BT-Drucksache 17/5979

Freiwilliges Soziales Jahr Kultur

Vom 25. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5979
17. Wahlperiode 25. 05. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Kai Gehring, Ekin Deligöz, Katja Dörner,
Priska Hinz (Herborn), Monika Lazar, Tabea Rößner, Krista Sager und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Freiwilliges Soziales Jahr Kultur

Freiwilliges gesellschaftliches Engagement im Bereich Kultur spielt bei der Ak-
tivierung des individuellen kreativen Potenzials eine wichtige Rolle. Der Bezug
zur kulturellen und musischen Bildung hilft jungen Menschen, sich zu selbstbe-
stimmten und gestaltungsfähigen Persönlichkeiten zu entwickeln. Der Kontakt
mit den Künsten fördert darüber hinaus soziale und emotionale Kompetenzen
und führt zu mehr gesellschaftlicher Partizipation.

Das Freiwillige Soziale Jahr Kultur, das sich aktuell in seinem zehnten Jubi-
läumsjahrgang befindet, ist ein bedeutendes Instrument der kulturellen Bildung
und des bürgerlichen Engagements. Das Freiwillige Soziale Jahr Kultur gibt jun-
gen Menschen die Möglichkeit, einen Einblick hinter die Kulissen des Kultur-
betriebs zu gewinnen. Der Zugang zu Kunst und Kultur wird durch die Teilhabe
an künstlerischen Entstehungsprozessen gestärkt. Darüber hinaus bietet das
Freiwillige Soziale Jahr Kultur Freiwilligen in Museen, Musik- und Kunstschu-
len, (Sozio-)Kulturzentren, Bibliotheken, Theatern und vielen weiteren Einsatz-
stellen die Gelegenheit, Kunst und Kultur zu unterstützen und kulturelle Kom-
petenzen zu erlangen. Gestartet mit 125 Plätzen, bietet das Freiwillige Soziale
Jahr Kultur aktuell 1 100 Plätze in 900 Kultureinrichtungen, die sich als Einsatz-
stellen beteiligen. Insgesamt bewarben sich bisher mehr als 38 000 Freiwillige
zwischen 16 und 26 Jahren.

Die Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes durch die Bundesregierung in-
folge der Aussetzung des Zivildienstes, markiert einen Paradigmenwechsel von
Pflicht- zu Freiwilligendiensten. Die Ausgestaltung des Bundesfreiwilligen-
dienstgesetzes, das bereits im § 1 ausdrücklich den kulturellen Bereich als Ein-
satzstellen benennt, wirft hinsichtlich der Schaffung von doppelten Strukturen
im Bereich der kulturellen Freiwilligendienste, der Sicherung der Arbeitsmarkt-
neutralität in den Einsatzstellen, der administrativen Abwicklung über das ehe-
malige Bundesamt für den Zivildienst und der Infrastrukturbildung für eine an-
gemessene Anerkennungskultur ungeklärte Fragen auf. Um sicherzustellen, ob
und in welcher Form die kulturellen Freiwilligendienste als Zugangsmöglichkeit
zur künstlerischen und kulturellen Entwicklung aktuell gestärkt und ausgebaut

werden, bitten wir die Bundesregierung um die Beantwortung der offenen Fra-
gen.

Drucksache 17/5979 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Freiwillige haben in welchem zeitlichen Umfang die bestehenden
Angebote im FSJ-Kultur (FSJ = Freiwilliges Soziales Jahr) genutzt (bitte
für die letzten zehn Jahre, aufgeschlüsselt nach Einsatzbereichen und -stel-
len angeben)?

2. Wie setzt sich die Alters- und Geschlechtsstruktur der Freiwilligen im FSJ-
Kultur zusammen (bitte für die letzten zehn Jahre angeben)?

3. Wie viele Einsatzstellen bieten im aktuellen (2010/2011) und folgenden
Jahrgang (2011/2012) einen oder mehrere FSJ-Kultur-Plätze an (bitte die
genauen Platzanzahlen angeben und die Summe der angebotenen Plätze
ausweisen)?

4. Ist seitens der Bundesregierung geplant, die bisherigen FSJ-Kultur-Plätze
quantitativ zu erweitern?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden dafür ergriffen, und welche
Platzzahlen sind seitens der Bundesregierung als Zielsetzung zu nennen?

5. Wie hoch ist der Anteil an kulturellen Einsatzstellen und Platzzahlen inner-
halb des Freiwilligendienstes „Freiwilliges Soziales Jahr“?

6. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung bei einer stagnierenden und/
oder rückläufigen Einschätzung der Platzzahlen ergreifen?

7. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um das kreative
Potenzial von möglichen Freiwilligen zu aktivieren?

8. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um auch
junge Männer anzusprechen, die durch die Aussetzung des Zivildienstes
potenziell für das FSJ-Kultur gewonnen werden könnten?

9. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die beste-
henden Strukturen und inhaltliche Ausgestaltung des FSJ-Kultur qualitativ
zu stärken?

10. Welchen Vorteil/welche Vorteile ergeben sich für die bestehenden Einsatz-
stellen des FSJ-Kultur durch die Einführung des Bundesfreiwilligendienst-
gesetzes?

11. Plant die Bundesregierung bei der Einführung des neuen Bundesfreiwilli-
gendienstes, den Bereich Kultur besonders zu fördern?

Beispielsweise durch eine eigene Werbekampagne oder eine exklusive
Positionierung in der von der Bundesregierung geplanten Werbekampagne
zum Bundesfreiwilligendienst, um das freiwillige Engagement im Bereich
Kultur besonders zu stärken?

12. Welche Kosten entstehen der Bundesregierung für die geplante Werbekam-
pagne zur Einführung des Bundesfreiwilligendiensts?

13. Inwiefern können die bestehenden Einsatzstellen für das FSJ-Kultur von
dem Kopplungsmodell, das im Bundesfreiwilligendienstgesetz verankert
ist, profitieren?

14. Welche Verbände haben im Bereich Kultur den Aufbau einer Zentralstelle
angekündigt (bitte benennen)?

15. Welche Mindestanforderungen für die Bildung einer Zentralstelle, ins-
besondere hinsichtlich der erforderlichen Zahl, Größe und geografischen
Verteilung der Einsatzstellen und Träger müssen für den Bereich Kultur
vorliegen, und zu welchem Zeitpunkt ist mit der Festlegung von Mindest-
anforderungen zu rechnen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5979

16. Plant die Bundesregierung einen Schlüssel einzuführen, der die Benennung
der Zentralstellen regelt und/oder die angemessene, auf Nachfrage basie-
rende Verteilung der im Bundesfreiwilligendienst zusammengefassten
Bereiche für Freiwilligentätigkeiten wie soziales, ökologisches und Kultur
sicherstellt?

Wenn ja, wie wird dieser aussehen und angewandt?

Wenn nein, warum nicht?

17. Welche Konsequenzen ergeben sich für die bestehenden Einsatzstellen des
FSJ-Kultur durch die Einführung des Bundesfreiwilligendienstgesetzes in
Bezug auf die pädagogische Begleitung der Freiwilligen?

18. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um den Bestand
an kulturellen Zentren, die Einsatzstellen für Freiwillige im kulturellen Be-
reich anbieten, bzw. anbieten könnten, trotz angespannter Haushaltslage der
Kommunen und Ländern, zu sichern?

19. Wie plant die Bundesregierung doppelte Strukturen, die durch die Einfüh-
rung des Bundesfreiwilligendienstgesetzes – insbesondere im Bereich Kul-
tur – entstehen können, zu verhindern?

20. Plant die Bundesregierung die aktuell bestehenden Einsatzstellen und – bei
einer eventuellen Ausweitung der Platzzahl – zusätzliche Einsatzstellen im
kulturellen Bereich, die durch die Einführung des Bundesfreiwilligendiens-
tes von Freiwilligen in Anspruch genommen werden können, auf Arbeits-
marktneutralität zu prüfen?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden seitens der Bundesregie-
rung ergriffen (bitte Methodik der Prüfung und Kriterien auflisten)?

21. Plant die Bundesregierung ein onlinegestütztes Bewerbungsverfahren, wie
es für das FSJ-Kultur von der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und
Jugendbildung e. V. (BKJ) zur Verfügung gestellt wird, für den Bundesfrei-
willigendienst Kultur einzuführen?

Wenn ja, welche Kosten werden für die Entwicklung und Einführung ver-
anschlagt, und wie plant die Bundesregierung eine konstruktive Vernetzung
mit den bestehenden Bewerbungsverfahren zu gewährleisten?

Wenn nein, wie plant die Bundesregierung das Bewerbungsverfahren für
den Bereich Kultur im Bundesfreiwilligendienst?

22. Plant die Bundesregierung, die Verwaltung und die Abwicklung der Bewer-
bungen des Bundesfreiwilligendienstes im kulturellen Bereich innerhalb
des ehemaligen Bundesamtes für den Zivildient anzusiedeln?

Wenn ja, wie stellt die Bundesregierung sicher, dass der kulturelle Bereich
des Bundesfreiwilligendienstes – insbesondere die Auswahl der Einsatz-
stellen – von kulturellem Fachpersonal betreut wird?

23. In den Bundesfreiwilligendienst sollen rund 350 Mio. Euro der durch die
Aussetzung des Zivildienstes frei werdenden 600 Mio. Euro investiert wer-
den.

Wie viel dieses Betrages wird in dem Bereich des Bundesfreiwilligendiens-
tes Kultur investiert, und wofür wird es konkret eingesetzt?

24. Welche Anerkennung gibt es für die Freiwilligen, die ein FSJ-Kultur abge-
leistet haben (bitte konkret auflisten)?

25. Welche Formen der Anerkennung sind für den Bereich Kultur im Bundes-
freiwilligendienstgesetz geplant, und wie erfolgt eine Umsetzung?

Drucksache 17/5979 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
26. Plant die Bundesregierung, eventuelle Abweichungen zwischen den Aner-
kennungen der beiden Freiwilligendienste im Bereich Kultur – dem FSJ-
Kultur und dem Bundesfreiwilligendienst – anzugleichen?

Wenn ja, wie wird die Anerkennungskultur homogenisiert, und welche
Konsequenzen erwarten dadurch die Einsatzstellen des FSJ-Kultur?

27. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Frauen und
Männer über 26 Jahren zu einem Bundesfreiwilligendienst im Bereich der
Kultur zu motivieren?

28. Plant die Bundesregierung die heterogenen Anforderungen und Erwartun-
gen älterer, mit mehr Lebenserfahrung ausgestatter Frauen und Männer, die
einen Bundesfreiwilligendienst im Bereich der Kultur absolvieren wollen,
in der Ausgestaltung der pädagogischen Betreuung zu berücksichtigen?

Wenn ja, wie werden die für die pädagogische Betreuung vorgesehenen
ehemaligen Zivildienstschulen auf diese Aufgabe vorbereitet, und plant die
Bundesregierung diesbezüglich Änderungen an den Bildungsmaterialien?

29. Plant die Bundesregierung, eine Evaluierung zur Einführung des Bundes-
freiwilligendienstgesetzes speziell für den kulturellen Bereich durchzufüh-
ren?

Wenn ja, in welcher konkreten Form werden daran Einsatzstellen und Frei-
willige beteiligt, die entweder aktuell oder bereits ein FSJ-Kultur absolvie-
ren/absolviert haben?

Berlin, den 25. Mai 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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