BT-Drucksache 17/636

Einsatz von Drohnen zur Videoüberwachung deutscher Städte und Regionen

Vom 3. Februar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/636
17. Wahlperiode 03. 02. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Wolfgang Neskovic, Petra Pau,
Jens Petermann, Raju Sharma, Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion
DIE LINKE.

Einsatz von Drohnen zur Videoüberwachung deutscher Städte und Regionen

Das IT-Nachrichtenportal „heise online“ meldete am 25. Januar 2010 unter
Bezugnahme auf einen entsprechenden Bericht des „Guardian“ vom 23. Januar
2010, dass Großbritannien die auf dem Boden in vielen Städten bereits stark
präsente Videoüberwachung zusätzlich noch aus der Luft betreiben will.
Der Militärkonzern BAE Systems Inc. habe dafür gemeinsam mit Sicherheits-
und Regierungsbehörden eine nationale Strategie zum Routine-Einsatz von
Drohnen entwickelt. Die unbemannten Flugobjekte, die beispielsweise in
Afghanistan eingesetzt werden, sollen demnach pünktlich zur Olympiade 2012
ihre Patrouillenflüge starten. Tests mit dem Prototyp einer entsprechenden
Drohne mit Hochleistungskameras und verschiedenen Überwachungssensoren
seien noch für dieses Jahr geplant.

Der Einsatz der abgewandelten Militärdrohnen soll laut „Guardian“ neben einer
Überwachung der britischen Küstenregionen vor allem eine Reihe polizeilicher
Kontrollaktivitäten wie verdeckte Überwachung von Verkehrs- und Umwelt-
sündern oder Demonstranten möglich machen.

Anfang 2008 prüfte eine Bund-Länder-Projektgruppe (BLPG) im Auftrag des
Arbeitskreises II „Innere Sicherheit“ der Ständigen Konferenz der Innenminister
und -senatoren der Länder (IMK) den Einsatz von so genannten Unmanned
Aerial Vehicle (UAV) „unter einsatztaktischen, rechtlichen und polizeitechni-
schen Aspekten“ (Bundestagsdrucksache 16/8114).

Am 3. Juni 2008 führte das Bundesministerium des Innern (Referat B6) eine
Fachtagung zum Thema „Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge für die Wahr-
nehmung öffentlicher Sicherheitsaufgaben“ durch. Diskutiert werden sollten die
Verwendungsmöglichkeiten von Unmanned Aerial Systems (UAS).

In der Antwort auf eine „Erbetene Sachinformation für Frau MdB Piltz“ (FDP)
vom 1. Oktober 2008 erklärte das Bundesministerium des Innern (BMI) den Ein-
satz von Drohnen grundsätzlich für sinnvoll, für ihren Einsatz außerhalb des ge-
sperrten Luftraums würden allerdings noch gesetzliche Regelungen fehlen. Die
Bundespolizei würde bis dahin Drohnen nur durch Spezialkräfte zur Erprobung

verwenden. Eine Konzeption, in der als Voraussetzung der „materielle, finan-
zielle und ggf. personelle Bedarf zu begründen ist“ existierte damals nach dieser
Sachinformation noch nicht.

Nach Darstellung von „heise online“ setzen darüber hinaus auch einzelne
Länderpolizeien hierzulande bereits heute kleine Drohnen in Form von soge-
nannten Quadrocoptern ein.

Drucksache 17/636 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

In Sachsen versorgen zum Beispiel bei Fußball-„Risikospielen Drohnen […]
Staatsanwaltschaft und Polizeieinsatzleitung mit Luftbildern, ein bundesweit
bislang einmaliges Projekt“ (Handelsblatt, 1. September 2009).

Matthias Monroy schrieb dazu, dass „als erste deutsche Bundesländer […]
Sachsen und später Niedersachsen einen 65 000 Euro teuren Quadrocopter der
Firma Microdrones zu Testzwecken [besorgten]. Während Sachsen damit Fuß-
ballspiele oder Geiselnahmen überwachen will, spekuliert die niedersächsische
Polizei auf eine bessere Kontrolle der jährlichen Castor-Proteste.“ (Telepolis
vom 13. Januar 2010).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die Pläne von BAE System Inc. und
britischen Sicherheits- und Regierungsbehörden?

2. Wurde und wird die Bundesregierung über die britischen Entwicklungen
und Erfahrungen informiert?

Wenn ja, in welchem formellen und/oder informellen Rahmen geschieht das?

3. Gibt es auch innerhalb der Bundesregierung entsprechende Pläne für einen
Einsatz von Drohnen zur Videoüberwachung öffentlichen Raumes in der
Bundesrepublik Deutschland?

Wenn ja, wie sehen diese aus?

4. Setzen Sicherheitsorgane in der Bundesrepublik Deutschland, wie von „heise
online“ behauptet, Drohnen über Erprobungen hinaus ein (bitte detailliert
nach Bundesland, Sicherheitsbehörde, Modell, Ausrüstung, Art des Einsat-
zes, Umfang, Kosten und Zeitraum aufschlüsseln)?

5. Wie viele und welche Art Erprobungen wurden von deutschen Sicherheits-
behörden durchgeführt?

6. Welche Spezialkräfte der Bundespolizei haben seit wann und mit welchen
Ergebnissen den Einsatz von Drohnen geprobt?

7. Wie hoch sind bisher die Gesamtkosten für Entwicklung, Erprobung und
Einsatz der UAS/Drohnen (einschließlich Personal)?

8. Welche Institute, Unternehmen und Hochschulen sind mit welchen Projek-
ten an der Entwicklung dieser Instrumente beteiligt (bitte entsprechend auf-
schlüsseln)?

9. Wann und wo wurden die Projekte von der Bundespolizei ausgeschrieben?

10. Gibt es in diesem Bereich unternehmerische Kooperationen (einschließlich
Mutter-Tochterunternehmen) auf europäischer und internationaler Ebene?

Wenn ja, welche?

11. Welche Firmen, Institute oder Hochschulen waren an der eingangs genann-
ten Tagung des BMI beteiligt, und welche davon waren bis dahin in die Ent-
wicklung und Erprobung der Technik involviert?

12. Wann lag der Bundesregierung der Bericht des Unterausschusses des Arbeits-
kreises II der IMK mit welchen Ergebnissen vor, und welche Konsequenzen
wurden daraus gezogen?

13. Waren an der Tagung Vertreter der britischen Regierung, der genannten
Firma und der Polizei anwesend?

14. Wie bewertet die Bundesregierung das Risiko von Kollisionen von Drohnen
mit dem zivilen Flugverkehr?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/636

15. Sind der Bundesregierung Pläne oder Erfahrungen bekannt, Drohnen im
Rahmen von FRONTEX und EUROSUR einzusetzen?

Berlin, den 2. Februar 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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