BT-Drucksache 17/8399

Unterstützung des Bundes für die Münchner Sicherheitskonferenz

Vom 19. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8399
17. Wahlperiode 19. 01. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim
Dag˘delen, Wolfgang Gehrcke, Nicole Gohlke, Annette Groth, Inge Höger, Andrej
Hunko, Kornelia Möller, Niema Movassat, Kathrin Vogler, Harald Weinberg und
der Fraktion DIE LINKE.

Unterstützung des Bundes für die Münchner Sicherheitskonferenz

Seit Jahren unterstützt die Bundesregierung mit mehreren Hunderttausend Euro
die Münchner Sicherheitskonferenz, an der sich regelmäßig Politiker überwie-
gend aus NATO-Staaten, Militärs und Rüstungsunternehmer treffen. Die meis-
ten Teilnehmer äußern sich affirmativ zu den aktuellen NATO-Kriegen, was
regelmäßig den Protest von Friedensgruppen und mehreren tausend Demonst-
rantinnen und Demonstranten hervorruft. Auch während der diesjährigen Kon-
ferenz, die vom 3. bis 5. Februar 2012 stattfindet, wird es wieder Proteste ge-
ben. Der Aufruf des Aktionsbündnisses kritisiert die Sicherheitskonferenz als
„eines der wichtigsten Propaganda-Foren“, um Rechtfertigungslügen für
NATO-Einsätze zu erfinden und Angriffskriege in „humanitäre Interventionen“
umzudeklarieren (http://sicherheitskonferenz.de/).

Die Fragesteller halten die umfangreiche Förderung dieses Treffens, das auch
die Bereitstellung mehrerer Hundert Bundeswehrsoldaten beinhaltet, für unbe-
rechtigt. Immerhin gehören zu den Teilnehmern finanziell höchst potente Rüs-
tungsunternehmen, für die es bei der Konferenz nicht zuletzt darum geht, die
Beziehungen zu ihren Kunden weiter zu entwikkeln. Diese Unternehmen ma-
chen durch Aufträge von Staaten bzw. Staatengemeinschaften Milliardenum-
sätze, so dass weitere staatliche Subventionierung nicht angemessen erscheint.
Auch das auf frühere Anfragen der Fraktion DIE LINKE. vorgetragene Argu-
ment der Bundesregierung, sie sponsere die Konferenz, weil diese ihr die Mög-
lichkeit gebe, für ihre militärpolitischen Positionen zu „werben“ (Bundestags-
drucksache 17/581), überzeugt die Fragesteller nicht, da die Bundesregierung
bereits vielfältige Möglichkeiten zur Werbung hat.

Die Fragesteller kritisieren darüber hinaus das umfangreiche Engagement der
Bundeswehr, weil dieses die arbeitsmarktpolitische Neutralität verletzt. Solda-
ten werden als Fahrer, Übersetzer, Techniker, Medienexperten bzw. -betreuer
und für andere logistische Tätigkeiten zweckentfremdet. Das ist zwar besser,
als wenn sie in den Krieg geschickt werden. Solche Arbeiten könnten aber
ebenso gut durch zivile Arbeitskräfte erledigt werden, die nun durch die Bun-

deswehr um mögliche Einkünfte gebracht werden.

Drucksache 17/8399 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Bundeswehrsoldaten werden im Jahr 2012 voraussichtlich insge-
samt in Zusammenhang mit der Konferenz eingesetzt, und wie viele waren
es im Jahr 2011?

a) Von welchen Einheiten stammen diese?

b) Wie viele Feldjäger sind darunter, und wie viele Feldjäger waren es
2011?

Sind die Feldjäger bereits in der unter Teilfrage a genannten Zahl enthal-
ten?

c) Wie viele Soldaten werden zur Eigensicherung eingesetzt, und wie viele
waren es im Jahr 2011?

Sind diese Kräfte bereits in der unter Teilfrage a genannten Zahl enthal-
ten?

d) Welche Einsatzorte und -zeiten sind vorgesehen (bitte detailliert ange-
ben)?

e) Ist beabsichtigt, Soldaten mit der Wahrnehmung des Hausrechts im
Tagungshotel bzw. anderen Orten oder mit anderen exekutiven Aufgaben
zu beauftragen, und wenn ja, wie viele Soldaten, wo genau, und wann
wurde auf wessen Ersuchen von wem diese Entscheidung getroffen?

2. Welche Kosten werden für den Einsatz der Bundeswehr voraussichtlich ent-
stehen (bitte möglichst nach einzelnen Tätigkeitsbereichen aufgliedern)?

a) Wird auch in diesem Jahr darauf verzichtet, diese Kosten dem Veranstal-
ter in Rechnung zu stellen, und wenn ja, warum und wer hat diese Ent-
scheidung getroffen?

b) Hält es die Bundesregierung für angemessen, durch die Übernahme von
Tätigkeiten, die auch die Privatwirtschaft übernehmen könnte, die ge-
werbliche Wirtschaft um Einnahmen in Höhe mehrerer Hunderttausend
Euro zu bringen?

3. Welche Kosten sind für den Einsatz 2011 angefallen (bitte nach einzelnen
Tätigkeitsbereich aufgliedern)?

4. Welche über den Bundeswehreinsatz hinausgehende Förderung ist für die
Konferenz aus Bundesmitteln vorgesehen, für welche Einzelposten werden
die Mittel bereitgestellt und aus welchen Haushaltstiteln stammen diese
(bitte Vergleichszahlen für 2011 angeben)?

5. Falls es bei den Kosten für den Bundeswehreinsatz oder bei der darüberhin-
ausgehenden Förderung aus Bundesmitteln signifikante Veränderungen zum
Vorjahr gibt, woraus resultieren diese?

6. Welche konkreten Leistungen erbringen die Soldaten (bitte möglichst ge-
naue Zahlen und Tätigkeitsbeschreibungen angeben sowie die Vergleichs-
zahlen für 2011 angeben)

a) im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,

b) bei der Organisatin der Konferenz,

c) bei der Transportorganisation,

d) in weiteren Bereichen?

7. Wann hat der Veranstalter der Konferenz die Unterstützungsanfrage gestellt,
und welche Dienststellen der Bundeswehr haben über diese zu welchem

Zeitpunkt entschieden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8399

8. Auf welchen Rechtsgrundlagen beruhen die vorgesehenen Unterstützungs-
leistungen?

9. Von welchen Unternehmen wird die Konferenz nach Kenntnis der Bundes-
regierung außerdem gesponsert, und welche Unternehmen waren es 2011?

Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Höhe der Förderung
durch diese Unternehmen?

10. Welchen konkreten politischen Nutzen zieht die Bundesregierung nach
ihrer Einschätzung aus der Subventionierung dieser als „Privatveranstal-
tung“ deklarierten Konferenz?

11. Sind in Zusammenhang mit der Konferenz weitere Unterstützungsanträge
Dritter oder Amtshilfeanträge seitens Behörden gestellt worden, und wenn
ja, von wem, was wird konkret beantragt, wie ist der Stand der Bearbeitung
dieser Anträge, wie viele Soldaten sollen dabei eingesetzt werden, welche
Kosten entstehen dabei, und wer kommt für diese auf?

12. Soll anlässlich der Konferenz ein militärischer Sicherheitsbereich einge-
richtet werden, und wenn ja, wo, für welchen Zeitraum und mit welcher
Begründung?

13. Werden in Zusammenhang mit der Konferenz Strukturen der Zivil-Militä-
rischen Zusammenarbeit (ZMZ), Kreis- oder Bezirksverbindungskomman-
dos aktiv, und wenn ja, worin bestehen ihre Tätigkeiten bzw. für welche
Tätigkeiten halten sie sich bereit?

Inwiefern waren im Vorjahr Strukturen der ZMZ aktiv geworden oder
haben sich bereit gehalten?

14. Wie viele Bundespolizisten waren 2011 in Zusammenhang mit der Konfe-
renz eingesetzt, und welche Kosten sind dabei entstanden?

15. Werden der Bundesnachrichtendienst, der Militärische Abschirmdienst
oder das Bundesamt für Verfassungsschutz in Zusammenhang mit der Kon-
ferenz aktiv oder sind sie bereits aktiv geworden, und welcher Art ist ggf.
diese Aktivität?

16. Inwieweit sind Polizeien des Bundes oder Verfassungsschutz und andere
Behörden in die polizeilichen Vorbereitungen zur Sicherheitskonferenz
eingebunden?

a) Welche Behörden haben wann an welchen Lagebesprechungen oder
sonstigen Treffen zur Vorbereitung teilgenommen?

b) Wie viele (vorbereitende) Aktivitäten zum Protest gegen die Sicherheits-
konferenz wurden vom Verfassungsschutz beobachtet bzw. festgestellt?

Wie viele von anderen Behörden oder Einrichtungen des Bundes, wie
viele, nach Kenntnis der Bundesregierung, vom bayerischen Landeskri-
minalamt (LKA) oder vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV)?

c) Mit welchen Landesämtern für Verfassungsschutz hat das Bundesamt für
Verfassungsschutz dabei zusammengearbeitet?

17. Mit welchen ausländischen Behörden haben oder hatten Polizeien des Bun-
des sowie der Verfassungsschutz oder andere deutsche Behörden zur Vor-
bereitung des Polizeieinsatzes oder geheimdienstlicher Aufklärung von
Gegenaktivitäten Kontakt?

18. Inwieweit sind welche EU-Agenturen in die Vorbereitung des Polizeiein-
satzes oder sonstige „Risikoanalysen“ anlässlich des Polizeieinsatzes ein-
gebunden?

Drucksache 17/8399 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
19. Mit welchen ausländischen Behörden haben oder hatten Polizeien des Bun-
des sowie der Verfassungsschutz oder andere deutsche Behörden zur Vor-
bereitung des Polizeieinsatzes oder geheimdienstlicher Aufklärung von
Gegenaktivitäten Kontakt?

a) Welche Treffen haben hierzu mit welchen ausländischen Behörden statt-
gefunden?

b) Welche weiteren Vereinbarungen wurden für die Vorbereitung des Poli-
zeieinsatzes mit ausländischen Behörden getroffen, und inwieweit sind
Bundesbehörden davon betroffen?

20. Inwiefern werden im Vorfeld der Konferenz und der erwarteten Gegende-
monstration Personendaten von ausländischen Polizeibehörden angefordert,
insbesondere zu (potentiellen) Demonstrationsteilnehmerinnen und -teil-
nehmern, bzw. inwiefern ist dies bereits geschehen?

a) Zu wie vielen Personen sind Daten übermittelt worden?

b) Aus welchen Staaten stammen diese Personen bzw. Daten?

c) Wer hat die Daten auf deutscher Seite empfangen und an welche Stellen
weitergeleitet bzw. welche Stellen darüber informiert?

d) Auf welchen Rechtsgrundlagen beruht dieses Vorgehen?

Berlin, den 19. Januar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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