BT-Drucksache 17/7078

Exporte und Überlassungen von Kriegswaffen

Vom 20. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7078
17. Wahlperiode 20. 09. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Paul Schäfer (Köln),
Annette Groth, Andrej Hunko, Stefan Liebich, Ulla Lötzer, Kathrin Vogler,
Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Exporte und Überlassungen von Kriegswaffen

Die Bundesregierung veröffentlicht jährlich einen Rüstungsexportbericht, in
dem die Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aufgeführt
sind. Erfasst sind hier vor allem die Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen
und sonstige Rüstungsgüter, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr-
kontrolle (BAFA) erteilt wurden sowie einige andere Daten, zum Beispiel solche
des Zolls zur Erfassung der real ausgeführten Kriegswaffen.

Formal erfolgt die Genehmigung zum Export von Kriegswaffen in zwei Schrit-
ten. Die eigentliche Ausfuhrgenehmigung erteilt das BAFA. Vorab wird eine
Genehmigung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
(BMWi) unter anderem für die Beförderung zum Zwecke der Ausfuhr benötigt.
Das sind die beiden formal, im Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen
(KrWaffKontrG) und im Außenwirtschaftsgesetz (AWG), festgelegten Schritte.

Oft stellen Rüstungsfirmen jedoch eine informelle Voranfrage an das Auswär-
tige Amt, um bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu erfahren, ob der geplante
Kriegswaffenexport genehmigungsfähig ist. Die Voranfragen werden vom Aus-
wärtigen Amt bearbeitet und beschieden. Obwohl es sich hier um einen gänzlich
informellen und gesetzlich nicht vorgesehenen Prozess handelt, gelten die Be-
scheide der Voranfrage insofern als präjudizierend, als dass das BMWi und
nachfolgend das BAFA dem Bescheid der Voranfrage in der Regel folgen, es sei
denn, in der Zwischenzeit haben sich gravierende Änderungen der politischen
Lage ergeben.

Verschiedene Behörden und Institutionen in Deutschland – von der Bundeswehr
über die Zollverwaltung bis hin zur Polizei – haben eigene Genehmigungswege
im Zusammenhang mit Kriegswaffen. Genehmigungen in den Fällen der §§ 2, 3
Absatz 1 und 2 und des § 4a KrWaffKontrG im Bereich der Bundeswehr werden
vom Bundesministerium der Verteidigung erteilt, solche für die Zollverwaltung
vom Bundesministerium der Finanzen und solche für den Bereich der für die
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit zuständigen Behörden oder
Dienststellen sowie der Behörden des Strafvollzugs vom Bundesministerium
des Innern.

Für die Öffentlichkeit schwer nachvollziehbar bleibt bei diesen verschiedenen

Genehmigungswegen, in welchen konkreten Fällen – bei Überlassungen zu
kommerziellen oder nichtkommerziellen Zwecken, wenn sich die Waffen bereits
im Ausland befinden oder noch im Inland – welche Behörde eine Genehmigung
erteilen muss oder darf, und ob es in Einzelfällen bei Überlassungen an auslän-
dische Abnehmer überhaupt einer Genehmigung nach dem KrWaffKontrG oder
dem AWG bedarf. Ebenso bleibt unklar, ob alle hier erteilten Genehmigungen

Drucksache 17/7078 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

oder tatsächlich ausgeführten Kriegswaffen auch im Rüstungsexportbericht der
Bundesregierung aufgelistet werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welches Bundesministerium bzw. welche Stelle erteilt die Genehmigungen
in den Fällen der §§ 2, 3 Absatz 1 und 2 sowie des § 4a KrWaffKontrG für
den Bundesnachrichtendienst?

2. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass Überlassungen von Kriegswaf-
fen (gemäß Kriegswaffenliste Teil B), die sich im Besitz

a) der Bundeswehr,

b) der Zollverwaltung,

c) der für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit zuständigen Be-
hörden oder Dienststellen

befinden und einer ausländischen staatlichen oder nichtstaatlichen Institution
oder Person überlassen werden, keiner Genehmigung nach dem KrWaffKontrG
oder AWG bedürfen?

Wenn ja, wie begründet die Bundesregierung diese Auffassung?

3. Wie stellt die Bundesregierung für die in Frage 2 genannten Überlassungen
die Einhaltung der „Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen
und sonstigen Rüstungsgütern“ sicher?

4. Wurden in den vergangenen zehn Jahren (d. h. 2002 bis 2011 einschließlich
des heutigen Tages) von

a) der Bundeswehr,

b) der Zollverwaltung,

c) dem Bundeskriminalamt,

d) der Bundespolizei,

e) dem Bundesnachrichtendienst

f) oder von einer anderen für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicher-
heit zuständigen Behörde oder Dienststelle

Kriegswaffen (gemäß Kriegswaffenliste Teil B) einer staatlichen oder nicht-
staatlichen Institution oder Person in Libyen überlassen?

Wenn ja, bitte unter Angabe der überlassenden deutschen Institution, der
empfangenden Institution oder Person in Libyen sowie dem Jahr, der Waffen-
art und -zahl aufschlüsseln.

5. Welchen Neuwert hatten die in Frage 4 aufgelisteten Kriegswaffen?

6. Existierten formelle oder informelle Abmachungen mit staatlichen oder
nichtstaatlichen Institutionen oder Personen in Libyen, laut denen diese für
überlassene Waffen in Gegenleistung zu treten hatten?

7. Wurden in den vergangenen zehn Jahren (d. h. 2002 bis 2011 einschließlich
des heutigen Tages) von

a) der Bundeswehr,

b) der Zollverwaltung,

c) dem Bundeskriminalamt,

d) der Bundespolizei,
e) dem Bundesnachrichtendienst

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7078

f) oder von einer anderen für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Si-
cherheit zuständigen Behörde oder Dienststelle

Kriegswaffen (gemäß Kriegswaffenliste Teil B) einer anderen ausländi-
schen staatlichen oder nichtstaatlichen Institution oder Person überlassen
(wenn ja, bitte unter Angabe der überlassenden deutschen Institution, der
empfangenden Institution oder Person sowie dem Jahr, der Waffenart und
- zahl aufschlüsseln)?

8. Welchen Neuwert hatten die in Frage 7 aufgelisteten Kriegswaffen?

9. Wurden alle in den Fragen 4 und 7 genannten Überlassungen von Kriegs-
waffen in den Rüstungsexportberichten der Bundesregierung mit aufgelis-
tet?

Wenn nein, welche nicht, und warum nicht?

10. Hat die Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren (d. h. 2002 bis
2011 einschließlich des heutigen Tages) Re-Exportgenehmigungen für in
Deutschland produzierte und exportierte Gewehre mit KWL-Nummer er-
teilt (wenn ja, bitte aufschlüsseln nach Jahr, Anzahl, Erstempfängerland und
Land/Länder, in die der Re-Export stattfinden sollte)?

11. Hat die Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren (d. h. 2002 bis
2011 einschließlich des heutigen Tages) Re-Exportgenehmigungen für in
Deutschland produzierte und exportierte G36-Sturmgewehre erteilt (wenn
ja, bitte aufschlüsseln nach Jahr, Anzahl, Erstempfängerland und Land/Län-
der, in die der Re-Export stattfinden sollte)?

12. Hat die Bundesregierung für außerhalb Deutschlands hergestellte G36-
Sturmgewehre bis zum heutigen Tag Re-Export- bzw. Exportgenehmigun-
gen erteilt?

Wenn ja, bitte aufschlüsseln nach Exporteur und Importeur, Jahr, Stückzahl
und Wert.

13. Gab es in den vergangenen vier Jahren Fälle, in denen der Bescheid einer
Voranfrage im späteren formalen Prozess nicht durch das BMWi bzw. durch
das BAFA (durch einen positiven Genehmigungsbescheid) bestätigt wurde
(wenn ja, bitte eine ungefähre Zahl dieser Fälle sowie zwei konkrete Bei-
spiele angeben)?

14. Hat das Auswärtige Amt im Laufe des Jahres 2011 (bis zum heutigen Tag)
Voranfragen für den Export bzw. für die Beförderung zum Zwecke der
Ausfuhr von Kriegswaffen (gemäß Kriegswaffenliste Teil B) nach Saudi-
Arabien positiv oder negativ beschieden (wenn ja, bitte genau aufschlüsseln
nach Art, Zahl und Wert der Kriegswaffen sowie Art des Bescheides –
positiv/negativ)?

15. Hat das BMWi im Laufe des Jahres 2011 (bis zum heutigen Tag) Genehmi-
gungen für den Export bzw. für die Beförderung zum Zwecke der Ausfuhr
von Kriegswaffen (gemäß Kriegswaffenliste Teil B) nach Saudi-Arabien er-
teilt oder abgelehnt (wenn ja, bitte genau aufschlüsseln nach Art, Zahl und
Wert der Kriegswaffen)?

Berlin, den 20. September 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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