Vom 8. Februar 2012
Deutscher Bundestag Drucksache 17/8598
17. Wahlperiode 08. 02. 2012
Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)
zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Annette Groth, Sevim Dag˘delen,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/8139 –
Menschenrechtliche Situation für Flüchtlinge in Griechenland verbessern –
Für eine solidarische Flüchtlingspolitik der EU
A. Problem
Die Antragsteller verweisen auf die menschenunwürdige Situation von Flücht-
lingen in mehreren Mitgliedstaaten der EU, vor allem in Griechenland. Grund
sei die verfehlte, auf Abschottung ausgerichtete europäische Asyl- und Flücht-
lingspolitik, die sich beispielsweise in der Arbeitsweise der Europäischen
Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitglied-
staaten der Europäischen Union (FRONTEX) oder dem starren Festhalten am
sog. Dublin-System zeige.
Der Antrag zielt insbesondere darauf ab, die Bundesregierung aufzufordern, im
Europäischen Rat und gegenüber der griechischen Regierung auf eine schnelle
Lösung der Flüchtlingssituation in Griechenland zu drängen sowie sich auf
europäischer Ebene für hohe einheitliche Asylstandards und eine Änderung der
Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU, einschließlich der Abschaffung von
FRONTEX, einzusetzen. Zudem solle Deutschland zur Entlastung Griechen-
lands besonders schutzbedürftige Flüchtlinge übernehmen.
B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
C. Alternativen
Annahme des Antrags.
D. Kosten
Wurden nicht erörtert.
Drucksache 17/8598 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Beschlussempfehlung
Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 17/8139 abzulehnen.
Berlin, den 6. Februar 2012
Der Innenausschuss
Wolfgang Bosbach
Vorsitzender
Reinhard Grindel
Berichterstatter
Daniela Kolbe (Leipzig)
Berichterstatterin
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter
Ulla Jelpke
Berichterstatterin
Josef Philip Winkler
Berichterstatter
zug auf Griechenland wieder angewendet werden könne. Der
deutsche Asylkompromiss aus den 90er-Jahren sei nur zu
was verbessert habe und wie dort auf den Beschluss reagiert
worden sei.
Berlin, den 6. Februar 2012
I. Überweisung
Der Antrag auf Drucksache 17/8139 wurde in der 149. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 15. Dezember 2011 an
den Innenausschuss federführend sowie an den Auswärtigen
Ausschuss, den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe und den Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung
überwiesen.
II. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse
Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 52. Sitzung am
18. Januar 2012 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Rechtsausschuss hat in seiner 70. Sitzung am 18. Januar
2012 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat in seiner 52. Sitzung am 18. Januar 2012 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 55. Sitzung am 18. Januar 2012 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den
Antrag abzulehnen.
III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss
Der Innenausschuss hat den Antrag in seiner 64. Sitzung am
25. Januar 2012 abschließend beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Antrags.
Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP stellen
heraus, dass das Thema bereits sachlich, umfassend und an-
gemessen in dem gemeinsamen Antrag der vier Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be-
handelt worden sei. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. sei
daher überflüssig. Griechenland sei aufgefordert, Vorausset-
zungen zu schaffen, damit das Dublin-Verfahren auch in Be-
halten, wenn auch das Dublin-System gehalten werde. Dane-
ben solle FRONTEX weiter seinem Auftrag nachkommen
und europäisch agierend und auf der Grundlage rechtsstaat-
licher Vorgaben die Außengrenzen sichern. FRONTEX stelle
im Übrigen keinesfalls eine Abschottungseinrichtung dar,
sondern leiste auch wichtige Hilfe, etwa wenn es Flüchtlinge
aus Seenot rette. Die Koalitionsfraktionen lehnten den An-
trag daher ab.
Die Fraktion der SPD macht deutlich, dass es zwar immer
wichtig sei, über Asylfragen und die europäische Flücht-
lingspolitik zu diskutieren. Es habe aber einen fraktions-
übergreifenden Antrag gegeben, der die Probleme in Grie-
chenland im Detail behandelt und der deutlich gemacht habe,
dass aus deutscher Sicht Handlungen in Griechenland erfor-
derlich und dass wegen der benannten Defizite Rückschie-
bungen dorthin momentan nicht akzeptabel seien. Allerdings
werde allein mit einer Aussetzung der Rückschiebungen die
Problematik in Griechenland selbst nicht gelöst. Weiterhin
herrschten dort menschenunwürdige Bedingungen und das
Asylsystem funktioniere nicht. Auch wenn ein Teil der Pro-
blemanalyse durchaus zutreffend sei, werde die Fraktion der
SPD den Antrag ablehnen, da er FRONTEX ganz abschaffen
wolle und damit über das Ziel hinausschieße.
Die Fraktion DIE LINKE. verweist auf ihren Antrag und
bemängelt, dass die Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-
Mitgliedstaaten ungerecht sei. Sie müsse sich an der wirt-
schaftlichen Kraft bzw. Bevölkerungszahl der Staaten orien-
tieren. Eine einseitige Schuldzuweisung der Bundesregie-
rung an Griechenland sei unglaubwürdig, da das Dublin-
System für die kaum zu bewältigende Situation verantwort-
lich sei. Trotz der Kenntnis von den Zuständen in Griechen-
land seien von 2009 bis 2011 Flüchtlinge dorthin zurückge-
schoben worden. Jetzt gebe es dazu auch ein Grundsatzurteil
des Europäischen Gerichtshofs, das solche Rückschiebungen
verbiete. Dies habe ggf. Auswirkungen auf die Rückführung
von Flüchtlingen nach Zypern oder Italien. Da FRONTEX
dazu diene, die Grenzen dicht zu halten, würden die Wege der
Flüchtlinge verlängert und wegen der riskanteren Flucht-
routen gebe es auch mehr Tote.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert die
Praxis, dass deutsche Beamte bei der Festnahme von Flücht-
lingen assistierten. Dem Vorschlag, FRONTEX ganz abzu-
schaffen, könne man jedoch nicht zustimmen, weshalb sich
die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei der Abstim-
mung enthalten werde. Man begrüße jedoch den Vorschlag,
als Follow-up zu dem Bundestagsbeschluss regelmäßige In-
formationen von der Bundesregierung zu erhalten, ob sich in
Griechenland das Asylsystem in wesentlichen Aspekten et-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8598
Bericht der Abgeordneten Reinhard Grindel, Daniela Kolbe (Leipzig), Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Ulla Jelpke und Josef Philip Winkler
Reinhard Grindel
Berichterstatter
Daniela Kolbe (Leipzig)
Berichterstatterin
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter
Ulla Jelpke
Berichterstatterin
Josef Philip Winkler
Berichterstatter