
gen oder Bewegungen an?

b) Wie viele Vorstandsmitglieder und einfache Mitglieder gehören während
ihrer Mitgliedschaft in der Volkshilfe e. V. welchen rechtsextremen Ver-
einigungen oder Bewegungen an?

c) Gegen wie viele Vorstandsmitglieder und einfache Mitglieder von Volks-
hilfe e. V. liegen staatsschutzpolizeiliche Erkenntnisse aus dem Phäno-
menbereich der politisch motivierten Kriminalität – rechts vor?

5. Über wie viele und welche Ortsgruppen und Stützpunkte in welchen Orten
und Bundesländern verfügt Volkshilfe e. V. nach Kenntnis der Bundesregie-
rung?

6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine rechtsextremistische
Betätigung von Vorstandsmitgliedern der Volkshilfe e. V. vor Gründung des
Vereins und während ihrer Zeit als Vereinsvorstände?

7. Inwieweit stehen der Verein Volkshilfe e. V. oder einzelne seiner Vorstände
nach Kenntnis der Bundesregierung in Kontakt zu rechtsextremen und neo-
nazistischen Parteien und Organisationen (bitte Form des Kontaktes und Par-
teien/Organisationen benennen)?

8. Ist der Verein Volkshilfe e. V. nach Kenntnis der Bundesregierung bislang
an kommunale oder Landesbehörden mit Anfragen nach Kooperation oder
Förderung herangetreten, und wenn ja, wann, an welche Behörden, mit wel-
chen Anfragen, und wie reagierten die jeweils angefragten Behörden?

9. Welche Landesämter für Verfassungsschutz beobachten die Volkshilfe e. V.
nach Kenntnis der Bundesregierung?

10. War die Volkshilfe e. V. bereits Thema im Gemeinsamen Extremismus- und
Terrorismusabwehrzentrum (GETZ), und wenn ja, wann, und in welchem
Zusammenhang?

11. Inwieweit erkennt die Bundesregierung eine Strategie von Teilen der rechts-
extremen Bewegung, ihre Ideologie über (scheinbar) karitative Betätigung
zu verbreiten und durch eine solche Graswurzelstrategie neue Anhänger zu
gewinnen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11679

12. Sind der Bundesregierung weitere Parteien oder Vereinigungen bekannt, die

sich unter dem Deckmantel (scheinbar) karitativer Aktivitäten rechtsextre-
mistisch betätigten, und wenn ja, welche?

13. Inwieweit konnten Rechtsextremisten bislang nach Kenntnis der Bundesre-
gierung über ihre Strategie, durch (scheinbar) karitative Betätigung rechts-
extreme Ideologie zu verbreiten und Anhänger zu gewinnen, Erfolge verbu-
chen?

Berlin, den 10. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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