BT-Drucksache 17/635

Bilanz der Bleiberechtsregelungen zum Jahreswechsel 2009/2010 und das ungelöste Problem der Kettenduldungen

Vom 3. Februar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/635
17. Wahlperiode 03. 02. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dag˘delen, Wolfgang Neskovic,
Petra Pau, Jens Petermann und der Fraktion DIE LINKE.

Bilanz der Bleiberechtsregelungen zum Jahreswechsel 2009/2010
und das ungelöste Problem der Kettenduldungen

Von den 38 429 im Rahmen der gesetzlichen „Altfallregelung“ nach den §§ 104a
und 104b des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) erteilten Aufenthaltserlaubnissen
wurden vier Fünftel (30 704) nur „auf Probe“ erteilt, weil die Betroffenen kein
ausreichendes eigenes Einkommen nachweisen konnten (Stand: 31. Oktober
2009, vgl. Bundestagsdrucksache 17/192, S. 10). Insbesondere diesen Personen
drohte zum Jahreswechsel 2009/2010 aufgrund des Auslaufens der gesetzlichen
Altfallregelung ein Rückfall in die Duldung und eine Abschiebung.

Die Regierungsfraktionen haben trotz des parteiübergreifend gesehenen Hand-
lungsbedarfs keine gesetzlichen Korrekturen vorgenommen, sondern es der Exe-
kutive überlassen, eine Anschlussregelung zu treffen. Dabei hatte der Abgeord-
nete Reinhard Grindel (CDU) vor der Wahl im Plenum des Deutschen Bundes-
tages noch gesagt, bei Bedarf könne zum Jahresende (2009) „innerhalb weniger
Wochen gesetzgeberisch“ nachgesteuert werden (Plenarprotokoll 16/214,
S. 23275). Nach der Wahl erklärte er für die Fraktion der CDU/CSU am 26. No-
vember 2009 hingegen, „dass wir […] schon aus Zeitgründen eine Lösung durch
den Beschluss der Innenministerkonferenz vor Jahresende anstreben“ (Plenar-
protokoll 17/7, S. 457). Auch die Bundesregierung hatte sich vor der Wahl noch
vorbehalten, „zu Beginn der nächsten [17.] Legislaturperiode“ „dem Parlament
einen Regelungsvorschlag“ zur Verlängerung der Altfallregelung zu unterbreiten
(vgl. Bundestagsdrucksache 16/14088, Frage 15).

Der Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK) vom 4. Dezember 2009 zur
Verlängerung der Altfallregelung war jedenfalls erwartungsgemäß nur „ein klei-
ner Schritt in die richtige Richtung“, da der „menschenunwürdige Schwebe-
zustand“ der Duldung in vielen Fällen weiter andauere, so etwa der Präses der
Evangelischen Kirche Westfalen, Alfred Buß (epd, 6. Dezember 2009). Auch die
Caritas wies darauf hin, dass der Beschluss nicht die notwendige „dauerhafte
gesetzliche Lösung“ nach humanitären Kriterien und ohne Stichtage und strenge
Ausschlusskriterien ersetzen könne (Pressemitteilung vom 4. Dezember 2009).
PRO ASYL sprach von einer „Minimallösung“ und fortgesetzten „Hängepartie
für die Betroffenen“ und forderte den Bundesgesetzgeber zum Handeln auf

(Pressemitteilung vom 4. Dezember 2009).

Gesetzesänderungsbedarf besteht aus mehreren Gründen: Zum einen ist der
IMK-Beschluss vom 4. Dezember 2009 so unklar formuliert, dass er zahlreiche
Fragen offen lässt, wie die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage
der Fraktion DIE LINKE. eindrucksvoll belegt (vgl. Bundestagsdrucksache
17/410). Somit wurde keine Rechtssicherheit für die Betroffenen geschaffen,

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sondern deren Verunsicherung hält aufgrund höchst unterschiedlicher Regelun-
gen in den einzelnen Bundesländern und dem sehr weitgehenden Ermessen der
Ausländerbehörden an.

Zum anderen bewegt sich der IMK-Beschluss im engen Rahmen der gesetz-
lichen Altfallregelung, so dass zum Beispiel alte und kranke Menschen wegen
des Erfordernisses einer eigenständigen Lebensunterhaltssicherung keine
Chance auf ein Bleiberecht haben.

Schließlich ändert die IMK-Regelung, die wie die gesetzliche Altfallregelung
eine einmalige Stichtagsregelung mit der Bedingung eines sechs- oder achtjähri-
gen Aufenthalts zum 1. Juli 2007 (!) darstellt, nichts an der fortgesetzten Praxis
der Kettenduldung, die vor allem auf unzureichenden Regelungen des Aufent-
haltsgesetzes basiert. Ende Oktober 2009 lebten trotz mehrerer Bleiberechtsrege-
lungen 58 500 geduldete Personen seit über sechs Jahren in Deutschland. Damit
war der Anteil der langjährig Geduldeten an allen Geduldeten (92 000 Personen)
mit 63,5 Prozent so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Eine besonders restriktive
ausländerrechtliche Praxis mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil langjäh-
rig Geduldeter (über 63,5 Prozent) weisen die Bundesländer Bremen, Nieders-
achsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg auf (vgl. Bun-
destagsdrucksache 17/192, S. 11).

Die Bundesregierung sieht dessen ungeachtet derzeit keinen Gesetzesänderungs-
bedarf (vgl. Bundestagsdrucksache 17/410, Frage 7). Im Innenausschuss des
Deutschen Bundestages wurde am 16. Dezember 2009 bei der Beratung von par-
lamentarischen Initiativen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN zum Bleiberecht deutlich, dass der Bundesminister des Innern
und die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP zunächst die Geltungs-
dauer der IMK-Regelung abwarten wollen – d. h. bis zum Jahr 2012 trotz der un-
gelösten Probleme untätig bleiben werden (vgl. auch Bundestagsdrucksache
17/278, S. 5).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Personen haben bis zum 31. Dezember 2009 nach Angaben der
Bundesländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a oder § 104b AufenthG
beantragt (bitte nach Bundesländern differenzieren)?

2. Wie vielen Personen wurden nach Angaben der Bundesländer bis zum 31. De-
zember 2009 Aufenthaltserlaubnisse nach § 104a oder § 104b AufenthG er-
teilt (bitte – auch im Folgenden – nach Bundesländern differenzieren und
Prozentangaben im Vergleich zur Zahl der Anträge machen)?

a) Wie viele von ihnen haben eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 1
Satz 1 i. V. m. § 104a Absatz 1 Satz 2 AufenthG erhalten, weil der Lebens-
unterhalt durch Erwerbstätigkeit bereits gesichert war?

b) Wie viele von ihnen haben eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Absatz 1
Satz 1 AufenthG („auf Probe“) erhalten, weil der Lebensunterhalt durch
Erwerbstätigkeit noch nicht gesichert war?

c) Wie viele von ihnen haben eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Absatz 2
Satz 1 AufenthG als bei der Einreise noch minderjährige, inzwischen aber
volljährige Kinder erhalten?

d) Wie viele von ihnen haben eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Absatz 2
Satz 2 AufenthG als unbegleitete Minderjährige erhalten?

e) Wie viele von ihnen haben eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104b i. V. m.
§ 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG als Minderjährige unter der Bedingung der

Zusage einer Ausreise der Eltern erhalten?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/635

f) Bei wie vielen der nach § 23 Absatz 1 Satz 1 i. V. m. § 104a Absatz 1
Satz 2 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnissen war zuvor eine Aufent-
haltserlaubnis nach § 104a Absatz 1 Satz 1 AufenthG erteilt worden?

3. Wie viele der in Frage 1 benannten Anträge wurden bis zum 31. Dezember
2009 abgelehnt (bitte nach Bundesländern differenzieren und Prozentangaben
im Vergleich zur Zahl der Anträge machen)?

4. Wie viele der in Frage 1 benannten Anträge sind zum 31. Dezember 2009
noch nicht entschieden worden (bitte nach Bundesländern differenzieren),
und wie wird mit solchen nicht innerhalb der Geltungsdauer der gesetzlichen
„Altfallregelung“ bearbeiteten Anträgen verfahren?

5. Wie viele Menschen befanden sich zum 31. Dezember 2009 in Deutschland,
deren Aufenthalt lediglich geduldet oder gestattet wurde (bitte differenzie-
ren), und wie viele von ihnen lebten länger als sechs Jahre in Deutschland
(bitte nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern und den Bundesländern
differenzieren und jeweils die Quote der länger als sechs Jahre Geduldeten
bzw. Gestatteten an der Gesamtzahl der Geduldeten bzw. Gestatteten in Pro-
zent angeben)?

6. Wie lauten die Angaben des Ausländerzentralregisters (AZR) zum Stand
31. Dezember 2009 und 31. Januar 2010 zu den nach der „Altfallregelung“ er-
teilten Aufenthaltserlaubnissen (bitte entsprechend der Frage 2 und zusätzlich
nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

7. Wie viele Personen lebten zum 30. November 2009, zum 31. Dezember 2009
und zum 31. Januar 2010 mit einer Aufenthaltserlaubnis nach Artikel 23 Ab-
satz 1 Satz 1 AufenthG, die nicht im Rahmen der gesetzlichen „Altfallrege-
lung“ nach den §§ 104a und 104b AufenthG erteilt wurde, in Deutschland
(bitte auch nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern und den Bundeslän-
dern differenziert darstellen), und inwieweit sind nach dem IMK-Beschluss
vom 4. Dezember 2009 erteilte Aufenthaltserlaubnisse im AZR unterscheid-
bar von anderen Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG?

8. Hält die Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer gesetzliche Änderungen
wegen ihrer integrationspolitischen Bedenken hinsichtlich der ausländer-
rechtlichen Einkommensberechnung vor dem Hintergrund des Grundsatzur-
teils des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. August 2008 für erforderlich
oder nicht (Nachfrage zu Bundestagsdrucksache 16/14088, Frage 19)?

a) Wenn ja, was unternimmt sie diesbezüglich konkret?

b) Ist es nach Ansicht der Bundesregierung zutreffend, dass sich aus der ge-
nannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt, dass Betrof-
fene ein bis zu 30 Prozent höheres Einkommen nachweisen müssen, wenn
es um die eigenständige Lebensunterhaltssicherung im ausländerrecht-
lichen Kontext geht (bitte begründen), und wenn ja, muss nicht davon
ausgegangen werden, dass diese höheren Anforderungen angesichts des
relativ geringeren Einkommens der eingewanderten Bevölkerung für die
Praxis bedeutende Auswirkungen haben?

Wenn nein, wie hoch sind die prozentualen Auswirkungen nach Berech-
nungen der Bundesregierung in etwa (bitte begründet ausführen)?

9. Wie schätzt die Bundesregierung die Wirksamkeit der von der IMK am 4. De-
zember 2009 getroffenen Verlängerungsregelung (insbesondere der Alter-
native c bei nachgewiesenen vergeblichen Bemühungen um eine eigenstän-
dige Lebensunterhaltssicherung) ein angesichts des Umstands, dass die Bun-
deskanzlerin in ihrer Regierungserklärung vom 10. November 2009 davon
sprach, dass „die volle Wucht der Auswirkungen der Krise […] uns im nächs-

ten Jahr [2010] erreichen“ wird, so dass nicht davon ausgegangen werden

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kann, dass jahrelang vom Arbeitsmarkt ausgegrenzte de-facto-Flüchtlinge
innerhalb der nächsten zwei Jahre eine eigenständige Lebensunterhalts-
sicherung werden erreichen können, wenn ihnen dies im Zeitraum bis zum
31. Dezember 2009 schon nicht gelungen ist?

10. Wie schätzt die Bundesregierung generell (d. h. nicht im jeweiligen Einzel-
fall) die Frage der Zumutbarkeit einer Rückkehr bzw. auch der rechtlichen
Zulässigkeit einer Abschiebung (bitte in der Antwort differenzieren) von
Familien mit Kindern ein, die infolge des IMK-Beschlusses eine weitere
Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ bis Ende 2011 erhalten haben und die im
Jahr 2012 dann seit mindestens zwölf Jahren und sechs Monate (!) in
Deutschland leben werden, davon wiederum die letzten ca. vier Jahre mit
einem rechtmäßigen Aufenthaltstitel?

11. Wie ist mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, dass – auch nach Auffas-
sung der Bundesregierung (vgl. Bundestagsdrucksache 17/410, Frage 5) –
nur solche Personen eine Verlängerungsmöglichkeit nach dem IMK-Be-
schluss vom 4. Dezember 2009 haben sollen, die eine Aufenthaltserlaubnis
„auf Probe“ nach § 104a Absatz 1 Satz 1 AufenthG erhalten haben, während
solche Personen hiervon ausgeschlossen werden, denen eine Aufenthaltser-
laubnis nach § 104a Absatz 1 Satz 2 i. V. m. § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG
oder nach dem IMK-Beschluss vom November 2006 erteilt wurde, weil sie
eine lebensunterhaltssichernde Arbeit in der Vergangenheit bereits nachwei-
sen konnten, diese nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis aber wieder ver-
loren haben und auch die Verlängerungsbedingungen nach § 104a Absatz 5
AufenthG nicht erfüllen konnten – in anderen Worten: werden damit nicht
Personen, denen es in der Vergangenheit schon einmal gelungen ist, eine Ar-
beitsstelle zu finden, schlechter behandelt als solche, die niemals beschäftigt
waren, und wie ist dies zu begründen?

12. Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung, dass der Ausschluss
des Familiennachzugs und der Aufenthaltsverfestigung bei Aufenthalts-
erlaubnissen nach § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG nach dem IMK-Beschluss
vom 4. Dezember 2009 „von der Anordnungsbefugnis der Vorschrift ge-
deckt und rechtlich zulässig“ ist (Bundestagsdrucksache 17/410, Frage 4a
und 4b)

a) angesichts des Umstands, dass die besagte Anordnungsbefugnis nach
§ 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG dem eindeutigen Wortlaut nach nur die Er-
teilung einer „Aufenthaltserlaubnis“ (nach den üblichen Bedingungen
des Abschnitts 5 des AufenthG, d. h. ohne solche Einschränkungen) vor-
sieht, und in Satz 2 ausdrücklich nur die mögliche Maßgabe einer vorlie-
genden Verpflichtungserklärung – und keine weiteren Einschränkungen –
genannt sind;

b) angesichts des Umstands, dass jedenfalls das Land Berlin auf solche Auf-
lagen ausdrücklich verzichtet und diesbezüglich „allein die materiellen
Voraussetzungen“ des Aufenthaltsgesetzes für maßgeblich hält?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die ernorme Vielfalt und Unterschied-
lichkeit der Umsetzungserlasse durch die Bundesländer (falls ihr nicht alle
Erlasse bekannt sein sollten – vgl. Bundestagsdrucksache 17/410, Frage 6a –
weisen die Fragestellerinnen und Fragesteller auf die entsprechende Doku-
mentation durch den Berliner Flüchtlingsrat hin: http://www.fluechtlingsrat-
berlin.de/bleiberecht.php), die zum Ergebnis hat, dass es keine bundesein-
heitliche Verlängerungsregelung zur gesetzlichen Altfallregelung gibt?

a) Wie beurteilt es die Bundesregierung insbesondere die unterschiedlichen
Regelungen zur Frage der Fiktionswirkung von Anträgen nach dem IMK-

Beschluss, und welche Handhabung empfiehlt sie?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/635

b) Wie beurteilt es die Bundesregierung insbesondere die unterschiedlichen
Regelungen zur Frage des für eine erneute Verlängerung zum Jahres-
wechsel 2011/2012 nachzuweisenden Einkommens, und welche Handha-
bung empfiehlt sie?

c) Hält es die Bundesregierung angesichts dieser uneinheitlichen Umset-
zung des IMK-Beschlusses auch im Nachhinein für richtig und für die
beste Lösung, dass es der IMK überlassen wurde, eine Verlängerungs-
regelung zur gesetzlichen Altfallregelung zu treffen, statt selbst dem Par-
lament einen Gesetzesänderungsvorschlag zu unterbreiten, wie es in der
letzten Legislaturperiode in Aussicht gestellt worden war (vgl. Vorbemer-
kung, bitte begründen)?

14. Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung, wonach sie „zurzeit
keinen über den IMK-Beschluss hinausgehenden Änderungsbedarf“ zur
Vermeidung von Kettenduldungen sieht (vgl. Bundestagsdrucksache
17/410, Frage 7), obwohl der IMK-Beschluss keinerlei Regelungen für die
etwa 60 000 seit mehr als sechs Jahren in Deutschland geduldeten Menschen
vorsieht und obwohl angesichts der Stichtagsbindung (1. Juli 2007) der Alt-
fallregelung und des IMK-Beschlusses immer neue Fälle der Kettenduldung
entstehen?

15. Erwägt die Bundesregierung Änderungen des Aufenthaltsgesetzes in dem
z. B. vom Abgeordneten Reinhard Grindel (CDU) geäußerten Sinn, wonach
in solchen Fällen ein Aufenthaltsrecht verweigert und an der Duldung fest-
gehalten werden sollte, in denen eine Person „selber dafür verantwortlich ist,
dass die Behörden die Rückführung nicht möglich machen konnten“ (Ver-
nichtung von Ausweispapieren, Identitätstäuschung, Plenarprotokoll 17/7,
S. 457), d. h. nicht bereits in solchen Fällen – wie nach der derzeitigen
Rechtslage –, in denen jemand selbstverschuldet an der „Ausreise“ gehindert
ist (vgl. § 25 Absatz 5 AufenthG), wobei es nach der Rechtsprechung und
den Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz ausdrücklich nicht auf
die Zumutbarkeit der Ausreise (z. B. einen langjährigen Aufenthalt) an-
kommen soll – in anderen Worten: Erwägt die Bundesregierung eine Ände-
rung des Aufenthaltsgesetzes dahingehend, bei der Frage der Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis an langjährig Geduldete (wieder) maßgeblich an den
Umstand der Unmöglichkeit einer Abschiebung (wie z. B. bereits in § 30
Absatz 4 des alten Ausländergesetzes geregelt, wenn auch nur als Kann- und
nicht als Soll-Bestimmung) – und nicht der Ausreise – anzuknüpfen (bitte
begründen und ausführen)?

Berlin, den 2. Februar 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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