BT-Drucksache 17/6346

Für eine Ausstellungszahlung an bildende Künstlerinnen und Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen bei durch den Bund geförderten Ausstellungen

Vom 29. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6346
17. Wahlperiode 29. 06. 2011

Antrag
der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Kai Gehring,
Priska Hinz (Herborn), Monika Lazar, Tabea Rößner, Krista Sager und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine Ausstellungszahlung an bildende Künstlerinnen und Künstler sowie
Fotografinnen und Fotografen bei durch den Bund geförderten Ausstellungen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Eine Studie des Bundesverbandes der Bildenden Künstler (BBK) aus dem Jahr
2008 zur wirtschaftlichen und sozialen Situation bildender Künstlerinnen und
Künstler hat ergeben, dass nur eine Minderheit vom Verkauf ihrer Werke leben
kann. Im Jahr 2007 erwirtschafteten Künstler durchschnittlich 8 450 Euro und
deren weibliche Berufskolleginnen lediglich 5 820 Euro durch den Verkauf ihrer
Werke. Dieser Studie ist ebenfalls zu entnehmen, dass viele der bildenden
Künstlerinnen und Künstler aufgrund ihrer prekären Einkommenssituation für
eine Verbesserung der Ausstellungsbedingungen plädieren.

Komponistinnen und Komponisten sowie Autorinnen und Autoren erhalten bei
der öffentlichen Aufführung ihrer Werke Tantiemen. Auftritte von Künstlerin-
nen und Künstlern in den Bereichen Musik, Theater oder Tanz werden in der
Regel mit einer Gage honoriert. Bildende Künstlerinnen und Künstler sowie
Fotografinnen und Fotografen jedoch erhalten für die öffentliche Ausstellung
ihrer Werke üblicherweise keinerlei Vergütung. Für ihre künstlerische Leistung
werden bildende Künstlerinnen und Künstler sowie Fotografinnen und Fotogra-
fen nur beim Verkauf eines Werkes vergütet, Käuferinnen und Käufer ihrer
Werke finden sie beispielsweise im Rahmen einer Ausstellung im kommerziel-
len Raum, z. B. in Galerien. Wenn kein Werksauftrag vorliegt, gehen bildende
Künstlerinnen und Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen mit der Erstel-
lung eines Werkes grundsätzlich eine kreative und finanzielle Vorleistung ein.
Die Ausrichtung einer Ausstellung bedeutet für Künstlerinnen und Künstler so-
wie Fotografinnen und Fotografen oft ein finanzielles Risiko. Es gibt keinerlei
Sicherheit, dass ein ausgestelltes Werk eine Käuferin oder einen Käufer findet
und somit zumindest Herstellungs-, Transport- und Materialkosten sowie gege-
benenfalls die Raummiete gegenfinanziert werden können oder ein Gewinn ent-
steht. Deshalb ist eine Ausstellung für bildende Künstlerinnen und Künstler so-

wie Fotografinnen und Fotografen nicht selten mit einem finanziellen Verlust
verbunden. Dieses „Risiko“ für die Künstlerinnen und Künstler sowie Fotogra-
finnen und Fotografen im kommerziellen Raum ist Bestandteil des freien Kunst-
marktes. Im Optimalfall ist eine Ausstellung im kommerziellen Raum für die
Ausstellerin bzw. den Aussteller und die Künstlerin oder den Künstler eine
„Win-Win-Situation“. Es besteht die Gefahr, dass die Einführung einer generellen
Ausstellungszahlung, „Leihgebühr“ oder „Ausstellungsvergütung“ den kommer-

Drucksache 17/6346 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ziellen Kunstmarkt beschneiden könnte. Durch eine solche Maßnahme wäre
möglicherweise die Existenz kleiner Galerien bedroht, welche vielfach auch
Werke noch unbekannter Nachwuchskünstlerinnen und Nachwuchskünstler
ausstellen und dabei selbst ein hohes finanzielles Risiko eingehen.

Während bei Ausstellungen im kommerziellen Raum für Künstlerinnen und
Künstler zumindest eine realistische Chance auf den Verkauf ihrer Werke be-
steht, so profitieren sie bei der Ausstellung ihrer Werke im nichtkommerziellen
Raum, beispielsweise in Museen oder projektbezogenen Ausstellungen, finan-
ziell in der Regel überhaupt nicht von der „Leihgabe“ ihrer künstlerischen Ar-
beit.

Zwischen den künstlerischen Sparten herrscht deshalb eine klare Gerechtig-
keitslücke, denn durch die Ausstellung ihrer künstlerischen Eigenleistung im
nichtkommerziellen Raum sind bildende Künstlerinnen und Künstler sowie
Fotografinnen und Fotografen bezüglich der Honorierung ihrer Arbeit im Nach-
teil gegenüber allen anderen künstlerischen Sparten.

Für lebende Interpretinnen und Interpreten im Musikbereich oder Bühnendar-
stellerinnen und Bühnendarsteller im Bereich Schauspiel und Tanz gibt es keine
vergleichbare Situation – ihre künstlerische Leistung wird in der Regel entlohnt.
Es existiert kein Veranstaltungsort oder Projektformat, der bzw. das für Inter-
pretinnen und Interpreten sowie Bühnendarstellerinnen und Bühnendarsteller
grundsätzlich keine Entlohnung vorsieht.

Im Rahmen der Fördergrundsätze des Beauftragen der Bundesregierung für Kul-
tur und Medien (BKM) hat der Bund die Möglichkeit, ein Signal gegen die be-
stehende Gerechtigkeitslücke zu setzen. Mit der Aufnahme einer pauschalierten
Ausstellungszahlung in die Förderkriterien für die aus dem Etat des BKM finan-
zierten oder bezuschussten Institutionen und Projektträger, welche Ausstellun-
gen ausrichten, kann der Bund eine Zahlung an bildende Künstlerinnen und
Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen für die öffentliche Ausstellung
ihrer Werke ermöglichen, soweit sich die Werke im Eigentum der Künstlerin
oder des Künstlers befinden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● eine verpflichtende Ausstellungszahlung an bildende Künstlerinnen und
Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen in die Förderkriterien für die
aus dem Einzelplan 04 finanzierten oder bezuschussten Institutionen oder
Projektträger aufzunehmen, welche Ausstellungen von Werken im nichtkom-
merziellen Raum ausrichten, die sich im Eigentum der jeweiligen Künstlerin-
nen und Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen befinden;

● die Höhe und die Kriterien einer Ausstellungszahlung in einem Gremium mit
Vertreterinnen und Vertretern der betroffenen Kulturinstitutionen und Pro-
jektträger sowie mit Vertreterinnen und Vertretern von Kunstverbänden und
ausgewählten Künstlerinnen und Künstlern sowie Fotografinnen und Foto-
grafen festzulegen.

Berlin, den 28. Juni 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6346

Begründung

Unter den momentan geltenden Rahmenbedingungen profitieren Künstlerinnen
und Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen zwar in manchen Fällen
ideell durch die Ausstellung ihrer Werke im nichtkommerziellen Raum, weil da-
mit Wertschätzung und größere Bekanntheit ihrer Kunst verbunden sein können.
Eine materielle Wertschätzung der Bereitstellung ihrer künstlerischen Eigenleis-
tung ist damit jedoch nicht gewährleistet.

Die Einführung einer Ausstellungszahlung im nichtkommerziellen Raum inner-
halb der Kompetenzen des Bundes wäre deshalb ein wichtiges Signal zur Ver-
besserung der Entlohnung künstlerischer Leistung in den Bereichen bildende
Kunst und Fotografie.

Durch die Aufnahme einer Ausstellungszahlung in die Förderkriterien für die
aus dem Einzelplan 04 finanzierten oder bezuschussten Institutionen oder Pro-
jektträger im nichtkommerziellen Raum könnte der Bund die Wertschätzung für
die kreative Leistung von Künstlerinnen und Künstlern sowie Fotografinnen
und Fotografen erhöhen und somit eine Vorbildfunktion erfüllen.

„Farbe ist der schnellste Weg zum Herzen“ sagt Jerry Zeniuk, Professor für Bil-
dende Kunst an der Akademie der Künste in München. Damit dieser Weg zu
Lebzeiten der Künstlerinnen und Künstler sowie der Fotografinnen und Foto-
grafen bei Ausstellungen im nichtkommerziellen Raum nicht mehr brotlos
beschritten werden muss, könnte der Bund durch die Aufnahme einer obligato-
rischen Ausstellungszahlung in seine Förderkriterien Kommunen, Länder und
private Ausstellungsausrichter motivieren, eine adäquate Form der Ausstel-
lungszahlung zu etablieren, um lebenden bildenden Künstlerinnen und Künst-
lern sowie Fotografinnen und Fotografen eine finanzielle Gegenleistung der
Ausstellung ihrer Werke im nichtkommerziellen Raum zu ermöglichen.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.