BT-Drucksache 17/743

Gefährdung öffentlich geförderter Beschäftigung durch die Haushaltsplanungen der Bundesregierung

Vom 17. Februar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/743
17. Wahlperiode 17. 02. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald,
Heidrun Dittrich, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring,
Ingrid Remmers, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Gefährdung öffentlich geförderter Beschäftigung durch die Haushaltsplanungen
der Bundesregierung

Seit Jahren verharrt in Deutschland die Langzeitarbeitslosigkeit auf einem ho-
hen Niveau. Als ein Instrument dagegen beschloss 2007 die damalige Große
Koalition den Beschäftigungszuschuss. Dieses Arbeitsmarktinstrument (nach
§ 16e SGB II) sollte durch Lohnkostenzuschüsse zusätzliche Arbeitsplätze
schaffen.

Dieses Instrument ist in vielerlei Hinsicht unzureichend: Der Arbeitgeber muss
nicht mit einem Eigenanteil in ausreichender Höhe sicherstellen, dass der Be-
schäftigte einen armutsfesten Lohn erhält. Maßnahmenteilnehmerinnen und -teil-
nehmer erwerben keine Ansprüche für die Arbeitslosenversicherung, sind aber
harten Sanktionen ausgesetzt, sollten sie die Maßnahme abbrechen.

Dennoch versuchen Länder wie Berlin oder Nordrhein-Westfalen, dieses Instru-
ment für den Aufbau öffentlich geförderter Beschäftigung zu nutzen. Zum Teil
wurde dabei, wie in Berlin, die Grundförderung durch Landesmittel erheblich
aufgestockt, um ein armutsfestes Einkommen zu gewährleisten.

Nun sind diese Projekte durch eine Haushaltsmaßnahme der Bundesregierung
gefährdet. Nach der neuen Eingliederungsmittel-Verordnung 2010, mit der der
Bund den einzelnen Grundsicherungsstellen die Mittel zuweist, sollen die
Grundsicherungsstellen in Ländern und Kommunen, die bisher sehr intensiv den
Beschäftigungszuschuss für öffentlich geförderte Beschäftigung genutzt haben,
weniger Geld erhalten. Zahlreiche Projekte können nicht weitergeführt werden,
Neuzuweisungen sind nahezu unmöglich. Eine Politik, die Langzeitarbeits-
losigkeit bekämpfen will, darf das nicht zulassen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung die Eingliederungsmittel-
Verordnung 2010 verändert?

Welche zentralen Veränderungen hat sie vorgenommen?
2. Welche Grundsicherungsstellen erhalten 2010 mehr Mittel als 2009, welche
weniger (bitte die Angaben in Euro, ausgehend vom Haushaltsansatz, und
Grundsicherungsstellen nach Bundesländern aufführen)?

3. Wie hoch ist die Arbeitslosigkeit in den von der Mittelkürzung betroffenen
Grundsicherungsstellen?

Wie hat sich diese dort seit Bestehen des Beschäftigungszuschusses ent-
wickelt?

Drucksache 17/743 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Wie kommt die Bundesregierung zu der Auffassung, dass „einige Grund-
sicherungsstellen in höherem Umfang Verpflichtungen für die Leistungen
nach § 16e SGB eingegangen“ sind und was versteht die Bundesregierung
unter „in höherem Umfang“?

Woran bemisst sich der höhere Umfang, und welche Grundsicherungsstel-
len sind „einige Grundsicherungsstellen“?

5. Welche Sicherheiten in der Finanzierung haben die Antragsteller, dass
ihnen für die bereits laufenden Maßnahmen die geplanten Mittel zur Ver-
fügung stehen?

6. Auf welcher rechtlichen Grundlage sind Neubewilligungen, die den Anfor-
derungen des Gesetzes entsprechen, reglementiert?

7. War der Bundesregierung bewusst, dass sie mit der Neuregelung der Mit-
telvergabe bestehende Projekte öffentlich geförderter Beschäftigung ge-
fährdet?

Ist die Maßnahme so zu verstehen, dass die neue Bundesregierung die
öffentlich geförderte Beschäftigung zurückführen will?

8. Wie sollte nach Ansicht der Bundesregierung die Bundeshauptstadt Berlin
die eingegangenen Verpflichtungen aus Arbeitsverhältnissen innerhalb der
JobPerspektive finanzieren, wenn die dazu erforderlichen Mittel für Maß-
nahmen nach § 16e SGB II um 9,5 Mio. Euro durch das Bundesministe-
rium für Arbeit und Soziales gekürzt wurden?

Wie sollen darüber hinaus andere Maßnahmen für Langzeitarbeitslose
finanziert werden, wenn diese Mittel zu Finanzierung der JobPerspektive
herangezogen werden sollen?

9. Wie kann die Stadt Dortmund, die mit Mitteln aus der JobPerspektive 1300
Jobs für Langzeitarbeitslose geschaffen hat, es bei der gegenwärtig ange-
dachten Bewilligung der Mittel nach dem § 16e SGB II sichern, dass alle
Arbeitsplätze finanziert sind und keiner verloren geht?

10. Aus welchen Gründen musste die Vorabfeststellung der Verpflichtungs-
ermächtigung der jeweiligen Grundsicherungsstellen entfallen?

11. Sieht die Bundesregierung in der Auflage, Mittel aus dem originären Ein-
gliederungstitel zur Finanzierung von JobPerspektiv-Arbeitsplätzen ein-
zusetzen, eine zweckentfremdete Nutzung dieser Gelder, und wenn nicht,
warum nicht?

12. Sind die Mittel aus dem originären Eingliederungstitel für Maßnahmen
gedacht, die außerhalb der Anwendung des § 16e SGB II liegen?

Wenn nein, warum nicht?

13. Wie viele Förderfälle mittels Beschäftigungszuschuss waren ursprünglich
für die Jahre 2008 und 2009 geplant, und wie viele Arbeitsplätze sind bisher
tatsächlich geschaffen worden (wenn möglich bitte für jedes Jahr nach
Bundesländern aufführen)?

14. Wie viele Mittel standen 2008 und 2009 zur Verfügung, und wie viele sind
abgeflossen (wenn möglich bitte jeweils nach Bundesländern aufführen)?

15. Wie hoch wird der Titel in 2010 sein, und geht die Bundesregierung davon
aus, dass die Mittel vollständig abfließen werden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/743

16. Wird mit der neuen Verordnung gesichert, dass andere Grundsicherungs-
stellen mögliche Restmittel frühzeitig erhalten?

Berlin, den 17. Februar 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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