BT-Drucksache 17/9231

Tätigkeitsumfänge in der vertragsärztlichen Versorgung

Vom 30. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9231
17. Wahlperiode 30. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, Elisabeth Scharfenberg,
Maria Klein-Schmeink, Britta Haßelmann, Sven-Christian Kindler
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Tätigkeitsumfänge in der vertragsärztlichen Versorgung

Mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) wurde 2006 § 95 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) geändert und die Möglichkeit ein-
geführt, auch hälftige Zulassungen zu erteilen (Absatz 3) bzw. bei bestehenden
Zulassungen das hälftige Ruhen (Absatz 5) bzw. den hälftigen Entzug
(Absatz 6) einer hauptberuflichen Tätigkeit vorzunehmen.

Von der hälftigen Zulassung (sogenannte Teilzulassung) wird nach Recherchen
des gesundheitspolitischen Informationsdienstes OPG – Operation Gesund-
heitswesen (Ausgabe 02/2012) kaum Gebrauch gemacht. Bei den von einigen
kassenärztlichen Vereinigungen der OPG zur Verfügung gestellten Daten fällt
auf, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten deutlich mehr als die
Hälfte der Fälle ausmachen.

Bei der Vorstellung des Bedarfsplanungskonzeptes der Kassenärztlichen Bun-
desvereinigung (KBV) im Januar 2012 hat deren Vorstandsvorsitzender
Dr. Andreas Köhler Kritik an sogenannten Hobbyarztpraxen, die nur wenige
Scheine abrechnen und weniger als 20 Stunden für die Versorgung der gesetzlich
Krankenversicherten zur Verfügung stehen, geäußert (u. a. ÄRZTEZEITUNG,
16. Januar 2012). 6,4 Prozent der hausärztlichen, 12,2 Prozent der radiolo-
gischen und 20,8 Prozent der anästhesistischen Praxen erreichen laut Angaben
der KBV weniger als ein Viertel der durchschnittlichen Fallzahlen der jewei-
ligen ärztlichen Fachgruppe. Im Gegensatz zur KBV verneinen die kassen-
ärztlichen Vereinigungen jedoch das Bestehen von sog. Hobbyarztpraxen (OPG
02/2012).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) In wie vielen Fällen wurden (bitte nach kassenärztlichen Vereinigungen
und Geschlecht aufschlüsseln) Teilzulassungen erteilt?

b) Welcher Anteil entfällt (bitte nach kassenärztlichen Vereinigungen auf-
schlüsseln) davon auf psychologische Psychotherapeutinnen/-therapeuten
sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen/-therapeuten?
c) Gibt es weitere Arztgruppen, die überproportional Teilzulassungen wahr-
nehmen?

Falls ja, welche und gegebenenfalls in welchen kassenärztlichen Vereini-
gungen?

d) Was ist nach Ansicht der Bundesregierung die Ursache für eventuelle
Unterschiede zwischen den Arztgruppen?

Drucksache 17/9231 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. a) In wie vielen Fällen (bitte zum einen nach kassenärztlichen Vereinigungen
und zum zweiten nach Arztgruppen, d. h. Haus-, Kinder-, Augen-, Frauen-,
HNO-Ärzte/-Ärztinnen, Orthopäden/Orthopädinnen, Nervenärzte/Nerven-
ärztinnen/Psychiater/Psychiaterinnen, Radiologen/Radiologinnen, Psycho-
therapeuten/Psychotherapeutinnen aufschlüsseln) wurde in Zulassungs-
ausschüssen seit dem Inkrafttreten des im VÄndG veränderten § 95
SGB V der Antrag gestellt, Zulassungen hälftig ruhen zu lassen oder zu
entziehen, und in wie vielen Fällen sind die Zulassungsausschüsse jeweils
diesen Anträgen gefolgt?

b) Welche Gründe nach § 95 Absatz 5 SGB V waren für die Beschlüsse aus-
schlaggebend?

c) Welche Organisation nach § 27 der Zulassungsverordnung der Vertrags-
ärzte (Ärzte-ZV) hat jeweils den Entzug der Zulassung beantragt?

3. Wie groß ist bundesweit der Anteil an Vertragsärztinnen und Vertragsärzten
mit voller Zulassung (bitte zum einen nach kassenärztlichen Vereinigungen
und zum zweiten nach Arztgruppen aufschlüsseln), die

a) weniger als ein Viertel der durchschnittlichen Fallzahlen,

b) zwischen einem Viertel und der Hälfte der durchschnittlichen Fallzahlen,

c) zwischen der Hälfte und drei Vierteln der durchschnittlichen Fallzahlen,

d) zwischen drei Vierteln und den durchschnittlichen Fallzahlen,

e) mehr als die durchschnittlichen Fallzahlen

abrechnen?

Gibt es hierbei geschlechtsspezifische oder regionale Unterschiede?

Wenn ja, welche?

4. Wie groß ist aufgeschlüsselt nach kassenärztlichen Vereinigungen der Anteil
an psychologischen Psychotherapeutinnen/-therapeuten sowie Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeutinnen/-therapeuten mit voller Zulassung, die

a) weniger als acht Therapiestunden,

b) mehr als acht und weniger als 16 Therapiestunden,

c) mehr als 16 und weniger als 24 Therapiestunden,

d) 24 und mehr Therapiestunden

abrechnen?

Gibt es hierbei geschlechtsspezifische oder regionale Unterschiede?

Wenn ja, welche?

5. Wie groß ist bundesweit der Anteil an Ärztinnen und Ärzten mit voller Zu-
lassung (bitte nach Geschlecht und Arztgruppe aufschlüsseln), die weniger
als 20 Sprechstunden in der Woche den Kassenpatientinnen und -patienten
zur Verfügung stehen?

6. Wie groß ist bundesweit der Anteil an psychologischen Psychotherapeu-
tinnen/-therapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen/
- therapeuten mit voller Zulassung (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln), die
weniger als 15 Therapiestunden in der Woche den Kassenpatientinnen und
-patienten zur Verfügung stehen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9231

7. Wie viele Vertragsärzte mit vollem Versorgungsauftrag haben nach § 32b
Ärzte-ZV weitere Ärztinnen und Ärzte angestellt (bitte zum einen nach
kassenärztlichen Vereinigungen und zum zweiten nach Arztgruppen auf-
schlüsseln)?

8. a) Wie viele Ermächtigungen nach § 31 Ärzte-ZV bestehen derzeit (bitte
zum einen nach kassenärztlichen Vereinigungen und zum zweiten nach
Arztgruppen aufschlüsseln)?

b) Welche Erkenntnisse bestehen zu der durch die Zulassungsausschüsse
jeweils bestimmten zeitlichen und räumlichen Begrenzung der Ermäch-
tigungen?

9. Wie viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind nach Kenntnis der
Bundesregierung an mehr als einem Ort vertragsärztlich tätig (bitte zum
einen nach kassenärztlichen Vereinigungen und zum zweiten nach Arzt-
gruppen aufschlüsseln)?

10. a) Trifft es zu, dass bislang weder die KBV noch die kassenärztlichen Ver-
einigungen Daten zum jeweiligen Versorgungsumfang von Ärztinnen
und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten ihren eigenen
(Pflicht-)Mitgliedern, den Krankenkassen oder der Öffentlichkeit zur
Verfügung gestellt haben?

Wenn ja, welche Gründe gibt es hierfür nach Kenntnis der Bundesregie-
rung?

b) Wie bewertet sie dies?

c) Was will die Bundesregierung unternehmen, um auf eine größere Trans-
parenz bei den kassenärztlichen Vereinigungen und der KBV hinzuwir-
ken?

11. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Untersuchungen der Versor-
gungsforschung, die einem Zusammenhang zwischen der Versorgungsqua-
lität und unzureichend wahrgenommenem Versorgungsauftrag nachgehen?

Wenn ja, welche sind dies, und wie bewertet die Bundesregierung diese?

Wenn nein, was will die Bundesregierung konkret unternehmen, um die-
sem möglichen Zusammenhang im Rahmen der Versorgungsforschung
nachzugehen?

12. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen überdurch-
schnittlichen Wartezeiten von Versicherten der gesetzlichen Krankenver-
sicherung auf einen Arzttermin und nicht vollständig wahrgenommenen
vollen Versorgungsaufträgen?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 30. März 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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