BT-Drucksache 17/8630

Pläne der Europäischen Kommission für eine Reform des europäischen Mehrwertsteuersystems

Vom 8. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8630
17. Wahlperiode 08. 02. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ingrid Arndt-Brauer, Lothar
Binding (Heidelberg), Petra Ernstberger, Martin Gerster, Iris Gleicke, Petra Hinz
(Essen), Nicolette Kressl, Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Joachim Poß, Bernd
Scheelen, Dr. Carsten Sieling, Manfred Zöllmer, Dr. Frank-Walter Steinmeier und
der Fraktion der SPD

Pläne der Europäischen Kommission für eine Reform des europäischen
Mehrwertsteuersystems

Die Europäische Kommission hält das seit über 40 Jahren geltende Mehrwert-
steuersystem der Europäischen Union für grundlegend reformbedürftig. Sie
sieht sich darin durch die große Resonanz auf ihr Grünbuch über die Zukunft
der Mehrwertsteuer vom 1. Dezember 2010 (KOM(2010) 695) bestätigt, zu
dem bis Ende Mai 2011 über 1 700 Stellungnahmen eingingen.

Am 6. Dezember 2011 legte die Europäische Kommission eine Mitteilung vor,
die die Grundzüge eines künftigen europäischen Mehrwertsteuersystems be-
schreibt und Handlungsschwerpunkte benennt (KOM(2011) 851). Der Rat, das
Europäische Parlament und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss
wurden aufgefordert, diese Vorschläge zu prüfen und politisch die Richtung für
die weiteren Schritte der Europäischen Kommission zu weisen.

Die neue dänische Ratspräsidentschaft griff das Anliegen der Europäischen Kom-
mission umgehend auf. Bereits in einer Orientierungsaussprache am 12. Januar
2012 wollte sie auf Basis vorab formulierter Fragen die Haltung der Mitglied-
staaten ermitteln, um die Schlussfolgerungen des Rates zu der Kommissionsmit-
teilung vorzubereiten.

In der Sitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 18. Januar
2012 erkundigten sich die Vertreter der Fraktion der SPD nach der inhaltlichen
Positionierung der schwarz-gelben Bundesregierung. Der zuständige Parlamen-
tarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Hartmut Koschyk er-
klärte, dass man sich erst zu konkreten Änderungsvorschlägen der Europäischen
Kommission äußern werde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Regierungen (oder nationalen Steuerbehörden) und Parlamente in
der Europäischen Union beteiligten sich an der öffentlichen Konsultation

zum Grünbuch über die Zukunft der Mehrwertsteuer, und wie lautet jeweils
der Tenor dieser Stellungnahmen?

2. Wie äußerten sich die Vertreter der einzelnen Mitgliedstaaten bisher zu der
Mitteilung der Europäischen Kommission zur Zukunft der Mehrwertsteuer?

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3. Wie reagierten die Vertreter der übrigen Mitgliedstaaten auf die Weigerung
der deutschen Bundesregierung, zu den von der Europäischen Kommission
und dem dänischen Ratsvorsitz aufgeworfenen Einzelfragen zur Zukunft
der Mehrwertsteuer inhaltlich Stellung zu nehmen?

4. Plant die Bundesregierung eine inhaltliche Abstimmung der deutschen
Haltung zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission zur Zukunft
der Mehrwertsteuer mit der nationalen Kommission zur Überprüfung der
Umsatzbesteuerung, die CDU, CSU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag
vom Oktober 2009 ankündigten, und falls ja, wie will sie eine zeitnahe
Meinungsbildung in diesem Gremium herbeiführen, dessen Mitglieder
(Bundesminister der Finanzen, Bundesminister für Wirtschaft und Techno-
logie, Chef des Bundeskanzleramts, Generalsekretäre der Koalitions-
parteien) aus terminlichen Gründen bisher noch nicht zur konstituierenden
Sitzung zusammenkommen konnten?

5. Plant die Bundesregierung eine inhaltliche Abstimmung der deutschen
Haltung zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission zur Zukunft
der Mehrwertsteuer mit dem Bundesrat und dem Deutschen Bundestag,
und falls nein, wie begründet sie dies?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die von der Europäischen Kommission
vorgeschlagenen grundsätzlichen Prinzipien des künftigen Mehrwertsteu-
ersystems: einfach, effizient und neutral, robust und betrugssicher?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die einzelnen Vorschläge der Europäi-
schen Kommission für eine Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems?

8. Teilt die deutsche Bundesregierung die Auffassung der Europäischen
Kommission, dass Interessengruppen über die öffentliche Konsultation
zum Grünbuch über die Zukunft der Mehrwertsteuer hinaus in das gesamte
Legislativverfahren auf europäischer Ebene einbezogen werden sollten,
und wie begründet sie dies?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Überlegungen der Europäischen
Kommission für ein effizienteres Mehrwertsteuersystem, insbesondere
zum schrittweisen Abbau bestehender Steuerbefreiungen und zur Ein-
schränkung der Verwendung ermäßigter Steuersätze?

10. Befürwortet die Bundesregierung eine zügige Konstituierung der nationa-
len Kommission zur Überprüfung der Umsatzbesteuerung, und falls nein,
wie begründet sie dies angesichts der Ankündigung der Europäischen
Kommission, 2012 eine Überprüfung der Struktur der Mehrwertsteuersätze
einzuleiten und nach Konsultation mit den Interessengruppen und Mit-
gliedstaaten bis Ende 2013 Vorschläge hierzu vorzulegen?

11. Welche zusätzlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Bekämpfung des
Mehrwertsteuerbetrugs befürwortet die Bundesregierung?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung das Vorhaben der Europäischen Kom-
mission, den Vergleich der Effizienz und der Effektivität der nationalen
Steuerverwaltungen mittels Benchmarks künftig zu erleichtern?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die von der der Europäischen Kommis-
sion im Grünbuch vorgeschlagenen neuen Steuererhebungsmethoden?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die von der Europäischen Kommission
vorgeschlagene Aufgabe des bisherigen Ziels, ein Mehrwertsteuersystem
zu schaffen, das auf dem Grundsatz der Besteuerung im Ursprungsland ba-
siert, und hält sie die Pläne der Europäischen Kommission zur Umsetzung
des Bestimmungslandprinzips für zielführend?

Berlin, den 8. Februar 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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