BT-Drucksache 17/866

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand viertes Quartal 2009)

Vom 26. Februar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/866
17. Wahlperiode 26. 02. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Christine Buchholz, Dr. Diether Dehm,
Sevim Dag˘delen, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Andrej Hunko, Harald Koch, Niema Movassat, Wolfgang Neskovic, Petra Pau, Jens
Petermann, Paul Schäfer (Köln), Frank Tempel, Alexander Ulrich, Jan van Aken
und der Fraktion DIE LINKE.

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand viertes Quartal 2009)

Auslandseinsätze von Polizeibeamtinnen und -beamten entwickeln sich im-
mer mehr zu einem Mittel deutscher und EU-Außenpolitik. Die Militärdoktrin
der Europäischen Union, die sogenannte Europäische Sicherheitsstrategie,
sieht ausdrücklich den kombinierten Einsatz militärischer und ziviler (d. h.
auch polizeilicher) Mittel vor, um „einen besonderen Mehrwert“ zu erzielen.

Diese Entwicklung ist aus mehreren Gründen besorgniserregend.

So leistet sie der Vermischung von polizeilichen und militärischen Zuständig-
keiten Vorschub. Die Grenzen zwischen Polizei und Militär drohen zu ver-
schwimmen. Das gilt umso mehr, als gerade bei Einsätzen in Kriegs- und
Krisengebieten Polizisten immer wieder in lebensbedrohliche Situationen kom-
men. Diese dienen dann wiederum als Legitimation für eine Aufrüstung der
Polizei, bis hin zu Überlegungen, schwerbewaffnete Einheiten der Bundespoli-
zei speziell für Auslandseinsätze aufzustellen.

Hinzu kommt, dass für polizeiliche Auslandseinsätze keinerlei parlamentarische
Zustimmung erforderlich ist. Je nach Rechtsgrundlage ist noch nicht einmal die
Information des Deutschen Bundestages vorgeschrieben. Damit wird ein wich-
tiger Bereich der Außenpolitik der parlamentarischen Kontrolle entzogen.
Bedenklich ist dies vor allem wegen der gerade bei Einsätzen in Kriegs- und
Krisengebieten stets vorhandenen Eskalationsgefahr.

Ähnliches gilt für Einsätze von Zollbeamtinnen und -beamten. Auch für ihre
Entsendung ins Ausland ist keine Zustimmung des Bundestages erforderlich.

Mit einigem Unverständnis bewerten die Fragesteller die Tatsache, dass die
Bundesregierung auf die bisherigen einschlägigen Anfragen der Fraktion DIE
LINKE. keine Angaben zu sicherheitsrelevanten Vorfällen machen konnte oder
wollte, denen deutsche Polizeibeamte in ihren Missionen ausgesetzt waren.
Nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE. gehört die Erfassung solcher Vorfälle
zur Sorgfaltspflicht der Bundesregierung.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. An welchen bi- und multilateralen Missionen sind derzeit deutsche Polizis-
tinnen und Polizisten (bitte aufgliedern nach Bundesländern, Zugehörigkeit
zu Bundespolizei/Bundeskriminalamt – BKA) sowie Zollbeamtinnen und
- beamte beteiligt?

Drucksache 17/866 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Welche rechtliche Grundlage hat die Mission, wer ist Missionsträger bzw.
wer hat gegebenenfalls das Mandat erteilt, welche Mandatsobergrenze ist
vorgesehen, und welche tatsächliche Gesamtstärke hat die Mission der-
zeit?

b) Welchen Auftrag haben die Polizistinnen und Polizisten sowie Zollbeam-
tinnen und -beamten?

c) Wann wird die Mission voraussichtlich beendet sein?

2. Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles Perso-
nal (bitte aufgliedern nach Bundesländern, Zugehörigkeit zu Bundespolizei/
BKA sowie entsendenden Dienststellen) bzw. Zollbeamtinnen und -beamte
sind dabei jeweils eingesetzt?

a) Welche konkreten Aufgaben verrichten sie dort (bitte jeweils die einzel-
nen Personalzahlen angeben)?

b) An welchen Orten sind sie eingesetzt?

c) In welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen sind sie tätig (bitte jeweils
die einzelnen Personalzahlen angeben)?

d) Wie bewertet die Bundesregierung die Relation von Mandatsobergrenze,
derzeitigem tatsächlichem Gesamtumfang und dem Umfang der deutschen
Beteiligung?

e) Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung eine Veränderung hinsicht-
lich der Art und/oder des Umfangs der deutschen Beteiligung, und bis
wann soll diese umgesetzt sein (bitte gegebenenfalls konkrete Angaben
und Zahlen zu den einzelnen Missionen machen)?

3. Wie viele der im Rahmen des German Police Project Teams sowie EUPOL
in Afghanistan eingesetzten deutschen Polizeibeamten sind Kurzeit- bzw.
Langzeitexperten?

4. Wie viele Verbindungsbeamtinnen und -beamte des BKA halten sich derzeit
in welchen Ländern auf (bitte jeweils die Einsatzländer und -orte sowie die
zugehörige Zahl von Beamtinnen/Beamten angeben)?

5. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden derzeit im Ausland als

a) Dokumentenberater,

b) Sicherheitsbeamte,

c) grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte,

d) Unterstützungskräfte sowie Berater in Fragen der Grenzsicherheit einge-
setzt (bitte jeweils, d. h. zu jedem Unterpunkt Einsatzland und -ort sowie
die Zahl der eingesetzten Polizeibeamten nennen und angeben, ob sie vom
BKA, der Bundespolizei oder einer Länderpolizei gestellt werden)?

6. Wie viele deutsche Polizeibeamte wurden im Jahr 2009 im Rahmen der Euro-
päischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen
(FRONTEX) eingesetzt

a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen, und an welchen
Standorten,

b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen Funk-
tion auflisten),

c) als Teilnehmer von Operationen zur Überwachung und Kontrolle der Au-
ßengrenzen, die deutsches Gerät aus der FRONTEX-„tool box“ bedienen
(bitte mit Einsatzstandort und jeweiligem Tätigkeitsprofil),
d) als Mitglied der Rapid Border Intervention Teams (RABIT) und

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/866

e) welche Melde- und Berichtswege zwischen diesen Beamten und deren
deutscher Führungsstelle bestehen für die einzelnen operativen Be-
reiche?

7. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt im
Rahmen der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an
den Außengrenzen (FRONTEX) eingesetzt

a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen und an wel-
chen Standorten,

b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen
Funktion auflisten),

c) als Teilnehmer von Operationen zur Überwachung und Kontrolle der
Außengrenzen, die deutsches Gerät aus der FRONTEX-„tool box“ be-
dienen (bitte mit Einsatzstandort und jeweiligem Tätigkeitsprofil),

d) als Mitglied der Rapid Border Intervention Teams (RABIT)?

8. Welche Informationen liegen der Bundesregierung vor bezüglich sicher-
heitsrelevanter Vorfälle, in die deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie
Zollbeamtinnen und -beamte im Jahr 2009 involviert bzw. denen sie aus-
gesetzt waren?

Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten wurden im Jahr 2009 wäh-
rend ihrer Auslandsaufenthalte verletzt oder getötet (bitte nach Aufenthalts-
ländern darstellen und Fälle von Fremdverschulden schildern)?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die politische und militärische Gefähr-
dungslage in den jeweiligen Einsatzgebieten (bitte Veränderungen darstel-
len)?

10. Welche mittlerweile abgeschlossenen Ausbildungsmaßnahmen für auslän-
dische Sicherheitskräfte haben deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte
seit Beantwortung der letzten diesbezüglichen Anfrage (Bundestagsdruck-
sache 17/84) begonnen bzw. an welchen waren sie beteiligt?

a) Wie lauteten die Bezeichnungen der Maßnahmen, und wo fanden sie
statt?

b) Was waren die Ziele der Maßnahmen, wann haben sie begonnen, und
wann wurden sie beendet?

c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wurde welche
Art der Ausbildung gewährt?

d) Worin bestanden die Aufgaben und Tätigkeiten der deutschen Polizeibe-
amtinnen und -beamten, und in welchen Stäben, Einrichtungen und
sonstigen Stellen waren sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte waren jeweils an den
Maßnahmen beteiligt (bitte für die einzelnen Maßnahmen detailliert aus-
weisen)?

f) Welche Kosten entstanden der Bundesrepublik Deutschland für die Aus-
bildungsmaßnahmen, und aus welchen Haushaltstiteln wurden diese
bestritten?

11. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte führen
deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte gegenwärtig durch bzw. an wel-
chen sind sie beteiligt?

a) Wie lautet die Bezeichnung der Maßnahmen, und wo finden sie statt?
b) Was ist Ziel der Maßnahmen, wann haben sie begonnen und bis wann
sind sie voraussichtlich beendet?

Drucksache 17/866 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wird welche
Art der Ausbildung gewährt?

d) Worin bestehen die Aufgaben und Tätigkeiten der deutschen Polizei-
beamtinnen und -beamten, und in welchen Stäben, Einrichtungen und
sonstigen Stellen sind sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte sind jeweils an den
Maßnahmen beteiligt?

f) Welche Kosten entstehen dem Bund für die Ausbildungsmaßnahmen,
und aus welchen Haushaltstiteln werden diese bestritten?

12. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte sind für
die nächste Zukunft geplant, welche Kosten werden dem Bund dafür entste-
hen, und aus welchen Haushaltstiteln sollen diese bestritten werden (bitte
nach dem Schema der vorangegangenen Frage beantworten)?

13. In welchem Rahmen sind außerdem noch deutsche Polizistinnen und Poli-
zisten bzw. Zollbeamtinnen und -beamte im Ausland eingesetzt, und welche
Tätigkeiten verrichten sie dort (bitte nach Einsatzländern und -orten sowie
Zugehörigkeit zu Bundesländern/BKA/Bundespolizei aufgliedern)?

Berlin, den 26. Februar 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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