BT-Drucksache 17/64

Wandel des Arbeitsmarktes in der Krise

Vom 24. November 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/64
17. Wahlperiode 24. 11. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald,
Heidrun Dittrich, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring,
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Wandel des Arbeitsmarktes in der Krise

Die rot-grüne und die schwarz-rote Bundesregierung haben den Arbeitsmarkt mit
verschiedensten Gesetzen dereguliert. Minijobs, befristete Arbeitsverträge und
Leiharbeit wurden vorangetrieben, gut entlohnte und sichere Arbeitsplätze wer-
den immer seltener. Laut Statistischem Bundesamt stieg der Anteil der atypisch
Beschäftigten von 17,5 Prozent im Jahr 1997 auf 25,5 Prozent im Jahr 2007.

Verbunden damit ist ein Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Vollzeit-
beschäftigung, während sozialversicherungspflichtige Teilzeitstellen und ge-
ringfügige Beschäftigungsverhältnisse wachsen. Laut dem Institut für Arbeit
und Qualifikation gingen allein 2001 bis 2006 mehr als 1,6 Millionen Vollzeitbe-
schäftigungsverhältnisse verloren. „Die Zahl der Teilzeitbeschäftigungsverhält-
nisse hat sich im Beobachtungszeitraum um mehr als 1,7 Millionen erhöht […].
Etwa zwei Drittel der hinzugekommenen Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse
entfallen auf die so genannten Minijobs“ (IAQ-Report 2009-03, S. 5).

Es ist zu befürchten, dass die aktuelle Wirtschaftskrise diese Entwicklung ver-
schärft. So schreibt die Bundesagentur für Arbeit in ihrem Monatsbericht für den
Oktober 2009: „Nach einer ersten Schätzung für den August dürfte die sozialver-
sicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung im Vorjahresvergleich um rund
210 000 zu- und die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung um
rund 350 000 abgenommen haben“ (S. 8). Der Deutsche Gewerkschaftsbund äu-
ßert sich über diese Entwicklung besorgt (29. Oktober 2009) und warnt, so werde
die Ungleichheit verschärft und die „ohnehin matte Binnennachfrage“ ge-
schwächt.

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, den Wandel auf dem Arbeitsmarkt in
der Krise näher zu beleuchten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie haben sich die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung und
die sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung von 1998 bis heute
entwickelt (bitte jährlich darstellen und ab Oktober 2008 monatlich auf-

führen)?

2. Wie verteilen sich sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung und
sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung auf die Geschlechter, auf
Ost- und Westdeutschland und nach Alter differenziert (bitte auch jährlich
von 1998 bis heute darstellen; ab Oktober 2008 bitte monatlich aufführen)?

Drucksache 17/64 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Wie stellt sich die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Vollzeit-
beschäftigung und der sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung
in den einzelnen Branchen dar (bitte auch jährlich von 1998 bis heute dar-
stellen; ab Oktober 2008 bitte monatlich aufführen)?

4. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über durchschnittliche
Arbeitszeiten und durchschnittliche Löhne sowohl für die sozialversiche-
rungspflichtige Vollzeitbeschäftigung als auch die sozialversicherungs-
pflichtige Teilzeitbeschäftigung vor (bitte auch jährlich von 1998 bis zu den
aktuellsten verfügbaren Daten darstellen und nach Geschlecht, Ost- und
Westdeutschland sowie Alter differenzieren)?

5. Wie hat sich die Zahl der geringfügig Beschäftigten seit dem Jahr 1998 ent-
wickelt (bitte auch jährlich und seit Oktober 2008 monatlich darstellen; bitte
nach Geschlecht, Ost- und Westdeutschland sowie Alter differenzieren)?

6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über durchschnittlich in ge-
ringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gezahlte Stundenlöhne (bitte auch
jährlich von 1998 bis zu den aktuellsten verfügbaren Daten darstellen und
falls möglich nach Geschlecht, Ost- und Westdeutschland sowie nach Alter
differenzieren)?

7. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie viele Beschäftigte in
mehreren Teilzeitarbeitsverhältnissen stehen (bitte jährlich von 1998 bis zu
den aktuellsten verfügbaren Daten darstellen und nach Geschlecht, Ost- und
Westdeutschland sowie Alter differenzieren)?

8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich der Frage, ob
sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen zunehmend durch sozialver-
sicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung und geringfügige Beschäftigung
ersetzt werden?

9. Wie wirkt sich die Abnahme sozialversicherungspflichtiger Vollzeitstellen
bei gleichzeitiger Zunahme von sozialversicherungspflichtiger Teilzeit-
beschäftigung und geringfügiger Beschäftigung auf die Einnahmesituation
der Sozialversicherungen aus (bitte jährlich von 1998 bis heute betrachten
und den gesamtwirtschaftlichen Saldo darstellen)?

10. Wie hat sich die Zahl der befristeten Arbeitsverträge seit dem Jahr 1998 ent-
wickelt (bitte jährlich von 1998 bis zu den aktuellsten verfügbaren Daten
darstellen sowie nach Geschlecht, Ost- und Westdeutschland und nach Alter
differenzieren)?

11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über durchschnittlich in
befristeten Arbeitsverhältnissen gezahlte Stundenlöhne und Arbeitszeiten
sowie über die durchschnittliche Dauer der Befristung (bitte auch jährlich
von 1998 bis zu den aktuellsten verfügbaren Daten darstellen und nach
Geschlecht, Ost- und Westdeutschland sowie nach Alter differenzieren)?

12. Wie haben sich die Zahl der ungeförderten offenen Stellen und die entspre-
chenden Stellenzugänge von 1998 bis heute entwickelt, und wie verteilen sie
sich auf die einzelnen Branchen (bitte jährlich darstellen und falls möglich
nach Vollzeit und Teilzeit differenzieren; ab Oktober 2008 bitte monatlich
aufführen)?

13. Wie hat sich das gesamtwirtschaftliche Stellenangebot seit 1998 entwickelt
(bitte jährlich darstellen; ab Oktober 2008 bitte monatlich aufführen)?

14. Wie werden sich nach Ansicht der Bundesregierung die im Koalitionsver-
trag erwogenen Änderungen bei den Minijobs und den Hinzuverdienstgren-
zen auf den beschriebenen Wandel des Arbeitsmarktes auswirken (Zahl der

geringfügig Beschäftigten, Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen
Vollzeitbeschäftigung, Zahl der sog. Aufstocker (Leistungen nach dem

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/64

SGB II trotz Erwerbseinkommen), Lohnniveau, staatliche Kosten durch
Transferleistungen, geschlechtsspezifische Segmentierung des Arbeits-
marktes)?

Berlin, den 24. November 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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