BT-Drucksache 18/10287

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/9945 - Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/55/EU über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen

Vom 9. November 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10287
18. Wahlperiode 09.11.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 18/9945 –

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/55/EU über die
elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen

A. Problem
Gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbe-
sondere auf Artikel 114, haben das Europäische Parlament und der Rat der Euro-
päischen Union die Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 über die elektro-
nische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen (ABl. L 133 vom 6.5.2014,
S. 1, im Folgenden: E-Rechnungsrichtlinie) erlassen. Am 26. Mai 2014 trat die E-
Rechnungsrichtlinie in Kraft. Sie ist bis zum 27. November 2018 in nationales
Recht umzusetzen.

Mit der E-Rechnungsrichtlinie sollen Marktzutrittsschranken abgebaut werden,
die aus der mangelnden Interoperabilität der in den Mitgliedstaaten im Einsatz
befindlichen Systeme und Standards zur elektronischen Rechnungsstellung resul-
tieren. Außerdem soll die Verbreitung der elektronischen Rechnungsstellung ge-
fördert werden. Wesentlicher Regelungskern der Richtlinie ist eine Verpflichtung
aller Auftraggeber, elektronische Rechnungen, die bestimmte Voraussetzungen
erfüllen, anzunehmen und zu verarbeiten. Die einzelnen Voraussetzungen, bei de-
ren Vorliegen die Auftraggeber zum Empfang verpflichtet sein werden, werden
parallel zum Gesetzgebungsverfahren im Rahmen eines privatrechtlichen Nor-
mungsverfahrens durch das Europäische Komitee für Normung (CEN) als euro-
päische Norm festgelegt. Die Veröffentlichung der europäischen Norm soll bis
zum 27. Mai 2017 erfolgen.

Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben bedarf der nationalen Umset-
zung durch verbindliche normative Rechtsetzung. Hierzu dient der vorliegende
Gesetzentwurf, der Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes zur Förderung der
elektronischen Verwaltung (EGovG) zum Inhalt hat.
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B. Lösung
Das vorliegende Gesetz setzt die europarechtlichen Vorgaben der E-Rechnungs-
richtlinie verbindlich um. Es wird eine für alle öffentlichen Auftraggeber des Bun-
des, für Sektorenauftraggeber sowie für Konzessionsgeber gleichermaßen ver-
bindliche Rechtsgrundlage zum Empfang und zur Verarbeitung elektronischer
Rechnungen, die einem noch zu erarbeitenden Datenformat entsprechen, geschaf-
fen.

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie trifft ausschließlich Regelungen für
Stellen des Bundes (einschließlich der dem Bund zuzurechnenden Sektorenauf-
traggeber und Konzessionsgeber). Da durch die Regelungen der E-Rechnungs-
richtlinie des Weiteren Verfahrens- und materielles Haushaltsrecht der Länder be-
rührt wird, ist von Verfassung wegen eine eigenständige Umsetzung durch die
Länder geboten. Für die von der Richtlinie betroffenen Landes- bzw. Kommunal-
stellen bedarf es daher einer ergänzenden Gesetzgebung durch die Länder. Dies
schließt aus Gründen der Sachnähe auch entsprechende Regelungen für die auf
Landes- und Kommunalebene angesiedelten Sektorenauftraggeber und Konzessi-
onsgeber (z. B. privatisierte Einrichtungen der Energieversorgung, des öffentli-
chen Personennahverkehrs sowie der sonstigen Daseinsvorsorge) ein. Um die von
der Richtlinie belassenen Einschätzungs- und Gestaltungsspielräume im Sinne ei-
ner einheitlichen Rechtsumsetzung föderal übergreifend zu gestalten und eine
Kommunikation der informationstechnischen Systeme mit Blick auf die euro-
päische Norm im föderalen Mehrebenensystem zu gewährleisten, besteht die
Möglichkeit, von den durch Artikel 91c des Grundgesetzes eingeräumten Befug-
nissen Gebrauch zu machen.

Annahme des Gesetzentwurfs in unveränderter Fassung mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Die Umsetzung der E-Rechnungsrichtlinie in nationales Recht ist europarechtlich
bindend vorgegeben. Eine Alternative besteht insoweit nicht.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Zusätzliche Haushaltsausgaben sind infolge der Durchführung des Gesetzes für
Bund, Länder und Gemeinden nicht zu erwarten.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Es fällt kein Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger an.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Das Gesetz zielt darauf, Kosten für die elektronische Rechnungsstellung für ihre
Nutzer, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen durch eine Erleich-
terung der elektronischen Rechnungsstellung, zu minimieren. Dadurch soll das

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Aufkommen elektronischer Rechnungen insgesamt vergrößert werden. Da die ge-
naue Ausgestaltung erst mit Erlass einer Rechtsverordnung bestimmt wird, kön-
nen zurzeit keine genauen Angaben zur Änderung des Erfüllungsaufwands ge-
macht werden. Es ist aber davon auszugehen, dass durch die Vermeidung von
Papierrechnungen mindestens Porto- und Papierkosten eingespart werden kön-
nen. Die konkrete Darstellung des Erfüllungsaufwands erfolgt mit dem Entwurf
der zu erlassenden Rechtsverordnung.

Zugleich ist mit der elektronischen Rechnungsstellung eine Reduzierung von
steuerrechtlichen Verpflichtungen verbunden, die zu einer Senkung der Bürokra-
tiekosten für die Wirtschaft führt. Diese Reduzierung wurde mit Blick auf die
elektronische Rechnungsstellung bereits weitgehend durch das Steuervereinfa-
chungsgesetz 2011 (siehe hierzu Begründung des Entwurfs eines Steuervereinfa-
chungsgesetzes 2011 vom 21. März 2011, Drucksache 17/5125, S. 51 ff.) vollzo-
gen. Der vorliegende Gesetzentwurf führt darüber hinaus zu keiner zusätzlichen
Reduzierung von Erklärungs- und Prüfungsaufwand im Besteuerungsverfahren.
Er ist jedoch geeignet, den Kreis der rechnungsempfangenden Adressaten für die
rechnungsstellenden Unternehmen zu erweitern, um dadurch die mit dem Steuer-
vereinfachungsgesetz 2011 intendierten Entlastungsmaßnahmen nachhaltig zu
flankieren.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Für die Wirtschaft werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder
abgeschafft.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Da die E-Rechnungsrichtlinie den Empfang und die Weiterverarbeitung von
elektronischen Rechnungen verbindlich vorschreibt, ist bei den in den Anwen-
dungsbereich des vorliegenden Gesetzes einbezogenen Stellen mindestens ein
elektronischer Rechnungseingang vorzuhalten. Dem Bund sowie den Sektoren-
auftraggebern und den Konzessionsgebern entstehen dabei für die Anpassung von
vorhandenen IT-Strukturen Aufwände, die in Abhängigkeit zu den bereichsspezi-
fischen Rechnungsvolumina abzuschätzen sind. Da dabei die vorhandenen IT-
Strukturen je nach Behörden- und Auftraggeberbereich unterschiedlich stark aus-
geprägt sind, stehen die zu betrachtenden Investitions- und Betriebskosten in Re-
lation zur existierenden IT-Infrastruktur der rechnungsempfangenden Stelle. Da-
bei lassen sich die Kosten derzeit noch nicht konkret beziffern. Eine konkrete Be-
zifferung des Erfüllungsaufwands setzt voraus, dass jede vom Anwendungsbe-
reich erfasste Stelle zunächst den bereits erreichten Umsetzungsstand erhebt und
die noch zu treffenden Maßnahmen sowie die Art und Weise der Durchführung
(zentral/dezentral) festlegt. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass einige öffentliche
Auftraggeber des Bundes mit Projekten zur elektronischen Rechnungsverarbei-
tung bereits begonnen oder diese geplant und die entsprechenden Aufwände be-
reits in der Finanzplanung berücksichtigt haben. Auch ist wegen der in den Vor-
schriften vorgesehenen Abweichungsmöglichkeiten nicht jede Behörde von allen
Verpflichtungen betroffen. In Umsetzung der Vorgaben dieses Gesetzes wird eine
zentrale Rechnungseingangsplattform des Bundes entwickelt. Dabei ist ein ein-
maliger Beschaffungsaufwand in Höhe von voraussichtlich 10 550 000 Euro für
die IT-Struktur und den Anschluss der unmittelbaren Bundesverwaltung an die
Plattform zugrunde zu legen. Dieser Aufwand wird im Rahmen eines einzurich-
tenden Projekts zur Entwicklung der zentralen Rechnungseingangsplattform pro-
jektseitig erbracht. Die laufenden Betriebskosten für die IT-Struktur sind in Höhe

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von voraussichtlich 1 125 000 Euro zu veranschlagen. Die entsprechenden Mittel
werden im Rahmen der für IT-Vorhaben des Bundes verfügbaren Haushaltsmittel
zur Verfügung gestellt. Die Nutzung der zentralen Rechnungseingangsplattform
des Bundes ist für Stellen der unmittelbaren Bundesverwaltung kostenlos. Wei-
tergehende Details der Nutzung können im Rahmen der Rechtsverordnung gere-
gelt werden. Damit wird den Vorgaben dieses Gesetzes hinreichend Rechnung
getragen. Soweit sich darüber hinaus für den Bundeshaushalt Mehrausgaben
und/oder ein Mehrbedarf an Planstellen/Stellen ergeben, sind diese finanziell und
stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan auszugleichen.

Die Umsetzung der E-Rechnungsrichtlinie birgt ein Einsparpotential für die Ver-
waltung. Dieses lässt sich realisieren, wenn der Rechnungsworkflow optimiert ist
und digitale Rechnungen elektronisch empfangen und weiterverarbeitet werden.
Hierzu soll in Umsetzung des Gesetzes die bereits oben genannte zentrale Lösung
für den Bund entwickelt und implementiert werden.

Durch die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Verpflichtung der Bundesstellen
zur elektronischen Rechnungsstellung bei Einsatz elektronischer Zahlungsverfah-
ren des Bundes entstehen den betroffenen Stellen in der Regel keine zusätzlichen
Erfüllungsaufwände. Zunächst wird lediglich eine Verpflichtung zur Anzeige
vorgeschrieben. Eine Transaktion der Rechnung mit entsprechender Gebühren-
pflicht entfällt mithin. Des Weiteren steht für Behörden des Bundes zur Erfüllung
der gesetzlichen Verpflichtung die Basiskomponente ePayment Bund kostenfrei
zur Verfügung. Es fallen möglicherweise (je nach ausgewählter Zahlart) ver-
brauchsabhängige Kosten (vergleichbar mit Porto) an. Zudem kommen Kosten
für eine Integration in das jeweilige Fachverfahren/Haushaltssystem hinzu, falls
eine Anbindung nötig ist oder gewünscht wird. Diese Kosten sind bereichsspezi-
fisch zu bestimmen und lassen sich nicht generalisierend festlegen.

F. Weitere Kosten
Auswirkungen auf Einzelpreise und auf das Preisniveau, insbesondere auf das
Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

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Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9945 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 9. November 2016

Der Innenausschuss

Ansgar Heveling
Vorsitzender

Marian Wendt
Berichterstatter

Mahmut Özdemir (Duisburg)
Berichterstatter

Frank Tempel
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

Drucksache 18/10287 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Marian Wendt, Mahmut Özdemir (Duisburg), Frank Tem-
pel und Dr. Konstantin von Notz

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9945 wurde in der 196. Sitzung des Deutschen Bundestages am 20. Ok-
tober 2016 an den Innenausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den
Ausschuss für Wirtschaft und Energie und den Ausschuss für Digitale Agenda zur Mitberatung überwiesen. Der
Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung beteiligte sich gutachterlich (Ausschussdrucksache
18(4)644).

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 117. Sitzung am 9. November 2016 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Ge-
setzentwurf anzunehmen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat in seiner 94. Sitzung am 9. November 2016 mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN die Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen.

Der Ausschuss für Digitale Agenda hat in seiner 74. Sitzung am 9. November 2016 einstimmig empfohlen, den
Gesetzentwurf anzunehmen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9945 in seiner 95. Sitzung am 9. November 2016
abschließend beraten.

Der Innenausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/9945.

Berlin, den 9. November 2016

Marian Wendt
Berichterstatter

Mahmut Özdemir (Duisburg)
Berichterstatter

Frank Tempel
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

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Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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