BT-Drucksache 17/6929

zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Werner, Annette Groth, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/5390- Vom Anspruch zur Wirklichkeit: Menschenrechte in Deutschland schützen, respektieren und gewährleisten

Vom 6. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6929
17. Wahlperiode 06. 09. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Werner, Annette Groth, Jan van Aken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/5390 –

Vom Anspruch zur Wirklichkeit: Menschenrechte in Deutschland schützen,
respektieren und gewährleisten

A. Problem

In dem Antrag auf Drucksache 17/5390 fordert die Fraktion DIE LINKE. die
Bundesregierung unter anderem auf, die universellen wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Menschenrechte sowie die politischen und bürgerlichen Men-
schenrechte in ihrer Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik
zu achten und zu schützen. Zudem soll sie einen Gesetzentwurf zur Ratifizie-
rung des Fakultativprotokolls zu dem internationalen Pakt über wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 vorlegen. Eine weitere
Forderung zielt darauf ab, einen Gesetzentwurf zur Aufnahme sozialer Grund-
rechte – wie das Recht auf Arbeit und eine existenzsichernde gerechte Entloh-
nung, das Recht auf Wohnen, das Recht auf Zugang zu einer guten Gesundheits-
vor- und -fürsorge und das Recht auf Bildung – in das Grundgesetz vorzulegen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.
D. Kosten

Keine.

E. Bürokratiekosten

Keine.

Drucksache 17/6929 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/5390 abzulehnen.

Berlin, den 29. Juni 2011

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Tom Koenigs
Vorsitzender

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Marina Schuster
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Umsetzung der Menschenrechte gebe. Dies sei aber nicht der
Fall. Der Antrag suggeriere, dass Deutschland bei der Um-
Ablehnung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

setzung der Menschenrechte ein finsteres Entwicklungsland
sei. Dies entspreche aber keinesfalls der eigenen oder gar der
Einschätzung internationaler Organisationen. Wenn man
zum Beispiel zum Menschenrechtsrat nach Genf fahre, be-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6929

Bericht der Abgeordneten Erika Steinbach, Christoph Strässer, Marina Schuster,
Annette Groth und Volker Beck (Köln)

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/5390 in seiner 108. Sitzung am 12. Mai 2011 beraten und
an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
zur federführenden Beratung sowie zur Mitberatung an den
Innenausschuss, den Ausschuss für Arbeit und Soziales, den
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und
den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In dem Antrag auf Drucksache 17/5390 fordert die Fraktion
DIE LINKE. die Bundesregierung unter anderem auf, die
universellen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Men-
schenrechte sowie die politischen und bürgerlichen Men-
schenrechte in ihrer Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und
Arbeitsmarktpolitik zu achten und zu schützen. Zudem soll
sie einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung des Fakultativ-
protokolls zu dem internationalen Pakt über wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 vor-
legen. Eine weitere Forderung zielt darauf ab, einen Gesetz-
entwurf zur Aufnahme sozialer Grundrechte – wie das Recht
auf Arbeit und eine existenzsichernde gerechte Entlohnung,
das Recht auf Wohnen, das Recht auf Zugang zu einer guten
Gesundheitsvor- und -fürsorge und das Recht auf Bildung –
in das Grundgesetz vorzulegen.

In ihrem Antrag verweist die Fraktion DIE LINKE. auch
darauf, dass Migrantinnen und Migranten bei der politi-
schen, sozialen und wirtschaftlichen Teilhabe gegenüber
Menschen ohne Migrationshintergrund deutlich benachtei-
ligt seien. Zur Durchsetzung politischer Partizipation sollten
Menschen mit Migrationshintergrund das Wahlrecht erhal-
ten. Eine weitere Forderung zielt darauf ab, insbesondere
Kinder- und Altersarmut mit allen erforderlichen Maßnah-
men zu bekämpfen und ihr vorzubeugen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat den Antrag auf Drucksache 17/
5390 in seiner 44. Sitzung am 8. Juni 2011, der Ausschuss
für Arbeit und Soziales in seiner 68. Sitzung am 8. Juni
2011, der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend in seiner 41. Sitzung am 8. Juni 2011 und der Aus-
schuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung in seiner 43. Sitzung am 8. Juni 2011 beraten.
Alle mitberatenden Ausschüsse haben mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE

Die Fraktion DIE LINKE. erläuterte, dass der Antrag zahl-
reiche Kritikpunkte an der Menschenrechtssituation in
Deutschland widerspiegle, zum Beispiel zu der Situation
von Menschen mit Behinderung und im Bereich der Ge-
schlechterfrage. In dem Antrag würden die kritischen Be-
reiche, in denen Deutschland nicht mit den wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen (WSK-Rechten) konform gehe, auf-
gezeigt. Ein Bereich sei die Migrationsproblematik. Hier
würde Deutschland auch vom UNHCR und anderen Organi-
sationen kritisiert. Jugendliche, die aufgrund ihres Alters
von 16 und 17 Jahren noch unter den Schutz der UN-Kinder-
rechtskonvention fielen, würden als ausländische Erwach-
sene behandelt. Sie würden zusammen mit Erwachsenen in
Abschiebehaft gesperrt, was eindeutig der UN-Kinderrechts-
konvention widerspreche. Alle Personen unter 18 Jahre seien
als Kinder und Jugendliche zu behandeln. Auch könnten in
Deutschland immer wieder Menschenrechtsverletzungen
aufgrund sexueller Orientierung sowie der Geschlechteri-
dentität festgemacht werden. Wenn man Menschenrechts-
schutz in Deutschland umfassend durchsetzen wolle, müsse
man diesem Antrag zustimmen.

Die Fraktion der SPD verwies auf den Bericht der Bundes-
regierung, den diese zuvor über den Fünften Staatenbericht
zur Implementierung der WSK-Rechte sowie zum Parallel-
bericht der WSK-Allianz Deutschland dargelegt hatte. Die
Bundesregierung hatte erklärt, dass die einzelnen im UN-
Sozialpakt niedergelegten Rechte in Deutschland aufgrund
der hiesigen rechtlichen, gesellschaftlichen und sozialen Ge-
gebenheiten in hohem Maße verwirklicht worden seien. Die
Fraktion der SPD betonte, der Bericht der Bundesregierung
habe ziemlich deutlich gezeigt, dass alle Bundesregierungen,
die sich bisher mit diesen Fakten auseinandergesetzt hätten,
der Verpflichtung, Staatenberichte pünktlich abzugeben, re-
lativ gut nachgekommen seien. Es habe aber auch schon Ver-
zögerungen von zwei bis drei Jahren gegeben. Gerade im
Bereich der WSK-Rechte müsse auf einen guten Umgang
mit dem Staatenbericht Wert gelegt werden, da es hier noch
einen Nachholbedarf gebe, was die Wertigkeit der WSK-
Rechte angehe. Es habe lange Zeit Diskussionen darüber ge-
geben, dass die bürgerlichen und politischen Rechte im Vor-
dergrund stünden. Für die Fraktion der SPD stelle sich auch
die Frage, wann die Ratifizierung des Fakultativprotokolls
erfolgen werde. Seit Jahren erkläre die Bundesregierung,
hier werde noch geprüft. Man müsse aber irgendwann mit
diesen Prüfungen fertig sein und als Ergebnis vorweisen, das
Fakultativprotokoll zu ratifizieren. Zum Antrag der Fraktion
DIE LINKE. sei festzuhalten, dass er zwar in vielen Berei-
chen die richtigen Punkte anspreche, aber den Eindruck er-
wecke, dass es in Deutschland ein großes Problem mit der
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat
den Antrag in seiner 41. Sitzung am 29. Juni 2011 beraten.

komme man dort entsprechende Rückmeldung und auch die
Vertreter der verschiedenen UN Treaty Bodies gäben immer

in Deutschland das Eine oder Andere verbessern, dennoch
gehöre Deutschland zu den wenigen Ländern, in denen die
Einhaltung der Menschenrechte in einem erheblichen Aus-
maß inzwischen zum Selbstverständnis gehöre. Staat und
Gesellschaft gingen fürsorglich mit den Menschen um und
deshalb werde man den Antrag ablehnen.

Die Fraktion der FDP erläuterte, der Antrag enthalte zudem
handwerkliche Fehler. Wenn dort zum Beispiel stehe, dass
zur Durchsetzung politischer Partizipation Menschen mit
Migrationshintergrund Wahlrecht erhalten sollen, dann
müsse geklärt werden, wer damit gemeint sei. Deutsche
Staatsbürger mit Migrationshintergund hätten das Wahl-
recht. Auch im Bereich des Umgangs mit Behinderten werde
völlig ignoriert, dass das Thema der Umsetzung der UN-Be-

sei aber dennoch, dass die Bundesregierung das Parlament
darüber informiere, warum viele Empfehlungen der Verein-
ten Nationen in Bezug auf den Dritten und Vierten Staaten-
bericht von den Bundesregierungen nicht umgesetzt wurden.
Auch das Asylbewerberleistungsgesetz sei kritisiert worden,
da es Asylbewerbern keine angemessenen Sozialleistungen
zugestehe. Aufklärungsbedarf gebe es zudem bei der Frage,
inwieweit Deutschland der Forderung nachgehen wolle,
mehr einflussreiche Positionen mit Frauen zu besetzen.

Als Ergebnis der Beratung empfiehlt der Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE., den Antrag auf Drucksache 17/5390 abzulehnen.

Berlin, den 29. Juni 2011

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Marina Schuster
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
Drucksache 17/6929 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

wieder die Rückmeldung, dass es zwar an einigen Stellen
Nachbesserungen geben müsse, im Prinzip die Situation je-
doch gut sei. Nicht nachvollziehbar sei, warum der Antrag
sich auf den Vierten Staatenbericht aus dem Jahr 2001 be-
ziehe, obwohl bei Abfassung des Antrags im Jahr 2008 der
Fünfte Staatenbericht bereits vorgelegen habe. Dieser zeige,
dass etliche Kritikpunkte aus dem Vierten Staatenbericht
aufgegriffen und umgesetzt worden seien. Auch sei es
keineswegs so, dass es wie in dem Antrag dargelegt, eine
Menschenrechtsverletzung sei, wenn es kein bedingungs-
loses Grundeinkommen gebe. Es sei zwar durchaus so, dass
man eine menschenwürdige Existenzgrundlage für sozial
Schwache benötige, die darauf angewiesen seien. Man
könne aber nicht grundsätzlich erklären, dass es in einem
solchen System keine Sanktionen geben dürfe. Denjenigen,
die für wenig Geld arbeiten gingen, könne man nicht erklä-
ren, warum Transferleistungen sanktionslos erfolgen sollen.
Deshalb könne man dem Antrag der Fraktion DIE LINKE.
nicht zustimmen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, wenn man den Antrag
lese, habe man das Gefühl, man lebe in einem Dritte-Welt-
Land und wolle auswandern. Mit Sicherheit könne man auch

hindertenrechtskonvention bereits in einigen Ländern in den
dortigen Landtagen diskutiert werde. Auch würden einige
Bundesländer von der Monitoringstelle gut beurteilt. Ferner
habe der Europarat in verschiedenen Bereichen gelobt, dass
Resolutionen, die die Gerichtsurteile des Europäischen Men-
schenrechtsgerichtshofes beträfen, umgesetzt würden. Das
Bild, das der Antrag von Deutschland zeige, entspreche nicht
der Wahrheit, es sei undifferenziert und zusammengewürfelt.
Auch die Forderung nach einer bedarfsgerechten solidari-
schen sanktionsfreien Mindestsicherung gehöre nicht in so
einen Antrag. Hier müsse ein konkreter Gesetzentwurf vor-
gelegt werden. Die Fraktion der FDP sehe dieses Thema auf-
grund der Leistungsgerechtigkeit ohnehin völlig anders. Aus
ihrer Sicht gebe es zahlreiche Gründe, diesen Antrag abzu-
lehnen, so dass man ihm nicht zustimmen werde.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, sie
werde den Antrag ebenfalls ablehnen, da es sich aufgrund
der Überzeichnung menschenrechtlicher Probleme in
Deutschland um einen nicht akzeptablen und auch nicht wei-
terführenden Rundumschlag handele. Ganz so schlimm, wie
es im Antrag der Fraktion DIE LINKE. dargestellt werde, sei
es um den Sozialstaat in Deutschland nicht bestellt. Wichtig

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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