BT-Drucksache 18/11313

Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern

Vom 15. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11313
18. Wahlperiode 15.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Ulle Schauws, Markus Kurth,
Brigitte Pothmer, Katja Dörner, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Corinna Rüffer,
Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer, Dr. Franziska Brantner, Ekin Deligöz,
Kai Gehring, Britta Haßelmann, Maria Klein-Schmeink, Tabea Rößner,
Claudia Roth (Augsburg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern

Die Bunderegierung hat den Entwurf des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG)
vorgelegt. Mit dem Gesetz sollen unmittelbare und mittelbare Entgeltdiskriminie-
rungen wegen des Geschlechts beseitigt werden. Denn Statistiken zeigen, dass in
Deutschland die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern bei 21 Prozent liegt.
Der Gesetzentwurf setzt ausschließlich auf mehr Transparenz bei den Entgelten
und Entgeltregelungen und sieht zur Beseitigung der Lohnungleichheit vor, dass
es einen Auskunftsanspruch in Betrieben ab 200 Beschäftigten geben soll. Unter-
nehmen mit mehr als 500 Beschäftigten werden zudem dazu aufgefordert, Ver-
fahren zur Überprüfung und Herstellung von Lohngleichheit umzusetzen. Tarif-
gebundene und tarifanwendende Unternehmen sind jedoch von dieser Aufforde-
rung ausgenommen. Bereits der Referentenentwurf wurde u. a. durch den Deut-
schen Juristinnenbund und den Deutschen Frauenrat als unzureichend kritisiert.
Der jetzt vorliegende Kabinettsentwurf wurde nochmals verändert, und es stellt
sich die Frage, inwiefern mit diesem Ansatz tatsächlich Transparenz und in der
Folge Lohngleichheit erreicht werden können.

Wir fragen die Bundesregierung:

Statistische Daten
1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die Entgeltlücke

von Frauen und Männern?
a) Wie hat sich die Entgeltlücke in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte

mit jährlichen Angaben)?
b) Liegen der Bundesregierung Berechnungen der Entgeltlücke aufgrund

von mittelbarer Entgeltdiskriminierung vergleichbarer Stellen über Bran-
chen hinweg vor, und wenn dies nicht der Fall ist, wird die Bundesregie-
rung solch eine Berechnung in Auftrag geben?
Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 18/11313 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
c) Würde die Entgeltlücke aufgrund von mittelbarer Entgeltdiskriminierung
vergleichbarer Stellen über Branchen hinweg nach Einschätzung der Bun-
desregierung höher ausfallen als die bisher angenommene Entgeltlücke?
Wenn ja, warum, und in welcher Größenordnung?
Wenn nein, warum nicht?

2. Welche drei Branchen haben nach Kenntnis der Bundesregierung den höchs-
ten Anteil an weiblichen Beschäftigten, und welche drei Branchen haben den
höchsten Anteil an männlichen Beschäftigten?
a) Wie hoch ist jeweils der Medianverdienst von Frauen in jeder dieser sechs

Branchen?
b) Wie hoch ist jeweils der Medianverdienst von Männern in jeder dieser

sechs Branchen?
3. Wie viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gibt es insgesamt bundesweit,

und wie viele weibliche bzw. männliche Beschäftigte sind dort unabhängig
von der Beschäftigungsform und dem Status nach Kenntnis der Bundesre-
gierung tätig?

4. Wie viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber entsprechend § 5 Absatz 3
EntgTranspG gibt es insgesamt bundesweit, und wie viele weibliche bzw.
männliche Beschäftigte entsprechend § 5 Absatz 2 EntgTranspG sind nach
Kenntnis der Bundesregierung dort tätig?

5. Wie viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber entsprechend § 5 Absatz 3
EntgTranspG mit mehr als 200 Beschäftigten gibt es, und wie viele weibliche
bzw. männliche Beschäftigte entsprechend § 5 Absatz 2 EntgTranspG sind
nach Kenntnis der Bundesregierung dort tätig?
a) Wie viele dieser Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind tarifgebunden,

und wie viele tarifungebunden?
b) Wie viele dieser Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind tarifanwendend

und arbeiten mit individuellen Arbeitsverträgen, die sich auf Tarifverträge
beziehen (wenn dazu keine Daten vorliegen, dann bitte einen Schätzwert
nennen)?

c) Wie viele der weiblichen Beschäftigten werden tariflich bzw. nichttarif-
lich entlohnt, und wie viele tarifanwendend (wenn dazu keine Daten vor-
liegen, dann bitte einen Schätzwert nennen),

(bitte jeweils mit Zahlen- und Prozentangaben)?
6. Wie viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber entsprechend § 5 Absatz 3

EntgTranspG mit mehr als 500 Beschäftigten gibt es, und wie viele weibliche
bzw. männliche Beschäftigte entsprechend § 5 Absatz 2 EntgTranspG sind
nach Kenntnis der Bundesregierung dort tätig?
a) Wie viele dieser Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind tarifgebunden,

und wie viele tarifungebunden?
b) Wie viele dieser Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind tarifanwendend

und arbeiten mit individuellen Arbeitsverträgen, die sich auf Tarifverträge
beziehen (wenn dazu keine Daten vorliegen, dann bitte einen Schätzwert
nennen)?

c) Wie viele der weiblichen Beschäftigten werden tariflich bzw. nichttarif-
lich entlohnt und wie viele tarifanwendend (wenn dazu keine Daten vor-
liegen, dann bitte einen Schätzwert nennen),

(bitte jeweils mit Zahlen- und Prozentangaben)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11313

Allgemeine Bestimmungen

7. Wird das EntgTranspG die mittelbare Entgeltdiskriminierung vergleichbarer
Stellen über Branchen hinweg verhindern?
Wenn ja, in welcher Form?
Wenn nein, warum wird dieses Ziel nicht verfolgt?

8. Welche rechtmäßigen Ziele bzw. welche angemessenen Mittel dürfen ent-
sprechend § 3 Absatz 3 EntgTranspG zu ungleicher Bezahlung von Frauen
und Männern führen (bitte mit drei konkreten Beispielen erläutern), und wie
definiert die Bundesregierung „arbeitsmarkt-, leistungs- und arbeitsergebnis-
bezogene Kriterien“ nach diesem Gesetz?
a) Wie sind diese möglichen Ziele und Kriterien mit der Zielsetzung des Ge-

setzes, unmittelbare und mittelbare Entgeltdiskriminierungen zu beseiti-
gen, vereinbar?

b) Wie wird sichergestellt, dass diese möglichen Ziele und Kriterien nicht zu
einer Legitimierung von Lohnungleichheit genutzt werden können, zumal
die Deutungshoheit und Definitionsmacht bei den Arbeitgeberinnen und
Arbeitgebern liegen?

c) Wie ist der Widerspruch zu erklären, dass in § 3 Absatz 3 EntgTranspG
„leistungs- und arbeitsergebnisbezogene Kriterien“ ungleiche Bezahlung
rechtfertigen, in § 4 Absatz 2 aber die Kriterien für gleichwertige Arbeit
von der Leistung der Beschäftigten unabhängig sein müssen?

9. Bestätigt die Bundesregierung, dass die Herausnahme der Beamtinnen, Be-
amten, Richterinnen und Richter der Länder aus dem Rechtskreis des Geset-
zes (§ 5 EntgTranspG), die im Referentenentwurf noch benannt waren, dazu
dient, dass das Gesetz im Bundesrat nicht mehr zustimmungspflichtig ist?
Wenn nein, warum wurde die Länderebene herausgenommen?
a) Wie viele Frauen und Männer fallen dadurch aus dem Geltungsbereich

dieses Gesetzes?
b) Wie ist dieser Vorgang mit der Zielsetzung des Gesetzes vereinbar?

10. Aus welchem Grund fallen Personen gemäß § 12a des Tarifvertragsgesetzes,
die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial
schutzbedürftig sind (arbeitnehmerähnliche Personen), nicht unter die Rege-
lungen des EntgTranspG?

11. Wie begründet die Bundesregierung, dass der „Erfüllungsanspruch“, der
noch im Referentenentwurf explizit in § 7 ausgeführt wurde, aus dem Ge-
setzentwurf entfernt wurde?

12. Ist die Ausführung in § 8 Absatz 2 EntgTranspG, dass die durch das Aus-
kunftsrecht erhaltenen Angaben nicht an Dritte weitergegeben werden dür-
fen, in der Form zu verstehen, dass die Beschäftigten im Betrieb nicht dar-
über reden dürfen?
a) Wenn ja, wie ist das mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklen-

burg-Vorpommern vom 21. Oktober 2009 (Az: 2 Sa 183/09) vereinbar,
das Verschwiegenheitsregeln über Löhne als unwirksam beurteilt hat?

b) Wenn ja, wie kann gerade ein Transparenzgesetz ausschließen, über
Löhne zu reden, zumal solche Gespräche eine wichtige Voraussetzung
dafür sind, um Indizien für eine Entgeltdiskriminierung zu erhalten?

c) Wenn nein, wie ist sie dann zu verstehen?

Drucksache 18/11313 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Individueller Auskunftsanspruch
13. Wie begründet die Bundesregierung, dass Beschäftigte nach § 10 Absatz 1

EntgTranspG nur Auskunft über den monatlichen Bruttolohn und maximal
zwei Entgeltbestandteile verlangen können?
a) Wie ist die Begrenzung des Auskunftsrechts auf zwei Entgeltbestandteile

mit den Ausführungen in § 3 Absatz 1 EntgTranspG vereinbar, die besa-
gen, dass das Benachteiligungsverbot „sämtliche Entgeltbestandteile“
umfasst?

b) Bestätigt die Bundesregierung, dass Entgeltdiskriminierung in jedem Ent-
geltbestandteil vorkommen kann?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, warum können dann nur zwei Entgeltbestandteile abgefragt wer-
den?

c) Wie fördert das Gesetz Transparenz, wenn den Beschäftigten die Auswahl
der entscheidenden Entgeltbestandteile nur zufällig oder nur deshalb ge-
lingt, weil sie bereits wissen, in welchen Entgeltbestandteilen Diskrimi-
nierungen enthalten sind?

d) Wie will die Bundesregierung verhindern, dass Arbeitgeberinnen und Ar-
beitgeber die Beschränkung auf zwei Entgeltbestandteile gezielt nutzen,
um Lohnunterschiede zu verschleiern?

e) Wie groß wäre der bürokratische Mehraufwand, wenn umfassend über
alle Entgeltbestandteile Auskunft erteilt wird?

Vergleichstätigkeit und Vergleichsentgelt
14. Bestätigt die Bundesregierung, dass die Tarifvertragspartner selbst Adressat

des Entgeltgleichheitsgebotes sind?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, wie begründet die Bundesregierung die Angemessenheitsvermu-
tung bei tariflichen Entgeltregelungen?
a) Wie begründet die Bundesregierung, dass die Tarifautonomie in diesem

Gesetz Vorrang vor verfassungsrechtlich garantierten Gleichheitsrechten
erhält?

b) Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass Frauen häufig weniger
verdienen, weil sie – auch bei tarifgebundenen Arbeitgeberinnen und Ar-
beitgebern – schlechter eingruppiert werden?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, warum können Betroffene durch die Vorgabe, dass bei tarifge-
bundenen Betrieben nur über das Vergleichsentgelt von Beschäftigten der
gleichen Entgeltgruppe Auskunft erteilt wird (§ 11 Absatz 3 EntgTranspG),
zukünftig nur eine unmittelbare Diskriminierung überprüfen, aber eine
eventuelle diskriminierende Eingruppierung nicht?

c) Wie kann trotz Angemessenheitsvermutung Transparenz beispielsweise
über übertarifliche Zulagen hergestellt werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11313

15. Wie begründet die Bundesregierung, dass für tarifanwendende Arbeitgeber

die gleichen Regelungen und hier insbesondere die Angemessenheitsvermu-
tung gelten wie für tarifgebundene Arbeitgeber?
a) In welcher Form wird sichergestellt, dass so genannte tarifanwendende

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber tatsächlich die entsprechenden Tarif-
verträge umfänglich in den individuellen Arbeitsverträgen verankert ha-
ben und diese Regelungen auch tatsächlich umsetzen?

b) Inwiefern wird mit der Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifan-
wendenden Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern die Zielsetzung des Ge-
setzes, Sozialpartnerschaft und Tarifbindung zu stärken, entsprochen, und
werden mit dieser Regelung die Gewerkschaften nicht eher geschwächt,
weil so keine Anreize entstehen, in die Tarifbindung zu gehen?

16. Warum gelten die vereinfachten Auskunftspflichten (§ 11 Absatz 4
EntgTranspG) auch bei arbeitsrechtlichen Regelungen auf Grundlage des
kirchlichen Arbeitsrechts, und wie wird dies sachlich begründet, obwohl
diese Regelungen nicht dieselbe Rechtsqualität wie Tarifverträge besitzen
und unter besonderen Bedingungen, beispielsweise ohne Streikmächtig-
keit, zustande kommen?

Reichweite beim Auskunftsanspruch
17. Aus welchen Gründen werden viele Beschäftigte aufgrund verschiedener Re-

gelungen in § 12 EntgTranspG vom Auskunftsrecht ausgenommen, und wie
ist das mit der Zielsetzung des Gesetzes vereinbar, Transparenz und mehr
Lohngerechtigkeit herzustellen, zumal das Entgeltgleichheitsgebot für alle
Beschäftigten gilt?

18. Welche Überlegungen führen dazu, dass der individuelle Auskunftsanspruch
nur bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern mit mehr als 200 Beschäftigten
gilt, obwohl Frauen überproportional häufig bei Arbeitgeberinnen und Ar-
beitgebern mit weniger als 200 Beschäftigten tätig sind?

19. Inwiefern entspricht die auf denselben Betrieb eingeschränkte Auskunfts-
pflicht (§ 12 Absatz 2 EntgTranspG) Europarecht, und was spricht dagegen,
dass ein Lohnvergleich bei identischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern,
betriebs- und unternehmensübergreifend, ermöglicht wird?

20. Wie wird das Auskunftsrecht bei Leiharbeitskräften geregelt, wenn das Aus-
kunftsrecht auf denselben Betrieb beschränkt ist (§ 12 Absatz 2 EntgTranspG),
Leiharbeitskräfte aber in einem anderen Betrieb, dem Entleihbetrieb, einge-
setzt werden?

21. Wie begründet die Bundesregierung, dass Beschäftigte in unterschiedlichen
Beschäftigungsformen (entsprechend § 4 Absatz 3 EntgTranspG) aufgrund
des § 12 Absatz 2 EntgTranspG bei der Bewertung ihrer Arbeit nicht ver-
gleichbar sind, obwohl alle gleichermaßen einen Rechtsanspruch auf glei-
chen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit haben?
a) Wie ist die fehlende Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlichen Rechts-

verhältnissen in § 12 Absatz 2 EntgTranspG mit Europarecht und der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vereinbar?

b) Wie ist diese fehlende Vergleichbarkeit in § 12 Absatz 2 EntgTranspG
beispielsweise vor dem Hintergrund der Digitalisierung zu begründen,
wenn zukünftig mobiles Arbeiten zu mehr alternierender Heimarbeit führt
und der Ort der Tätigkeit zu einer unterschiedlichen Bewertung der Arbeit
führen kann?

Drucksache 18/11313 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Betriebsrat und Verfahren
bei tarifgebundenen und tarifanwendenden Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern
22. Wie kann der Betriebsausschuss bei tarifanwendenden Arbeitgeberinnen und

Arbeitgebern „im Rahmen seines Einblicksrechts die Auskunft ordnungsge-
mäß erfüllen“ (§ 13 Absatz 3 EntgTranspG), wenn er dazu Einblick in sämt-
liche Einzelverträge nehmen müsste, was ihm aber rechtlich verwehrt ist?

23. Wie können die Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen Tarifvertrags-
parteien bei tarifanwendenden Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern verant-
wortungsvoll ihre Aufgaben erfüllen (§ 14 Absatz 3 und 4 EntgTranspG),
wenn sie keinen Einblick in sämtliche Einzelverträge nehmen können?

24. Welches Verfahren beim Auskunftsanspruch gilt für kollektiv-rechtliche
Entgeltregelungen der Kirchen oder der öffentlich-rechtlichen Religionsge-
sellschaften, die in diesem Gesetz tarifgebundenen und tarifanwendenden
Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern gleichgestellt sind, und warum werden
weder das Verfahren noch die Rechte und Pflichten von Mitarbeitervertre-
tungen im EntgTranspG definiert?

Betriebliche Prüfverfahren
25. Bestätigt die Bundesregierung, dass Entgeltdiskriminierungen systemimma-

nent und unabhängig von der Betriebsgröße in Entgeltregelungen und -struk-
turen verankert sind?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, warum werden die betrieblichen Prüfverfahren nur bei Arbeitgebe-
rinnen und Arbeitgebern mit mehr als 500 Beschäftigten gefordert (§ 17 Ab-
satz 1 EntgTranspG)?

26. Warum gilt das betriebliche Prüfverfahren nicht mehr für öffentliche Arbeit-
geberinnen und Arbeitgeber (wie noch im Referentenentwurf vorgesehen),
sondern nur noch für private Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber (§ 17 Ab-
satz 1 EntgTranspG), und wie ist die Ungleichbehandlung von öffentlichen
und privaten Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zu rechtfertigen?

27. Warum sind die privaten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nur „aufgefor-
dert“ (§ 17 Absatz 1 EntgTranspG) und nicht „verpflichtet“, betriebliche
Prüfverfahren durchzuführen, und welchen Sinn macht ein Transparenzge-
setz mit fakultativen Regelungen, die durch den Aufforderungscharakter in
der Konsequenz von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ignoriert wer-
den können?

28. Warum sieht der Gesetzentwurf keine Sanktionen vor, sollten die Arbeitge-
berinnen und Arbeitgeber der Aufforderung zur Prüfpflicht nicht nachkom-
men, zumal Erfahrungen zeigen, dass freiwillige Vereinbarungen zur Quote
in den Aufsichtsräten nicht zu signifikanten Verbesserungen geführt haben?

29. Bestätigt die Bundesregierung, dass nicht alle möglichen Prüfverfahren ge-
eignet sind, um Entgeltdiskriminierungen aufzudecken?
Wenn nein, warum nicht?
a) Warum werden die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nicht verpflichtet,

nur zertifizierte Prüfverfahren anzuwenden, die tatsächlich Entgeltdiskri-
minierungen aufdecken?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/11313
b) Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die Arbeitgeberinnen
und Arbeitgeber durch die Vorgaben „in eigener Verantwortung der
Arbeitgeber“ (§ 17 Absatz 2 EntgTranspG) und „frei in der Wahl von
Analysemethoden und Arbeitsbewertungsverfahren“ (§ 18 Absatz 2
EntgTranspG) nicht ungeeignete Prüfverfahren anwenden und sich damit
Diskriminierungsfreiheit bescheinigen lassen können und in der Folge In-
transparenz von Entgeltdiskriminierung entsteht?

30. Wie begründet die Bundesregierung, dass bei tariflichen Entgeltregelungen
keine Verpflichtung besteht zur Überprüfung der Gleichwertigkeit von Tä-
tigkeiten (§ 18 Absatz 3 EntgTranspG), obwohl die Bundesregierung in die-
sem Gesetz gleichzeitig feststellt, dass auch tarifliche Regelungen Entgelt-
diskriminierungen beinhalten können?

31. Werden tarifanwendende Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wie tarifliche
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von der Überprüfung der Gleichwertig-
keit von Tätigkeiten (entsprechend § 18 Absatz 3 EntgTranspG) ausgenom-
men?
Wenn ja, wie wird das begründet, und wie ist das mit dem Ziel vereinbar,
dass das Gesetz die Sozialpartnerschaft stärken will?

32. Wie begründet die Bundesregierung, dass auch bei kollektiv-rechtlichen Ent-
geltregelungen der Kirchen oder öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaf-
ten keine Verpflichtung besteht zur Überprüfung der Gleichwertigkeit von
Tätigkeiten (§ 18 Absatz 3 EntgTranspG), und möchte die Bundesregierung
damit ausdrücken, dass es in diesen Entgeltregelungen keine Entgeltdiskri-
minierungen geben kann?

33. Können nach Ansicht der Bundesregierung die Regelungen im EntgTranspG,
konkret der Verzicht auf zertifizierte Prüfverfahren und die fehlende Ver-
pflichtung, dass auch bei tariflichen Regelungen und kollektiv-rechtlichen
Entgeltregelungen der Kirchen die Gleichwertigkeit von Tätigkeiten geprüft
werden müssen, dazu führen, dass Ansprüche von (diskriminierten) Beschäf-
tigten gerichtlich schwerer erwirkt werden können?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, wie wird die Bundesregierung das verhindern?

34. Warum soll das betriebliche Prüfverfahren nicht mehr alle fünf Jahre (wie
noch im Referentenentwurf vorgesehen), sondern nur noch „regelmäßig“
durchgeführt werden (§ 17 Absatz 1 EntgTranspG), und was versteht die
Bundesregierung unter „regelmäßig“?

Berichtspflichten
35. Warum wurde in § 21 Absatz 1 EntgTranspG im Vergleich zum Referenten-

entwurf die Passage gestrichen, dass die lageberichtspflichtigen Unterneh-
men in ihrem Bericht auch „ihre grundlegenden Entgeltregelungen und Ar-
beitsbewertungsverfahren“ darstellen müssen, obwohl diese Informationen
tatsächlich zu mehr Transparenz geführt hätten, aber die jetzige Formulie-
rung stattdessen wieder Intransparenz befördert?

36. Warum wurde in § 21 Absatz 2 EntgTranspG im Vergleich zum Referenten-
entwurf die Passage gestrichen, dass die Berichte der lageberichtspflichtigen
Unternehmen auch Angaben „zur Anzahl der Beschäftigten nach den jewei-
ligen Entgeltgruppen“ enthalten müssen, obwohl die bisherige Formulierung
im Sinne des Gesetzes tatsächlich mehr Transparenz hergestellt hätte, die
neue aber nicht?

Drucksache 18/11313 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Durchsetzung
37. Welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung vor, um die Durchsetzung

des Gesetzes zu gewährleisten und zu kontrollieren?
38. Wie wird nach Ansicht der Bundesregierung verfahren, wenn sich Arbeitge-

berinnen und Arbeitgeber der Auskunftspflicht entziehen, und warum wur-
den für diese Fälle keine Sanktionen in das Gesetz aufgenommen?

39. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung gegen ein Verbandsklagerecht
für Verbände und Gewerkschaften, damit strukturelle Entgeltdiskriminierun-
gen aufgedeckt und verhindert werden können, ohne dass die Betroffenen
selbst individuell klagen müssen?

40. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage der stellvertretenden Frakti-
onsvorsitzenden der CDU/CSU, Nadine Schön (St. Wendel) (Pressemittei-
lung v. 11. Januar 2017): „Selbst das Ministerium geht nun davon aus, dass
nur 1 Prozent der berechtigten ein Auskunftsverlangen stellen wird“, und wie
sollen mit dieser Prognose tatsächlich mehr Transparenz und Lohngerechtig-
keit hergestellt werden?

Berlin, den 15. Februar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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