BT-Drucksache 17/885

Zukunft für Haiti - Nachhaltigen Wiederaufbau unterstützen

Vom 2. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/885
17. Wahlperiode 02. 03. 2010

Antrag
der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Klaus Barthel, Lothar Binding (Heidelberg),
Dr. h.c. Gernot Erler, Iris Gleicke, Dr. Barbara Hendricks, Dr. Bärbel Kofler, Ute
Kumpf, Burkhard Lischka, Thomas Oppermann, Karin Roth (Esslingen), Frank
Schwabe, Wolfgang Tiefensee, Manfred Zöllmer, Dr. Frank-Walter Steinmeier und
der Fraktion der SPD

Zukunft für Haiti – Nachhaltigen Wiederaufbau unterstützen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Erdbebenkatastrophe vom 12. Januar 2010 hat mit Haiti eines der ohnehin
ärmsten Länder der Welt getroffen. Schon vor dem Erdbeben lebten rund
70 Prozent der Bevölkerung von weniger als 2 US-Dollar pro Tag. Die Zu-
stände in Haiti waren fragil, die staatlichen Stellen waren weder in der Lage für
ausreichende Sicherheit und Ordnung, noch für eine ausreichende öffentliche
Daseinsvorsorge zu garantieren. Eine normale staatliche Entwicklungszusam-
menarbeit war deshalb in den letzten Jahren nicht möglich. Die Lebensmittel-
produktion vor Ort war durch die Konkurrenz ausländischer Dumping-Importe
so gut wie zusammengebrochen. Nun leidet Haiti zusätzlich unter den dramati-
schen Folgen des Erdbebens: weit über 200 000 Menschen verloren ihr Leben,
rund eine Million Menschen wurde obdachlos und etwa drei Millionen Men-
schen hilfebedürftig.

Die Hilfsbereitschaft der Menschen weltweit war enorm, viele haben privat
gespendet oder sich aktiv engagiert. Auch die Nothilfe der internationalen
Staatengemeinschaft ist unverzüglich angelaufen. Staatliche wie auch nicht-
staatliche Hilfsorganisationen waren schnell vor Ort, haben mit großem
Engagement und – wegen drohender Nachbeben – oft auch unter Einsatz ihres
eigenen Lebens die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten ver-
sorgt, haben Verletzte behandelt und Tote geborgen. Deutschland hat sich mit
Mitteln in Höhe von 17 Mio. Euro an den Nothilfemaßnahmen beteiligt. Hinzu
kommt der deutsche Anteil an der Soforthilfe, die seitens der EU geleistet wird.
Jetzt muss dafür gesorgt werden, dass die privaten und öffentlichen Mittel sinn-
voll, transparent kontrollierbar und nachhaltig eingesetzt werden können. Dafür
bedarf es eines geeigneten politischen Rahmens.

Die bisherigen Anstrengungen galten der ersten Notversorgung. Jetzt aber muss
der Übergang zu einer nachhaltigen Wiederaufbauhilfe geschafft werden, wenn

Haiti langfristig eine Perspektive haben soll. Damit das gelingen kann, braucht
Haiti ein von der internationalen Staatengemeinschaft gestütztes, langfristig an-
gelegtes Gesamtkonzept, das die unterschiedlichen Wiederaufbaumaßnahmen
koordiniert und bündelt und die benötigten Mittel verwaltet. Nach Schätzungen
der Vereinten Nationen sind bereits in diesem Jahr Investitionen in Höhe von
1,4 Mrd. US-Dollar notwendig. Längerfristig wird die notwendige Wiederauf-

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bauhilfe auf bis zu 15 Mrd. US-Dollar geschätzt. Ende März 2010 soll auf einer
Konferenz in New York über die Aufbauhilfe verhandelt werden. Eine Geber-
konferenz soll im Juni 2010 folgen. Die Weltgemeinschaft hat ihre Verantwor-
tung also angenommen. Auch die EU und die Bundesrepublik Deutschland
müssen sich konstruktiv in diesen Prozess einbringen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● den EU-Lateinamerika-Gipfel zu nutzen, um zu einem regionalen Aufbau-
konzept zu gelangen, das die Staaten und Organisationen unterstützt, die
sich aus dem LAK-Raum für die Hilfe und den Wiederaufbau engagieren;

● sich auf der Konferenz Ende März in New York und darüber hinaus für einen
langfristigen Aufbauplan einzusetzen und sich mit ausreichenden Mitteln an
einem langjährigen Engagement der internationalen Staatengemeinschaft für
einen nachhaltigen Wiederaufbau in Haiti zu beteiligen;

● in enger Abstimmung mit den internationalen Partnern die multilateralen
Organisationen bei ihren Anstrengungen für Haiti zu unterstützen;

● die ländliche Entwicklung in Haiti zu fördern und so die Eigenversorgung
der haitianischen Bevölkerung durch heimische Agrarproduktion zu ver-
bessern;

● die Entwicklung und den Aufbau einer gewerblich-industriellen und touristi-
schen Wertschöpfung zu unterstützen;

● die Zivilgesellschaft und Demokratisierungsprozesse in Haiti zu stärken so-
wie den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen nachhaltig zu fördern;

● den Aufbau von Bildungs-, Gesundheits- und sozialen Sicherungssystemen
in Haiti zu unterstützen;

● am Wiederaufbau der Infrastruktur mitzuarbeiten und auf einen möglichst
erdbebensicheren Wiederaufbau der Wohnbebauung hinzuwirken;

● bei deutschen Unternehmen für Investitionen in Haiti zu werben;

● eine Ausweitung des Programms „cash for work“ zu prüfen, damit vor Ort
Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden können;

● eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung des laufenden Mandats
MINUSTAH der Vereinten Nationen in Haiti anzuregen;

● eine ordnungsgemäße Durchführung der auf Ende des Jahres verschobenen
Wahlen zu unterstützen.

Berlin, den 2. März 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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