BT-Drucksache 17/698

Wissenschaftsfreiheitsgesetz

Vom 11. Februar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/698
17. Wahlperiode 11. 02. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Krista Sager, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Kai Gehring, Priska
Hinz (Herborn), Agnes Krumwiede, Monika Lazar, Tabea Rößner und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wissenschaftsfreiheitsgesetz

Im August 2007 hat die damalige Bundesregierung auf der Kabinettsklausur in
Meseberg beschlossen, ein Wissenschaftsfreiheitsgesetz vorzulegen, mit dem
die bestehenden rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen in Zu-
ständigkeit des Bundes für das deutsche Wissenschaftssystem attraktiv, for-
schungsfreundlich und international konkurrenzfähig weiterentwickelt werden
sollten.

Als wichtige Handlungsfelder nannte die Bundesregierung im Fortschritts-
bericht zur Hightech-Initiative 2007 mehr Flexibilität für die außeruniversitä-
ren Forschungseinrichtungen im Haushaltsrecht, im Baurecht, bei Ausgründun-
gen, bei der Mitnahmefähigkeit von Pensionen, bei Nebentätigkeitserlaubnis-
sen sowie beim Ausbau der nationalen und internationalen Vernetzung. Kon-
krete Vorschläge sollten zum Jahresbeginn 2008 vorliegen.

Das Gesetzesvorhaben scheiterte zunächst an Unstimmigkeiten zwischen dem
Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bundesministerium
der Finanzen. Stattdessen hat die damalige Bundesregierung im Sommer 2008
Eckpunkte der Initiative „Wissenschaftsfreiheitsgesetz“ verabschiedet, die „zu-
nächst nicht in ein spezifisches Gesetz einfließen“ sollten (vgl. Eckpunkte der
Initiative „Wissenschaftsfreiheitsgesetz“).

In ihrem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP hat die neue Bundes-
regierung die Fortsetzung der Wissenschaftsfreiheitsinitiative und erneut die
Vorlage eines Wissenschaftsfreiheitsgesetzes angekündigt. Zugleich kündigt
der Koalitionsvertrag neue Prüfaufträge an.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Warum kündigt die Bundesregierung ein Wissenschaftsfreiheitsgesetz an,
nachdem die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Annette
Schavan, in der letzten Legislaturperiode noch erklärt hat, man könne in
diesem Bereich kein Gesetz im umfassenden Sinne machen?

2. Welche Themen und Bereiche sollen im Wissenschaftsfreiheitsgesetz gere-
gelt werden, welche Themen und Bereiche sollen untergesetzlich und welche
Themen und Bereich sollen durch andere Gesetzesvorhaben geregelt wer-
den?

3. Wann will die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für ein Wissenschafts-
freiheitsgesetz vorlegen?

Drucksache 17/698 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Wann sollte und könnte nach Erwartung der Bundesregierung das im
Koalitionsvertrag angekündigte Wissenschaftsfreiheitsgesetz in Kraft tre-
ten?

5. Welche untergesetzlichen Regelungen hat die Bundesregierung seit Ankün-
digung der Wissenschaftsfreiheitsinitiative im Sommer 2007 umgesetzt?

6. Welche gesetzlichen Maßnahmen im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung
wurden seit Ankündigung der Wissenschaftsfreiheitsinitiative im Sommer
2007 umgesetzt?

7. Welche weiteren untergesetzlichen Regelungen hält die Bundesregierung
für notwendig, und bis wann sollen sie umgesetzt werden?

8. Welche weiteren Regelungen im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung sind
vorgesehen, und in welchen Haushaltsgesetzgebungsverfahren sollen sie
umgesetzt werden?

9. Welche weiteren gesetzlichen Regelungen hält die Bundesregierung für
nötig, um das Wissenschaftssystem kooperativer, offener und leistungs-
fähiger zu gestalten und damit die Qualität der Forschung zu erhalten und
zu stärken?

10. Welche Schritte will die Bundesregierung unternehmen, um das Wissen-
schaftsfreiheitsgesetz mit den Ländern abzustimmen?

11. Welche Schritte will die Bundesregierung unternehmen, damit auch die
dem jeweiligen Landesrecht unterliegenden Forschungseinrichtungen (Ein-
richtungen der sog. Blauen Liste) von den Möglichkeiten des Wissen-
schaftsfreiheitsgesetzes profitieren?

12. In welcher Weise soll die Ressortforschung in den Geltungsbereich des Wis-
senschaftsfreiheitsgesetzes einbezogen werden?

13. Wann soll das Ziel des Koalitionsvertrags verwirklicht sein, die Mittel-
bewirtschaftung bei den Forschungseinrichtungen vollständig auf Global-
haushalte umzustellen?

14. Welche Formen des Controllings hält die Bundesregierung für wissen-
schaftsadäquat?

15. Strebt die Bundesregierung bundesweit einheitliche Formen des Control-
lings für die Forschungseinrichtungen an?

Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?

16. Beabsichtigt die Bundesregierung den Abschluss von Ziel- und Leistungs-
vereinbarungen mit den Forschungseinrichtungen, und falls ja, welche
Ziele und Leistungen sollten nach Auffassung der Bundesregierung verein-
bart werden?

17. Welche Instrumente der Qualitätssicherung will die Bundesregierung paral-
lel zur Umstellung auf Globalhaushalte etablieren?

18. Auf welche Weise kann nach Ansicht der Bundesregierung sichergestellt
werden, dass die Forschungseinrichtungen gleichstellungspolitische Ziele
verbindlich erreichen, und in welcher Weise soll die Zielerreichung über-
prüft und sichergestellt werden?

19. Plant die Bundesregierung, die Zuschüsse teilweise an die Erreichung be-
stimmter Ziele und Leistungen zu binden, und wenn ja, in welchem Um-
fang und an welche Ziele und Leistungen?

20. Plant die Bundesregierung, die Höhe der Zuschüsse an Kennziffern zu kop-
peln, und wenn ja, in welchem Umfang und an welche Kennziffern?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/698

21. Wie beurteilt die Bundesregierung die Vergleichbarkeit von Kennziffern
(z. B. Drittmittel, Patente, Veröffentlichungen, Zitationen) zwischen den
geistes-, sozial- und naturwissenschaftlichen Disziplinen?

22. Plant die Bundesregierung mittel- und langfristig, den leistungsabhängigen
Teil der Zuschüsse auszuweiten, und wenn ja, welche Obergrenze für den
leistungsabhängigen Teil sieht sie?

23. Durch welche Maßnahmen will die Bundesregierung die Kooperation
zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Hochschulen
erleichtern, um der Versäulung des deutschen Wissenschaftssystems entge-
genzuwirken?

24. Durch welche Maßnahmen will die Bundesregierung die Möglichkeiten für
Ausgründungen verbessern?

25. Durch welche Maßnahmen will die Bundesregierung die Möglichkeiten für
Unternehmensbeteiligungen verbessern?

26. Unter welchen Bedingungen hält die Bundesregierung Genehmigungsvor-
behalte bei Ausgründungen für notwendig?

27. Unter welchen Bedingungen hält die Bundesregierung Genehmigungsvor-
behalte bei Unternehmensbeteiligungen für notwendig?

28. Will die Bundesregierung es den Forschungseinrichtungen ermöglichen,
mehr als ein Viertel der Anteile eines Joint Ventures zu halten?

Wenn ja, bis zu welcher Anteilsobergrenze?

29. Wie will die Bundesregierung die Haftung für die Folgen unternehme-
rischer Entscheidungen für Forschungseinrichtungen begrenzen?

30. Wie will die Bundesregierung ihre Haftung für die Folgen unternehme-
rischer Entscheidungen der Ausgründungen von Forschungseinrichtungen
begrenzen?

31. Wie will die Bundesregierung ihre Haftung für die Folgen unternehme-
rischer Entscheidungen der Unternehmensbeteiligungen von Forschungs-
einrichtungen begrenzen?

32. An welchen Stellen hält die Bundesregierung Genehmigungsvorbehalte bei
Finanzierungsgeschäften (z. B. Krediten, Bürgschaften, Leasingverträgen)
für notwendig?

33. An welchen Stellen hält die Bundesregierung Genehmigungsvorbehalte bei
Immobiliengeschäften für notwendig?

34. In welchem Maße sollen die Forschungseinrichtungen Eigentumsrechte
über die von ihnen genutzten Grundstücke und Gebäude erhalten (bitte
unter Berücksichtigung von gemeinsam mit Dritten genutzten Gebäuden)?

35. Hält die Bundesregierung einen Genehmigungsvorbehalt bei der Beteili-
gung von Forschungseinrichtungen an Public-Private-Partnership-Projekten
für notwendig?

36. Auf welche Weise soll die Verantwortung der Forschungseinrichtungen für
ihre Bauvorhaben erhöht werden?

37. Welche Obergrenzen für die freihändige Vergabe von Dienstleistungen,
Lieferaufträgen und Bauleistungen strebt die Bundesregierung an?

38. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um möglicher
Korruption im Vergabebereich vorzubeugen und sie zu verhindern?

39. Bis zu welchem Zeitpunkt will die Bundesregierung die Prüfung der Mög-
lichkeit außertariflicher Vergütungselemente abgeschlossen haben?

Drucksache 17/698 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
40. Bis zu welchem Zeitpunkt will die Bundesregierung die Prüfung der
Möglichkeit einer Tarifhoheit der Forschungseinrichtungen abgeschlossen
haben?

41. Strebt die Bundesregierung einen bundeseinheitlichen Wissenschaftstarif-
vertrag an?

Falls nein, warum nicht, und falls ja, wie soll das Ziel weiterverfolgt werden?

42. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die Übertrag-
barkeit von Sozialversicherungsansprüchen innerhalb der EU zu verbes-
sern?

43. Welche Überarbeitungen des Arbeitsrechts für den Wissenschaftsbereich
hält die Bundesregierung für notwendig, um die Attraktivität von Wissen-
schaft als Beruf zu steigern?

44. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die Anzahl
befristeter Arbeitsverträge am Beginn der wissenschaftlichen Karriere zu
begrenzen?

45. Hält die Bundesregierung es für sinnvoll, Wissenschaftler und Wissen-
schaftlerinnen weiterhin zu verbeamten, und wenn ja, warum und in wel-
chem Umfang?

46. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die Tätigkeit in
bundesdeutschen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen für auslän-
dische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler attraktiver zu machen?

47. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um den Zugang
von ausländischen Wissenschaftlern und Hochqualifizierten zum deutschen
Wissenschafts- und Forschungsarbeitsmarkt zu verbessern?

48. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die Erteilung
von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen für ausländische Forscherinnen
und Forscher zu erleichtern und zu entbürokratisieren?

49. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die Erteilung
von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen für die Familienangehörigen von
ausländischen Forschern und Forscherinnen zu erleichtern und zu entbüro-
kratisieren?

Berlin, den 11. Februar 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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