BT-Drucksache 17/6624

Änderung des Ausländerzentralregistergesetzes im Zuge der Bekämpfung des internationalen Terrorismus

Vom 15. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6624
17. Wahlperiode 15. 07. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Memet Kilic, Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Änderung des Ausländerzentralregistergesetzes im Zuge der Bekämpfung
des internationalen Terrorismus

Mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz wurden im Jahr 2002 u. a. folgende
Veränderungen am Gesetz über das Ausländerzentralregister (AZRG) vorge-
nommen:

§ 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 AZRG wurde dahingehend geändert, dass sog.
Gruppenauskünfte nicht mehr nur im begründeten Einzelfall, sondern ganz
allgemein zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, für den
Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für die freiheit-
liche demokratische Grundordnung möglich sind.

Es wurden die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) erweitert,
Gruppenauskünfte aus dem Ausländerzentralregister (AZR) abzufragen (§ 12
Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AZRG).

In Gruppenanfragen können nunmehr auch Personen mit einem verfestigten
Aufenthalt einbezogen werden.

Es wurde der Zugriff sonstiger Polizeibehörden des Bundes oder der Länder
erheblich ausgeweitet. Diese haben nunmehr – auch im automatisierten Ver-
fahren – Zugriff auf den gesamten Datenbestand des AZR (§ 15 Absatz 1
Nummer 4 und 5 sowie § 22 Absatz 1 Nummer 4 AZRG). Gleiches gilt auch
für die Verfassungsschutzbehörden, den Militärischen Abschirmdienst sowie
den BND (§§ 20 und 22 Absatz 1 Nummer 9 AZRG).

Auf freiwilliger Basis kann nunmehr auch die Religionszugehörigkeit einer
Ausländerin/eines Ausländers erfasst werden (§ 3 Nummer 5 AZRG).

Schließlich können gemäß § 29 Absatz 2 AZRG aus Gründen der inneren
Sicherheit bei Visaanträgen von Angehörigen bestimmter Staaten, die vom
Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt
festgelegt werden können, zusätzliche Daten erfasst werden. In diesen Fällen
wird die Frist zur Löschung der zu dieser Person erhobenen Visadaten von
5 auf 10 Jahre verlängert (§ 19 AZRG-Durchführungsverordnung).
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Gruppenauskünfte wurden seit 2002 gemäß § 12 Absatz 1 Satz 2
Nummer 2 AZRG durchgeführt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

Drucksache 17/6624 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. War hierbei das Herkunftsland bzw. die Staatsangehörigkeit der Betroffe-
nen zumindest ein Parameter des Auskunftsersuchens?

Wenn ja, in wie vielen Fällen wurden welche Herkunftsländer bzw. Staats-
angehörigkeiten abgefragt, und aus welchen Gründen?

3. Wie oft hat der BND seine erweiterten Möglichkeiten für eine Gruppenaus-
kunft genutzt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

4. In wie vielen Fällen wurden auch Personen mit einem verfestigten Aufent-
halt in derartige Gruppenanfragen einbezogen?

5. Hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfrei-
heit, der gemäß § 12 Absatz 3 AZRG über jede Gruppenanfrage unterrich-
tet werden muss, die Genehmigung bzw. Durchführung einer Gruppenaus-
kunft seit 2002 beanstandet, und wenn ja, aus welchen Gründen, und in wie
vielen Fällen?

6. Welche Daten liegen der Bundesregierung vor, aus denen hervorgeht,
inwiefern die sonstigen Polizeibehörden seit 2002 von ihren erweiterten
Zugriffsmöglichkeiten gemäß § 15 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie § 22
Absatz 1 Nummer 4 AZRG Gebrauch machen?

7. Zu welchem Zweck haben die sonstigen Polizeibehörden Zugriff auf Daten
über die Religionszugehörigkeit, die Staatsangehörigkeit des Ehegatten
oder des Lebenspartners und sog. Begründungstexte gemäß § 3 Nummer 5
und 8 AZRG?

8. Hält die Bundesregierung es für sinnvoll, den Zugriff zumindest der sonsti-
gen Polizeibehörden auf bestimmte im AZR enthaltenen Informationen,
wie die Angaben zur Religionszugehörigkeit, Angaben zur Staatsangehö-
rigkeit des Ehegatten oder des Lebenspartners oder sog. Begründungstexte,
auszuschließen?

9. Welche Daten liegen der Bundesregierung vor, aus denen hervorgeht,
inwiefern das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Militärische Ab-
schirmdienst bzw. der BND seit 2002 ihre erweiterten Zugriffsmöglichkei-
ten gemäß §§ 20 und 22 Absatz 1 Nummer 9 AZRG) nutzen?

10. In wie vielen Fällen wurde der Erfassung der Religionszugehörigkeit frei-
willig zugestimmt?

11. In wie vielen Fällen werden der Erfassung der Religionszugehörigkeit
nachträglich widersprochen?

12. Im Hinblick auf welche Staaten wurden seit 2002 bezüglich wie vieler Per-
sonen, welche zusätzlichen Daten gemäß § 29 Absatz 2 AZRG erfasst?

Berlin, den 15. Juli 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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