BT-Drucksache 17/8896

Doping an Olympiastützpunkten, Bundesleistungszentren und Bundesstützpunkten konsequent bekämpfen

Vom 6. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8896
17. Wahlperiode 06. 03. 2012

Antrag
der Abgeordneten Martin Gerster, Dagmar Freitag, Sabine Bätzing-Lichtenthäler,
Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Gabriele Fograscher, Ute Kumpf, Christine
Lambrecht, Caren Marks, Thomas Oppermann, Axel Schäfer (Bochum), Brigitte
Zypries, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Doping an Olympiastützpunkten, Bundesleistungszentren und
Bundesstützpunkten konsequent bekämpfen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Sport vermittelt Grundwerte, die von elementarer Bedeutung für die ge-
samte Gesellschaft sind. Werte wie Toleranz, Fairness, Teamgeist, Chancen-
gleichheit, Integration, Einsatzbereitschaft und die Akzeptanz von Regeln wer-
den nirgends so konsequent vorgelebt, eingeübt und praktiziert wie im Sport.

Doping gefährdet diese positiven Grundwerte und zerstört den Sport damit in
seiner Substanz. Doping muss deshalb entschieden bekämpft werden. Hier ist
die gesamte Gesellschaft gefordert. Neben den Athletinnen und Athleten selbst
sind vor allem jene in der Pflicht, die sich im und für den Sport engagieren.
Auch den Medien fällt die verantwortungsvolle Aufgabe zu, in einer Gesell-
schaft zu vermitteln, dass Doping kein Kavaliersdelikt ist, sondern als sportzer-
störend geächtet werden muss.

Politik und insbesondere die Bundesregierung müssen alle zur Verfügung ste-
henden Maßnahmen ergreifen, um Doping einzudämmen und zu verhindern.
Große Bedeutung kommt hierbei der Nationalen Anti Doping Agentur Deutsch-
land (NADA) zu. Zu ihren Aufgaben gehört neben der Prävention u. a. auch
die Umsetzung des national gültigen Anti-Doping-Codes und eines einheit-
lichen Dopingkontrollsystems, die Rechtsberatung für Verbände und Aktive
sowie – sofern von den Sportverbänden gewünscht – ein Ergebnis- und Sank-
tionsmanagement.

Größtes Problem der NADA ist die mangelhafte finanzielle Ausstattung. Die
schwarz-gelbe Bundesregierung hat ihren finanziellen Beitrag zuletzt reduziert
und weitere Kürzungen angekündigt. Dies und die unzureichende finanzielle
Unterstützung durch die Bundesländer tragen dazu bei, dass die NADA nicht in
erforderlichem Umfang gegen Doping vorgehen kann.
Dies zeigt sich auch in der Aufarbeitung der aktuellen Vorkommnisse am
Olympiastützpunkt Thüringen. Medienberichten zufolge soll es am Olympia-
stützpunkt Thüringen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Gegen einen
Mediziner läuft derzeit ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Die
NADA ermittelt gegen rund 30 Sportlerinnen und Sportler. Gegen zwei Sport-
ler hat die NADA Verfahren eingeleitet. Bei 28 weiteren prüft sie, ob ein Ver-
fahren eingeleitet werden soll. Angesichts ihrer unzureichenden finanziellen

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Ausstattung kann die NADA jedoch nur in beschränkter Anzahl Verfahren ein-
leiten. Einerseits soll es an ausreichendem Personal mit juristischer Kompetenz
fehlen, andererseits könnte die Existenz der NADA aufgrund hoher Kosten und
eventueller Regressforderungen bedroht sein.

Von großer Tragweite ist bei den aktuellen Untersuchungen am Olympiastütz-
punkt Thüringen zudem die Frage, ob die Bundesregierung in den letzten Jah-
ren über die Bezuschussung der Olympiastützpunkte direkt oder indirekt Do-
ping aus Steuergeldern mitfinanziert hat und im Rahmen ihrer Aufsichtsfunk-
tion ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, alles zu tun, um Doping vor Ort
auszuschließen.

Daher bedarf es einer zügigen und umfassenden Aufklärung durch die Bundes-
regierung. Sie muss zusammen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund
und den Fachverbänden sicherstellen, dass keine unter Dopingverdacht stehen-
den Sportlerinnen und Sportler aus Deutschland bei den Olympischen Spielen
in London starten. Wer Doping aktiv betreibt, unterstützt, billigt oder nicht mit
allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft, macht sich mitschuldig an der
Zerstörung der olympischen Idee und den Werten des Sports, riskiert einen An-
sehensverlust Deutschlands weltweit und gefährdet die Gesundheit von Athle-
tinnen und Athleten. Besonders problematisch wäre dies, wenn sich nachwei-
sen ließe, dass Doping in Deutschland mit staatlicher (finanzieller) Unterstüt-
zung praktiziert wird.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● den Deutschen Bundestag umfassend über Erkenntnisse zu den Vorgängen
am Olympiastützpunkt Thüringen zu informieren und insbesondere darüber
aufzuklären, ob direkt oder indirekt Steuergelder zur Unterstützung von Do-
ping eingesetzt wurden bzw. werden;

● alle Strukturelemente des Stützpunktsystems (Olympiastützpunkte, Bundes-
leistungszentren und Bundesstützpunkte) vor den Olympischen Spielen in
London im Hinblick auf Blutmanipulationen zu überprüfen;

● sich konsequent dafür einzusetzen, dass alle Sportlerinnen und Sportler, die
an Strukturelementen des Stützpunktsystems trainieren, frei von jeglichem
Dopingverdacht sind und bei den Olympischen Spielen in London für
Deutschland ausschließlich Athletinnen und Athleten starten, die zweifels-
frei keine verbotenen Blutmanipulationen vorgenommen haben;

● Verantwortliche, Mediziner und Mitarbeiterstäbe an den Strukturelementen
des Stützpunktsystems eindringlich auf das Verbot der Anwendung nicht er-
laubter Methoden hinzuweisen und sie über die Konsequenzen einer Miss-
achtung zu informieren;

● die NADA finanziell so auszustatten und abzusichern, dass die mit Prozes-
sen gegen mutmaßliche Dopingbetrüger verbundenen finanziellen Risiken
abgedeckt sind;

● eine für die effektive Dopingbekämpfung unabdingbare nachhaltige und
ausreichende Finanzierung der NADA sicherzustellen;

● den Deutschen Bundestag umfassend über die Ergebnisse und die Umset-
zung der oben aufgeführten Forderungen zu informieren.

Berlin, den 6. März 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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