BT-Drucksache 17/5674

Die Strategie der Bundesregierung zur Bekämpfung der Internetkriminalität: Die Koordinierungsgruppe für anlassunabhängige Recherche im Internet des Bundes und der Länder

Vom 27. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5674
17. Wahlperiode 27. 04. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Petra Pau, Jan Korte, Dr. Petra Sitte, Herbert Behrens,
Ulla Jelpke, Jens Petermann, Kathrin Senger-Schäfer, Frank Tempel, Halina
Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Die Strategie der Bundesregierung zur Bekämpfung der Internetkriminalität – Die
Koordinierungsgruppe für anlassunabhängige Recherche im Internet des Bundes
und der Länder

Die Herbsttagung des Bundeskriminalamtes (BKA) im Jahr 2007 fand unter dem
Motto „Tatort Internet – eine globale Herausforderung für die Innere Sicherheit“
statt. In seinem Vortrag auf dieser Tagung führte der BKA-Präsident Jörg
Ziercke Folgendes aus:

,Im digitalen Zeitalter hat sich die Ermittlungspraxis grundlegend geändert.
Während es vor fünf oder zehn Jahren z. B. bei Wohnungsdurchsuchungen vor
allem darum ging, schriftliche Unterlagen sicherzustellen, stoßen wir heute auf
die unterschiedlichsten technischen Geräte und Speichermedien. Informationen
mit Beweiswert legen die Täter nicht nur auf ihrem PC, sondern auch im Internet
ab. Zum Telefonieren nutzen Täter heute nur noch selten Festnetzanschlüsse,
stattdessen gewinnt die Internet-Telefonie an Bedeutung. Frei zugängliche Mög-
lichkeiten der Kryptierung, der Steganofie und Anonymisierung, die Verschlei-
erung von IP-Adressen und die Verwendung von Passwörtern lassen klassische
polizeiliche Ermittlungsinstrumente immer mehr ins Leere laufen.

Auf diese Entwicklungen hat die Polizei bereits mit neuen Bekämpfungsansät-
zen und der Schaffung von Spezialdienststellen reagiert. So gibt es seit Mitte der
1990er-Jahre Dienststellen für anlassunabhängige Recherchen im Internet, im
BKA die „Zentralstelle für anlassunabhängige Recherchen in Datennetzen“,
kurz ZaRD. Die Online-Streife sucht im Internet systematisch nach strafbaren
Inhalten – deliktsübergreifend. Bund und Länder haben eine gemeinsame „Ko-
ordinierungsgruppe für anlassunabhängige Recherchen im Internet“ (KaRIn)
eingerichtet.‘ (Jörg Ziercke, Polizei in der digitalen Welt, Kurzfassung des Vor-
trags auf der BKA-Herbsttagung vom 20.–22. November 2007, S. 2 und 3)

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann genau wurde die KaRIn gegründet, und auf welchen Erlass bzw. Ver-
waltungsakt stützte sich die Einrichtung der KaRIn (bitte der Antwort bei-

fügen)?

2. Welche genauen Aufgaben und Zielstellungen verfolgt die KaRIn, und wie
haben sich die Aufgaben und Zielstellungen im Laufe der Jahre verändert und
entwickelt?

Drucksache 17/5674 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Welche Behörden und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten
in der KaRIn bzw. arbeiten von Seiten der Landeskriminalämter (LKA)
(dauerhaft) mit der KaRIn zusammen (bitte nach Jahren und Behörden auf-
listen)?

4. Auf welche Verwaltungsvereinbarungen bzw. Kooperationsabkommen
stützt sich die Zusammenarbeit des BKA mit den beteiligten Behörden der
Länder in der KaRIn (bitte der Antwort beifügen)?

5. Verfügt die KaRIn über eine oder mehrere eigene Dateien, und wenn ja,

a) auf welcher rechtlichen Grundlage geschieht dies,

b) wie viele Personen sind in welchen dieser Dateien erfasst,

c) wer ist für die datenschutzrechtliche Prüfung und Kontrolle der Einhal-
tung der jeweiligen Befugnisgrenzen zuständig,

d) welche nationalen und internationalen Behörden haben Zugriff auf wel-
che dieser Dateien,

e) wie sind die Persönlichkeitsrechte, das Recht auf Meinungsfreiheit und
das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Inter-
netnutzer gesichert (bitte die Errichtungsanordnungen beilegen)?

6. In wie vielen Fällen konnte die KaRIn bei der Auswertung des Internet Er-
kenntnisse und Ergebnisse gewinnen, die dann zum Zweck von Ermittlun-
gen an die zuständigen Sicherheitsbehörden weitergeleitet werden konnten
(bitte nach Jahren, Anzahl, Deliktgruppe und Adressat der Übermittlungen
sowie Ergebnis auflisten), und wie viele Straftaten konnten so aufgeklärt
werden (bitte nach Ermittlungsverfahren, Deliktbereichen und Ergebnis
auflisten)?

7. In wie vielen Fällen hat die KaRIn die Beweiserhebung, Beweissicherung
und Beweisdokumentation selber durchgeführt (bitte nach Jahren, Delikt-
bereichen, Ermittlungsverfahren und Ergebnis auflisten)?

8. Auf welche Internetdienste erstrecken sich die Recherchen der KaRIn?

9. Werden diese Recherchen auch auf soziale Netzwerke wie facebook,
schülerVZ, studiVZ, Myspace etc. ausgedehnt, und wenn ja, auf welche,
und auf welcher rechtlichen Grundlage geschieht dies?

10. In wie vielen Fällen wurden bei der Recherche in sozialen Netzwerken kon-
krete Anfangsverdachtsfälle festgestellt (bitte auflisten nach Jahren, Delikt-
bereichen, Ermittlungsverfahren, Tatverdächtigen und Ergebnis)?

11. Mit welchen öffentlichen und privaten Stellen und Einrichtungen hat die
KaRIn seit ihrer Gründung in welcher Form zusammengearbeitet?

12. Welche Regelungen und Vorschriften gibt es in der bzw. für die KaRIn, mit
denen sichergestellt werden soll, dass bei Recherchen im Internet nicht
gegen das Persönlichkeitsrecht Einzelner verstoßen werden darf, indem
über einzelne Personen gezielt Daten zusammengetragen und gespeichert
werden, und wo sind diese Regelungen und Vorschriften für die KaRIn nie-
dergelegt (bitte der Antwort beifügen)?

13. Wie oft wurden seit Gründung der KaRIn welche Gremien des Deutschen
Bundestages und welche Gremien welcher Landesparlamente über die
Tätigkeit der KaRIn informiert (bitte nach Jahren und parlamentarischen
Gremien auflisten)?

14. Welche Mittel erhält die KaRIn aus dem Bundeshaushalt seit ihrer Gründung
(bitte nach Jahren auflisten), und in welchen Haushaltstiteln sind sie in

Bund und Ländern bereitgestellt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5674

15. In welcher Form kooperiert die KaRIn mit europäischen Sicherheitsstellen
(bitte die einzelnen Stellen auflisten und die Form der Zusammenarbeit so-
wie die jeweiligen Rechtsgrundlagen kurz darstellen)?

16. Wie hat sich die Zusammenarbeit der KaRIn mit dem EUROPOL-Projekt
„check the web“ gestaltet und entwickelt?

17. Wie hat sich die Gründung des Gemeinsamen Internetzentrums ausgewirkt,
und wie wird sich die Gründung des Nationalen Cyber-Abwehrzentrums
auf die Arbeit der KaRIn auswirken?

18. Welche personellen Überschneidung ergeben sich zwischen den Einrichtun-
gen KaRIn, ZaRD, check the web, Gemeinsames Internetzentrum und Na-
tionales Cyber-Abwehrzentrum?

19. Welche informationellen Beziehungen wurden zwischen den in Frage 18
genannten Einrichtungen aufgebaut, d. h. welche Art Datenaustausch exis-
tiert zwischen welchen der genannten Einrichtungen?

20. Welche Arten von Ermittlungs- und Recherchemethoden darf welche der
genannten Einrichtungen anwenden (z. B. Onlinedurchsuchung, Infiltra-
tion, fakeposting, andere Formen – bitte abschließend auflisten)?

Berlin, den 20. April 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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