BT-Drucksache 17/696

Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt

Vom 10. Februar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/696
17. Wahlperiode 10. 02. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald,
Heidrun Dittrich, Cornelia Möhring, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Jörn
Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt

Am 8. März jährt sich der internationale Frauentag. Seine Wurzeln liegen in der
proletarischen Frauenbewegung des frühen 20. Jahrhunderts. Die Frauenrecht-
lerin und Sozialistin Clara Zetkin wies damals darauf hin: Eine Emanzipation
der Frau wird es niemals geben, so lange es keinen gleichberechtigten Zugang
der Geschlechter zum Erwerbsleben in jeglicher Hinsicht gibt.

Noch heute steht eine Gleichberechtigung von Frau und Mann aus. Insbeson-
dere im Bereich des Arbeitsmarktes zeigt sich, dass Frauen nach wie vor deut-
lich schlechter bezahlt sind, unsichere und schlecht bezahlte Arbeit erledigen
und in der Vermittlungspraxis der Bundesagentur für Arbeit benachteiligt wer-
den. Die Politik hat bisher völlig unzureichend auf diese Probleme reagiert.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welches sind die fünf wichtigsten Vorhaben der Bundesregierung für den
Abbau der Benachteiligungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt?

Stellen diese Maßnahmen sicher, dass ausreichend Kindergartenplätze zur
Verfügung stehen, und wie wird verhindert, dass Frauen nicht wie bisher vor
allem schlecht bezahlte, unsichere Minijobs und Teilzeitarbeitsplätze anneh-
men müssen?

2. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass der in Artikel 141 des EG-
Vertrags festgeschriebene Grundsatz des gleichen Entgeltes für Männer und
Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit angewendet wird angesichts
des Umstandes, dass die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zwischen
CDU, CSU und FDP lediglich das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Ar-
beit“ enthalten?

Sind gesetzliche Verfahrensvorschriften zur Umsetzung des Artikels 141 des
EG-Vertrags geplant?

Wenn ja, welche, und orientieren sich diese am Beispiel anderer Länder wie
z. B. Schwedens?

3. Wird die Bundesregierung darauf einwirken, dass die beteiligten Tarifpart-
ner mittelbare Lohndiskriminierungen aktiv beseitigen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, in welcher Form?

Drucksache 17/696 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Wird die Bundesregierung die neue Eingruppierungsordnung des Tarifver-
trags des öffentlichen Dienstes einer systematischen, gendersensiblen Prü-
fung unterziehen?

Wenn nein, wie wird sie sicherstellen, dass die traditionell überwiegend
von Frauen geleisteten Tätigkeiten im Vergleich zu denen von Männern ge-
leisteten Tätigkeiten nicht geringer bewertet und niedriger bezahlt werden?

5. Wie hat sich die Erwerbsquote von Frauen und Männern in den vergange-
nen zehn Jahren verändert (bitte nach Jahren und Ländern aufschlüsseln)?

6. Welches sind die zehn Branchen, in denen nach absoluter Zahl und darüber
hinaus nach Anteil die meisten Frauen arbeiten?

Welche zehn Branchen sind entsprechend für die Männer zu nennen?

Wie hoch sind jeweils die durchschnittlichen Stundenlöhne und Arbeitszei-
ten?

7. Wie viele Frauen und Männer haben in den letzten zehn Jahren ihre Berufs-
tätigkeit oder berufliche Ausbildung wegen der Betreuung eines Kindes
oder eines pflegebedürftigen Angehörigen unterbrochen, und wie hoch ist
der Anteil erfolgreicher beruflicher Re-Integration bei beiden Geschlech-
tern?

Wie erklärt sich die Bundesregierung diese Ergebnisse, und welche Maß-
nahmen hält sie für geeignet, einen höheren Anteil erfolgreicher Berufs-
rückkehrinnen in existenzsichernde Arbeit zu erreichen?

8. Kennt die Bundesregierung den „DGB-Ausbildungsreport 2009“, der be-
legt, dass die berufliche Benachteiligung von Frauen bereits in der Berufs-
ausbildung beginnt, und welche politischen Schlussfolgerungen zieht sie
daraus, und wenn keine, warum nicht?

9. Wie hat sich der durchschnittliche Verdienst von Frauen und Männern in
den vergangenen zehn Jahren entwickelt?

10. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass
trotz jahrzehntelanger freiwilliger Vereinbarungen zwischen Politik und
Wirtschaft es zwischen Frauen und Männern deutliche Lohnunterschiede
gibt?

Welche Ursachen dieser Lohnunterschiede sind der Bundesregierung be-
kannt, und welche will sie durch das Verfahren Logib-D näher unter-
suchen?

11. Wie groß sind die Lohnunterschiede von Frauen und Männern in den Mit-
gliederländern der Europäischen Union?

Welche Lehren zieht die Bundesregierung aus den Beispielen in dieser
Hinsicht besonders erfolgreicher Länder?

12. Wie viele Frauen und Männer arbeiteten in den letzten zehn Jahren in

– tariflich entlohnten Vollzeittätigkeiten,

– Minijob bzw. geringfügige Beschäftigung,

– Teilzeit,

– befristeten Arbeitsverhältnissen,

– Leiharbeit

(bitte für jedes Jahr jeweils absolut und relativ aufzählen sowie nach Ost-/
Westdeutschland und einzelne Bundesländer)?

Wie bewertet die Bundesregierung diese Zahlen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/696

13. Wie will die Bundesregierung dem seit Jahren anhaltenden Trend entge-
genwirken, dass die Zahl der erwerbstätigen Frauen durch die Zunahme
von Teilzeitbeschäftigung gestiegen ist, während die von Frauen geleistete
Erwerbsarbeitszeit insgesamt nicht zugenommen hat?

14. Wird die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass ein Großteil aller
ausschließlich geringfügig Beschäftigten Frauen sind, konkrete Maßnah-
men ergreifen, um mehr Frauen in sozialversicherungspflichtige Arbeits-
verhältnisse zu bringen?

Wenn ja, welche, und in welchem Verhältnis stehen diese Maßnahmen zum
Konzept der Minijobs?

Wenn nein, warum nicht?

15. Wie haben sich bei den Aufstockern (Erwerbstätige mit Arbeitslosengeld II)
die Zahl und der Anteil der Frauen bzw. Männer in den vergangenen fünf
Jahren entwickelt?

16. Wie viele Frauen arbeiten derzeit zu einem Stundenlohn von weniger als
10 Euro?

17. Wie stellt sich aktuell der Anteil von Frauen bei der Nutzung der verschie-
denen arbeitsmarktpolitischen Instrumente nach dem Zweiten und Dritten
Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB III) dar?

In welchem Verhältnis steht dieser Anteil jeweils zum Anteil der Frauen an
allen Arbeitslosen?

18. Welches sind nach Ansicht der Bundesregierung die fünf größten Probleme,
die der Bericht „Bewertung der SGB II-Umsetzung aus gleichstellungspoli-
tischer Sicht“ (Juni 2009) für den Bereich der Arbeitsmarktpolitik zu Tage
gefördert hat, und welchen konkreten politischen Handlungsauftrag leitet
sie daraus ab?

19. Plant die Bundesregierung zukünftig die Vergabe von Aufträgen aus der
öffentlichen Hand auch daran zu knüpfen, dass die jeweiligen Unterneh-
men bzw. Betriebe gleichstellungsorientiert arbeiten?

Wenn ja, in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

20. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um der Situa-
tion entgegenzuwirken, dass Frauen in Entscheidungspositionen wesent-
lich seltener zu finden sind als Männer?

Berlin, den 10. Februar 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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