BT-Drucksache 17/836

Konsequenzen aus den Angeboten von Steuersünder-Datensätzen

Vom 25. Februar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/836
17. Wahlperiode 25. 02. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Harald Koch, Richard Pitterle, Dr. Axel Troost
und der Fraktion DIE LINKE.

Konsequenzen aus den Angeboten von Steuersünder-Datensätzen

Deutschland ist ein Sozialstaat. Die Finanzierung des Sozialstaates kann nur
gelingen, wenn sich alle Steuerpflichtigen entsprechend ihrer wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit an der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben beteiligen.
Steuerpflichtige, die Steuern hinterziehen oder gesetzliche Lücken zur Steuer-
vermeidung ausnützen, handeln unsozial und schädigen mit ihrem Verhalten
die gesamte Gemeinschaft des Sozialstaates. Steuerhinterziehung und Steuer-
vermeidung sind keine Kavaliersdelikte, sie untergraben nachhaltig die Steuer-
moral in der Gesellschaft. Daher gilt es, Steuerhinterziehung und Steuervermei-
dung effektiv zu bekämpfen. Die aktuellen Angebote mehrerer illegal beschaff-
ter CDs aus dem Ausland mit Daten von potenziellen deutschen Steuersündern
lassen Zweifel an der Effektivität der Bekämpfung von Steuerhinterziehung in
Deutschland aufkommen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie zu-
künftig Steuerhinterziehung und Steuervermeidung konsequenter bekämpft
werden kann und welche Auswirkungen von dem Ankauf der angebotenen
Daten erwartet werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sieht die Bundesregierung infolge der jüngsten Datenangebote über Fälle
möglicher Steuerhinterziehungen die Notwendigkeit gesetzlicher Anpassun-
gen, um eine effektivere Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu gewähr-
leisten (bitte mit Begründung)?

2. Welche nationalen und internationalen Maßnahmen plant die Bundesregie-
rung zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuerhinterziehung in der
aktuellen Legislaturperiode?

3. Wie hoch ist die Anzahl der eingeleiteten und abgeschlossenen Ermittlungs-
verfahren, und in welcher Höhe fielen die steuerlichen Nachzahlungen bis
Ende 2009 aus, die aus dem Kauf von gestohlenen Bankdaten im Zuge der
so genannten Liechtenstein-Steueraffäre vom Februar 2008 resultieren (bitte
Nachzahlungen nach Steuerarten differenziert angeben)?

4. Welche Schätzungen über den Wert der von deutschen Steuerpflichtigen

gegenüber den hiesigen Finanzbehörden geheim gehaltenen Geldanlagen im
Ausland sind der Bundesregierung bekannt (bitte Werte nach Staaten diffe-
renziert angeben)?

5. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen bzw. hat sie ergrif-
fen, um die aktuell angebotenen Daten aus dem Ausland über mögliche
Fälle der Steuerhinterziehung zu erwerben?

Drucksache 17/836 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

6. Welche Behörden werden bei dem Ankauf der Daten mitwirken, die Feder-
führung übernehmen, den Ankauf tatsächlich tätigen, die finanziellen Mittel
bereitstellen, und wie werden die Ankaufskosten auf Bund und Länder ver-
teilt?

7. Welche Erwägungen haben die Bundesregierung veranlasst, den Ankauf
der Daten zu unterstützen?

8. Hält die Bundesregierung den Preis von 2,5 Mio. Euro für eine Daten-CD
mit potenziellen deutschen Steuersündern für angemessen (bitte mit Be-
gründung)?

9. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die zusätzlichen Steuereinnahmen,
die durch die Verwertung der angebotenen Daten erzielt werden können?

10. Wie wird der Kaufpreis der angebotenen Daten beim Verkäufer ertrag-
steuerlich behandelt, und wie ist der Fall umsatzsteuerlich zu behandeln
(bitte mit Angabe der Gesetzesnormen und des Nettopreises)?

11. Wie bewertet die Bundesregierung juristisch den Ankauf und den Ver-
kauf des angebotenen Datenmaterials allgemein und hinsichtlich der Be-
standskraft vor Gericht vor dem Hintergrund, dass unter dem Aktenzei-
chen 2 BvR 2101/09 vor dem Bundesverfassungsgericht derzeit ein ver-
gangener Ankauf und die daraus gewonnenen Informationen beurteilt
werden?

12. Werden den Verkäufern der Steuersünder-CDs von der Bundesregierung
und/oder zuständigen Behörden Zusagen hinsichtlich einer strafrechtlichen
Nichtverfolgung erteilt, soweit sich diese durch ihre Handlungen strafbar
gemacht haben?

13. Betrachtet die Bundesregierung einen früheren Ankauf von Steuerdaten
(Liechtensteiner LGT Bank) als Präzedenzfall, so dass auch bei künftigen
Datenangeboten über mögliche Fälle von Steuerhinterziehung ein Kauf er-
wogen wird?

14. Kann die Bundesregierung Presseberichte bestätigen, wonach eine test-
weise überlassene Stichprobe Steuernachzahlungen von jeweils 1 Mio.
Euro pro Fall bei Verwertung der Daten ergeben haben?

15. Sind die in der Stichprobe enthaltenen Datensätze bereits an die Ermitt-
lungsbehörden weitergeleitet worden, und wenn nein, weshalb nicht?

16. Hätten die in der Stichprobe enthaltenen Fälle der Steuerhinterziehung mit
Hilfe der bisherigen Rechtsmittel, insbesondere durch die gesetzlichen
Neuregelungen des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes, aufgedeckt
werden können (bitte mit Begründung)?

17. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass sich ein möglicher Ankauf der
Daten auf die Verhandlungen über ein neues Doppelbesteuerungsabkom-
men mit der Schweiz nachteilig auswirken könnte (bitte mit Begrün-
dung)?

18. Von wie vielen Fällen hat die Bundesregierung Kenntnis, in denen Behör-
den seit Oktober 2009 Daten über mögliche Fälle von Steuerhinterziehung
angeboten wurden, und welche Maßnahmen wird die Bundesregierung in
diesen Fällen unternehmen?

19. Werden die oder Teile der angekauften Daten auch anderen europäischen
Staaten zur Verfügung gestellt (bitte mit Begründung über die rechtlichen
Grundlagen der Datenüberlassung)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/836

20. Wie oft wurden von deutschen Finanzbehörden Auskunftsersuchen an aus-
ländische Staaten gestellt, um von ausländischen Staaten erworbene Daten
über mögliche Steuersünder auszuwerten (bitte untergliedert nach Anzahl
und ausländischen Staaten)?

Berlin, den 25. Februar 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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