BT-Drucksache 17/8898

Ein Jahr Fukushima - Die Energiewende muss weitergehen

Vom 7. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8898
17. Wahlperiode 07. 03. 2012

Antrag
der Abgeordneten Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Oliver
Krischer, Ingrid Nestle, Ute Koczy, Daniela Wagner, Dorothea Steiner,
Cornelia Behm, Harald Ebner, Kai Gehring, Britta Haßelmann, Bettina Herlitzius,
Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch,
Friedrich Ostendorff, Dr. Hermann E. Ott, Claudia Roth (Augsburg), Elisabeth
Scharfenberg, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ein Jahr Fukushima – Die Energiewende muss weitergehen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stell fest:

Am 11. März 2012 jährt sich mit dem furchtbaren Erdbeben und der nachfolgen-
den Flutwelle, die den Nordosten Japans verwüstet und mehr als 15 000 Men-
schenleben gefordert hat, auch die Atomkatastrophe von Fukushima. Der Deut-
sche Bundestag gedenkt der Opfer.

Die Geschehnisse in Fukushima waren eine Zäsur in der Geschichte der Atom-
kraftnutzung. Zahllose Menschen haben durch die fatale Kombination aus Na-
turkatastrophe und Reaktorunfall ihr Hab und Gut verloren und sind durch die
radioaktive Freisetzung fortwährenden Gesundheitsgefährdungen ausgesetzt.
Dass in einem Hochtechnologieland wie Japan gleichzeitig Kernschmelzen in
mehreren Reaktorblöcken stattfinden können, dass die Welt vor parallelen
Super-GAUs (GAU = größter anzunehmender Unfall) steht, war bis zur Kata-
stophe in Japan nicht vorstellbar und wurde von der Atomwirtschaft durchweg
ausgeschlossen – zu Unrecht.

Über das wahre Ausmaß des Unfalls bestand lange Zeit Ungewissheit, auch wegen
einer intransparenten und zögerlichen Informationspolitik des AKW-Betreibers
TEPCO (AKW = Atomkraftwerk). Inzwischen liegen unabhängige Studien vor,
etwa vom Norwegian Institute for Air Research, die belegen, dass zwischen dem
11. und dem 15. März 2011 z. B. 16 700 Peta-Becquerel Xenon-133 (Becquerel
= Bq) in Fukushima freigesetzt wurden, den Autoren zufolge „die größte zi-
vile Freisetzungsmenge in der Geschichte der Menscheit“. Zudem gelangten ca.
36 Peta-Becquerel von für die menschliche Gesundheit besonders gefährlichem
Cäsium-137 in die Umwelt. Ein Teil davon zog über die Millionenstädte Japans
hinweg und führte zu einer erheblichen Cäsiumbelastung auch von Metropolen

wie Tokio und Osaka.

Mehr als 100 000 Menschen mussten die Region um Fukushima verlassen. Im
östlichen Japan sind die Böden meist mit mehr als 100 Bq Cäsium pro Kilo-
gramm belastet, in Fukushima und den Nachbarregionen liegt die Cäsiumbelas-
tung bei etwa 5 000 Bq und darüber. Viele Millionen Tonnen Bauschutt sind
radioaktiv verseucht, die Entsorgung ist völlig ungeklärt. Böden, Wälder und
Gewässer sind großräumig kontaminiert. Ob und wann sie je wieder genutzt

Drucksache 17/8898 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

werden können, ist nicht absehbar. Eine Dekontamination ist nahezu ausge-
schlossen.

Gravierend waren auch die radioaktive Belastung der Lebensmittel und die Fol-
gen für die Landwirtschaft. Zwar hatten die japanischen Behörden den Grenz-
wert für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln auf bis zu 500 Bq je Kilo
angehoben. Doch auch dieser Wert wurde bei fast allen pflanzlichen Proben so-
wie bei beprobten Milchprodukten in den Präfekturen Fukushima überschritten.
Die Langzeitfolgen für die Gesundheit der Bevölkerung sind heute noch nicht
absehbar. Dies gilt zumal, da bis heute viel zu wenige Messwerte über die
Kontamination vorliegen bzw. veröffentlicht wurden. Wegen des zusammen-
brechenden Absatzes ist die Landwirtschaft in der betroffenen Region praktisch
zum Erliegen gekommen.

Die Fukushima-Katastrophe hat eine kritische Diskussion über die Zukunft der
Atomkraft weltweit und insbesondere in Japan ausgelöst. Aus Sicherheitsgrün-
den und wegen des wachsenden Drucks aus der Bevölkerung wurden dort schon
52 der insgesamt 54 Atomreaktoren heruntergefahren. Die Stromversorgung
konnte dennoch – auf der Basis zugeschalteter Erdöl- und Gaskraftwerke –
sichergestellt werden. Am 26. März 2012 werden die letzten beiden strompro-
duzierenden Reaktoren wegen Wartungsarbeiten vom Netz genommen. Damit
wäre Japan atomstromfrei. Um das zu verhindern, erwägt die Regierung das
Wiederanfahren der vom Netz genommenen AKW, beginnend mit zwei Reak-
toren der Präfektur Fukui. Die in Japan inzwischen erstarkende Antiatombewe-
gung warnt davor, dass eine Rückkehr Japans zur Atomkraft enorme Risiken für
ganz Fernost mit sich brächte, da zahlreiche AKW in hochgradig erdbeben-
gefährdeten Gebieten liegen und sich die bisherigen Sicherheitsstandards ge-
genüber Erdbeben in Fukushima als nicht ausreichend erwiesen haben. Der
Deutsche Bundestag schließt sich dieser Sorge an und erwartet von der Bun-
desregierung, Japan auf der Grundlage der deutschen Erfahrungen mit dem
Atomausstieg dabei zu unterstützen, die Nutzung der Atomkraft schnellstmög-
lich zu beenden.

Deutschland hat aus dem Atomunfall in Fukushima die einzig richtige Konse-
quenz gezogen und in einem parteiübergreifenden Konsens acht AKW sofort
abgeschaltet sowie den kompletten Atomausstieg bis spätestens 2022 beschlos-
sen. Mit diesem auch international vielbeachteten Schritt wurden die Atomrisi-
ken reduziert und zugleich der Ausstieg aus der Verwendung von Uran vorge-
zeichnet, das unter Inkaufnahme enormer Schäden für Mensch und Umwelt in
Minen weltweit abgebaut wird. Vor allem in Entwicklungsländern geht der
Abbau mit massiven Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung und häufig mit
gravierenden Menschenrechtsverletzungen einher. Dessen ungeachtet hat die
Bundesregierung im Jahr 2009 die Bereitstellung so genannter Hermes-Bürg-
schaften für den Export von Atomtechnologie wieder ermöglicht. Damit soll
etwa ein technisch völlig veralteter Atomreaktor bei Angra dos Reis in Brasilien
finanziell mit 1,3 Mrd. Euro abgesichert werden. Der Deutsche Bundestag wer-
tet dies als atompolitisch widersinnig und angesichts der Katastrophe in Fuku-
shima nicht verantwortbar.

Damit der Atomausstieg in Deutschland ernsthaft und vollständig vollzogen
wird, muss auch die Sicherheit der noch laufenden AKW in Deutschland deut-
lich verbessert werden. Das ist die Lehre aus Fukushima, geliefert hat die
Bundesregierung aber bis jetzt nichts. Knapp 10 000 besonders gefährliche
Atomtransporte, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der Atom-
stromerzeugung stehen, rollen jedes Jahr durch Deutschland. Diese Anzahl
muss deutlich reduziert und die Atomtransporte müssen sicherer gemacht wer-
den.
Das nukleare Risiko macht nicht an der Grenze halt. In unmittelbarer Nähe zu
Deutschland gibt es mehrere unsichere Alt-AKW. Der Deutsche Bundestag er-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8898

wartet, dass der EU-Stresstest als Möglichkeit genutzt wird, diese Altmeiler ab-
zuwickeln. Insgesamt ist eine Verschärfung der internationalen Atomsicher-
heitsstandards und der Haftungsvorsorge längst überfällig. Hier muss die IAEO
(Internationale Atomenergie-Organisation) tätig werden. Fukushima hat ge-
zeigt, wie schnell ein großer Stromkonzern nach dem Super-GAU finanziell
ruiniert ist und die Folgekosten an der Allgemeinheit hängen bleiben. Zusätzlich
soll sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die deutsche Öffentlichkeit
stärker in die Bürgerbeteiligung bei der Planung von Atomkraftwerksprojekten
in Grenznähe (z. B. Temelin 3 und 4 in Tschechien) einbezogen wird.

Es ist widersinnig, sowohl im 6. Energieforschungsprogramm der Bundesregie-
rung als auch über Euratom deutsche Steuergelder unverändert in immensem
Umfang in die Erforschung von Technologien zu stecken, die bei Anwendung
den Wiedereinstieg in atomare Großtechnik bedeuten würden. Wer den Atom-
ausstieg ernst meint, kann Kernfusion oder Transmutation nicht wollen. Beide
Technologien würden – falls sie je anwendungsreif werden sollten – wenig zur
Lösung der tatsächlichen Probleme beitragen, aber neue atomare Großanlagen
erfordern.

Mit dem Atomausstieg wurde der Weg in Deutschland frei für eine vollständige
Energiewende, die die Umstellung auf erneuerbare Energien, die Steigerung der
Energieeffizienz und die Senkung des Energieverbrauchs zum Ziel hat. Diese
große Herausforderung ist nur zu bewältigen mit einem breit angelegten Umbau
des Energiemarktes und des gesamten Energieversorgungssystems, dem forcier-
ten Ausbau erneuerbarer Energien, dem Um- und Ausbau der Netzinfrastruktur
und der Speichermöglichkeiten sowie der Förderung energiesparender Techno-
logien in allen Bereichen. Angesichts dieser Aufgaben greift das Energiekon-
zept der Bundesregierung viel zu kurz. Es setzt falsche Prioritäten und ver-
schenkt Zeit.

Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass die Bundesregierung die Energiewende
nicht wie erforderlich vorantreibt, sondern inzwischen sogar deren Erfolg durch
falsche Weichenstellungen in Frage stellt. Die geplanten drastischen Kürzungen
der Vergütung für Solarstrom sind ein Angriff auf das Erfolgsmodell des Erneu-
erbare-Energien-Gesetzes (EEG) und den weiteren Ausbau der Solarenergie in
Deutschland. Sie drohen, die meisten deutschen Solarunternehmen zu ruinieren,
Zehntausende Arbeitsplätze in einer Zukunftsbranche zu zerstören, den Solar-
ausbau radikal auszubremsen und das Ziel eines schnellen Umstiegs auf erneu-
erbare Energien zu torpedieren. Die geplanten Offshore-Windparks kommen
nicht voran, weil die Bundesregierung nicht die richtigen Weichen für den Netz-
anschluss gestellt hat. Auch an Land treibt sie den Netzausbau nicht entschlos-
sen voran. So sind bis heute nur zwei der 24 im Energieleitungsausbaugesetz
(EnLAG) verankerten Neubauprojekten fertiggestellt.

Auf europäischer Ebene ist die Bundesregierung längst zum Bremsklotz der
Energieeffizienz geworden. Sie will eine Einsparverpflichtung der Energiever-
sorger verhindern und erstickt damit die Entwicklung eines Markts für Energie-
effizienz im Keim. Das von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im Jahr
2007 durchgesetzte EU-Einsparziel von 20 Prozent bis 2020 kann mit dieser
Politik der Bundesregierung nicht erreicht werden.

Dazu kommt eine zunehmende soziale Schieflage bei der Verteilung der Kosten.
So hat die Bundesregierung die Zahl der von der EEG-Umlage ganz oder teil-
weise befreiten Unternehmen verzehnfacht und die Industrie großzügig von den
Netzentgelten befreit. Die Einnahmeverluste müssen Privatkunden und Mittel-
stand ausgleichen, für die die Energie somit teurer wird.

Nicht wegen sondern trotz der Politik der Bundesregierung hat sich die Strom-
versorgung in Deutschland als stabil herausgestellt. Die acht im März 2011 ab-

geschalteten AKW konnten durch den Ausbau erneuerbarer Energien und die

Drucksache 17/8898 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Nutzung von Reservekapazitäten mehr als ausgeglichen werden. Im Januar und
Februar 2012 erzeugten allein die Wind- und Solaranlagen in Deutschland mehr
Strom als die abgeschalteten AKW hätten erzeugen können. Deutschland blieb
im Jahr 2011 Nettostromexporteur. Zeitweise halfen die deutschen Exporte, eine
Stromversorgungskrise in Frankreich abzuwenden. Selbst bei klirrender Kälte
erwiesen sich die deutschen Stromnetze nach Aussage der Netzbetreiber als sta-
bil; kurzzeitig gefährdet wurde die Netzstabilität nur durch dubiose Geschäfts-
praktiken der Stromhändler. Der Handelspreis für Strom – maßgeblich für die
Stromkosten von Industrieunternehmen – sank nach einem vorübergehenden
Anstieg im Nachgang der Fukushima-Katastrophe zum Jahresende 2011 wieder
unter das Niveau vom Februar 2011. Deutschland braucht kein Förderprogramm
für fossile Kraftwerke, so wie es die Bundesregierung wider alle Vernunft immer
noch plant. Stattdessen kann ein ambitionierter Ausbau der dezentralen und
hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) neue flexible Erzeugungs-
kapazitäten schaffen, wenn hierfür die richtigen Anreize gesetzt werden.

Der Deutsche Bundestag erkennt, dass die Bundesregierung von den Maßnah-
men früherer Regierungen profitiert. Doch der weitere Erfolg der Energiewende
ist hochgradig gefährdet. Durch Entscheidungen gegen erneuerbare Energien
und Energieeffizenz, fehlende Entschlossenheit beim Netzausbau und unsoziale
Verteilung der Kosten gefährdet die Bundesregierung die Energiewende in zu-
nehmendem Maße. Dies gilt zumal, da sie zugleich unverzichtbare Förderpro-
gramme wie den Energieeffizienzfonds und das Marktanreizprogramm für er-
neuerbar erzeugte Wärme wegen der wegbrechenden Einnahmen des Energie-
und Klimafonds drastisch kürzt und bei der Finanzierung der Gebäudesanierung
deutlich hinter den Anstrengungen vergangener Jahre zurückbleibt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Japan und den Opfern der Fukushima-Katastrophe weiterhin Hilfe und Un-
terstützung bei der Überwindung der Folgen anzubieten und auf die japani-
sche Regierung einzuwirken, auf das geplante Wiederanfahren von zwei ers-
ten der seit dem GAU abgeschalteten Reaktoren zu verzichten und
stattdessen den Aufbau einer Versorgung mit erneuerbaren Energien zu be-
ginnen;

2. sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen,

• die Atomkraftnutzung weltweit zu beenden und in diesem Zusammenhang
ab sofort keine Hermes-Bürgschaften oder weitere deutsche Unterstützun-
gen für den Export von Atomtechnologien mehr zu vergeben,

• dass in benachbarten Ländern und bei der IAEO die geltenden Sicherheits-
standards und die Haftungsanforderungen deutlich erhöht werden,

• dass deutschen Bürgerinnen und Bürgern für grenznahe AKW-Planungen
in Nachbarstaaten Anhörungstermine in Deutschland ermöglicht werden,

• dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unabhängig von der IAEO
über die Gefahren und Auswirkungen von radioaktiver Strahlung forschen
und berichten kann;

3. in Deutschland den Atomausstieg ernsthaft und sicher zu vollenden, indem
sie

– die Sicherheitsanforderungen für alle Atomanlagen erhöht,

– das kerntechnischen Regelwerk weiterentwickelt,

– die erforderlichen Nachrüstungen der verbleibenden AKW rasch durch-
setzt,

– die Atomtransporte minimiert und sicherer macht, z. B. indem sie sie stär-

ker von der Straße auf die Schiene verlagert,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8898

– den Atomausstieg auch in der Energieforschungspolitik durch eine neue
Prioritätensetzung sichtbar und glaubwürdig macht;

4. die Energiewende in Deutschland mit aller Kraft voranzutreiben und die Wei-
chenstellung durch folgende Maßnahmen zu korrigieren:

a) Ausbau erneuerbarer Energien

• Das Ausbauziel für erneuerbare Energien im Stromsektor soll auf über
45 Prozent im Jahr 2020 angehoben werden.

• Das Erneuerbare-Energien-Gesetz soll als verlässliche Basis für den
forcierten Ausbau erneuerbarer Energien weiterentwickelt und die
Kostenentwicklung mit Augenmaß optimiert werden, z. B. durch eine
zweimonatige Anpassung der Solarstromvergütung an die Marktent-
wicklung.

• Zur Kostensenkung soll zudem die Marktprämie schnell und deutlich
gekürzt werden und stattdessen alternative Vermarktungsformen ge-
stärkt werden, etwa im Regelenergiemarkt.

• Die Kürzungen beim Marktanreizprogramm für erneuerbare Wärme
sollen zurückgenommen und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz
auf Bestandsbauten ausgedehnt werden.

b) Energieeffizienz

• Die von der EU-Kommission vorgelegte Energieeffizienzrichtlinie soll
unterstützt werden, insbesondere die Einsparverpflichtung der Ener-
gieversorger in Höhe von 1,5 Prozent des Jahresabsatzes.

• Ein neuer Energiesparfonds in Höhe von 3 Mrd. Euro soll zur Förde-
rung der energetischen Sanierung von Stadtquartieren mit einem hohen
Anteil niedriger Einkommen sowie zur Stromeinsparung in Privathaus-
halten und Unternehmen eingerichtet werden.

• Planungs- und Investitionssicherheit für die Energiewende im Gebäu-
debereich schaffen: Die Mittel für die Gebäudesanierungsprogramme
der KfW Bankengruppe sollten dauerhaft und langfristig in einer Höhe
von 2 Mrd. Euro festgeschrieben werden.

• Ein europäischer Top-Runner-Ansatz sowie ambitionierte Energiever-
brauchsgrenzen für Elektrogeräte, Autos und Gebäude sollen einge-
führt werden.

• Ein Energiebedarfsausweis mit verbraucherorientierten und nachvoll-
ziehbaren Angaben über den Energiebedarf von Wohnungen und Ge-
bäuden soll verpflichtend werden.

• Es sind der Anteil der hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
an der Stromerzeugung bis 2020 gegenüber heute mindestens zu ver-
doppeln und dazu der vorliegende Entwurf der Novelle des Kraft-
Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWK-G) deutlich zu verbessern sowie
bürokratische Hürden für den Ausbau der KWK zu beseitigen.

c) Netzausbau

• Die Bundesregierung startet einen runden Tisch mit den betroffenen
Ländern und den Netzbetreibern, um die stockenden Projekte des
Energieleitungsausbaus endlich voranzutreiben.

• Wo Netzbetreiber überfordert sind, soll die Bundesregierung öffent-
liche Ausschreibungen für den Neubau von Stromtrassen im Bundes-
interesse vorbereiten.

• Lokale Konflikte beim Neubau von Leitungstrassen sollen dadurch

vermieden oder gelöst werden, dass eine frühzeitigere und umfassen-
dere Bürgerbeteiligung stattfindet und eine Teilerdverkabelung ermög-

Drucksache 17/8898 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

licht wird, inklusive der Umlage anfallender Mehrkosten auf die
Netzentgelte.

• Die Netzagentur soll den Verteilnetzbetreibern mehr finanziellen Spiel-
raum für die künftig notwendigen Projekte, wie Investitionen in intel-
ligente Netzinfrastruktur und die Integration von Speichern in die Ver-
teilnetze, ermöglichen.

• Für die kurzfristig benötigten Offshore-Anschlüsse muss kurzfristig
eine Finanzierung z. B. über die KfW Bankengruppe sichergestellt
werden. Danach soll auf der Basis des Offshore-Netzplans Bau und Be-
triebsführung für das neue Gleichstromnetz von einer neu zu gründen-
den Deutschen Netz AG übernommen werden.

d) Verbraucherschutz

• Kostenverschiebungen zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher
sollen zurückgenommen und die Ausnahmen für die Industrie bei
Energiesteuern, Umlagen und Netzentgelten wieder auf Branchen mit
hohem Energieverbrauch und internationalem Wettbewerbsdruck be-
schränkt werden.

• Die Information und Beratung zum Energiesparen in Privathaushalten
soll deutlich ausgeweitet werden.

• Es wird umgehend eine Markttransparenzstelle eingerichtet, um die
Preisbildung im Strommarkt effektiver zu kontrollieren und Manipula-
tionen durch Unternehmen der Stromwirtschaft zu unterbinden.

e) Finanzierung

• Die Bundesregierung legt einen Nachtragshaushalt vor, der Planungs-
sicherheit für Maßnahmen der Energiewende im Jahr 2012 schafft und
die volle Finanzierung der für die Energiewende erforderlichen Pro-
gramme durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen sicherstellt.

• Die Einnahmen aus dem Emissionshandel werden stabilisiert durch die
Anhebung der EU-Klimaziele auf 30 Prozent CO2-Reduktion bis 2020,
die Einbehaltung von Zertifikaten („set-aside“) und die Einführung
eines CO2-Mindestpreises.

• Bislang aus dem Energie- und Klimaschutzfonds zu finanzierende kli-
maschädliche Programme werden zugunsten der Förderung von erneu-
erbaren Energien, Effizienz und Einsparung gestrichen.

Berlin, den 6. März 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.