BT-Drucksache 17/7945

Doppelte GEZ-Gebühren für Kleingärtnerinnen und Kleingärtner

Vom 30. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7945
17. Wahlperiode 30. 11. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Heidrun Bluhm, Roland Claus, Ulla Jelpke, Jens
Petermann, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten
Tackmann, Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Doppelte GEZ-Gebühren für Kleingärtnerinnen und Kleingärtner

Der Fünfzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag (15. RÄndStV) sieht ab dem
1. Januar 2013 die Erhebung von Rundfunkgebühren nicht mehr pro Gerät,
sondern pro Haushalt vor. Damit soll der Verwaltungsaufwand der Gebühren-
einzugszentrale geschmälert und deren Arbeit effizienter gestaltet werden. Die
Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten aller Bundesländer haben den
Vertrag am 15. Dezember 2010 unterzeichnet. Einige Länderparlamente haben
das entsprechende Zustimmungsgesetz noch nicht verabschiedet. Dies muss
aber bis zum 31. Dezember 2011 geschehen, da der 15. RÄndStV sonst nach
seinem Artikel 7 Absatz 2 Satz 3 gegenstandlos wird und nicht – wie vorgese-
hen – zum 1. Januar 2013 in Kraft treten kann.

Für einige Gesellschaftsgruppen bringt die Ratifizierung des Vertrages jedoch
erhebliche Verschlechterungen mit sich. So werden beispielsweise Kleingärtne-
rinnen und Kleingärtner – vor allem in den neuen Bundesländern – durch die
Reform der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) benachteiligt. Entgegen der An-
nahme des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e. V. (BDG), wurde in
den 15. RÄndStV in Artikel 1 § 3 Absatz 1 Satz 3 eine Passage aufgenommen,
die Gartenlauben ab einer Größe von 24 qm als Haushalt kategorisiert. Davon
ausgenommen werden aber Bauten nach § 3 des Bundeskleingartengesetzes
(BKleingG). In § 3 Absatz 2 BKleingG ist wiederum geregelt, dass eine Laube
in einem Kleingarten die Quadratmeterzahl von 24 nicht übersteigen darf. Das
BKleingG enthält in § 18 Absatz 1 für die alten und in § 20a Nummer 7 Satz 1
für die neuen Länder allerdings Sonderregelungen für Lauben, die die in § 3
Satz 2 BKleingG vorgeschriebene Größe von 24 qm Grundfläche überschreiten
und reagiert damit mit einer Bestandsschutzregel auf den Umstand, dass die zu
DDR-Zeiten geltenden Regelungen, die den Bau von Lauben bis zu einer Größe
von 40 qm als zulässig ansahen, auf einen Großteil der mehr als 500 000 ost-
deutschen Kleingärtner zutrifft. Diese wären nach dem 15. RÄndStV künftig
verpflichtet, sowohl für ihren Haushalt als auch ihre Gartenlaube Rundfunk-
gebühren zu bezahlen. Konkret bedeutet das für die ostdeutschen Kleingärtne-
rinnen und Kleingärtner einen Mehraufwand von 216 Euro jährlich im Vergleich

zu den Besitzern kleinerer Gartenlauben.

Drucksache 17/7945 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele ost- und wie viele westdeutsche Laubenbesitzerinnen und
Laubenbesitzer sind nach Kenntnis der Bundesregierung von der Zahlung
doppelter GEZ-Gebühren betroffen (bitte nach Bundesländern und Anzahl
der Betroffenen aufschlüsseln)?

2. Aus welchem Grund werden trotz früherer Zusicherungen Kleingartenlau-
ben über einer Größe von 24 qm als Haushalt kategorisiert?

3. Durch wessen Initiative wurde diese Regelung formuliert und in den
15. RÄndStV aufgenommen?

4. Geht die Bundesregierung davon aus, dass Lauben mit einer Größe über
24 qm als Wohnraum geeignet sind und somit als Haushalt gelten müssen,
und wenn ja, wieso?

5. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung neben der Quadratmeteranzahl noch
weitere Kriterien eine Großgartenlaube als Haushalt im Sinne der GEZ-
Regelung einzustufen?

Wenn ja, welche sind dies?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die in § 18 Absatz 1 und § 20a
Nummer 7 Satz 1 BKleinG festgelegte Bestandschutzregel für Lauben, die
eine Quadratmeteranzahl von 24 überschreiten hinsichtlich der Regelung in
Artikel 1 § 3 Absatz 1 Satz 3 RÄndStV?

7. Mit welcher Begründung werden Besitzer von Lauben, die größer als
24 qm sind, dazu verpflichtet, doppelt Beiträge an die Gebühreneinzugs-
zentrale abzutreten, obwohl ihre Gartenlaube per BKleingG nicht als
Wohnraum definiert ist?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesgerichts-
hofes, wonach Lauben größer als 24 qm ohne Heizungsanlage keine Eigen-
heime sind und deren ganzjährige Nutzung somit ausgeschlossen ist, hin-
sichtlich

a) der benannten Regelung im 15. RÄndStV,

b) der dennoch vorgenommenen Kategorisierung als Haushalt,

c) der saisonalen Nutzung von Großgartenlauben bei gleichzeitiger Zah-
lung der Gebühren über das gesamte Kalenderjahr?

9. Wie bewertet die Bundesregierung diese Regelung hinsichtlich

a) der gerechten Behandlung von ost- und westdeutschen Kleingärtnerin-
nen und Kleingärtnern,

b) der Auflösung von sozialen Ungleichheiten zwischen ost- und westdeut-
schen Bürgerinnen und Bürgern,

c) der Anpassung an ostdeutsche Realitäten?

10. Sieht die Bundesregierung in der durch die Regelung zu den Großgarten-
lauben ausgelösten Ungleichheit zwischen den Beiträgen von ost- und
westdeutschen Kleingärtnern dringenden Handlungsbedarf?

Wenn ja, welche Schritte wird sie diesbezüglich einleiten?

Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7945

11. Gibt es noch andere Gesellschaftsgruppen, die nach der Ratifizierung des
15. RÄndStV Verschlechterungen hinnehmen müssen, und wenn ja, welche
sind dies (bitte nach Gesellschaftsgruppe, Anzahl der Betroffenen, Art der
Verschlechterung/Regelungsänderung aufschlüsseln)?

12. Sieht die Bundesregierung, wenn unter den von den Verschlechterungen
Betroffenen auch sozial und finanziell schwächer gestellte Personen sind,
hier einen Handlungsbedarf, um ggf. neuentstehende soziale Härten und
Benachteiligungen auszugleichen, und wenn ja, wie gedenkt sie diesen um-
zusetzen?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 29. November 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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