BT-Drucksache 17/5644

Geplante Neustrukturierung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente und ihre Auswirkungen auf den Übergang Schule-Beruf und die berufliche Weiterbildung

Vom 20. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5644
17. Wahlperiode 20. 04. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Agnes Alpers, Sabine Zimmermann, Dr. Petra Sitte, Heidrun
Dittrich, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, Klaus Ernst, Nicole Gohlke,
Dr. Rosemarie Hein, Katja Kipping, Ingrid Remmers und der Fraktion DIE LINKE.

Geplante Neustrukturierung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente und ihre
Auswirkungen auf den Übergang Schule–Beruf und die berufliche Weiterbildung

Die anstehende Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente bietet eine
Chance, den Übergang Schule–Beruf durch Maßnahmen der Bundesagentur für
Arbeit besser zu gestalten. Jedoch sieht das aktuelle Sparpaket der Bundesregie-
rung Kürzungen in Milliardenhöhe im Bereich der arbeitsmarktpolitischen In-
strumente vor. Es bleibt ungewiss, wie die Bundesregierung eine Kürzung der
Mittel mit einer Verbesserung für die Betroffenen vereinbaren will. Diese Si-
tuation wird dadurch verstärkt, dass Evaluationsergebnisse zu vielen Instrumen-
ten fehlen oder der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Auch der jüngst ver-
öffentlichte Berufsbildungsbericht zeichnet nur ein vages Bild der eigentlichen
Situation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung und der Rolle von arbeits-
marktpolitischen Maßnahmen in den Rechtskreisen des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB II) und SGB III. Detaillierte Zahlen einer integrierten
Ausbildungsstatistik fehlen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Menschen befanden sich nach der integrierten Ausbildungsstatistik
im Jahr 2010 in Maßnahmen des sogenannten Übergangssystems (aufge-
schlüsselt nach Bundesländern und nach Geschlecht)?

a) Wie viele befanden sich in Bildungsgängen an Berufsfachschulen, die
einen allgemeinbildenden Abschluss der Sekundarstufe I vermitteln?

b) Wie viele befanden sich in Bildungsgängen an Berufsfachschulen, die
eine berufliche Grundbildung vermitteln, die angerechnet werden kann?

c) Wie viele befanden sich im Berufsgrundbildungsjahr (Vollzeit/schulisch)?

d) Wie viele befanden sich in Bildungsgängen an Berufsfachschulen, die
eine berufliche Grundbildung vermitteln, ohne Anrechnung?

e) Wie viele befanden sich im Berufsvorbereitungsjahr inklusive der einjäh-
rigen Berufseinstiegsklassen?
f) Wie viele befanden sich in Bildungsgängen an Berufsschulen für erwerbs-
tätige/erwerbslose Schüler ohne Ausbildungsvertrag?

g) Wie viele befanden sich in Bildungsgängen an Berufsschulen für Schüler
ohne Ausbildungsvertrag, die allgemeine Abschlüsse der Sekundarstufe I
anstreben?

Drucksache 17/5644 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

h) Wie viele absolvierten Pflichtpraktika vor der Erzieherausbildung an be-
ruflichen Schulen?

i) Wie viele befanden sich in berufsvorbereitenden Bildungsgängen der
Bundesagentur für Arbeit?

j) Wie viele nahmen an einer Einstiegsqualifizierung (Bundesagentur für
Arbeit) teil?

k) Wie viele nahmen an Maßnahmen der Arbeitsverwaltung an beruflichen
Schulen teil?

2. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung der arbeitsmarktpoliti-
schen Maßnahmen der Berufsvorbereitung in den letzten Jahren?

Welche Instrumente sieht sie als besonders erfolgreich an und warum?

Welche Instrumente haben sich nicht bewährt?

3. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass es aufgrund der geringeren zur
Verfügung gestellten Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik auch zu Ein-
schränkungen bei den Maßnahmen der Berufsvorbereitung kommt?

4. Welchen Stellenwert haben Maßnahmen der Berufsvorbereitung bei der von
der Bundesregierung geplanten Reform der arbeitsmarktpolitischen Instru-
mente?

a) Plant die Bundesregierung, den Bereich Berufsvorbereitung innerhalb der
nächsten fünf Jahre auszubauen?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, warum nicht?

b) Welche Instrumente der Berufsvorbereitung sollen im Zuge der Reform
der arbeitsmarktpolitischen Instrumente gestrichen werden?

c) Welche Instrumente der Berufsvorbereitung sind nach derzeitiger Rechts-
lage Pflichtleistungen, welche Ermessensleistungen?

Plant die Bundesregierung hier Veränderungen?

d) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über sogenannte Creaming-
Effekte bei Maßnahmen der Berufsvorbereitung, und wie will sie sicher-
stellen, dass benachteiligte Gruppen nicht ins Hintertreffen geraten?

5. Plant die Bundesregierung, die Berufseinstiegsbegleitung dauerhaft im
SGB III zu verankern?

Wenn ja, auf welcher Finanzierungsbasis soll dies geschehen, und unter wel-
chen Bedingungen sollen die Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter
beschäftigt werden?

Wenn nein, warum nicht?

6. Plant die Bundesregierung die Abschaffung des Ausbildungsbonus?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

Für welchen Zweck würden freiwerdende finanzielle Mittel verwendet wer-
den?

7. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass im Dezember 2010 im Vergleich
zum Vorjahresmonat 17,2 Prozent weniger Bewilligungen für den Ausbil-
dungsbonus erteilt wurden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5644

8. Plant die Bundesregierung die Integration der betrieblichen Einstiegsquali-
fizierung in berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen?

Wenn ja, warum ist dies der Fall, und wie lassen sich die beiden unterschied-
lichen Instrumente zusammenbringen?

Wenn nein, warum nicht?

9. Hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatten
um mangelnde Qualifikationen von Auszubildenden bzw. von Schulabsol-
ventinnen und -absolventen einen Ausbau der ausbildungsbegleitenden Hil-
fen für sinnvoll?

Wenn ja, welchen Ausbau plant die Bundesregierung, und wie schlägt sich
dies in einer veränderten Haushaltszuweisung nieder?

Wenn nein, warum nicht?

10. Welches Konzept verfolgt die Bundesregierung, um den 1,5 Millionen jun-
gen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren, die weder eine Berufsausbildung
abgeschlossen haben noch sich in einer Berufsausbildung befinden, den Er-
werb eines anerkannten Berufsabschlusses zu ermöglichen?

11. Plant die Bundesregierung, den Rechtsanspruch auf die Vorbereitung für
das Nachholen des Hauptschulabschlusses auf einen generellen Rechts-
anspruch auf die Vorbereitung für das Nachholen eines Schulabschlusses
– oder zumindest des mittleren Schulabschlusses – zu erweitern, um die
Qualifizierung der Einzelnen zu gewährleisten und auf die Anforderungen
des Arbeitsmarktes zu reagieren?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

12. Plant die Bundesregierung, den Rechtsanspruch auf die Vorbereitung für
das Nachholen des Hauptschulabschlusses auf einen Rechtsanspruch auf die
Vorbereitung für das Nachholen eines Berufsabschlusses zu erweitern, um
die Qualifizierung der Einzelnen zu gewährleisten und auf die Anforderun-
gen des Arbeitsmarktes zu reagieren?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

13. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um sicherzustellen, dass
die Lehrenden in der nach SGB II und SGB III geförderten Aus- und Wei-
terbildung nicht zu Niedriglöhnen arbeiten müssen?

14. Plant die Bundesregierung, die Vergabe von Leistungen der beruflichen
Aus- und Weiterbildung im Rahmen des SGB II und SGB III an tarifliche
Standards zu binden, um eine angemessene Entlohnung der Lehrenden in
geförderten Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung sicherzustellen?

15. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um dafür Sorge zu tragen,
dass die Lehrenden in der nach SGB II und SGB III geförderten Aus- und
Weiterbildung kontinuierlich im Rahmen ihrer Arbeitszeit Fortbildungen
absolvieren?

16. Plant die Bundesregierung die Vereinigung von WeGebAU (Weiterbildung
Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unterneh-
men) und Förderung beruflicher Weiterbildung (FbW) in einem Instrument?

a) Wenn ja, aus welchen Gründen, und wie will die Bundesregierung sicher-
stellen, dass ältere und gering qualifizierte Beschäftigte eine besondere
Förderung erhalten?
b) Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die genannten Instru-
mente mehr Unternehmen als zurzeit bekannt sind?

Drucksache 17/5644 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
17. Wie erklärt sich die Bundesregierung den Rückgang der Neueintritte in der
Förderung der beruflichen Weiterbildung zwischen 2009 und 2011 von
133 591 auf 77 372 um 41,1 Prozent?

Berlin, den 20. April 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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