BT-Drucksache 17/8443

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/4879 - Abzug deutscher Polizisten aus Afghanistan

Vom 23. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8443
17. Wahlperiode 23. 01. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Petra Pau,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/4879 –

Abzug deutscher Polizisten aus Afghanistan

A. Problem

Die Antragsteller verfolgen das Ziel, die Beteiligung deutscher Polizeibeamter
beim Aufbau der afghanischen Polizei zu beenden.

Die deutschen Polizisten würden den Aufbau der afghanischen Polizei zwar mit
hohem Engagement unterstützen, doch trage das Hauptziel der Aufbauarbeit
– die Schaffung einer militärischen Truppe zur Aufstandsbekämpfung – nicht
zur Sicherheit bei. Tatsächlich sei die afghanische Polizei Teil des Sicherheits-
problems in Afghanistan, da sie von Korruption durchzogen werde und in der
Bevölkerung einen extrem schlechten Ruf genieße.

Daneben sei die Arbeit in einer kriegsähnlichen Situation wie in Afghanistan
nicht Aufgabe deutscher Polizisten und setze sie einer gesteigerten Gefährdung
aus.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.
D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/8443 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/4879 abzulehnen.

Berlin, den 18. Januar 2012

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Armin Schuster (Weil am Rhein)
Berichterstatter

Wolfgang Gunkel
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

zu verhandelnden Kooperationsabkommen EU – Afghanis-
tan werde der Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht ein

haben. Man müsse im Gegenteil daran arbeiten, dass sich et-
was ändere.
Gisela Piltz, Ulla Jelpke und Wolfgang Wieland

I. Überweisung
Der Antrag auf Drucksache 17/4879 wurde in der 102. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 7. April 2011 an den
Innenausschuss federführend sowie an den Auswärtigen
Ausschuss, den Verteidigungsausschuss und den Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur
Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 52. Sitzung am
18. Januar 2012 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den An-
trag abzulehnen.

Der Verteidigungsausschuss hat in seiner 108. Sitzung am
18. Januar 2012 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des
Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat in seiner 51. Sitzung am 18. Januar 2012
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag abzulehnen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat den Antrag in seiner 63. Sitzung
am 18. Januar 2012 abschließend beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP lehnen
den Antrag ab. Was die deutschen Einsatzgebiete angehe,
träfen die kritischen Ausführungen nicht zu. Davon habe
man sich bei Besuchen dort überzeugen können. Sowohl die
EU-Polizeimission in Afghanistan (EUPOL) als auch das bi-
nationale German Police Project Team (GPPT) führten keine
paramilitärische Ausbildung durch. Gerade das GPPT-Trai-
ning sei hervorragend und trage eine deutsche Handschrift.
Die kulturellen Unterschiede, die hohe Analphabetenquote
unter den Auszubildenden und die Korruption seien Heraus-
forderungen, denen man sich stellen müsse. Ein Aufgeben
und Abziehen der Polizisten würde die Lage nur verschlim-
mern. Die Ausbildungshilfe sei daher auch bei Abzug der
Soldaten zumindest beizubehalten, wenn nicht sogar zu in-
tensivieren. Gerade für den inneren Aufbau des Landes sei
der Einsatz erforderlich. Dies sähen auch die eingesetzten
Beamten so. Beim jetzt von der Europäischen Kommission

vitaler Bestandteil sein. Bei diesen zivilen Aufgaben müsse
Deutschland seinen Bündnisverpflichtungen nachkommen –
eine reine „Scheckbuch-Beteiligung“ in Afghanistan dürfe
es nicht geben.

Die Fraktion der SPD räumt ein, dass der Antrag der Frak-
tion DIE LINKE. einige richtige Punkte enthalte. Man müs-
se die Polizeiausbildung aber differenziert sehen. Im Rah-
men von EUPOL würde – etwa an der Polizeiakademie in
Kabul – z. T. gute Polizeiarbeit geleistet. Das bilaterale
GPPT orientiere sich aber zu stark an US-Vorgaben. Im
Ganzen werde zu paramilitärisch ausgebildet, Polizisten
sollten offenbar eher wie Soldaten eingesetzt werden. Viele
Ausgebildete wollten sich aber zu Recht nicht „verheizen“
lassen. Konsequenz aus diesen Schwierigkeiten könne aller-
dings nicht ein überstürzter Abzug sämtlicher Polizeibeam-
ten sein, sondern nur eine sinnvolle Anpassung des Einsat-
zes. Bei Abzug der Soldaten könnte zwar die Ausbildung an
der Akademie in Kabul fortgesetzt werden. Wahrscheinlich
sei aber der Einsatz in den anderen Gebieten ohne den
Schutz der Soldaten nicht möglich. Das deutsche Recht sehe
es nicht vor, Polizisten in Kriegsgebieten einzusetzen. Die
Bundesregierung müsse auch mehr Druck auf das Regime
von Hamid Karsai ausüben, gegen die Korruption vorzuge-
hen.

Die Fraktion DIE LINKE. betont, Ziel des Antrags sei es,
den Abzug der deutschen Polizeibeamten aus Afghanistan
zu erreichen. An der Art der Polizeiausbildung übten auch
Vertreter der Polizeigewerkschaften Kritik. Die gesamte
Ausbildung werde – angefangen von den Lehrplänen – von
der NATO dominiert und sei paramilitärisch ausgerichtet.
Eine Ausbildung von nur wenigen Wochen sei eine Farce,
gerade angesichts der Tatsache, dass es bei unteren Dienst-
graden ca. 90 Prozent Analphabeten gebe. Solche Polizisten
bekämen zwar eine Waffe, seien aber nicht in der Lage, Ge-
setze zu lesen oder ein Protokoll zu schreiben. Nach Schät-
zungen quittierten bis zu 20 Prozent den Dienst. Viele näh-
men ihre Waffe mit und widmeten sich der Wegelagerei
oder Erpressung. Insgesamt gebe es nicht mehr Demokratie
und Transparenz, die Lage habe sich vielmehr verschlech-
tert. Zudem sei es gesetzeswidrig, deutsche Polizisten unter
dauernder Lebensgefahr in Kriegsgebieten einzusetzen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert den
Antrag der Fraktion DIE LINKE. Die Logik des Antrags
sehe als Konsequenz aus den konstatierten Mängeln und
Schwierigkeiten des Einsatzes nur den Abzug der Polizisten.
Dies sei falsch. Es sei vielmehr genau andersherum. Nach
dem Abzug der Soldaten müsse der Polizeieinsatz eher ver-
stärkt werden. Keine der zitierten Polizeigewerkschaften
fordere den Abzug der Polizisten. Dies verlange nur die
Fraktion DIE LINKE. Korruption in der Polizei und „Wege-
lagerei“ durch Sicherheitskräfte gebe es in vielen Ländern
der Erde. Dies könne nicht ein Einstellen der Hilfe zur Folge
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8443

Bericht der Abgeordneten Armin Schuster (Weil am Rhein), Wolfgang Gunkel,
Berlin, den 18. Januar 2012

Armin Schuster (Weil am Rhein)
Berichterstatter

Wolfgang Gunkel
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.