BT-Drucksache 17/8556

Steuer- und gesellschaftspolitische Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften gegenüber klassischen heterosexuellen Ehen

Vom 6. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8556
17. Wahlperiode 06. 02. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Harald Koch, Richard Pitterle, Dr. Axel Troost
und der Fraktion DIE LINKE.

Steuer- und gesellschaftspolitische Ungleichbehandlung eingetragener
Lebenspartnerschaften gegenüber klassischen heterosexuellen Ehen

Das Gesellschaftsbild über Lesben und Schwule und deren Lebensweisen hat
sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Während gleichgeschlechtliche
Partnerschaften bis in die jüngere Vergangenheit hinein oftmals ein Tabuthema
waren, werden diese in der heutigen Gesellschaft zunehmend toleriert und offen
gelebt. Hinzu kommt ein Wandel des klassischen Familienbildes. Die klassische
heterosexuelle Ehe ist in der heutigen Zeit immer seltener vorzufinden und da-
mit zugleich auch nicht mehr der typische Ort für Erziehung von Kindern. Auch
lesbische und schwule Partnerschaften tragen mittlerweile zur Entwicklung von
Familien und dem Heranwachsen von Kindern bei; diese Regenbogenfamilien
sind Teil der Gesellschaft. Dieser Trend wird nicht zuletzt durch ein stark verän-
dertes Gesellschaftsbild gefördert, welches in einer pluralistischen Gesellschaft
die Toleranz gegenüber jeder Form des Zusammenlebens unabhängig von der
sexuellen Orientierung prägt.

Gleichwohl erfahren gleichgeschlechtliche Partnerschaften häufig noch gesell-
schaftliche und rechtliche Ungleichbehandlungen gegenüber heterosexuellen
Partnerschaften. Während die gesellschaftliche Akzeptanz deutliche, positive
Fortschritte erkennen lässt, hinkt der Gesetzgeber häufig der gelebten Vielfalt
hinterher. Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz hat der Gesetzgeber einen wich-
tigen ersten Schritt unternommen, den gesellschaftlichen Wandel auch im Ge-
setz abzubilden. Dieses wiederum hat Rückwirkungen auf die Akzeptanz in der
Bevölkerung. Gleichwohl ist die gesamte Rechtsordnung noch durchsetzt von
diversen Brüchen, die diskriminierend auf eingetragene Lebenspartnerschaften
wirken, da ihnen in vielen Teilbereichen der rechtlichen Organisation des Ge-
sellschaftslebens nicht die gleichen Rechte eingeräumt werden, wie den klassi-
schen Ehen. Ein Kernpunkt betrifft die Besteuerung von eingetragenen Lebens-
partnerschaften, insbesondere die Versagung des Splittingtarifs im geltenden
Einkommensteuerrecht.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 7. Juli 2009 die
Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft in der
Hinterbliebenenversorgung für mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG)

für unvereinbar erklärt. Ebenfalls hat das Bundesverfassungsgericht am 21. Juli
2010 entschieden, dass eine Ungleichbehandlung auch im Erbschaftsteuergesetz
verfassungswidrig ist. Es zeigt sich somit, dass der gesellschaftspolitische
Wandel auch bei dem höchsten deutschen Gericht mittlerweile berücksichtigt
wird. Derzeit sind beim Bundesverfassungsgericht diverse Verfahren zur Frage
des Ehegattensplittings für eingetragene Lebenspartnerschaften anhängig.

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Überdies häufen sich die Beschlüsse von Finanzgerichten (z. B. das Finanzge-
richt Köln am 7. Dezember 2011 – 4 V 2831/11), in denen verfassungsrechtliche
Zweifel geäußert werden, ob an dem bisherigen klassischen Ehegattensplitting
noch festgehalten werden kann. Daher gewähren mittlerweile zahlreiche Finanz-
gerichte vorläufigen Rechtsschutz i. S. v. § 69 Absatz 2 Satz 2 der Finanz-
gerichtsordnung hinsichtlich des Begehrens von gleichgeschlechtlichen Lebens-
partnern zur Anwendung von Steuerklassenkombinationen, die derzeit nur
Eheleuten offen steht. Fiskalische Argumente zur Aussetzung der Vollziehung
bei den genannten Fällen sieht die überwiegende Anzahl der Finanzgerichte mitt-
lerweile als nachgelagert an.

Bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom
23. September 2010 (Bundestagsdrucksache 17/3009) hat die Bundesregierung
betont, dass sie die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu diesem
Themenkomplex abwarten wird und nicht selber aktiv das geänderte Gesell-
schaftsbild auch rechtspolitisch umsetzen möchte. Diese Haltung erscheint ange-
sichts des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP, wonach „gleich-
heitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht“ abzubauen sind, unverständlich.
Hierzu ist flankierend zu bemerken, dass gerade die klassische heterosexuelle
Ehe in jüngster Zeit immer öfter kinderlos bleibt, womit die bisherigen Argu-
mente für eine steuerliche Förderung der Ehe immer stärker verblassen. Vor dem
Hintergrund der jüngsten Entwicklungen und den klaren Voten der erstgericht-
lichen Instanzen der Steuergerichte befragen wir daher die Bundesregierung er-
neut.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hält die Bundesregierung weiterhin an dem im Koalitionsvertrag formulierten
Ziel fest „gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht abbauen und
insbesondere die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleich-
stellung von Lebenspartnern mit Ehegatten umsetzen“ (bitte mit Begrün-
dung)?

2. Welche Entscheidungen oberster Bundesgerichte wurden in der 17. Legisla-
turperiode zur Umsetzung der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit
Ehegatten getroffen, und welche Verfahren sind derzeit anhängig (bitte mit
Angabe des Datums, des Aktenzeichens und des Tenors)?

3. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung in der 17. Legislaturperiode
getroffen, um eine Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit Ehen um-
zusetzen, die sich als Folge einer Umsetzung von Entscheidungen oberster
Bundesgerichte darstellen (bitte mit Nennung der Maßnahme, des Gesetzes,
der Entscheidung des obersten Gerichtes und differenziert nach dem feder-
führendem Ressort gemäß der Aufteilung der Bundesministerien)?

4. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung in der 17. Legislaturperiode
getroffen, um eine Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit Ehen um-
zusetzen, die sich nicht als Folge einer Umsetzung von Entscheidungen
oberster Bundesgerichte darstellt, sondern infolge eigener politischer Zielset-
zungen (bitte mit Nennung der Maßnahme, des Gesetzes, und differenziert
nach dem federführendem Ressort gemäß der Aufteilung der Bundesministe-
rien)?

5. Stimmt die Bundesregierung damit überein, dass sich in der jüngeren Vergan-
genheit gerade die Toleranz in der Gesellschaft gegenüber gleichgeschlecht-
lichen Beziehungen im allgemeinen und der eingetragenen Lebenspartner-
schaft im Besonderen verbessert hat, und welche Schlussfolgerungen zieht
die Bundesregierung daraus für ihr politisches Handeln (bitte mit Begrün-

dung)?

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6. Stimmt die Bundesregierung damit überein, dass der in Artikel 6 GG nor-
mierte besondere Schutz für Familien nicht nur für Familien im Sinne eines
traditionellen Familienbildes, sondern für jegliche Familien unabhängig
von der sexuellen Orientierung eines der Eltern aufgrund des gewandelten
Gesellschaftsbildes gilt (bitte mit Begründung)?

7. Welche wissenschaftliche Studien wurden in der 17. Legislaturperiode sei-
tens der Bundesregierung zum Themenkomplex der rechtlichen Behand-
lung, des derzeitigem Gesellschaftsbilds bzw. der Familiensituation bei
gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften in Auftrag geben (bitte mit
Nennung der Studie, Abschluss, federführendes Bundesministerium, Er-
gebnisse der Studie)?

8. Welche gesetzlichen Änderungen wurden in der 17. Legislaturperiode un-
ternommen, um das im Koalitionsvertrag festgehaltene Ziel, die familien-
und ehebezogenen Regelungen über Besoldung, Versorgung und Beihilfe
auch auf Lebenspartnerschaften zu übertragen, und in welchen Bereichen
bestehen nach Ansicht der Bundesregierung hierzu derzeit noch gesetzliche
Diskriminierungen (bitte mit Darstellung der geänderten Regelung)?

9. In welchen Bereichen sieht die Bundesregierung konkret im bestehenden
Rechtssystem derzeit noch diskriminierende Abweichungen hinsichtlich der
Behandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehegatten (bitte
mit Nennung der Ungleichbehandlung und den politischen Aktivitäten zum
Abbau der Ungleichbehandlung)?

10. Welche Mittel aus dem Bundeshaushalt wurden in welcher Höhe in Projekte
zur Förderung, Aufklärung und wissenschaftlicher Analyse bezüglich
gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in den Jahren 2007 bis 2011
aufgewendet bzw. veranschlagt?

11. Wie viele eingetragene Lebenspartnerschaften existieren basierend auf den
Erhebungen des Mikrozensus seit Erhebung dieses Merkmals (bitte nach
Jahren, Mann/Mann, Frau/Frau, Bundesland untergliedern), und welche
Möglichkeiten existieren, um derartige Informationen anhand der konkre-
ten Fälle und nicht durch Befragungen zu ermitteln?

12. Wie bewertet die Bundesregierung das gewonnene Datenmaterial über Part-
nerschaften basierend auf dem Mikrozensus vor dem Hintergrund der Vali-
dität und hinsichtlich möglicher Dunkelziffern, und welche Erkenntnisse
liegen in diesem Zusammenhang hinsichtlich einer möglicherweise deut-
lichen höheren tatsächlichen Anzahl an eingetragenen Lebenspartnerschaf-
ten vor (bitte mit Begründung)?

13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl von zusam-
men- und getrenntlebenden gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, die
nicht eingetragen sind?

14. Wie viele bestehende Ehen existieren basierend auf den Erhebungen des
Mikrozensus (bitte nach Bundesland und prozentual zur Grundgesamtheit,
jeweils pro Jahr für die letzten zehn Jahre untergliedern)?

15. In wie vielen bestehenden Ehen existieren basierend auf den Erhebungen
des Mikrozensus eigene Kinder (bitte nach Bundesland und prozentual zur
Grundgesamtheit der Ehen untergliedert nach der Anzahl der Kinder,
jeweils pro Jahr für die letzten zehn Jahre untergliedern)?

16. In wie vielen Fällen von Nichtehen existieren basierend auf den Erhebun-
gen des Mikrozensus leibliche Kinder (bitte nach Bundesland und prozen-
tual zur Grundgesamtheit der Nichtehen untergliedert nach der Anzahl der
Kinder, jeweils pro Jahr für die letzten zehn Jahre untergliedern)?

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17. In wie vielen eingetragenen Lebenspartnerschaften existieren basierend auf
den Erhebungen des Mikrozensus eigene bzw. adoptierte Kinder (bitte
untergliedert nach Bundesland und prozentual zur Grundgesamtheit der
Ehen untergliedert nach der Anzahl der Kinder, jeweils pro Jahr seit Erhe-
bung des Merkmals)?

18. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl von Kindern,
die aus Ehen, aus Nichtehen, aus eingetragenen Lebenspartnerschaften und
aus nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Zusammenschlüssen her-
vorgehen (bitte mit Begründung)?

19. Stimmt die Bundesregierung damit überein, dass infolge des Wandels des
Gesellschaftsbildes, die Ehe als Hort und Entstehung leiblicher Kinder an
Bedeutung verloren hat, und welche Schlussfolgerungen können daraus für
die Rechtfertigung des Ehegattensplittings gezogen werden (bitte mit Be-
gründung)?

20. Welche gesetzlichen Regelungen für gleichgeschlechtliche Zusammen-
schlüsse existieren in den europäischen Nachbarstaaten, die mit der einge-
tragenen Lebenspartnerschaft in Deutschland vergleichbar sind (bitte mit
Kurzdarstellung der Regelung, Quantifizierung der gleichgeschlechtlichen
Verbindungen – sofern vorhanden – und Datum der Inkraftsetzung der Re-
gelung)?

21. Hält die Bundesregierung weiterhin an ihrer Auffassung fest, von einer
Anwendung des Ehegattensplittings mittels gesetzlicher Neuregelung auf
eingetragene Lebenspartnerschaften abzusehen, solange das Bundesverfas-
sungsgericht zu diesem Themenkomplex noch kein Urteil gefällt hat, so
dass eine aktive Handlung der Bundesregierung gemäß den Aussagen des
Koalitionsvertrages nicht erfolgt, sondern lediglich passiv die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts abgewartet wird (bitte mit Begründung)?

22. Welche beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren existieren
derzeit zum Themenkomplex des Ehegattensplittings (bitte mit Nennung
des Aktenzeichens, Eingang des Verfahrens)?

23. Welche finanzgerichtlichen Entscheidungen zum Themenkomplex des Ehe-
gattensplittings für eingetragene Lebenspartnerschaften wurden seit dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 (1 BvR 611/07)
gefällt (bitte mit Nennung von Datum, Aktenzeichen, Tenor und ggf. ver-
fahrensrechtlichen Stand bei Behandlung durch den Bundesfinanzhof in-
folge von Revision o. Ä.), und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundes-
regierung aus diesen Urteilen (bitte mit Begründung)?

24. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Finanzgerichten, wonach die
Versagung des Ehegattensplittings für eingetragene Lebenspartnerschaften
mit massiven verfassungsrechtlichen Bedenken verbunden ist (bitte mit Be-
gründung)?

25. Wie begründet die Bundesregierung aus dem Beschluss des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 21. Juli 2010 (1 BvR 611/07) ihre, in der „Süddeutschen
Zeitung“ vom 5. Januar 2012 (Finanzgerichte outen sich) unter Verweis auf
eine Sprecherin des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) dargestellte
Auffassung, dass eine Übertragung dieses Urteils auf die Frage des Ehegat-
tensplittings nicht möglich ist (bitte mit Begründung)?

26. In welchen europäischen Staaten können gleichgeschlechtliche Lebenspart-
nerschaften die gleichen einkommensteuerlichen Regelungen in Anspruch
nehmen, wie sie Eheleuten gewährt werden (bitte mit Kurzdarstellung der
Regelung)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8556

27. Welche Initiativen hat die Bundesregierung unternommen, um die Frage der
Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, insbe-
sondere im Steuerrecht, auch international mit den europäischen Nachbarn
zu erörtern (bitte mit Begründung)?

28. Mit welchen Steuerfällen rechnet die Bundesregierung bei Gewährung des
Splittingvorteils für eingetragene Lebenspartnerschaften (bitte mit Angabe
der Gesamtsumme und der Entlastung pro Steuerfall)?

29. Zu welchem Minderaufkommen (volle Jahreswirkung) führt der gegen-
wärtige Splittingtarif nach § 32a des Einkommensteuergesetzes (EStG),
basierend auf der aktuellen Einkommensteuerstatistik (Bundesstatistik und
jährliche Geschäftsstatistik), gegenüber einer Individualbesteuerung unter
steuerlicher Beachtung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen
hinsichtlich gegenseitiger Versorgungsansprüche (bitte differenziert für
Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer)?

30. Zu welcher Minderung der Steuer führt der gegenwärtige Splittingtarif nach
§ 32a EStG, basierend auf der aktuellen Einkommensteuerstatistik (Bundes-
statistik und jährliche Geschäftsstatistik), gegenüber einer Individualbe-
steuerung unter steuerlicher Beachtung der verfassungsrechtlichen Rah-
menbedingungen hinsichtlich gegenseitiger Versorgungsansprüche (bitte
klassifiziert nach zu versteuerndem gemeinsamen Einkommen bis 10 000
Euro, bis 20 000 Euro, bis 30 000 Euro, bis 40 000 Euro, bis 50 000 Euro,
bis 75 000 Euro, bis 100 000 Euro, bis 250 000 Euro, bis 500 000 Euro, bis
1 000 000 Euro, über 1 000 000 Euro mit Gruppenmittelwerten, Anzahl der
Steuerfälle, differenziert für Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und
Kirchensteuer)?

31. Zu welchem Minderaufkommen (volle Jahreswirkung) führt der gegenwär-
tige Splittingtarif nach § 32a EStG, basierend auf der aktuellen Einkommen-
steuerstatistik (Bundesstatistik und jährliche Geschäftsstatistik), gegenüber
einer Zusammenveranlagung, bei der nur noch der nicht ausgeschöpfte Teil
des Grundfreibetrags übertragen werden kann, unter der Voraussetzung,
dass der Höchstbetrag in § 10 Absatz 1 Nummer 1 entsprechend angepasst
wird (bitte differenziert für Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und
Kirchensteuer)?

32. Zu welcher Minderung der Steuern führt der gegenwärtige Splittingtarif
nach § 32a EStG, basierend auf der aktuellen Einkommensteuerstatistik
(Bundesstatistik und jährliche Geschäftsstatistik), gegenüber einer Zusam-
menveranlagung, bei der nur noch der nicht ausgeschöpfte Teil des Grund-
freibetrags übertragen werden kann, unter der Voraussetzung, dass der
Höchstbetrag in § 10 Absatz 1 Nummer 1 entsprechend angepasst wird
(bitte klassifiziert nach zu versteuerndem gemeinsamen Einkommen bis
10 000 Euro, bis 20 000 Euro, bis 30 000 Euro, bis 40 000 Euro, bis 50 000
Euro, bis 75 000 Euro, bis 100 000 Euro, bis 250 000 Euro, bis 500 000
Euro, bis 1 000 000 Euro, über 1 000 000 Euro mit Gruppenmittelwerten,
Anzahl der Steuerfälle, differenziert für Einkommensteuer, Solidaritätszu-
schlag und Kirchensteuer)?

33. In wie vielen Fällen, basierend auf dem Indikator einer Berücksichtigung
von Kinderfreibeträgen bei der Ermittlung der Einkommensteuer als Be-
messungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag bzw. für die Kirchensteuer,
sind Kinder im steuerrechtlichen Sinne nach der aktuellen Einkommensteu-
erstatistik (Bundesstatistik und jährliche Geschäftsstatistik) ausgewiesen
(bitte differenziert nach Anzahl der Kinder, Splitting, Einzelveranlagung,
Bundesland, klassifiziert nach zu versteuerndem gemeinsamen Einkommen

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bis 10 000 Euro, bis 20 000 Euro, bis 30 000 Euro, bis 40 000 Euro, bis
50 000 Euro, bis 75 000 Euro, bis 100 000 Euro, bis 250 000 Euro, bis
500 000 Euro, bis 1 000 000 Euro, über 1 000 000 Euro, Anteil zu allen
Steuerpflichtigen in der entsprechenden Gruppe)?

34. Erachtet die Bundesregierung es für sinnvoll – angesichts der verfassungs-
rechtlichen Bedenken bei der Versagung des Splittingtarifs für eingetragene
Lebenspartnerschaften und der unverhältnismäßigen langen Dauer der Ver-
fahren vor dem Bundesverfassungsgericht – zur Beseitigung der Rechts-
unsicherheit und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bis zur ab-
schließenden Klärung durch das Bundesverfassungsgericht entsprechende
Steuerbescheide vorläufig ergehen zu lassen bzw. die Finanzämter per
BMF-Schreiben die Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Absatz 2 Satz 2
der Abgabenordnung zu gewähren, bzw. die Änderung der Lohnsteuerklasse
zu erlauben, ähnlich den jüngsten Urteilen des Finanzgerichts Schleswig-
Holstein vom 20. Dezember 2012 – 5 V 213/11 und 5 V 223/11 – (bitte mit
Begründung)?

35. Wie können Steuerpflichtige bei einer positiven Entscheidung des Bundes-
verfassungsgerichts zum Themenkomplex des Ehegattensplittings für ein-
getragene Lebenspartnerschaften an dieser partizipieren, und müssen hierzu
sämtliche betroffenen Steuerpflichtigen Einsprüche gegen die aktuellen
Steuerbescheide einlegen (bitte mit Begründung)?

36. Ist der Bundesregierung bekannt, ob infolge der jüngsten Entscheidungen
der Finanzgerichte, die zuständigen Rechtsbehelfsstellen bei den Finanz-
ämtern verstärkt mit Einsprüchen hinsichtlich der Eintragung einer Lohn-
steuerklassenkombination für eingetragene Lebenspartnerschaften kon-
frontiert sind (bitte mit Begründung)?

37. War das Thema der steuerlichen Behandlung der eingetragenen Lebenspart-
nerschaft bereits Gegenstand von Beratungen der Einkommensteuerrefe-
ratsleiter in der 17. Legislaturperiode (wenn ja, mit welchen Ergebnissen,
wenn nein, aus welchem Grund wurde das Thema noch nicht aufgegriffen)?

38. Welche Projektgruppen bzw. interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaften exis-
tieren derzeit von Seiten der Bundesregierung, der Ministerien oder der
obersten Bundesbehörden, die das Thema der eingetragenen Lebenspart-
nerschaft und damit verbundene Ungleichbehandlungen bearbeiten (bitte
mit Nennung des Arbeitsauftrags)?

39. In welchen Einzelsteuergesetzen existieren Abweichungen der steuerlichen
Behandlung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe/Zusammen-
veranlagung, und welche dieser Ungleichbehandlungen plant die Bundes-
regierung in der 17. Legislaturperiode zu ändern (bitte mit Auflistung der
entsprechenden Normen)?

40. Welche steuerlichen Freibeträge, Freigrenzen und Pauschbeträge existieren
in Einzelsteuergesetzen, bei denen eine automatische Verdoppelung bei Zu-
sammenveranlagung vorgenommen wird, und sieht die Bundesregierung
hierin eine Diskriminierung der eingetragenen Lebenspartnerschaft (bitte
mit Nennung der Rechtsnorm und Begründung)?

41. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Beschluss
des Niedersächsischen Finanzgerichts (Az.: 7 K 65/10) auf Vorlage beim
Bundesverfassungsgericht, wonach § 3 Nummer 4 des Grunderwerbsteuer-
gesetzes (GrEStG) in der bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes
2010 vom 8. Dezember 2010 geltenden Fassung mit Artikel 3 Absatz 1 GG
unvereinbar ist, als zwar der Grundstückserwerb durch den Ehegatten, nicht
aber durch den eingetragenen Lebenspartner des Veräußerers von der

Grunderwerbsteuer befreit ist (bitte mit Begründung)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/8556

42. Mit welchen Steuermindereinnahmen rechnet die Bundesregierung, wenn
§ 3 Nummer 4 GrEStG in der bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes
2010 vom 8. Dezember 2010 geltenden Fassung aus verfassungsrechtlichen
Gründen korrigiert werden muss, so dass auch vor dem 8. Dezember 2010
ein Grundstückserwerb durch den eingetragenen Lebenspartner des Ver-
äußerers von der Grunderwerbsteuer befreit werden muss?

Berlin, den 2. Februar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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