BT-Drucksache 17/7941

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung - Drucksache 17/2840, 17/3110 Nr. 2 - Neunter Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen

Vom 30. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7941
17. Wahlperiode 30. 11. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksachen 17/2840, 17/3110 Nr. 2 –

Neunter Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den
auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen

A. Problem

In ihrem neunten Menschenrechtsbericht, der den Zeitraum vom 1. März 2008
bis zum 28. Februar 2010 umfasst, schildert die Bundesregierung die Men-
schenrechtspolitik sowohl in den auswärtigen Beziehungen als auch in anderen
Politikbereichen. Anhand konkreter Fälle und Handlungsweisen in verschiede-
nen Themenbereichen macht der Bericht den Querschnittscharakter der Men-
schenrechtspolitik der Bundesregierung deutlich und entspricht somit laut Bun-
desregierung dem Auftrag des Deutschen Bundestages, die Kohärenz der
Menschenrechtspolitik in allen Aspekten staatlichen Handelns zu beschreiben.
Die Regierung weist darauf hin, dass das bisherige Format des Menschen-
rechtsberichtes grundlegend überarbeitet worden sei. So seien zum einen im
Wege der erstmaligen Trennung von Entwicklungen und Ereignissen im Be-
richtszeitraum von lediglich deskriptiven Ausführungen eine bessere Handhab-
barkeit und Übersichtlichkeit erreicht worden. Zum anderen entspringe die
Aufteilung des Hauptteils in einen innen- und außenpolitischen Teil dem
Wunsch des Deutschen Bundestages nach einer ausführlicheren Darstellung
innenpolitischer Vorgänge mit menschenrechtlicher Relevanz. Der neunte
Menschenrechtsbericht enthält sieben innen- und acht außenpolitische Kapitel;
er wurde gestrafft und der Länderteil wurde neu strukturiert. Der aktualisierte
und erweiterte „Aktionsplan Menschenrechte“ der Bundesregierung ist laut
Regierungsangaben aufgrund seiner Ausrichtung auf die Zukunft weiterhin ein
eigenständiger Teil des Menschenrechtsberichtes.

B. Lösung
Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme der Entschließungen der Oppositionsfraktionen.

Drucksache 17/7941 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

D. Kosten

Keine.

E. Bürokratiekosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7941

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

in Kenntnis der Unterrichtung auf Drucksache 17/2840 folgende Entschließung
anzunehmen:

„Der Deutsche Bundestag würdigt den neunten Menschenrechtsbericht der
Bundesregierung als einen umfassenden Überblick über die Entwicklungen im
internationalen und europäischen Menschenrechtsschutzsystem und über die
deutsche Menschenrechtspolitik. Er bietet eine gute Grundlage für die parla-
mentarische sowie die gesellschaftliche Debatte über die Menschenrechtspoli-
tik der Bundesregierung im Berichtszeitraum von März 2008 bis Februar 2010.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass anhand der Darstellungen der von der
Bundesregierung im Berichtszeitraum unternommenen innen- und außenpoliti-
schen Aktivitäten der Querschnittcharakter der Menschenrechtspolitik der Bun-
desregierung aufgezeigt wird und so dem Auftrag des Bundestages, die Kohä-
renz der Menschenrechtspolitik in allen Aspekten staatlichen Handelns zu
beschreiben, entsprochen wurde.

Neben den im Bericht genannten Entwicklungen und Maßnahmen auf interna-
tionaler Ebene werden erstmalig die durch die Bundesregierung in Deutschland
ergriffenen Maßnahmen im Rahmen eines separaten innenpolitischen Teils
gleichgewichtig dargestellt. Damit wurde dem Wunsch des Deutschen Bundes-
tages, auch die ausführliche Darstellung innenpolitscher Vorgänge vorzuneh-
men, Folge geleistet.

Die ebenfalls erstmalige Ausgliederung der deskriptiven Elemente in einen An-
hang (Handbuch) sowie die einheitliche Strukturierung der einzelnen Länder-
kapitel befördern eine verbesserte Benutzerfreundlichkeit und entsprechen den
Empfehlungen des Deutschen Bundestages, den Bericht gestraffter und weni-
ger deskriptiv zu gestalten. Eine Straffung von rund einem Drittel gegenüber
dem achten Menschenrechtsbericht der Bundesregierung konnte somit erreicht
werden.

Der Deutsche Bundestag begrüßt die erneute Aufnahme des Nationalen Ak-
tionsplanes als integralen Bestandteil der Menschenrechtsberichte der Bundes-
regierung, hier für den Zeitraum 2010 bis 2012, sowie die Einbeziehung ge-
schlechterspezifischer Komponenten von Menschenrechtsverletzungen in den
aktuellen Bericht ausdrücklich.

Der Deutsche Bundestag bittet die Bundesregierung, bei der Erstellung des
zehnten Menschenrechtsberichts

1. die Anmerkungen des Deutschen Bundestages zu den vorhergehenden Be-
richten in ebenso intensiver Weise heranzuziehen und zu berücksichtigen,
wie bei der Erstellung des vorliegenden neunten Menschenrechtsberichts,

2. dem Eintreten für weltweite Religionsfreiheit als wichtigen Bestandteil der
Menschenrechtspolitik der Bundesregierung, insbesondere der Entwicklung
der Lage der christlichen Minderheiten, größte Aufmerksamkeit zu widmen
und über diese konkret zu informieren,

3. der weltweiten Verflechtung des Sklaven- und Menschenhandels und der Be-
kämpfung desselben sowie der Bemühungen der Bundesregierung dabei ein
besonderes Augenmerk zu widmen,
4. weiterhin die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern als einen thematischen
Schwerpunkt aufzuführen,

Drucksache 17/7941 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. weiterhin besonderes Augenmerk auf die Abschaffung der Todesstrafe zu le-
gen und die Bemühungen der Bundesregierung für die weltweite Abschaf-
fung der Todesstrafe darzulegen,

6. das Werben der Bundesregierung für Beitritte zum Rom-Statut des Interna-
tionalen Strafgerichtshofes zu dokumentieren,

7. der Umsetzung von Maßnahmen der Resolution 1820 des VN-Sicherheitsra-
tes, die den Einsatz von sexueller Gewalt als Kriegsverbrechen, Verbrechen
gegen die Menschlichkeit oder als Tatbestandsmerkmal des Völkermordes
ächtet sowie die strafrechtliche Verfolgung der Täter vorsieht, aufgrund der
anhaltenden Aktualität und den Bemühungen der Bundesregierung und der
deutschen Zivilgesellschaft in diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit zu
widmen.“

Berlin, den 19. Oktober 2011

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Tom Koenigs
Vorsitzender

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Marina Schuster
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

sungsrang habe und sie sich aktiv für eine tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung und für die Besei-

aller von ihr geplanten Maßnahmen anstrebe. Er enthalte
vielmehr die politischen Schwerpunkte der Arbeit der Bun-
tigung bestehender Nachteile einsetzt. So sei auch die Chan-
cengleichheit von Frauen und Männern in den vergangenen
Jahren ebenso wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
durch gezielte Maßnahmen in vielen Bereichen gefördert

desregierung in diesem Bereich, wie sie zum Beispiel im
Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009 zum Ausdruck ge-
kommen seien. Die Bundesregierung konstantiert in dem
Bericht, dass sie sich zur Universalität der Menschenrechte,
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/7941

Bericht der Abgeordneten Erika Steinbach, Christoph Strässer, Annette Groth,
Marina Schuster und Volker Beck (Köln)

I. Überweisung

Die Unterrichtung auf Drucksache 17/2840 wurde mit
Überweisungsdrucksache 17/3110 Nr. 2 am 1. Oktober
2010 an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe zur federführenden Beratung und an den Auswärtigen
Ausschuss, Rechtsausschuss, Ausschuss für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend, Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung sowie den Ausschuss für
die Angelegenheiten der Europäischen Union zur Mitbera-
tung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In ihrem neunten Menschenrechtsbericht, der den Zeitraum
vom 1. März 2008 bis zum 28. Februar 2010 umfasst, schil-
dert die Bundesregierung die Menschenrechtspolitik sowohl
in den auswärtigen Beziehungen als auch in anderen Politik-
bereichen. Anhand konkreter Fälle und Handlungsweisen in
verschiedenen Themenbereichen macht der Bericht den
Querschnittscharakter der Menschenrechtspolitik der Bun-
desregierung deutlich und entspricht somit laut Bundes-
regierung dem Auftrag des Deutschen Bundestages, die Ko-
härenz der Menschenrechtspolitik in allen Aspekten
staatlichen Handelns zu beschreiben. Die Regierung weist
darauf hin, dass das bisherige Format des Menschenrechts-
berichtes grundlegend überarbeitet worden sein. So sei zum
einen im Wege der erstmaligen Trennung von Entwicklun-
gen und Ereignissen im Berichtszeitraum von lediglich de-
skriptiven Ausführungen eine bessere Handhabbarkeit und
Übersichtlichkeit erreicht worden. Zum anderen entspringe
die Aufteilung des Hauptteils in einen innen- und außen-
politischen Teil dem Wunsch des Deutschen Bundestages
nach einer ausführlicheren Darstellung innenpolitischer
Vorgänge mit menschenrechtlicher Relevanz. Der neunte
Menschenrechtsbericht enthält sieben innen- und acht au-
ßenpolitische Kapitel; er wurde gestrafft und der Länderteil
wurde neu strukturiert. Der aktualisierte und erweiterte
„Aktionsplan Menschenrechte“ der Bundesregierung ist laut
Regierungsangaben aufgrund seiner Ausrichtung auf die
Zukunft weiterhin ein eigenständiger Teil des Menschen-
rechtsberichtes.

In dem Teil des Berichtes, der über die Menschenrechte in
Deutschland und im Rahmen der gemeinsamen Justiz- und
Innenpolitik der Europäischen Union berichtet, geht die
Bundesregierung auf die bürgerlichen und politischen Rech-
te sowie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Rechte ein. So legt sie unter anderem dar, dass die Gleich-
stellung von Frauen und Männern in Deutschland Verfas-

komme Deutschland auch internationalen Verpflichtungen
nach, die sich aus dem Sozialpakt, dem Abschlussdokument
des Weltsozialgipfels von Kopenhagen im Jahr 1995 und
aus Vereinbarungen auf europäischer Ebene ergeben. Ein
weiterer Schwerpunkt seien die Menschenrechte von Frauen
und Mädchen und aufgrund der Grundlage der verfassungs-
rechtlich garantierten Schutzes der Menschenrechte gebe es
bereits ein hohes Schutzniveau. Gleichwohl sei die Erfah-
rung von Gewalt gegen Frauen, einschließlich sexueller Ge-
walt, Frauenhandel, weiblicher Genitalverstümmelung und
Zwangsverheiratungen Ergebnis und Ausdruck immer noch
weit verbreiteter ungleicher Machtverhältnisse zwischen
Mann und Frau – auch in Deutschland. Die Verbesserung
der Menschenrechtssituation von Frauen sei daher weiterhin
ein zentrales Element der Menschenrechtspolitik der Bun-
desregierung. Der im September 2007 verabschiedete Ak-
tionsplan 2 zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen habe im
Berichtszeitraum den vorrangigen Handlungsrahmen gebil-
det, erläutert die Bundesregierung.

Weiteres Ziel der Bundesregierung sei mit Blick auf die
Menschenrechte von Kindern der Schutz von Kindern und
Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung. Derzeit
werde der entsprechende Aktionsplan aus dem Jahre 2003
weiterentwickelt. Dieser Prozess erfolge als ein mit den
Nichtregierungsorganisationen, dem Privatsektor und den
Verbänden abgestimmtes Gesamtkonzept. Weitere innen-
politische Schwerpunkte sind dem Bericht zufolge die Men-
schenrechte der Menschen mit Behinderungen, menschen-
rechtliche Aspekte von Migration und Integration sowie die
Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und An-
tisemitismus.

Bei dem Menschenrechtsansatz in den auswärtigen Bezie-
hungen gehe es der Bundesregierung ebenfalls um die
Durchsetzung der bürgerlichen und politischen Rechte so-
wie der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte. In
ihrem Bericht geht die Bundesregierung unter anderem auf
den Menschenrechtsansatz der deutschen Entwicklungspoli-
tik, die Zusammenarbeit mit dem Europarat, der OSZE und
den Vereinten Nationen sowie den Schutz von Menschen-
rechtsverteidigern ein. Dabei gelte es auch, gegen Men-
schenrechtsverletzungen präventiv vorzugehen und Straflo-
sigkeit zu bekämpfen. In dem Teil des Berichts, der sich mit
den „Menschenrechten weltweit“ befasst, hat die Bundesre-
gierung den Brennpunkt „Indigene Völker“ gesetzt.

In dem Aktionsplan fächert die Bundesregierung 17 Berei-
che auf, in denen sie die Prioritäten der deutschen Men-
schenrechtspolitik in den Jahren 2010 bis 2012 sieht. Sie be-
tont, dass dieser Aktionsplan keine vollständige Auflistung
worden. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Bekämpfung von
Armut und sozialer Ausgrenzung in Deutschland. Damit

zur Rechtsstaatlichkeit und zur Herrschaft des Rechts in den
internationalen Beziehungen bekenne und Menschenrechts-

Drucksache 17/7941 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

politik als eine alle Aspekte der Politik durchziehende Quer-
schnittsaufgabe betrachte.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Am 19. Oktober 2011 hat der Auswärtige Ausschuss die
Unterrichtung in seiner 26. Sitzung, der Rechtsausschuss
in seiner 62. Sitzung, der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend in seiner 50. Sitzung, der Ausschuss
für die Angelegenheiten der Europäischen Union in sei-
ner 29. Sitzung beraten. Der Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Unterrichtung
in seiner 24. Sitzung am 19. Januar 2011 beraten. Alle mit-
beratenden Ausschüsse haben die Unterrichtung einstimmig
zur Kenntnis genommen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Die Bundesregierung verwies in ihrer kurzen Einführung
darauf, dass der neunte Bericht gegenüber dem Vorgänger
deutlich gekürzt sei. Er sei anders strukturiert worden, in ei-
nen innen- und in einen außenpolitischen Teil sowie einen
Länderteil, der aufgrund der aktuellen Länderlage im Be-
richtszeitraum festgelegt worden sei.

Der Vorsitzende wies darauf hin, dass es zu der Unterrich-
tung durch die Bundesregierung auf Drucksache 17/2840
vier Entschließungsanträge gebe. Er werde diese in der Rei-
henfolge der Größe der Fraktionen aufrufen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, in ihrem Entschlie-
ßungsantrag auf Ausschussdrucksache 17(17)89 habe man
die positive Bewertung des Regierungsberichtes niederge-
legt. Dem sei nichts hinzuzufügen.

Die Fraktion der FDP schloss sich dem an und erläuterte,
man wolle noch einmal auf die Notwendigkeit hinweisen,
die Themen Responsibility to Protect und internationale
Strafgerichtsbarkeit auf allen Ebenen weiterzuverfolgen.

Der Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP auf Ausschussdrucksache 17(17)89 mit folgendem
Wortlaut:

„Der Bundestag wolle beschließen,

in Kenntnis der Unterrichtung auf Drucksache 17/2840 fol-
gende Entschließung anzunehmen:

Der Deutsche Bundestag würdigt den neunten Menschen-
rechtsbericht der Bundesregierung als einen umfassenden
Überblick über die Entwicklungen im internationalen und
europäischen Menschenrechtsschutzsystem und über die
deutsche Menschenrechtspolitik. Er bietet eine gute Grund-
lage für die parlamentarische sowie die gesellschaftliche
Debatte über die Menschenrechtspolitik der Bundesregie-
rung im Berichtszeitraum von März 2008 bis Februar 2010.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass anhand der Darstel-
lungen der von der Bundesregierung im Berichtszeitraum
unternommenen innen- und außenpolitischen Aktivitäten
der Querschnittcharakter der Menschenrechtspolitik der

allen Aspekten staatlichen Handelns zu beschreiben, ent-
sprochen wurde.

Neben den im Bericht genannten Entwicklungen und Maß-
nahmen auf internationaler Ebene werden erstmalig die
durch die Bundesregierung in Deutschland ergriffenen
Maßnahmen im Rahmen eines separaten innenpolitischen
Teils gleichgewichtig dargestellt. Damit wurde dem Wunsch
des Deutschen Bundestages, auch die ausführliche Darstel-
lung innenpolitscher Vorgänge vorzunehmen, Folge geleis-
tet.

Die ebenfalls erstmalige Ausgliederung der deskriptiven
Elemente in einen Anhang (Handbuch) sowie die einheit-
liche Strukturierung der einzelnen Länderkapitel befördern
eine verbesserte Benutzerfreundlichkeit und entsprechen
den Empfehlungen des Deutschen Bundestages, den Bericht
gestraffter und weniger deskriptiv zu gestalten. Eine Straf-
fung von rund einem Drittel gegenüber dem achten Men-
schenrechtsbericht der Bundesregierung konnte somit er-
reicht werden.

Der Deutsche Bundestag begrüßt die erneute Aufnahme des
Nationalen Aktionsplanes als integralen Bestandteil der
Menschenrechtsberichte der Bundesregierung, hier für den
Zeitraum 2010 bis 2012, sowie die Einbeziehung geschlech-
terspezifischer Komponenten von Menschenrechtsverlet-
zungen in den aktuellen Bericht ausdrücklich.

Der Deutsche Bundestag bittet die Bundesregierung, bei der
Erstellung des zehnten Menschenrechtsberichts

1. die Anmerkungen des Deutschen Bundestages zu den
vorhergehenden Berichten in ebenso intensiver Weise he-
ranzuziehen und zu berücksichtigen, wie bei der Erstel-
lung des vorliegenden neunten Menschenrechtsberichts,

2. dem Eintreten für weltweite Religionsfreiheit als wichti-
gen Bestandteil der Menschenrechtspolitik der Bundes-
regierung, insbesondere der Entwicklung der Lage der
christlichen Minderheiten, größte Aufmerksamkeit zu
widmen und über diese konkret zu informieren,

3. der weltweiten Verflechtung des Sklaven- und Men-
schenhandels und der Bekämpfung desselben sowie der
Bemühungen der Bundesregierung dabei ein besonderes
Augenmerk zu widmen,

4. weiterhin die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern als
einen thematischen Schwerpunkt aufzuführen,

5. weiterhin besonderes Augenmerk auf die Abschaffung
der Todesstrafe zu legen und die Bemühungen der Bun-
desregierung für die weltweite Abschaffung der Todes-
strafe darzulegen,

6. das Werben der Bundesregierung für Beitritte zum Rom-
Statut des Internationalen Strafgerichtshofes zu doku-
mentieren,

7. der Umsetzung von Maßnahmen der Resolution 1820 des
VN-Sicherheitsrates, die den Einsatz von sexueller Ge-
walt als Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die
Menschlichkeit oder als Tatbestandsmerkmal des Völ-
kermordes ächtet sowie die strafrechtliche Verfolgung
der Täter vorsieht, aufgrund der anhaltenden Aktualität
und den Bemühungen der Bundesregierung und der deut-
Bundesregierung aufgezeigt wird und so dem Auftrag des
Bundestages, die Kohärenz der Menschenrechtspolitik in

schen Zivilgesellschaft in diesem Bereich besondere
Aufmerksamkeit zu widmen.“

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/7941

wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Die Fraktion der SPD betonte, sie begrüße die Vorlage des
Regierungsberichtes, der wie immer ein Kompendium für
Menschen sei, die sich für Menschenrechte und die Regie-
rungspolitik in diesem Bereich interessiere. Man sehe aber
in einigen Bereichen eine Diskrepanz zwischen der Theorie
und der Praxis und fordere deshalb im eigenen Entschlie-
ßungsantrag eine konsequentere Umsetzung des Menschen-
rechtsansatzes.

Der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Aus-
schussdrucksache 17(17)105:

Der Deutsche Bundestag wolle beschließen,

in Kenntnis der Unterrichtung – Drucksache 17/2840 – fol-
gende Entschließung anzunehmen:

Der Deutsche Bundestag würdigt den 9. Menschenrechtsbe-
richt der Bundesregierung als einen umfassenden Überblick
über die Entwicklungen im internationalen und europäi-
schen Menschenrechtsschutzsystem und über die deutsche
Menschenrechtspolitik. Er begrüßt, dass seine Anmerkun-
gen zum 8. Menschenrechtsbericht in Drucksache 16/11982
konstruktiv aufgegriffen wurden.

Der 9. Menschenrechtsbericht ist gestraffter und übersicht-
lich in drei Blöcke gegliedert. Begrüßenswert ist die erwei-
terte Darstellung der wsk-Rechte, das ausgewogenere Ver-
hältnis der innen- und außenpolitischen Teile des Berichts
sowie die Verknüpfung deutscher Innenpolitik mit europäi-
scher Innen- und Justizpolitik.

Bereits in den Vorbemerkungen betont der Bericht den
Querschnittscharakter der Menschenrechtspolitik und leitet
daraus die menschenrechtspolitische Kohärenz staatlichen
Handelns ab. Theoretisch ist dies richtig, in der konkreten
Politik fehlt es jedoch an der konsequenten Umsetzung. Aus
diesem Grund kann der Kohärenzansatz im Bericht nicht
deutlich werden. Insbesondere in der Außenwirtschaftspoli-
tik fehlt die menschenrechtliche Perspektive.

Als Instrument der Rechenschaftslegung sollte der Men-
schenrechtsbericht auch Auskunft über die Haltung der
Bundesregierung zu menschenrechtlichen Fragen und zu ih-
rer Positionierung bei internationalen Verhandlungen ge-
ben. So wird im „Brennpunktthema“ zwar die Bedeutung
der ILO-Konvention 169 für die indigenen Völker hervorge-
hoben, die ablehnende Haltung der Bundesregierung aber
verschwiegen. Ebenso wird die geplante Harmonisierung
des EU-Asylsystems dargestellt, ohne die Gründe für die
Blockadepolitik der Bundesregierung zu erklären. In diesen
Punkten ist der Bericht irreführend.

Der Menschenrechtsausschuss hat am 9. Januar 2011 mit
dem Deutschen Institut für Menschenrechte und mehreren
Nichtregierungsorganisationen eine öffentliche Anhörung
zum 9. Menschenrechtsbericht veranstaltet. Aus den zahlrei-
chen konstruktiven Empfehlungen lassen sich einige struk-
turelle Vorschläge herausfiltern. Der Deutsche Bundestag
fordert die Bundesregierung auf,

nis im 10. Menschenrechtsbericht nachvollziehbar vorzu-
stellen;

2. die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte
gleichrangig – auch im Länderteil des Berichts – darzu-
stellen und über die Erfahrungen mit John Ruggies neu-
en UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte
bzw. mit den überarbeiteten OECD-Leitsätzen zu be-
richten;

3. über die Umsetzung des Konzepts „Menschenrechte in
der deutschen Entwicklungspolitik“ zu berichten;

4. auch im Aktionsplan die Verknüpfung von deutscher und
europäischer Innen- und Justizpolitik aufzugreifen, für
die einzelnen Ziele des Plans das Monitoring zu kon-
kretisieren und im Folgebericht auf die Umsetzung Be-
zug zu nehmen;

5. im 10. Menschenrechtsbericht die Position der Bundes-
regierung zu aktuellen menschenrechtlichen Fragen und
Verhandlungen darzulegen.

wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Die Fraktion DIE LINKE. erläuterte, der Regierungsbe-
richt sei strukturell eine Fortentwicklung. In einigen Berei-
chen könne man eine klare Verbesserung gegenüber dem
Vorgängerbericht konstatieren. Dennoch gebe es deutliche
Mängel vor allem im Bereich der Beschreibung Auswirkun-
gen der Politik auf Menschenrechte in Deutschland, die
Flüchtlingspolitik und im Bereich der deutschen Entwick-
lungspolitik. Deshalb habe man einen eigenen Entschlie-
ßungsantrag eingebracht, um die Bundesregierung zu einer
verstärkten Umsetzung der Menschenrechtspolitik unter an-
deren in diesen Bereichen aufzufordern.

Der Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE. auf
Ausschussdrucksache 17(17)112:

Der Deutsche Bundestag wolle beschließen,

in Kenntnis der Unterrichtung – Drucksache 17/2840 – fol-
gende Entschließung anzunehmen:

1. Es ist zu begrüßen, dass der neunte Menschenrechtsbe-
richt in Teil A auf die Menschenrechtssituation in der
Bundesrepublik eingeht. Eine glaubwürdige Menschen-
rechtspolitik erfordert einen selbstkritischen Umgang
mit der Menschenrechtslage im eigenen Land.

2. Der zehnte Menschenrechtsbericht sollte bei der Aus-
wahl der künftig zu untersuchenden Problemfelder die
Empfehlungen des aktuellen UN-Staatenberichts für
Deutschland zum WSK-Pakt aufgreifen und stärker auf
die Ursachen für Menschenrechtsdefizite eingehen. Dies
betrifft insbesondere die Themen Kinder- und
Altersarmut, bei deren Entwicklung zu wenig auf den
Zusammenhang zum gesetzgeberischen Handeln der
Bundesregierung wie der HARTZ IV-Sozialgesetz-
gebung, der Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und der
wachsenden sozialen Spaltung hingewiesen wird.
Kinder- und Altersarmut sind die direkte Folge von Ein-
kommensarmut der Eltern bzw. von prekären Beschäf-
1. an der Kohärenz der Menschenrechtspolitik in allen As-
pekten staatlichen Handelns zu arbeiten und das Ergeb-

tigungsverhältnissen, die wegen niedriger oder ausfal-
lender Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung

Drucksache 17/7941 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

in der langfristigen Prognose zu einer sich verschlech-
ternden Einkommenssituation im Alter beitragen. Die
Ursachenanalyse ist wichtig, um die konkreten men-
schenrechtspolitischen Auswirkungen von politischen
Entscheidungen besser nachzuvollziehen sowie um wirk-
same politische Strategien und Instrumente für men-
schenrechtspolitische Fortschritte zu entwickeln.

3. Des Weiteren ist allein schon aus Gründen der demogra-
fischen Entwicklung der Menschenrechtssituation von
älteren, pflegebedürftigen Menschen künftig größere
Aufmerksamkeit einzuräumen. Die strukturelle Diskrimi-
nierung von Migrantinnen und Migranten und deren so-
zialen Ursachen sind stärker herauszuarbeiten, um zu
verhindern, dass die Probleme bei der Integration allein
bei den Betroffenen abgeladen werden und ein Umden-
ken der Politik unterbleibt. Ebenso muss auch der huma-
nitäre und menschenrechtliche Umgang mit Flücht-
lingen, Asylsuchenden und Menschen ohne Papiere in
der Bundesrepublik einer kritischen Überprüfung unter-
zogen werden.

4. Deutliche Veränderungen im Menschenrechtsbericht
müssen in der Definition von Menschenrechtspolitik als
Querschnittsaufgabe allen staatlichen Handelns vorge-
nommen werden. Der Menschenrechtsbericht ist in wei-
ten Teilen deutlich von der Sicherung zur Durchsetzung
von wirtschaftlichen Interessen der großen exportorien-
tierten Unternehmen bestimmt und stellt z. B. nicht die
Bekämpfung des Hungers in der Welt in den Mittelpunkt
seiner Ausführungen. Völlig unkritisch wird das Handeln
der deutschen Unternehmen als Beitrag für eine Men-
schenrechtspolitik in Entwicklungsländern dargestellt.

5. Wenn der Bericht feststellt, dass „auch international tä-
tige Unternehmen durch ihre Tätigkeit und Verantwor-
tung für Ihre Beschäftigten mittelbar an der Umsetzung
von Menschenrechtsstandards" mitwirken, stellt er eine
richtige Einschätzung dar, jedoch blendet er im Weiteren
die konkrete Rolle der großen deutschen und europäi-
schen Unternehmen aus. Deutsche und europäische Un-
ternehmen waren und sind immer wieder an Menschen-
rechtsverletzungen beteiligt, wie diverse Beispiele (z. B.
Thyssen-Krupp in Sepetiba/Brasilien, Triumph in Bang-
ladesch, Daimler in Südafrika) deutlich zeigen. Auch die
Bundesregierung unterstützt wirtschaftliche Aktivitäten
im Ausland finanziell ohne immer eine vorherige oder
ausreichende Menschenrechtsprüfung vorzunehmen bzw.
die Zustimmung der Bevölkerung einzuholen (free, prior
and informed consent). Hier muss der Menschenrechts-
bericht so weiterentwickelt werden, dass er in Zukunft
auch konkrete Tätigkeiten von deutschen und europäi-
schen Unternehmen auf ihre Auswirkungen für die Men-
schenrechte in den betroffenen Ländern untersucht.

6. Mit seiner Ausrichtung auf eine „werteorientierte und
interessengeleitete Außenpolitik" wird auch das Konzept
von ,,responsibility to protect" nicht ausgeschlossen und
damit kritiklos humanitären Militärinterventionen Tür
und Tor geöffnet. Zukünftige Menschenrechtsberichte
müssen deshalb die menschenrechtlichen Folgen von Mi-
litärinterventionen in den Mittelpunkt stellen.

schen Entwicklung in vielen Entwicklungsländern in
Frage gestellt. Menschenrechtliche Standards und sozia-
le Absicherungsstrukturen werden in vielen Ländern
durch Freihandelsabkommen mit Entwicklungs- und
Schwellenländern untergraben. Erst durch sie werden
oftmals die Bestrebungen, eigene funktionierende Agrar-
und Nahrungsmärkte aufzubauen, massiv behindert, wo-
durch das Menschenrecht auf Nahrung gefährdet wird .
Die Anzahl der weltweit Hungernden ist massiv gestie-
gen. Die fatale Energiepolitik und die Beimischung von
Agrarsprit haben diese Tendenz weiter bestärkt. Zukünf-
tige Menschenrechtsberichte müssen diese Ursachen un-
tersuchen und konkrete Folgen für die Menschenrechts-
lage in den betroffenen Regionen aufzeigen.

8. Neben der klassischen Todesstrafe hat die Anzahl extra-
legaler Tötungen durch staatliche Sicherheitsorgane
sowie durch paramilitärische Gruppen in besorgniserre-
gendem Ausmaß zugenommen. Die extralegalen Tötun-
gen sind ebenso wie „gezielte Tötungen" im Zuge des
„Krieges gegen den Terror" Ausdruck einer menschen-
verachtenden Willkür und drohen die völkerrechtlichen
Bemühungen um die weltweite Abschaffung der Todes-
strafe zu konterkarieren. Die Vereinten Nationen haben
derartige willkürliche und vorsätzliche Tötungen durch
den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische
Rechte und dessen Erstes Fakultativprotokoll, das In-
dividualbeschwerden zulässt, verurteilt. Darüber hinaus
hat die UN-Generalversammlung Grundsätze für die
Verhütung und Untersuchung von außergesetzlichen,
willkürlichen und summarischen Hinrichtungen be-
schlossen. Der Europarat stellt zwar in den Leitlinien
über die Menschenrechte und den Kampf gegen den Ter-
ror im Jahr 2002 fest, dass gegen eine Person, die wegen
terroristischer Aktivitäten angeklagt ist, nicht die Todes-
strafe verhängt werden darf; er äußert sich jedoch nicht
zu Formen extralegaler Tötungen durch staatliche oder
parastaatliche Gruppen.

9. Der Bericht begrenzt sich leider auf die allgemeine Ent-
wicklung zum Schutz von Menschenrechtsverteidige-
rinnen auf internationaler und auf europäischer Ebene
sowie den Sinn und Zweck der besonderen Schutzrege-
lung. Es fehlen Ausführungen zu den konkreten Umset-
zungsmechanismen der Leitlinien und Schwierigkeiten
bei der Umsetzung vor Ort. Laut Bericht wurden bereits
in 62 Ländern lokale Umsetzungsstrategien entwickelt.
Die Realität zeigt aber, dass die Leitlinien in den Vertre-
tungsbüros vor Ort zum Teil nicht einmal bekannt sind.
Angemessene und kontinuierliche Mechanismen und In-
strumentarien zum Schutz von Menschenrechtsverteidi-
gerinnen müssen noch entwickelt bzw. effizienter gestal-
tet werden. Um dies zu verwirklichen, braucht es eine
effiziente Koordinierung, Anleitung und gerade auch
Evaluierung durch das Auswärtige Amt sowie eine ent-
sprechende personelle und sachliche Ausstattung der
Vertretungen vor Ort. Wenn man bisherige Schwierig-
keiten bei der Umsetzung stärker thematisieren würde,
ließe sich deutlicher herausarbeiten, wo die konkreten
Herausforderungen in der Zukunft liegen bzw. welches
die „best practices" in der Vergangenheit waren und
welche Instrumente eventuell modifiziert werden müss-
7. In keiner Weise wird die deutsche und europäische Han-
delspolitik als Teil einer menschenrechtlich problemati-

ten. Länderbeispiele wären zur Veranschaulichung sehr
hilfreich.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/7941

10. Ähnlich verhält es sich mit den Ausführungen zur Be-
kämpfung der Straflosigkeit. Der Bericht beschreibt das
Konzept des Internationalen Strafgerichtshofes
(IStGH) und die Position der Bundesregierung hierzu.
Diese betont, dass ihr die Verhinderung der Straflosig-
keit für schwere Völkerrechtsverbrechen ein wichtiges
Anliegen sei. Daher bekenne sie sich zum Römischen
Statut und unterstütze den IStGH. Ziel des Römischen
Statuts ist es, der Straflosigkeit der Täter ein Ende zu
setzen und so zur Verhütung von Völkerrechtsverbre-
chen beizutragen. Unerwähnt bleibt, dass der IStGH
dem Vorwurf ausgesetzt ist, zu einem „Kolonialgericht"
oder „Afrikanischen Gericht" zu verkommen. Bislang
müssen sich vor dem IStGH lediglich afrikanische
Machthaber verantworten. Der Deutsche Bundestag ist
der Überzeugung, dass die NATO-Mitgliedsstaaten zu-
nehmend die internationale Strafgerichtsbarkeit als zu-
sätzliches Instrument zur Verwirklichung sicherheits-
und wirtschaftspolitischer Interessen gegenüber Län-
dern des Südens missbrauchen. Dies hat sich im
Libyen-Krieg deutlich manifestiert. Der IStGH kann
nur dann ein glaubwürdiger Ort der Gerechtigkeit wer-
den, wenn der Kampf gegen Straflosigkeit kein selek-
tives Machtinstrument des Westens bleibt.

11. Im nächsten Menschenrechtsbericht müssen mehr als
bisher die Auswirkungen und Ursachen des weltweiten
Sklaven- und Menschenhandels behandelt werden. Da-
bei muss der Bericht sowohl die Profiteure in Deutsch-
land und Europa als auch deren Ursachen im eigenen
Land intensiv beleuchten und konkrete Handlungsmög-
lichkeiten aufzeigen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
bei der Erstellung des Zehnten Menschenrechtsberichts

1. die aktuelle Entwicklung der Menschenrechte in
Deutschland noch mehr als bisher zu berücksichtigen
und hierbei insbesondere

a) die Empfehlungen des aktuellen UN-Staatenberichts
für Deutschland zum WSK-Pakt aufzugreifen und
stärker auf die Ursachen für Menschenrechtsdefizite
einzugehen;

b) ein eigenes Kapitel vorzusehen, in dem die Auswir-
kungen gesetzgeberischen Handelns, wie z. B. der
HARTZ IV-Sozialgesetzgebung, der Flexibilisierung
des Arbeitsmarkts und der wachsenden sozialen Spal-
tung auf die Entwicklung der Kinder- und Altersarmut
herausgearbeitet werden;

c) der demografischen Entwicklung der Menschen-
rechtssituation von älteren, pflegebedürftigen Men-
schen künftig größere Aufmerksamkeit einzuräumen;

d) die strukturelle Diskriminierung von Migrantinnen
und Migranten und deren sozialen Ursachen stärker
herauszuarbeiten;

e) die humanitäre und menschenrechtliche Lage von
Flüchtlingen, Asylsuchenden und Menschen ohne Pa-
piere in der Bundesrepublik zu berücksichtigen;

2. die Definition von Menschenrechtspolitik als Quer-

3. die Rolle international tätiger Unternehmen auf die
Menschenrechtslage in Deutschland und in den betrof-
fenen Ländern zu berücksichtigen;

4. die Rolle sowie die konkreten Auswirkungen von inter-
nationalen Handelsverträgen auf die Menschenrechts-
lage in den betroffenen Ländern stärker zu berücksich-
tigen;

5. extralegale Tötungen durch staatliche Sicherheitsorga-
ne und paramilitärische Gruppen, insbesondere auch
im Rahmen des sogenannten „Kampfs gegen den Ter-
ror" in einem eigenen Unterkapitel zu berücksichtigen;

6. die Lage der Menschenrechtsverteidigerinnen und
Menschenrechtsverteidiger intensiver auszuarbeiten;

7. die konkrete Arbeitsweise der internationalen Strafge-
richtsbarkeit kritisch zu hinterfragen und darzustellen;

8. die Ursachen von Sklaven- und Menschenhandel und
ihre Hintergründe intensiv zu beleuchten;

9. das Konzept „Menschenrechte in der deutschen Ent-
wicklungspolitik" mit einem eigenen Kapitel zu berück-
sichtigen;

10. die Lage von Migrantinnen und Migranten an den EU-
Außengrenzen, die Situation in den Abschiebelagern in-
nerhalb der EU und die Rolle von FRONTEX deutlicher
als bislang zu untersuchen;

11. im Kapitel „Bekämpfung von Rassismus, Fremden-
feindlichkeit und Antisemitismus" die Situation der Ro-
ma in den europäischen Staaten intensiv zu untersuchen
und konkrete Verbesserungsvorschläge zu berücksich-
tigen;

12. im Kapitel „Bekämpfung von Rassismus, Fremden-
feindlichkeit und Antisemitismus" auch den Aspekt der
rassistisch motivierten Islamophobie näher zu behan-
deln.

wurde mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. abgelehnt.

Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßte
im Prinzip den Bericht der Bundesregierung. Er sei deutlich
besser als die Vorgängerberichte und gut sei, dass er gekürzt
und weniger deskriptiv sei. Auch die Aufgliederung in Au-
ßen-, Entwicklungs- und Innenpolitik sei positiv zu bewer-
ten. In vielen Bereichen gebe es jedoch die Möglichkeit für
Verbesserungen und zahlreiche menschenrechtliche Proble-
me in Deutschland seien in dem Bericht der Bundesregie-
rung nicht aufgegriffen. Deshalb habe man einen eigenen
Entschließungsantrag mit entsprechenden Forderungen vor-
gelegt.

Der Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 17(17)110:

Der Deutsche Bundestag wolle beschließen,

in Kenntnis der Unterrichtung – Drucksache 17/2840 – fol-
gende Entschließung anzunehmen:

Der Deutsche Bundestag würdigt den Neunten Menschen-
rechtsbericht der Bundesregierung als einen wichtigen Bei-
schnittsaufgabe zu verdeutlichen und stärker als bislang
als Aufgabe allen staatlichen Handelns herauszustellen;

trag zur parlamentarischen und zivilgesellschaftlichen De-
batte über die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung

Bundestag fordert die Bundesregierung auf, bei der Erstel-
lung des Zehnten Menschenrechtsberichts

1. wichtige menschenrechtliche Probleme in Deutschland,
die im Neunten Bericht nicht erwähnt werden, aufzugrei-
fen (Gesundheitsversorgung von Menschen ohne Kran-
kenversicherung oder ohne regulären Aufenthaltsstatus,
die Lage intersexueller Menschen etc.);

2. klar Stellung zu den Empfehlungen der Vertragsaus-
schüsse der Vereinten Nationen zu beziehen;

3. die Nicht-Ratifizierung wichtiger Menschenrechtsab-
kommen und Zusatzprotokolle zu begründen;

4. den Nationalen Aktionsplan in Konsultation mit Parla-
ment und Zivilgesellschaft zu erstellen und einen Mecha-

aufzulisten.

wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen eine Stimme der Fraktion der SPD und gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei drei Stimmenthaltungen aus der
Fraktion der SPD abgelehnt.

Als Ergebnis der Beratung im federführenden Ausschuss
für Menschenrechte und humanitäre Hilfe ist in Kenntnis
der Unterrichtung durch die Bundesregierung auf Drucksa-
che 17/2840 der Entschließungsantrag der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP auf Ausschussdrucksache 17(17)89
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen worden.

Berlin, den 19. Oktober 2011

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Marina Schuster
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
Drucksache 17/7941 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

und als ein bedeutendes Instrument der Rechenschaftsle-
gung der Bundesregierung.

Es ist zu begrüßen, dass verschiedene Verbesserungsvor-
schläge zu den beiden Vorgängerberichten (BT-Drucksa-
chen 16/3004 und 16/11982) aufgegriffen wurden. Neben
Maßnahmen im Rahmen der Außen- und Entwicklungspoli-
tik wurden erstmalig auch innenpolitische Maßnahmen be-
handelt und in den gesamteuropäischen Kontext eingebettet.
Durch die Auslagerung der Übersicht über nationale, regio-
nale und internationale Instrumente des Menschenrechts-
schutzes ist der aktuelle Bericht erheblich kürzer und weni-
ger deskriptiv als die Vorgängerberichte. Zudem enthält der
Bericht einen Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte
für den Zeitraum von 2010 bis 2012.

Die Berichterstattung der Bundesregierung soll den Hand-
lungsbedarf und die Schwerpunktsetzungen der deutschen
Menschenrechtspolitik nachvollziehbar und die Erreichung
von Zielen überprüfbar machen. Hier weist der Neunte Be-
richt der Bundesregierung erhebliche Schwächen auf, die in
der zukünftigen Berichterstattung über die deutsche Men-
schenrechtspolitik behoben werden müssen. Der Deutsche

nismus zur Überprüfung der Umsetzung des Aktions-
plans zu entwickeln;

5. im Nationalen Aktionsplan (entsprechend der auf inter-
nationaler Ebene für die Bewertung von menschenrecht-
lichen Aktionsplänen entwickelten Kriterien) konkrete
Ziele, zuständige Akteure und zeitliche Fristen zu benen-
nen;

6. auf die im vorhergehenden Aktionsplan benannten Ziele
einzugehen und über deren Erreichung zu berichten;

7. extraterritoriale Staatenpflichten nicht nur im Bereich
der bürgerlichen und politischen Rechten sondern auch
im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Rechte zu behandeln;

8. im Länderteil die Auswahl der Länder zu begründen und
auch Verletzungen staatlicher Achtungs- und Schutz-
pflichten bezüglich der WSK-Rechte zu benennen;

9. im Anhang die von Deutschland gezeichneten bzw. ratifi-
zierten globalen und regionalen Menschenrechtsabkom-
men und die Berichtsfristen zu den Menschenrechts(ver-
trags)organen

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