BT-Drucksache 17/6186

60 Jahre Wohnungseigentumsgesetz

Vom 14. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6186
17. Wahlperiode 14. 06. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Daniela Wagner, Nicole Maisch, Ingrid Hönlinger,
Bettina Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Memet Kilic, Stephan Kühn, Jerzy Montag,
Ingrid Nestle, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

60 Jahre Wohnungseigentumsgesetz

In diesem Jahr wird das Wohnungseigentumsgesetz (WoEigG) 60 Jahre alt. Aus
diesem Anlass überprüft die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die recht-
lichen Rahmenbedingungen für das Wohnungseigentum und die zentralen Um-
setzungsprobleme in diesem Bereich. Um das WoEigG an die Änderungen des
deutschen Wohnungsmarktes anzupassen, gab es seit seiner Entstehung zwei
Reformen. Die letzte Reform fand im Jahr 2007 statt.

Trotz der Reformen werden von Wohnungseigentümern zahlreiche Konflikt-
punkte benannt. So ist häufig die unzureichende Höhe bzw. die nicht recht-
zeitige und vorsorgende Bildung von Instandhaltungsrücklagen durch die
Wohnungseigentümergemeinschaften der Auslöser einer Vielzahl von Rechts-
streitigkeiten. Diese können zu Insolvenzen, Zwangsvollstreckungen und
Zwangsversteigerungsverfahren führen. Teilweise werden dadurch die anderen
Wohnungseigentümer finanziell höher belastet, da sie die Ausfälle innerhalb
der Gemeinschaft solidarisch tragen müssen.

Zusätzlich werden Defizite bei der Qualifizierung von gewerblichen Woh-
nungseigentumsverwaltern durch den Verbraucherschutzverband „Wohnen im
Eigentum“ thematisiert. Nach § 27 WoEigG sind Wohnungseigentumsverwal-
ter für die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verant-
wortlich. Hierzu gehören der langfristige Erhalt der Wohnanlage sowie die Ver-
waltung des Vermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft, das bei großen
Anlagen im Millionen-Euro-Bereich liegen kann. Nach derzeitiger Rechts-
auffassung kann jede natürliche und juristische Person als Verwalter bzw. Ver-
walterin tätig werden. Sie unterliegt ausschließlich der Pflicht zur Gewerbe-
anzeige gemäß § 14 der Gewerbeordnung. Umfragen des Verbandes haben er-
geben, dass im Bereich der ordnungsgemäßen Verwaltung teilweise erhebliche
Mängel vorliegen. Aufgezählt werden kaufmännische Defizite in Form von
unvollständigen oder fehlerhaften Jahresabrechnungen, Wirtschaftsplänen und
unzureichende Buchführungskenntnisse. Auch technische Defizite werden be-
nannt, wie fehlerhafte Instandhaltungsplanungen oder unregelmäßige Objekt-
begehungen, die eine unzureichende Sicherung von Gewährleistungsansprü-

chen zur Folge haben können. Zusätzlich seien auch mangelhafte Rechtskennt-
nisse ein Problem. Kritisiert wird wegen der zentralen Position des Verwalters
zum Beispiel der nicht erforderliche Sachkundenachweis oder die nicht einheit-
lich vorhandenen Ausbildungs- und Qualitätsstandards sowie die fehlende
Erlaubnispflicht im Sinne der Gewerbeordnung und das fehlende Erfordernis
der Zuverlässigkeit.

Drucksache 17/6186 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Informations- und Beratungsangebote bietet die Bundesregierung
selbstnutzenden Wohnungseigentümern und Verwaltungsbeiräten an, damit
diese die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums gemäß den Anforderun-
gen des Wohnungseigentumsgesetzes, der umfangreichen Rechtsprechung
und zum Wohl der Gemeinschaft sowie zum Werterhalt der Immobilie
sachgemäß und gesetzeskonform organisieren und regeln können?

2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl von Fällen,
bei denen Instandhaltungsrücklagen zu niedrig bemessen wurden?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, eine gesetzliche Ver-
pflichtung zur Errichtung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage,
orientiert an § 28 der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berech-
nungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, einzuführen, und prüft sie
die Möglichkeit, eine solche Verpflichtung einzuführen?

4. Wie will die Bundesregierung gewährleisten, dass angemessene Instand-
haltungsrücklagen in Wohnungseigentumsgemeinschaften gebildet wer-
den?

5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Umsetzungsprobleme
von Wohnungseigentumsgemeinschaften in Bezug auf energetische Moder-
nisierungen sowie den altersgerechten Umbau, und was will sie gegen diese
Umsetzungsprobleme unternehmen?

6. Inwiefern und durch welche konkreten Maßnahmen fördert die Bundes-
regierung die energetische Modernisierung von Wohnungseigentumsanla-
gen?

7. Inwiefern und durch welche konkreten Maßnahmen will die Bundesregie-
rung die Herstellung von altersgerechtem Wohnraum in Wohnungseigen-
tumsgemeinschaften erleichtern?

8. In welcher Höhe und wie häufig wurden seit 2009 Fördermittel der KfW
Bankengruppe von Wohnungseigentumsgemeinschaften für die energet-
ische Modernisierung genutzt?

9. In welcher Höhe und wie häufig wurden seit 2009 Fördermittel der KfW
Bankengruppe von Wohnungseigentumsgemeinschaften für den alters-
gerechten Umbau genutzt?

10. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über weitere Konflikte, die im Be-
reich des Wohnungseigentums virulent sind?

Wenn ja, um welche handelt es sich, und wie will sie diese beseitigen?

11. Sind der Bundesregierung die benannten kaufmännischen, technischen und
juristischen Defizite im Bereich der gewerblichen Wohnungseigentums-
verwaltung bekannt z. B. durch Beschwerdebriefe von Wohnungseigen-
tümern?

12. Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um
diese Missstände zu beseitigen?

13. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über weitere Mängel bei gewerb-
lichen Immobilienverwaltern?

Wenn ja, um welche handelt es sich, und wie will sie diese beseitigen?

14. Wie viele Beschwerden über Wohnungseigentumsverwalter liegen den Ge-
werbeaufsichtsämtern von Wohnungseigentümern vor?

15. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Überschuldungen

von Kleineigentümern durch eine unsachgemäße Verwaltertätigkeit vor?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6186

16. Wie viel Prozent der Wohnungseigentümer stellen ihren Wohnungsverwal-
tern unbefristete Dauervollmachten aus?

17. Wie häufig wurde den Wohnungsverwaltern die Zuverlässigkeit auf der
Grundlage des § 35 der Gewerbeordnung durch die Gewerbeaufsichtsbe-
hörden seit 2000 aberkannt (bitte aufschlüsseln nach Bundesland, Gebiets-
körperschaften)?

18. Plant die Bundesregierung in absehbarer Zeit, weitere gesetzliche Abberu-
fungsgründe für Wohnungseigentumsverwalter (zusätzlich zum Nicht-Füh-
ren der Beschlusssammlung) in das WoEigG aufzunehmen?

Wenn ja, um welche handelt es sich?

19. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über Klima-, Umwelt- und Bauschä-
den, welche durch unsachgemäße gewerbliche Verwaltung des Wohnungs-
eigentums verursacht worden sind?

Wenn ja, um welche handelt es sich?

20. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass gewerblich tätige Immobilien-/
Wohnungseigentumsverwalter ausreichende und einheitliche Qualifikatio-
nen besitzen?

21. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, ein Verwalterregister ein-
zuführen?

22. Welche Gründe sprechen nach Ansicht der Bundesregierung gegen die Ein-
führung einer Erlaubnispflicht im Sinne der Gewerbeordnung mit Sach-
kundenachweis für professionelle, gewerbsmäßige Wohnungsverwalter?

23. Plant die Bundesregierung die Einführung einer verbindlichen Vermögens-
schadenshaftpflichtversicherung für gewerbliche Verwalter?

24. Prüft die Bundesregierung eine Ausweitung der Makler- und Bauträgerver-
ordnung auf Immobilienverwalter – oder die Einführung einer separaten
Verordnung – bezüglich der Entgegennahme von Vermögenswerten der
Eigentümergemeinschaften?

25. Liegen der Bunderegierung Daten über die Anzahl von Rechtsstreitigkeiten
vor, welche sogenannte Zweiergemeinschaften nach dem WoEigG betref-
fen, und wenn ja, welche?

Berlin, den 10. Juni 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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