BT-Drucksache 17/8678

Probleme bei der praktischen Umsetzung der EU-Richtlinie 2006/40/EG wegen des Kfz-Kältemittels HFO-1234yf

Vom 13. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8678
17. Wahlperiode 13. 02. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ralph Lenkert, Karin Binder, Dr. Barbara Höll,
Eva Bulling-Schröter, Sabine Leidig, Dorothee Menzner, Sabine Stüber
und der Fraktion DIE LINKE.

Probleme bei der praktischen Umsetzung der EU-Richtlinie 2006/40/EG
wegen des Kfz-Kältemittels HFO-1234yf

Ab dem 1. Januar 2011 sind von den Einzelstaaten gemäß der Richtlinie 2006/
40/EG des Europäischen Parlaments und des Rates keine EG-Typgenehmigun-
gen und keine Betriebserlaubnisse mit einzelstaatlicher Geltung für neue Kfz-
Typen zu erteilen, deren Klimaanlagen fluorierte Treibhausgase mit einem
GWP-Wert (GWP = global warming potential) von größer als 150 beinhalten
sollen. Der Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA) hat sich aktuell für das
Kältemittel HFO-1234yf der Hersteller Honeywell und DuPont entschieden.
Das Produkt wird mit einem GWP-Wert von 4 angegeben. Weitere Produktei-
genschaften sind die schnelle Entflammbarkeit, die hochtoxische Wirkung der
Verbrennungsprodukte und die chemische Instabilität. HFO-1234yf bildet be-
reits unterhalb der Entzündungstemperatur Fluorwasserstoff, welcher mit der
normalen Feuchtigkeit der Umgebungsluft zu stark ätzender Flusssäure reagiert.
Die chemische Instabilität bewirkt einen raschen Zerfall in der Atmosphäre, ge-
folgt von einer schnellen Auswaschung der Zerfallsprodukte aus der Atmo-
sphäre in Böden und Gewässer. Der schnelle Zerfall und die unmittelbare Aus-
waschung aus der Lufthülle sind ursächlich für den niedrigen GWP-Wert. Die
Wirkungen der Zerfallsprodukte in Böden und Gewässern sind unbekannt.
Unbekannt ist auch, ob einzelne Zerfallsprodukte in der Atmosphäre verbleiben
und welchen GWP-Wert sie gegebenenfalls aufweisen.

Das zuvor vom VDA favorisierte Kältemittel Kohlendioxid (CO2) ist chemisch
stabil und in Hinsicht auf die zu erwartenden Konzentrationen bei Unfällen oder
Leckagen nicht toxisch. Kohlendioxid ist ein natürlicher Bestandteil des Koh-
lenstoffkreislaufs der Biosphäre und dadurch kostengünstig verfügbar. Klima-
anlagen auf CO2-Basis arbeiten sehr effizient und werden bereits von mehreren
Verkehrsunternehmen in Bussen eingesetzt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Liegen Anträge auf Typgenehmigung vor, die das HFO-1234yf für die Kfz-

Klimaanlagen vorsehen?

Wenn ja, bitte die Anzahl und die Art der Kraftfahrzeuge benennen.

2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass das HFO-1234yf voraussichtlich bis
Ende 2012 nicht in ausreichenden Mengen lieferbar sein wird?

3. Wie schätzt die Bundesregierung den erstmaligen Lieferzeitpunkt im Indus-
triemaßstab von HFO-1234yf ein?

Drucksache 17/8678 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. Befürchtet die Bundesregierung, dass wegen der Nichtlieferfähigkeit von
HFO-1234yf der deutschen Autoindustrie Wettbewerbsnachteile entstehen
könnten?

Wenn ja, bitte gegebenenfalls die Quellen angeben.

5. Mit welchen Maßnahmen reagiert die Bundesregierung auf das Problem der
Nichtlieferbarkeit von HFO-1234yf?

6. Haben wegen der Nichtlieferbarkeit des Kältemittels Gespräche mit der
Europäischen Kommission, dem VDA und/oder dem Kraftfahrt-Bundes-
amt (KBA) stattgefunden, und zu welchem Ergebnis haben sie geführt oder
sind derartige Gespräche geplant?

7. Welche Sanktionen sind für Automobilhersteller vorgesehen, die Fahr-
zeuge, welche unter den Geltungsbereich der Richtlinie 2006/40/EG fallen,
nicht genehmigungskonform produzieren bzw. auf den Markt bringen?

8. Ist der Bundesregierung der Stand des kartellrechtlichen Verfahrens der EU
gegen Honeywell und DuPont wegen eventueller unfairer Markthindernisse
für Lizenznehmer von HFO-1234yf bekannt?

Wenn ja, bitte angeben.

9. Befürchtet die Bundesregierung wegen des engen Liefermarktes überhöhte
Preise für HFO-1234yf, und wie schützt sie gegebenenfalls die Verbraucher
vor unangemessenen Kosten?

10. Sieht die Bundesregierung das Problem einer möglichen Unterwanderung
der EU-Richtlinie, indem Klimaanlagen, die für den Betrieb mit HFO-
1234yf ausgelegt sind, bei der Wartung mit dem bisherigen klimaschädli-
chen Kältemittel R134a befüllt werden?

Wenn ja, wie will die Bundesregierung die Einhaltung der EU-Richtlinie
überprüfen?

11. Die Bewertung der Gefährlichkeit von HFO-1234yf durch Honeywell steht
im Widerspruch zu der einzigen ausführlichen unabhängigen Studie der
BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. Beabsichtigt die
Bundesregierung, eigene Untersuchungen vornehmen zu lassen?

12. Sind der Bundesregierung Gutachten über biozide Wirkungen der Abbau-
produkte von HFO-1234yf bekannt?

Wenn ja, bitte die Quellen benennen.

13. Sind der Bundesregierung die GWP-Werte der Abbauprodukte von HFO-
1234yf bekannt?

Wenn ja, bitte die Quellen und die Werte benennen.

14. Plant die Bundesregierung, die biozide Wirkung und die GWP-Werte der
Abbauprodukte von HFO-1234yf gutachterlich untersuchen zu lassen?

15. Wenn die Frage 14 mit nein beantwortet wurde, wie begründet die Bundes-
regierung ihre Haltung?

Berlin, den 13. Februar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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