BT-Drucksache 17/9729

Für ein konzeptionelles Vorgehen der Bundesregierung bei der Energiewende - Masterplan Energiewende

Vom 22. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9729
17. Wahlperiode 22. 05. 2012

Antrag
der Abgeordneten Garrelt Duin, Hubertus Heil (Peine), Rolf Hempelmann, Doris
Barnett, Klaus Barthel, Klaus Brandner, Ingo Egloff, Petra Ernstberger, Iris
Gleicke, Ulrike Gottschalck, Petra Hinz (Essen), Ulrich Kelber, Ute Kumpf, Manfred
Nink, Thomas Oppermann, Wolfgang Tiefensee, Andrea Wicklein, Dr. Frank-Walter
Steinmeier und der Fraktion der SPD

Für ein konzeptionelles Vorgehen der Bundesregierung bei der Energiewende –
Masterplan Energiewende

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Die politischen und gesellschaftlichen Hoffnungen und Erwartungen an die
Energiepolitik der Bundesregierung haben sich nicht erfüllt. Die vor einem Jahr
mit dem Atomausstieg eingeleitete Energiewende ist kein Ereignis, sondern ein
langwieriger Prozess, der konzeptionelles Handeln erfordert. Dies lässt die
Energiepolitik der Bundesregierung in weiten Teilen vermissen. Bei der Formu-
lierung von Maßnahmen zur dringend notwendigen Umgestaltung unserer Ener-
gielandschaft greift sie lediglich Einzelaspekte auf.

2. Die Energiepolitik der Bundesregierung ist neben der inhaltlichen Konzep-
tionslosigkeit auch geprägt von Mängeln in der internen Abstimmung. Inhalt-
liche Widersprüche treten offen zu Tage und verzögern die dringend notwendi-
gen Regelungen.

3. Das Ausbleiben eines in sich schlüssigen Energiekonzepts für die Bundes-
republik Deutschland hat die Energiewende spürbar verzögert. Das Ausbleiben
klarer und abgestimmter Ziele verunsichert gleichermaßen Energieversorger, In-
dustrie und private Verbraucherinnen und Verbraucher, hemmt notwendige In-
vestitionen und gefährdet die Versorgungssicherheit. Dies schwächt den Wirt-
schaftsstandort Deutschland mit allen Konsequenzen für Wachstum, Beschäfti-
gung und Wohlstand.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

eine strukturierte und konzeptionelle Energiepolitik umzusetzen. Unter Herstel-
lung eines breiten parlamentarischen Konsens im Deutschen Bundestag und
unter Beteiligung der Länder ist unverzüglich ein „Masterplan Energiewende“
aufzustellen, der alle Maßnahmen zur Förderung der Energieeinsparung und
Energieeffizienz, für den Ausbau der erneuerbaren Energien, zum Ausbau der
Übertragungs- und Speicherinfrastrukturen und zur Gewährleistung der Versor-

gungssicherheit durch ergänzende hocheffiziente konventionelle Kapazitäten
umfasst. Außerdem ist ein aussagekräftiges Monitoring zur Energiewende zu
konzipieren und durchzuführen.

Berlin, den 22. Mai 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

Drucksache 17/9729 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Begründung

Deutschland erlebt eine energiepolitische Zäsur. Die Beratungen von Bundestag
und Bundesrat zum Gesetzespaket der Energiewende sind – abgesehen von
einem Vermittlungsverfahren – abgeschlossen. Damit ist der Ausstieg aus der
Atomenergie in Deutschland besiegelt. Das gesamte gesellschaftliche und poli-
tische Spektrum hat vor dem Hintergrund der risikoträchtigen Atomkraft, des
Klimaschutzes und der Ressourcen- und Importabhängigkeiten eine gemein-
same und umfassende Vision, nämlich eine zukünftig auf erneuerbaren Energien
fußende Energieversorgung. Hier gilt es nun, mutig und entschlossen die tat-
sächlich notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die im Wesent-
lichen von privaten Investoren umzusetzenden und von der Akzeptanz der Men-
schen in unserem Staat getragenen vielfältigen Veränderungen unseres Energie-
systems zügig und effektiv ins Werk gesetzt werden können.

Doch stattdessen vermittelt die Politik der Bundesregierung nun den Eindruck,
mit der Novelle zum Atomgesetz und den übrigen Gesetzesänderungen des letz-
ten Jahres sei der Umbau der deutschen Energielandschaft erledigt. Sofern tat-
sächlich aber konkreter Handlungsbedarf erkannt wird, gehen Monate offenen
Disputs ins Land, bis letztlich Formelkompromisse verkündet werden, die den
tatsächlichen Herausforderungen kaum gerecht werden. Dies gilt etwa für die
Frage der Positionierung des Bundes zum Entwurf der Energieeffizienz-Richtli-
nie der EU und für die aktuelle Reaktion auf die seit längerem bekannten Pro-
bleme bei der Förderung der erneuerbaren Energien, speziell zur Einspeisever-
gütung für Solarstrom. Auch der halbherzige Umgang mit einem umfassenden
Monitoring aller Facetten der Energiewende, zudem ohne Einbindung der Län-
der, ist hierfür ein Beispiel.

Dieses konzeptionslose Agieren ist kontraproduktiv, verunsichert alle Beteilig-
ten und verzögert sämtliche Prozesse. Eine erfolgreiche Energiewende erfordert
vielmehr ein abgestimmtes und in sich schlüssiges Konzept einer ökonomisch
und ökologisch nachhaltigen Energiepolitik der Bundesregierung. Ein solcher
„Masterplan Energiewende“, der wirklich alle wichtigen Aspekte der energie-
politischen und energiewirtschaftlichen Neuausrichtung umfasst, muss die The-
men der Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien, des Netzausbaus und
der Speichertechnik und der Vorhaltung konventioneller Erzeugungskapazitäten
zusammenführen. Er muss gleichzeitig Anreize schaffen für die dringend not-
wendigen Investitionen zugunsten von effizienter Erzeugung, Übertragung und
Verteilung von Energie einerseits und ebenso in eine effiziente Energienutzung
auf der Verbraucherseite. Der „Masterplan Energiewende“ muss begleitet wer-
den von einem aussagekräftigen Monitoring aller Prozesse, um Fehlentwicklun-
gen frühzeitig erkennen und korrigieren zu können. Selbstverständlich sind
dabei auch die Entwicklung der Energiepreise und mögliche Arbeitsplatzeffekte
zu erfassen und darzustellen.

Vor dem Hintergrund regionaler Besonderheiten hinsichtlich der Erzeugungspo-
tentiale und der Nachfragesituation und zum Ausgleich unterschiedlicher Rück-
wirkungen der Energiewende sind die Länder am Masterplan und am Monito-
ring zwingend zu beteiligen.

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