BT-Drucksache 17/5538

Auswirkungen der Neuorganisation der Bundespolizei auf das Saarland

Vom 12. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5538
17. Wahlperiode 12. 04. 2011

Kleine Anfrage
des Abgeordneten Markus Tressel, Wolfgang Wieland, Dr. Konstantin von Notz,
Memet Kilic, Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auswirkungen der Neuorganisation der Bundespolizei auf das Saarland

Am 5. Juli 2010 wurde in einer öffentlichen Sachverständigenanhörung des
Innenausschusses des Deutschen Bundestages die Neuorganisation der Bundes-
polizei erörtert.

Die 2008 beschlossene Neuorganisation der Bundespolizei stieß bei allen Ex-
perten auf deutliche Kritik. Zu der Neuorganisation gehörten unter anderem die
Schaffung des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam als oberste Bundespolizei-
behörde sowie die Zusammenfassung der vorherigen 19 Bundespolizeiämter zu
neun regionalen Bundespolizeidirektionen. Zentrales Ziel des damaligen Bun-
desministers des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, war eine Straffung der Orga-
nisation sowie 1 000 zusätzliche Polizeibeamtinnen und Beamte auf die Straße
zu bringen.

Die Mitarbeiter beklagen einen erheblichen Mehraufwand in vielen Bereichen,
auch als Folge davon, dass die Zahl der Dienstposten nicht in Relation zum
Aufgabenvolumen steht.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird unzureichend berücksichtigt. In
immer kürzeren Zyklen werden den bei der Bundespolizei Beschäftigten neue
Arbeitsaufgaben übertragen, sie müssen häufig ihren Wohnsitz wechseln und
damit ihre sozialen Bindungen und ihre familiären Verpflichtungen neu orien-
tieren und gegebenenfalls quer durch die Bundesrepublik Deutschland umzie-
hen. Dies alles erfolgte bisher ohne wirkliche und spürbare Kompensation und
ohne durchgreifende Anerkennung und Wertschätzung.

Eine weiteres Problemfeld ergibt sich im Saarland, wo die notorische Unter-
besetzung der Bundespolizei vor allem vor dem Hintergrund der Grenzüber-
wachung von besonderer Bedeutung ist. Der Altersschnitt der eingesetzten
Beamten ist eine zusätzliche Problemdimension, da zum Teil Beamte mit Auf-
gaben betraut werden, für die sie rein körperlich nicht mehr optimal geeignet
sind.

Wir fragen die Bundesregierung
1. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung am Beispiel der Umset-
zung der Bundespolizeireform im Saarland vor dem Hintergrund, dass die
Personalbedarfsberechnung für das Saarland mit Hilfe eines Determinaten-
schlüssels berechnet wurde, jedoch das errechnete Personal zur Erfüllung
der Arbeit nicht vorhanden ist?

Drucksache 17/5538 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Inwiefern ist es zutreffend, dass es nicht zu einer umfassenden Auf-
stockung von Personal bei der Bundespolizei im Saarland kommen wird,
so wie das im Zuge der Bundespolizeireform vom ehemaligen Parlamen-
tarischen Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Peter Altmaier,
proklamiert wurde?

Wie groß ist die personelle Differenz?

3. Inwiefern wurden die Vorschläge der Experten, die am 5. Juli 2010 im In-
nenausschuss des Deutschen Bundestages gehört wurden, umgesetzt?

a) Hat die Bundespolizei ein Personalkonzept für die bedarfsorientierte,
regionale Einstellung in den regionalen Direktionen entwickelt?

b) Wie ist der personelle Auffüllungsgrad in Prozent bei den regionalen
Direktionen und Inspektionen, insbesondere im Saarland?

4. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Planstellen-
anteile des gehobenen und höheren Dienstes bei der Bundespolizei insge-
samt zu vergrößern, und in welchem Zeitraum soll dies erfolgen?

5. Wie ist der Planstellenanteil mittlerer/gehobener/höherer Dienst in Prozent
bei den regionalen Direktionen und Inspektionen (bitte exakt auflisten)?

6. Inwiefern sind die Bewertungen der Funktionen, sowohl im mittleren als
auch im gehobenen Dienst, angepasst und angehoben worden?

7. Inwiefern wurden die komplizierten und lange dauernden Aufstiegsverfah-
ren verkürzt und vereinfacht?

8. Inwiefern wurde die stark kritisierte kennzahlengeschützte Steuerung und
die Erhebung zahlreicher Daten in unterschiedlichen elektronischen Syste-
men zurückgefahren?

9. Wie fällt das bisherige Urteil über das Attraktivitätsprogramm der Bundes-
polizei aus?

Wird dieses Programm über 2013 hinaus verlängert und gegebenenfalls
weiterentwickelt und ausgebaut?

10. Wie hat die Bundesregierung auf den Vorwurf reagiert, die Bundespolizei
sei entsprechend ihren Aufgaben im In- und Ausland weder personell im
erforderlichen Maße ausgestattet noch vorbereitet?

11. Welche Veränderungen bei der Bundespolizei wurden vorgenommen, um
der internationalen Bedeutung der Bundespolizei Rechnung zu tragen?

Gibt es inzwischen ein schlüssiges Auslandsverwendungskonzept und die
erforderliche personelle Unterlegung für diese bedeutsame Aufgabe der
Bundespolizei?

a) Im Saarland wird seit fast sieben Jahren – erfolgreich – ein Projekt
Deutsch-Französische Streifen durchgeführt.

Inwiefern ist eine Etatisierung des seit sieben Jahren erfolgreich durch-
geführten Projektes der Deutsch-Französischen Streifen zur Weiterent-
wicklung der deutsch-französischen Freundschaft vorgesehen?

b) Ist zur Förderung der französischen Sprachkompetenz deutscher Poli-
zisten und zur Förderung der deutschen Sprachkompetenz französischer
Polizisten eine Aus- und Fortbildungseinheit im Saarland geplant?

12. Wie setzt die Bundesregierung den Vorschlag eines Experten um, dass die
Leistungsprämien und Zulagen als Kompensation für Beförderungen, be-
sonders in der Verwaltung und in den unteren Besoldungsgruppen, verwen-

det werden können?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5538

13. Beabsichtigt die Bundesregierung, aufgrund der hohen Kranken- und
Burnoutquote regelmäßig Vorsorgekuren für alle Beschäftigten einzurich-
ten, damit die enormen Belastungen erträglicher werden?

Welche weiteren Maßnahmen zur Senkung des Krankenstandes wurden ge-
troffen?

14. Welche konkreten Maßnahmen wurden durch die Bundesregierung in die
Wege geleitet, um das Berufsbild des Bundespolizisten in Einklang zur
Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu stellen?

15. Welche Dienststellen der Bundespolizei sind in die drei Kategorien einge-
teilt, die den personellen Aufwuchs regeln sollen (Kategorie 1= 100 Pro-
zent, Kategorie 2 = 82 Prozent, Kategorie 3 = 75 Prozent)?

a) Welche polizeifachliche Begründung liegt dieser Einteilung zugrunde?

b) Wie soll der ermittelte Arbeitsaufwand, der von einer personellen Aus-
stattung von 100 Prozent ausgeht, mit einem reduzierten Personal-
bestand erledigt werden?

Ist diesbezüglich an eine Aufgabenreduzierung gedacht?

16. a) Inwiefern wurden die Verantwortlichen der regionalen Direktionen und
Inspektionen bei der Erarbeitung der Kategorien beteiligt, und welche
personalwirtschaftlichen Auswirkungen hat die Einteilung in Katego-
rien?

b) Stehen diese Einteilungen im Einklang mit der Dienstvereinbarung zur
personellen Umsetzung der Bundespolizeireform?

17. a) Inwiefern ist es richtig, dass eine polizeifachliche Begründung für eine
Verlagerung des Inspektionssitzes der Bundespolizei Bexbach nach
Saarbrücken im Präsidium Potsdam vorliegt, diesem Antrag aber nicht
entsprochen werden kann, da die entsprechenden Haushaltsmittel nicht
zur Verfügung gestellt werden sollen?

b) Inwiefern ist es richtig, dass stattdessen weitere Haushaltsmittel für den
Ausbau der Bundespolizeiinspektion Bexbach am Standort Bexbach
ausgegeben werden sollen, obwohl polizeifachliche Gründe dem entge-
genstehen und obwohl sich Dienststellenleitung und Personalvertretung
für eine Verlagerung nach Saarbrücken ausgesprochen haben?

18. Inwiefern ist der Bundesregierung bekannt, dass in Nennig (Revier Nen-
nig) ein Planungs- und Bauvorhaben für einen Neubau besteht, der wegen
mangelnder Haushaltsmittel nicht weiterverfolgt werden soll, obwohl die
Arbeitsbedingungen in der Dienstselle in Nennig unakzeptabel sind?

19. Wann sind die angekündigten Neubaumaßnahmen für das Revier Saar-
brücken Goldene Bremm und das Revier Saarbrücken Hauptbahnhof ab-
geschlossen, und wann können die Beschäftigten in diese neuen Reviere
einziehen?

Berlin, den 12. April 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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