BT-Drucksache 17/8705

Neonazistische Fackelzüge gegen "Volkstod"

Vom 15. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8705
17. Wahlperiode 15. 02. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Jens Petermann, Kathrin
Senger-Schäfer, Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Neonazistische Fackelzüge gegen „Volkstod“

Unter dem Motto „Werde unsterblich“ haben mit weißen Masken und schwar-
zen Kutten vermummte Neonazis seit 2011 mindestens 17 unangemeldete
Fackelzüge in verschiedenen deutschen Städten gegen einen angeblichen
„deutschen Volkstod“ durchgeführt. Die nächtlichen Aufmärsche der sich als
„Unsterbliche“ bezeichnenden Neonazis wurden anschließend mit Videos im
Internet dokumentiert. Laut der Aussteigerorganisation EXIT-Deutschland
wurde von Teilnehmenden auch die Parole „Nationaler Sozialismus jetzt!“ skan-
diert. Initiator dieser bundesweit von der Neonaziszene gefeierten und nach-
geahmten nächtlichen Aufmärsche soll das aus Südbrandenburger Neonazi-
Kameradschaften gebildete Netzwerk „Spreelichter“ mit seiner gleichnamigen
Website sein. Auch ein Stadtrat der NPD in Geithain bei Leipzig bekannte sich
im Internet offen zu den „Spreelichtern“.

Am 12. Januar 2012 ließ das sächsische Landeskriminalamt aufgrund dieser
schwerpunktmäßig in Sachsen stattfindenden Aufmärsche mehr als 40 Wohnun-
gen und Garagen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen
durchsuchen. Beschlagnahmt wurden unter anderem weiße Masken und rechts-
extremistisches Propagandamaterial. Der sächsische Innenminister Markus
Ulbig sieht in der rechtsextremen Szene einen Trend mit überraschenden Aktio-
nen, wie etwa den nächtlichen Fackelzügen Maskierter, die Bevölkerung massiv
zu verunsichern.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele nächtliche Fackelzüge der „Unsterblichen“ gegen „Volkstod“ gab
es bislang nach Kenntnis der Bundesregierung (bitte Ort, Zeitpunkt und
Teilnehmerzahl nennen)?

2. Inwieweit wurden diese Aufmärsche nach Kenntnis der Bundesregierung
vom neonazistischen Südbrandenburger Kameradschaftsnetz „Spreelichter“
initiiert oder organisiert?

3. Welche Gruppierungen aus welchen Orten mit welcher Mitgliederzahl gehö-
ren nach Kenntnissen der Bundesregierung den „Spreelichtern“ an?
4. Welche Organisationen, Parteien und Kameradschaften haben sich bislang
nach Kenntnis der Bundesregierung an den Aufmärschen der „Unsterb-
lichen“ beteiligt?

Drucksache 17/8705 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5. Inwieweit wurden Aufmärsche der „Unsterblichen“ bislang durch die NPD
unterstützt?

a) Inwieweit haben sich Mitglieder oder Funktionäre der NPD oder der
Jungen Nationaldemokraten an diesen Aufmärschen der „Unsterblichen“
beteiligt?

b) Inwieweit wurde von NPD-Medien zustimmend über diese Aufmärsche
berichtet?

c) Inwieweit wurden bei den Razzien am 12. Januar 2012 auch Wohnungen
von NPD-Mitgliedern und Funktionären durchsucht?

6. Wie viele Aufmärsche der „Unsterblichen“ wurden bislang von der Polizei
gestoppt (bitte Datum und Ort angeben)?

7. Wie viele Aufmärsche der „Unsterblichen“ wurden bislang von antifaschis-
tisch orientierten Bürgerinnen und Bürgern gestoppt (bitte Datum und Ort
angeben)?

8. Über wie viele Aufmärsche der „Unsterblichen“ haben die Behörden erst
im Nachhinein durch Verlautbarungen der Neonaziszene im Internet erfah-
ren?

9. Welcher Straftaten und Ordnungswidrigkeiten haben sich die Organisato-
ren und Teilnehmer der nächtlichen Fackelzüge nach Ansicht der Bundes-
regierung mutmaßlich schuldig gemacht?

10. Inwieweit stimmt die Bundesregierung dem sächsische Innenminister
Markus Ulbig zu, wonach die rechtsextremen Szene mit überraschenden
Aktionen, wie den nächtlichen Fackelzügen Maskierter, die Bevölkerung
massiv verunsichern?

11. Inwieweit sieht die Bundesregierung in überraschenden, nicht angemelde-
ten Aktionen generell eine neue Taktik der rechtsextremistischen Szene an-
gesichts erfolgreicher antifaschistischer Blockaden gegen rechtsextreme
Aufmärsche in Dresden, Dortmund und anderen Städten in den vergange-
nen Jahren?

12. Inwieweit hat sich das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextre-
mismus bereits mit den „Unsichtbaren“ und ihren Aufmärschen beschäf-
tigt?

13. Inwieweit hat die Bundesregierung die Absicht, die unangemeldeten nächt-
lichen Fackelzüge von Neonazis zum Thema bei der Innenministerkonfe-
renz zu machen?

Berlin, den 15. Februar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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