BT-Drucksache 17/6653

10 Jahre Lebenspartnerschaftsgesetz - Gleichstellung für Lesben und Schwule

Vom 20. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6653
17. Wahlperiode 20. 07. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, Katja
Kipping, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring, Yvonne Ploetz, Ingrid Remmers,
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

10 Jahre Lebenspartnerschaftsgesetz – Gleichstellung für Lesben und Schwule

Am 1. August 2001 trat das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) in Kraft mit
dem Ziel der „Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemein-
schaften“. Zu Anfang verwehrte sich eine Vielzahl der Bundesländer einer weiter-
gehenden Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft im Bundesrat sowie in
den Landesgesetzgebungen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärte das
LPartG nach der erfolglosen Klage der Bundesländer Bayern, Thüringen und
Sachsen für verfassungskonform (17. Juli 2002 – 1 BvF 1/01 – 1 BvF 2/01).

Mit dem LPartG ist es zu einer zunehmenden Anerkennung lesbischer und
schwuler Lebensgemeinschaften gekommen. Die geläufige Bezeichnung
„Homo-Ehe“ hat diesem Sachverhalt Rechnung getragen. Die eingetragene
Lebenspartnerschaft wird jedoch in den Bundesländern sehr unterschiedlich
behandelt. Während das Land Berlin die Gleichstellung von Ehe und Lebens-
partnerschaft auf Landesebene rückwirkend zum 3. Dezember 2003 vollständig
vollzogen hat, weigert sich z. B. das Bundesland Sachsen beharrlich diese
Gleichstellung zu vollziehen. Nach dem EuGH-Urteil in der Rechtssache
Maruko vom 1. April 2008 sowie den folgenden BVerfG-Urteilen zum einen im
Beschluss zur „Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartner-
schaft im Bereich der betrieblichen Hinterbliebenenrente (VBL)“ vom 7. Juli
2009 (1 BvR 1164/07) und zum anderen im Beschluss zur „Ungleichbehandlung
von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Erbschaftsteuer- und Schen-
kungsteuergesetz“ vom 21. Juli 2010 (1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07) wurde die
Ungleichbehandlung für verfassungswidrig erklärt und der Gesetzgeber zu einer
weitergehenden und rückwirkenden Gleichstellung aufgefordert. Der Bundes-
gesetzgeber kam dem u. a. mit einer Novellierung des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) und der Hinterbliebenenversorgung bei
Bundesbeamten nach. Obwohl die Gleichstellung im Einkommensteuerrecht
und das gemeinsame Adoptionsrecht fehlen, hat die eingetragene Lebenspart-
nerschaft im Laufe der vergangenen zehn Jahre an Rechten gewonnen. Mit die-
sem Signal an Lesben und Schwule hat die eingetragene Lebenspartnerschaft
zunehmend an Attraktivität gewonnen. Dies schlägt sich auch in der Anzahl der
eingetragenen Lebenspartnerschaften nieder; waren es laut dem Statistischen
Bundesamt im Jahr 2006 bundesweit etwa 12 000 eingetragene Lebenspartner-

schaften, so sind es im Jahr 2011 etwa 23 000.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele eingetragene Lebenspartnerschaften wurden seit der Einführung
des LPartG in den einzelnen Bundesländern geschlossen (wir bitten um eine
Aufschlüsselung nach Jahrgängen sowie lesbischen und schwulen Partner-
schaften)?

Drucksache 17/6653 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. Wie viele eingetragene Lebenspartnerschaften sind seit der Einführung des
LPartG geschieden worden (wir bitten um eine Aufschlüsselung nach Jahr-
gängen und Bundesländern sowie lesbischen und schwulen Partnerschaf-
ten)?

3. Wie viele binationale eingetragene Lebenspartnerschaften wurden seit der
Einführung des LPartG geschlossen (wir bitten um eine Aufschlüsselung
nach Jahrgängen und Bundesländern sowie lesbischen und schwulen Part-
nerschaften)?

4. Wie viele eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner haben einen
Antrag auf eine alleinige Adoption eines Kindes gestellt, und wie viele
wurden genehmigt (wir bitten um eine Aufschlüsselung nach Jahrgängen
und Bundesländern sowie lesbischen und schwulen Partnerschaften)?

5. Wie viele Lebenspartnerinnen und Lebenspartner haben einen Antrag auf
Stiefkindadoption des Kindes ihrer Partnerin bzw. ihres Partners gestellt,
und wie viele wurden genehmigt (wir bitten um eine Aufschlüsselung nach
Jahrgängen und Bundesländern sowie lesbischen und schwulen Partner-
schaften)?

6. Wie viele Kinder werden derzeit in gleichgeschlechtlich lebenden Pflege-
familien versorgt, wie viele davon von Pflegeeltern in eingetragenen
Lebenspartnerschaften (wir bitten um eine Aufschlüsselung nach Jahrgän-
gen und Bundesländern sowie lesbischen und schwulen Partnerschaften)?

7. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass das Lebenspartner-
schaftsgesetz zu einer zunehmenden Akzeptanz von Lesben und Schwulen
in der Bevölkerung geführt hat?

Wenn nein, warum nicht (bitte mit Begründung)?

8. In welchen Bundesländern ist die Gleichstellung von Lebenspartnerschaf-
ten und Ehe im öffentlichen Dienstrecht und in der Beamtenversorgung
noch nicht vollständig vollzogen worden (wir bitten um eine Aufschlüsse-
lung nach den jeweiligen Bereichen)?

9. Welche Bundesländer haben die Gleichstellung rückwirkend vollzogen
(wir bitten um eine Aufstellung nach Bundesländern, Rechtsbereichen und
Rückwirkungsdatum)?

10. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass die unterschiedliche Gleich-
stellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im öffentlichen Dienst-
recht durch die Landesregierungen der im Koalitionsvertrag zwischen
CDU, CSU und FDP vereinbarten Zielstellung der „Gleichstellung von
Lebenspartnern mit Ehegatten“ zuwiderläuft?

Wenn nein, warum nicht (bitte mit Begründung)?

11. Wann ergreift die Bundesregierung die Initiative, um die Gleichstellung
von Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern auch im Steuerrecht – ins-
besondere im Ehegattensplitting – zu vollziehen, so wie es im Koalitions-
vertrag vereinbart ist („Wir werden gleichheitswidrige Benachteiligungen
im Steuerrecht abbauen und insbesondere die Entscheidungen des Bundes-
verfassungsgerichts zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten
umsetzen.“)?

Berlin, den 20. Juli 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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