BT-Drucksache 18/11199

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/7054 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz

Vom 15. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11199

18. Wahlperiode 15.02.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

– Drucksache 18/7054 –

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit
bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach
dem Anfechtungsgesetz

A. Problem

Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer von Rechtsunsicherheiten zu entlasten, die von der der-
zeitigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechts ausgehen. Zudem sollen die Mög-
lichkeiten der Insolvenzanfechtung punktuell neu justiert und das Gläubigeran-
tragsrecht gestärkt werden.

Die Praxis der Vorsatzanfechtung soll für den Geschäftsverkehr kalkulier- und
planbarer werden. Gläubiger, die ihren Schuldnern Zahlungserleichterungen ge-
währen, sollen künftig sicher sein können, dass dies für sich genommen eine Vor-
satzanfechtung nicht begründen kann.

Auch sollen die Rechtsunsicherheiten beseitigt werden, die in Bezug auf die An-
fechtbarkeit von Arbeitsentgeltzahlungen bestehen.

Vollstreckende Gläubiger sollen besser davor geschützt werden, dass sie einen
errungenen Vollstreckungserfolg wieder herausgeben müssen. Die Verzinsung
des Anfechtungsanspruchs soll neu geregelt werden, um die bestehenden Fehlan-
reize zu einer schleppenden Durchsetzung von begründeten Anfechtungsansprü-
chen zu beseitigen und den Rechtsverkehr besser vor einer übermäßigen Zinsbe-
lastung zu schützen.

Schließlich sollen die Änderungen im Insolvenzanfechtungsrecht auch im Recht
der Einzelgläubigeranfechtung nachvollzogen werden, soweit das Anfechtungs-
gesetz entsprechende Regelungen vorsieht.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Der Ausschuss empfiehlt
unter anderem Anpassungen beim Anfechtungsschutz im Rahmen von Drittzah-
lungsvorgängen (Änderung des § 142 Absatz 2 InsO-E) sowie hinsichtlich des

Drucksache 18/11199 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Anwendungsbereichs des vorgeschlagenen § 143 Absatz 1 Satz 3 der Insolvenz-
ordnung (Änderung des Artikels 103 EGInsO-E).

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimment-
haltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Unveränderte Annahme.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11199

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/7054 in der aus der nachstehenden Zusam-
menstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen.

Berlin, den 15. Februar 2017

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Dr. Heribert Hirte
Berichterstatter

Dr. Karl-Heinz Brunner
Berichterstatter

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

Drucksache 18/11199 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zusammenstellung

des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen
nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz
– Drucksache 18/7054 –
mit den Beschlüssen des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesse-
rung der Rechtssicherheit

bei Anfechtungen nach der Insolvenzor-
dnung und nach

dem Anfechtungsgesetz

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesse-
rung der Rechtssicherheit

bei Anfechtungen nach der Insolvenzor-
dnung und nach

dem Anfechtungsgesetz

Vom ... Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos-
sen:

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos-
sen:

Artikel 1 Artikel 1

Änderung der Insolvenzordnung Änderung der Insolvenzordnung

Die Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994
(BGBl. I S. 2866), die zuletzt durch Artikel 8 Absatz 3
des Gesetzes vom 17. Juli 2015 (BGBl. I S. 1245) ge-
ändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Die Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994
(BGBl. I S. 2866), die zuletzt durch Artikel 2 des Ge-
setzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3147) ge-
ändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 14 Absatz 1 wird wie folgt geändert: 1. u n v e r ä n d e r t

a) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Der Antrag wird nicht allein dadurch unzu-
lässig, dass die Forderung erfüllt wird.“

b) Satz 3 wird aufgehoben.

2. § 131 wird wie folgt geändert: 2. entfällt

a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Eine Rechtshandlung wird nicht allein
dadurch zu einer solchen nach Satz 1, dass
die Sicherung oder Befriedigung durch
Zwangsvollstreckung erwirkt oder zu deren
Abwendung bewirkt worden ist.“

b) In Absatz 2 Satz 1 wird die Angabe „Nr. 3“
durch die Wörter „Satz 1 Nummer 3“ er-
setzt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11199

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

3. § 133 wird wie folgt geändert: 2. u n v e r ä n d e r t

a) Nach Absatz 1 werden die folgenden Ab-
sätze 2 und 3 eingefügt:

„(2) Hat die Rechtshandlung dem ande-
ren Teil eine Sicherung oder Befriedigung
gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeit-
raum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem ande-
ren Teil eine Sicherung oder Befriedigung
gewährt oder ermöglicht, welche dieser in
der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte,
tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsun-
fähigkeit des Schuldners nach Absatz 1
Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil
mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinba-
rung getroffen oder diesem in sonstiger
Weise eine Zahlungserleichterung gewährt,
wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung
die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
nicht kannte.“

b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 4.

4. § 142 wird wie folgt gefasst: 3. § 142 wird wie folgt gefasst:

㤠142 㤠142

Bargeschäft Bargeschäft

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die
unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in
sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn
die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 ge-
geben sind und der andere Teil erkannt hat, dass
der Schuldner unlauter handelte.

(1) u n v e r ä n d e r t

(2) Der Austausch von Leistung und Ge-
genleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der
ausgetauschten Leistungen und unter Berücksich-
tigung der Gepflogenheiten des Geschäftsver-
kehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang
erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitneh-
mer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusam-
menhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen
Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsent-
gelts drei Monate nicht übersteigt.“

(2) Der Austausch von Leistung und Ge-
genleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der
ausgetauschten Leistungen und unter Berücksich-
tigung der Gepflogenheiten des Geschäftsver-
kehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang
erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitneh-
mer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusam-
menhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen
Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsent-
gelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewäh-
rung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner
steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts
durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerli-

Drucksache 18/11199 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

chen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeit-
nehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter
die Leistung bewirkt hat.“

5. Dem § 143 Absatz 1 wird folgender Satz ange-
fügt:

4. u n v e r ä n d e r t

„Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die
Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des
§ 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen;
ein darüber hinausgehender Anspruch auf Heraus-
gabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags
ist ausgeschlossen.“

Artikel 2 Artikel 2

Änderung des Einführungsgesetzes zur Insol-
venzordnung

Änderung des Einführungsgesetzes zur Insol-
venzordnung

Vor Artikel 104 des Einführungsgesetzes zur In-
solvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I
S. 2911), das zuletzt durch Artikel 8 Absatz 4 des Ge-
setzes vom 17. Juli 2015 (BGBl. I S. 1245) geändert
worden ist, wird folgender Artikel 103… [einsetzen:
bei der Verkündung nächster freier Buchstabenzusatz]
eingefügt:

Vor Artikel 104 des Einführungsgesetzes zur In-
solvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I
S. 2911), das zuletzt durch Artikel 3 Absatz 1 des Ge-
setzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3147) ge-
ändert worden ist, wird folgender Artikel 103… [ein-
setzen: bei der Verkündung nächster freier Buchsta-
benzusatz] eingefügt:

„Artikel 103… [einsetzen: bei der Verkündung nächs-
ter freier Buchstabenzusatz]

„Artikel 103… [einsetzen: bei der Verkündung nächs-
ter freier Buchstabenzusatz]

Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Verbesserung
der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der

Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz

Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Verbesserung
der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der

Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz

Auf Insolvenzverfahren, die vor dem … [einset-
zen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 4 dieses Ge-
setzes] eröffnet worden sind, sind die bis dahin gelten-
den Vorschriften weiter anzuwenden.“

(1) Auf Insolvenzverfahren, die vor dem … [ein-
setzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 4 dieses
Gesetzes] eröffnet worden sind, sind vorbehaltlich des
Absatzes 2 die bis dahin geltenden Vorschriften weiter
anzuwenden.

(2) Im Rahmen einer Insolvenzanfechtung
entstandene Ansprüche auf Zinsen oder die Heraus-
gabe von Nutzungen unterliegen vor dem … [einset-
zen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 4 dieses
Gesetzes] den bis dahin geltenden Vorschriften. Für
die Zeit ab dem [einsetzen: Datum des Inkrafttre-
tens nach Artikel 4 dieses Gesetzes] ist auf diese An-
sprüche § 143 Absatz 1 Satz 3 der Insolvenzord-
nung in der ab dem [einsetzen: Datum des Inkraft-
tretens nach Artikel 4 dieses Gesetzes] geltenden
Fassung anzuwenden.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/11199

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

Artikel 3 Artikel 3

Änderung des Anfechtungsgesetzes u n v e r ä n d e r t

Das Anfechtungsgesetz vom 5. Oktober 1994
(BGBl. I S. 2911), das zuletzt durch Artikel 16 des Ge-
setzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1900) geän-
dert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 3 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 1 werden die folgenden Ab-
sätze 2 und 3 eingefügt:

„(2) Hat die Rechtshandlung dem an-
deren Teil eine Sicherung oder Befriedigung
gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeit-
raum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem an-
deren Teil eine Sicherung oder Befriedigung
gewährt oder ermöglicht, welche dieser in
der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte,
tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsun-
fähigkeit des Schuldners nach Absatz 1
Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil
mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinba-
rung getroffen oder diesem in sonstiger
Weise eine Zahlungserleichterung gewährt,
wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung
die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
nicht kannte.“

b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 4.

2. Dem § 11 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die
Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des
§ 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen;
ein darüber hinausgehender Anspruch auf Heraus-
gabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags
ist ausgeschlossen.“

3. Dem § 20 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Auf Fälle, bei denen die Anfechtbarkeit
vor dem … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens
nach Artikel 4 dieses Gesetzes] gerichtlich gel-
tend gemacht worden ist, sind die bis dahin gel-
tenden Vorschriften weiter anzuwenden.“

Drucksache 18/11199 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

Artikel 4 Artikel 4

Inkrafttreten Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung
in Kraft.

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung
in Kraft.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/11199

Bericht der Abgeordneten Dr. Heribert Hirte, Dr. Karl-Heinz Brunner, Harald Petzold
(Havelland) und Katja Keul

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/7054 in seiner 150. Sitzung am 15. Januar 2016
beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung und an den Finanz-
ausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Energie sowie den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Mitbera-
tung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Finanzausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 18/7054 in seiner 99. Sitzung am 15. Februar 2017 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat die Vorlage auf Drucksache 18/7054 in seiner 103. Sitzung am
15. Februar 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fas-
sung. Der Änderungsantrag, der von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD in den Ausschuss eingebracht wurde,
ist einstimmig angenommen worden.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Vorlage auf Drucksache 18/7054 in seiner 105. Sitzung am
15. Februar 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fas-
sung. Der Änderungsantrag, der von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD in den Ausschuss eingebracht wurde,
ist einstimmig angenommen worden.

Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat sich mit der Vorlage auf Bundesratsdrucksache
495/15 in seiner 33. Sitzung am 4. November 2015 befasst und festgestellt, dass eine Nachhaltigkeitsrelevanz des
Gesetzentwurfs aufgrund des Bezugs zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie (Indikator 10 [Wirtschaftliche Leis-
tungsfähigkeit - Wirtschaftsleistung umwelt- und sozialverträglich steigern]) gegeben sei. Die Ausführungen zu
den Nachhaltigkeitsaspekten der Gesetzesfolgenabschätzung des Gesetzentwurfs seien plausibel, eine Prüfbitte
daher nicht erforderlich.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage in seiner 81. Sitzung am 13. Januar 2016 anbe-
raten und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen, die er in seiner 92. Sitzung am 24. Februar 2016
durchgeführt hat. An dieser Anhörung haben folgende Sachverständige teilgenommen:

Ralf-Peter Hayen Deutscher Gewerkschaftsbund – Bundesvorstand, Berlin
Referatsleiter Abteilung Recht

Prof. Dr. Michael Huber Landgericht Passau
Präsident

Birgit Kurz Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI)
Siemens AG, München
Rechtsanwältin

Drucksache 18/11199 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Dr. Christoph Niering Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e. V. (VID), Berlin
Vorsitzender

Dr. Martin Prager Deutscher Anwaltverein e. V.
Rechtsanwalt, München

Dr. Nils G. Weiland, M.P.A. Rechtsanwalt, Hamburg

Andrej Wroblewski IG Metall, Frankfurt am Main
Jurist beim Vorstand
FB Sozialpolitik/Ressort Arbeits- und Sozialrecht

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 92. Sitzung am 24. Februar 2016 mit den
anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Zu dem Gesetzentwurf lagen dem Ausschuss mehrere Petitionen vor.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/7054 in seiner 121. Sit-
zung am 30. November 2016 vertagt. In seiner 130. Sitzung am 15. Februar 2017 hat der Ausschuss die Vorlage
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs in der aus der Beschlussempfehlung
ersichtlichen Fassung. Die Änderungen beruhen auf einem Änderungsantrag, der von den Fraktionen der
CDU/CSU und SPD in den Ausschuss eingebracht wurde und der mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen
worden ist.

Die Fraktion der CDU/CSU trug vor, dass die Reform des Rechts der Insolvenzanfechtung mit dem Gesetzent-
wurf und den vorgeschlagenen Änderungen nunmehr zu einem guten Ende komme. Im Kern gehe es darum, dass
der Insolvenzverwalter bislang Handlungen der letzten zehn Jahre anfechten und Geld von Zulieferern zurückfor-
dern könne. Für Mittelstand und Arbeitnehmer habe sich dies als überzogene und unangemessene Insolvenzrück-
forderung dargestellt; eine Reform sei daher im Koalitionsvertrag verabredet worden. In den vergangenen Mona-
ten seien – auch unter Einbeziehung der Erkenntnisse aus der öffentlichen Anhörung – insbesondere zwei Punkte
Gegenstand der Verhandlungen gewesen: das sogenannte indirekte Fiskusprivileg sowie die Freistellung (auch)
der Bruttolöhne von der Insolvenzanfechtung. Diesen Kritikpunkten werde Rechnung getragen, indem man auf
eine Reform des § 131 InsO-E verzichte. Der Fiskus profitiere damit von der Regelung in gleicher Form wie alle
anderen Insolvenzgläubiger und nicht überproportional. Dies sei eine gerechte Lösung. Eine weitere Änderung
betreffe die Anfechtung zulasten von Arbeitnehmern; hier sollen Drittzahlungen von der Insolvenzanfechtung
freigestellt werden. Schließlich sei eine Änderung bei der Übergangsvorschrift zur Regelung von Zinsforderungen
vorgenommen worden, über die schon länger Konsens bestanden habe. Die Vorgabe, wonach Insolvenzanfech-
tungsrückforderungen nur geltend gemacht werden dürften, wenn die Voraussetzungen des Verzugs vorlägen,
werde nunmehr auch auf bereits laufende Insolvenzverfahren erstreckt. Insgesamt liege eine gute Lösung sowohl
für mittelständische Unternehmen als auch für Arbeitnehmer vor.

Die Fraktion der SPD erklärte, dass sie mit dem Gesetzentwurf und den soeben vorgestellten Änderungen leben
könne, wenngleich nicht alle relevanten, insbesondere arbeitsrechtlichen Bereiche erfasst seien. Begrüßenswert
sei die Streichung des § 131 InsO-E (Fiskusprivileg) und die Rückkehr zur alten Regelung. Nicht erreicht worden
sei indes, dass mittelständische Unternehmen, die sich in jahrelangen Rechtstreitigkeiten Titel erstritten hätten,
nunmehr Rechtssicherheit bekämen. Die jetzige Lösung beruhe im Ergebnis auf einer Güterabwägung. Bezogen
auf den ursprünglich zugunsten der Arbeitnehmer vereinbarten vollständigen Schutz des Vertrauens auf ausge-
zahlte Löhne müsse außerdem festgestellt werden, dass dieses geplante Privileg leider nicht vollständig umgesetzt
werden könne. Insgesamt müsse konstatiert werden, dass die Regelungen des Referentenentwurfs in verschiede-
ner Hinsicht die bessere Lösung gewesen wären. Die Fraktion weist außerdem darauf hin, dass die hier beratene
Thematik in engem Zusammenhang mit weiteren noch offenen Vorhaben stehe, etwa mit der Neuregelung des
Rechts der Konzerninsolvenzen. Erwägenswert sei, dieses im Zusammenhang abzuschließen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeigte sich ebenfalls zufrieden mit der Streichung des Fiskusprivi-
legs; hier sei man sich fraktionsübergreifend einig gewesen. Der Fraktion der SPD könne man zudem hinsichtlich
der Einschätzung folgen, dass der Referentenentwurf vorzugswürdig gewesen sei. Begrüßt werde die Verkürzung

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/11199

der Anfechtungsfrist. Bedauerlich sei, dass der Arbeitnehmerschutz noch immer zu unbestimmt sei; dies habe
man bereits in der ersten Lesung bemängelt. Die Vermutungsregelung bei Ratenzahlungen sei zwar geändert
worden; diese Änderungen führten allerdings eher zu Rechtsunsicherheit denn zu mehr Klarheit. Insgesamt könne
man den Gesetzentwurf und die vorgeschlagenen Anpassungen trotzdem mittragen.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfohlenen Änderungen
gegenüber der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss die unveränderte An-
nahme des Gesetzentwurfs empfiehlt, wird auf die jeweilige Begründung in Drucksache 18/7054 verwiesen. Die
vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzentwurfs werden im Einzelnen wie folgt begründet:

Zu Artikel 1 (Änderung der Insolvenzordnung)

Zu Nummer 2 (Streichung von § 131 Absatz 1 Satz 2 InsO-E)

Der Ausschuss hat der an § 131 Absatz 1 Satz 2 InsO-E von Seiten der Sachverständigen in der öffentlichen
Anhörung geäußerten Kritik, dass diese Regelung aufgrund der Möglichkeit der Selbsttitulierung eine ungerecht-
fertigte Privilegierung hoheitlicher Rechtsträger gegenüber privaten Gläubigern bewirke, Rechnung getragen und
die Regelung gestrichen.

Zu Nummer 3 (Änderung des § 142 Absatz 2 InsO-E)

Die vorgeschlagene Änderung von § 142 Absatz 2 InsO-E trägt der von Seiten der Sachverständigen in der öf-
fentlichen Anhörung geäußerten Kritik, dass für den Arbeitnehmer nicht erkennbare Drittzahlungen auf das Ar-
beitsentgelt im gleichen Umfang wie Zahlungen des Arbeitgebers selbst von der Anfechtung ausgenommen wer-
den sollten, Rechnung. Satz 3 regelt nunmehr den Anfechtungsschutz im Rahmen derartiger Drittzahlungsvor-
gänge, die insbesondere bei der Beschäftigung in konzernverbundenen Unternehmen denkbar sind. Auch inner-
halb dieser Gestaltungen ist der durch § 142 InsO-E gewährleistete Schutz des Arbeitsentgeltes vor Anfechtungen
sachgerecht. Durch die Ergänzung von § 142 Absatz 2 InsO-E soll dieser Schutz sichergestellt werden.

Zu Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung)

Zu Artikel 103

Durch den angefügten Absatz 2 soll in Abweichung von Artikel 103 Absatz 1 EGInsO-E die Regelung in § 143
Absatz 1 Satz 3 InsO-E auch auf Insolvenzverfahren zur Anwendung gelangen, die vor dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes eröffnet worden sind. Die Regelung stellt sicher, dass im Rahmen von Anfechtungsansprüchen, die be-
reits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes fällig wurden, ein weitergehender Anspruch auf Zinsen ab dem Zeitpunkt
des Inkrafttretens erst dann entsteht, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 Bürgerli-
chen Gesetzbuchs (BGB) vorliegen. Sie stellt zugleich sicher, dass keine weitergehenden Zinsen auf der Grund-
lage von § 818 Absatz 1 BGB als gezogene oder schuldhaft nicht gezogene Nutzungen herausverlangt werden
können.

Nach geltendem Recht (§ 143 Absatz 1 Satz 2 InsO) hat der Anfechtungsgegner bei einer auf Geld gerichteten
Rückgewährschuld unabhängig vom Eintritt eines Verzuges oder der Rechtshängigkeit des Anfechtungsanspruchs
Verzugs- oder Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz ab Verfahrenseröffnung, dem Zeit-
punkt der Fälligkeit des Anfechtungsanspruchs, zu entrichten. Außerdem sind Nutzungen vom Zeitpunkt der Vor-
nahme der anfechtbaren Rechtshandlung an herauszugeben. Diese Regelung schafft nicht nur Fehlanreize zu einer
verzögerten Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen, sondern führt auch zu einer erheblichen Belastung des
Anfechtungsgegners, weil er jedenfalls in Fällen, in denen ihm die Existenz eines Anfechtungsanspruchs bis zu
dessen endgültiger Einforderung unbekannt ist, keine Möglichkeit hat, diesen Anspruch frühzeitig zu erfüllen und
so seine Schuld gering zu halten. Die geltende Rechtslage hat mithin nicht nur unerwünschte Folgen, sondern
begründet für den Anfechtungsgegner auch erhebliche Rechtsunsicherheiten.

Der vorgeschlagene § 143 Absatz 1 Satz 3 InsO-E soll hier Abhilfe schaffen. Nach dem vorgeschlagenen Arti-
kel 103 Absatz 2 EGInsO-E soll diese Regelung zum Schutz des Empfängers der Geldleistung und zur Reduzie-
rung der bestehenden Rechtsunsicherheit auch für laufende Insolvenzverfahren gelten – also für solche Fälle, in

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Drucksache 18/11199 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

denen das Insolvenzverfahren vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eröffnet wurde. Denn es erscheint nicht sach-
gerecht, für diese Altfälle weiterhin die durch § 143 Absatz 1 InsO in seiner geltenden Fassung hervorgerufene
Rechtsunsicherheit zu perpetuieren und dem Insolvenzverwalter zu gestatten, entgeltliche Rechtshandlungen erst
mit Verzögerung anzufechten, um so aufgrund des Zinsanspruchs und des Anspruchs auf gezogene oder schuld-
haft nicht gezogene Nutzungen die Insolvenzmasse zu vergrößern. Absatz 2 sieht daher vor, dass mit dem Inkraft-
treten dieses Gesetzes § 143 Absatz 1 Satz 3 InsO anzuwenden ist. Das bedeutet, dass Zinsansprüche sowie An-
sprüche auf gezogene oder schuldhaft nicht gezogene Nutzungen ab diesem Zeitpunkt allein unter den Voraus-
setzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 BGB entstehen. Für die Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
sieht Absatz 2 zugleich vor, dass die Zinsen und Nutzungen, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes auf der
Grundlage des bis dahin geltenden Rechts verlangt werden konnten, auch weiterhin beansprucht werden können.

Die vorgeschlagene Regelung stärkt die Rechtsstellung des Anfechtungsgegners, da er nur dann auf Zinsen in
Anspruch genommen werden kann, wenn er dem berechtigten Rückgewährverlangen des Insolvenzverwalters
aufgrund eigener Säumnis nicht nachgekommen ist. Insoweit führt § 143 Absatz 1 Satz 3 InsO-E den allgemein
als unbillig empfundenen Rechtszustand einer sofortigen Zinsentstehung auf einen mit den Verweisungsnormen
des Bereicherungsrechts harmonisierten Regelungsinhalt zurück.

Die darauf bezogene Rückwirkung benachteiligt weder die Insolvenzmasse noch den die Insolvenzanfechtung
ausübenden Insolvenzverwalter. Als Folge einer Insolvenzanfechtung ist der Insolvenzmasse grundsätzlich nur
das zurück zu gewähren, was ihr durch die anfechtbare Handlung entzogen wurde. Demgegenüber begründen die
Zinsansprüche eine weitergehende Bereicherung der Insolvenzmasse, welche nur dann gerechtfertigt sein kann,
wenn der Anfechtungsgegner seiner Verantwortung im Hinblick auf einen tatsächlich geltend gemachten Rück-
gewähranspruch nicht nachkommt. Die geltende Regelung ermöglicht eine nicht zu rechtfertigende Benachteili-
gung des Anfechtungsgegners, die keinen Vertrauensschutz für ihre Fortgeltung erlaubt.

Berlin, den 15. Februar 2017

Dr. Heribert Hirte
Berichterstatter

Dr. Karl-Heinz Brunner
Berichterstatter

Harald Petzold (Havelland)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

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