BT-Drucksache 17/5512

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -17/3617- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts b) zu dem Antrag der Abgeordneten Sonja Steffen, Christine Lambrecht, Dr. Peter Danckert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -17/2411- Änderung des Vormundschaftsrechts und weitere familienrechtliche Maßnahmen

Vom 13. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5512
17. Wahlperiode 13. 04. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/3617 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vormundschafts-
und Betreuungsrechts

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Sonja Steffen, Christine Lambrecht,
Dr. Peter Danckert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/2411 –

Änderung des Vormundschaftsrechts und weitere familienrechtliche
Maßnahmen

A. Problem

Zu Buchstabe a

Wie die vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) einberufene Arbeitsgruppe
„Familiengerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls – § 1666
BGB“ ermittelt hat, gibt die in der Amtsvormundschaft geübte Praxis Anlass zu
Kritik: Der Verantwortung, insbesondere für die Person und nicht nur für das
Vermögen des Mündels zu sorgen, werde vor allem aufgrund hoher Fallzahlen
oftmals nicht in vollem Umfang entsprochen. Ziel des Entwurfs ist es, den per-
sönlichen Kontakt des Vormunds zum Mündel und damit die Personensorge zu
stärken.

Für das Betreuungsrecht weist die Evaluation des Zweiten Betreuungsrechts-
änderungsgesetzes darauf hin, dass der persönliche Kontakt insbesondere von
Berufsbetreuern zu den Betreuten zurückgegangen ist und vom Gericht auf-
grund der vereinfachten Abrechnung weniger intensiv überprüft wird. Mit dem
Gesetzentwurf soll erreicht werden, dass der persönliche Kontakt zwischen

Betreuern und Betreuten besser dokumentiert und vom Gericht stärker beauf-
sichtigt wird.

Zu Buchstabe b

Die Antragsteller bemängeln zum von der Bundesregierung am 8. Januar 2010
versandten Referentenentwurf zur Änderung des Vormundschaftsrechts, dieser
greife nur Teile der von der BMJ-Unterarbeitsgruppe „Qualitätssicherung in

Drucksache 17/5512 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Vormundschaft und Pflegschaft“ behandelten Themenkomplexe auf. Im Rah-
men der von der Bundesregierung angekündigten Gesamtreform des Vormund-
schaftsrechts seien deshalb Ergänzungen und Änderungen erforderlich, vor
allem um die Mündelinteressen stärker zu berücksichtigen und die Personensor-
gepflichten des Vormunds zu konkretisieren. Die vorgesehene Beschränkung
der Fallzahlen in der Amtsvormundschaft sei zwar zu begrüßen; entsprechend
der Empfehlung aus der amtsvormundschaftlichen Praxis sei jedoch eine für alle
Formen der Vormundschaft geltende absolute Obergrenze von 40 Vormund-
schaften sinnvoll. Damit die geplante Neuregelung in die Praxis umgesetzt wer-
den könne, müssten zudem erhebliche finanzielle Ressourcen bereitgestellt und
die Zahl der qualifizierten Jugendamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in die-
sem Bereich erheblich erhöht werden.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Unter anderem wird der
Vorschlag des Bundesrates aufgegriffen, wonach eine vor Übertragung der Auf-
gaben des Amtspflegers oder des Amtsvormundes unterbliebene Anhörung des
Kindes oder Jugendlichen unverzüglich nachzuholen ist. Die weiteren Änderun-
gen enthalten vor allem inhaltliche Klarstellungen.

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/3617 in geänderter
Fassung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/2411 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Beibehaltung der geltenden Rechtslage.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5512

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3617 in der aus der nachstehenden Zu-
sammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen;

b) den Antrag auf Drucksache 17/2411 abzulehnen.

Berlin, den 13. April 2011

Der Rechtsausschuss

Siegfried Kauder
(Villingen-Schwenningen)
Vorsitzender

Andrea Astrid Voßhoff
Berichterstatterin

Stephan Thomae
Berichterstatter

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Ingrid Hönlinger
Berichterstatterin

„Es hat insbesondere die Einhaltung der erforderlichen
persönlichen Kontakte des Vormunds zu dem Mündel zu
beaufsichtigen.“
4. u n v e r ä n d e r t

5. u n v e r ä n d e r t

Artikel 2

Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch –
Kinder- und Jugendhilfe

4. Dem § 1840 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Der Bericht hat auch Angaben zu den persönlichen Kon-
takten des Vormunds zu dem Mündel zu enthalten.“

5. In § 1908b Absatz 1 Satz 2 werden nach dem Wort „er-
teilt“ die Wörter „oder den erforderlichen persönlichen
Kontakt zum Betreuten nicht gehalten“ eingefügt.

Artikel 2

Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch –
Kinder- und Jugendhilfe
§ 55 des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und
Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom
4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s


g des Vormundschafts- und Betreuungs-

ses (6. Ausschuss)

Entwurf eines Gesetzes
zur Änderung

des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekannt-
machung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I
S. 738), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. Nach § 1793 Absatz 1 wird folgender Absatz 1a einge-
fügt:

„(1a) Der Vormund hat mit dem Mündel persönlichen
Kontakt zu halten. Er soll den Mündel in der Regel ein-
mal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen,
es sei denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere Be-
suchsabstände oder ein anderer Ort geboten.“

2. u n v e r ä n d e r t

3. u n v e r ä n d e r t
Drucksache 17/5512 –

E n t w u r f


Zusammenstellung

des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderun
rechts
– Drucksache 17/3617 –
mit den Beschlüssen des Rechtsausschus

Entwurf eines Gesetzes
zur Änderung

des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekannt-
machung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909, 2003 I
S. 738), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. Nach § 1793 Absatz 1 wird folgender Absatz 1a einge-
fügt:

„(1a) Der Vormund hat mit dem Mündel persönlichen
Kontakt zu halten. Er soll den Mündel in der Regel ein-
mal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen,
wenn nicht im Einzelfall andere Besuchsabstände oder
ein anderer Ort erforderlich sind.“

2. Dem § 1800 wird folgender Satz angefügt:

„Der Vormund hat die Pflege und Erziehung des Mündels
persönlich zu fördern und zu gewährleisten.“

3. Nach § 1837 Absatz 2 Satz 1 wird folgender Satz einge-
fügt:
§ 55 des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und
Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom

5 – Drucksache 17/5512

B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s

14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3134), das zuletzt durch …
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) Nach Satz 1 werden die folgenden Sätze eingefügt:

„Vor der Übertragung der Aufgaben des Amtspfle-
gers oder des Amtsvormunds soll das Jugendamt
das Kind oder den Jugendlichen zur Auswahl des Be-
amten oder Angestellten mündlich anhören, soweit
dies nach Alter und Entwicklungsstand des Kindes
oder Jugendlichen möglich ist. Eine ausnahmsweise
vor der Übertragung unterbliebene Anhörung ist
unverzüglich nachzuholen. Ein vollzeitbeschäftigter
Beamter oder Angestellter, der nur mit der Führung
von Vormundschaften oder Pflegschaften betraut ist,
soll höchstens 50 und bei gleichzeitiger Wahrneh-
mung anderer Aufgaben entsprechend weniger Vor-
mundschaften oder Pflegschaften führen.“

b) u n v e r ä n d e r t

2. Folgender Absatz 3 wird angefügt:
„(3) Die Übertragung gehört zu den Angelegenheiten

der laufenden Verwaltung. In dem durch die Übertragung
umschriebenen Rahmen ist der Beamte oder Angestellte
gesetzlicher Vertreter des Kindes oder Jugendlichen.
Amtspfleger und Amtsvormund haben den persön-
lichen Kontakt zu diesem zu halten sowie dessen Pflege
und Erziehung nach Maßgabe des § 1793 Absatz 1a und
§ 1800 des Bürgerlichen Gesetzbuchs persönlich zu för-
dern und zu gewährleisten.“

Artikel 3

Inkrafttreten

Artikel 1 Nummer 3 und Artikel 2 dieses Gesetzes treten
am … [einsetzen: ein Kalenderjahr nach dem Tag der Ver-
kündung] in Kraft. Im Übrigen tritt dieses Gesetz am Tag
nach der Verkündung in Kraft.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode –

E n t w u r f

14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3134), das zuletzt durch …
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) Nach Satz 1 werden die folgenden Sätze eingefügt:

„Vor der Übertragung soll das Jugendamt das Kind
oder den Jugendlichen zur Auswahl des Beamten oder
Angestellten mündlich anhören, soweit dies nach
Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder Ju-
gendlichen möglich ist. Ein vollzeitbeschäftigter Be-
amter oder Angestellter, der nur mit der Führung von
Vormundschaften oder Pflegschaften betraut ist, soll
höchstens 50 und bei gleichzeitiger Wahrnehmung
anderer Aufgaben entsprechend weniger Vormund-
schaften oder Pflegschaften führen.“

b) Die bisherigen Sätze 2 und 3 werden aufgehoben.

2. Folgender Absatz 3 wird angefügt:
„(3) Die Übertragung gehört zu den Angelegenheiten

der laufenden Verwaltung. In dem durch die Übertragung
umschriebenen Rahmen ist der Beamte oder Angestellte
gesetzlicher Vertreter des Kindes oder Jugendlichen. Er
hat den persönlichen Kontakt zu diesem zu halten sowie
dessen Pflege und Erziehung nach Maßgabe des § 1793
Absatz 1a und § 1800 des Bürgerlichen Gesetzbuchs per-
sönlich zu fördern und zu gewährleisten.“

Artikel 3

Inkrafttreten

Artikel 1 Nummer 3 und Artikel 2 dieses Gesetzes treten
am … [einsetzen: ein Kalenderjahr nach dem Tag der Ver-
kündung] in Kraft. Im Übrigen tritt dieses Gesetz am Tag
nach der Verkündung in Kraft.

zung am 15. Dezember 2010 anberaten und beschlossen, eine trag, der von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP im

öffentliche Anhörung durchzuführen, die in seiner 38. Sit-
zung am 23. Februar 2011 stattgefunden hat. An dieser An-
hörung haben folgende Sachverständige teilgenommen:

Rechtsausschuss eingebracht und mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
angenommen wurde. Joachim Beinkinstadt Deutsches Institut für Jugendhilfe
Drucksache 17/5512 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Andrea Astrid Voßhoff, Stephan Thomae, Sonja Steffen,
Jörn Wunderlich und Ingrid Hönlinger

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/3617 in seiner 71. Sitzung am 11. November 2010 bera-
ten und an den Rechtsausschuss zur federführenden Bera-
tung sowie an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

Die Vorlage auf Drucksache 17/2411 hat der Deutsche Bun-
destag in seiner 55. Sitzung am 8. Juli 2010 beraten und
ebenfalls an den Rechtsausschuss zur federführenden Bera-
tung sowie an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

In seiner 93. Sitzung am 24. Februar 2011 hat der Deutsche
Bundestag beide Vorlagen nachträglich auch an den Innen-
ausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
Der Innenausschuss hat beide Vorlagen in seiner 38. Sit-
zung am 13. April 2011 beraten. Er empfiehlt mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bei Stimment-
haltung der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs auf
Drucksache 17/3617 sowie mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags
auf Drucksache 17/2411.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage auf Drucksache 17/3617 in seiner 37. Sitzung
am 13. April 2011 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bei Stimmenthaltung
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs mit Änderun-
gen. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD, den Änderungs-
antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Aus-
schussdrucksache 17(13)94 (17(6)87) anzunehmen. In
derselben Sitzung hat der Ausschuss die Vorlage auf Druck-
sache 17/2411 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des
Antrags.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat beide Vorlagen in seiner 32. Sit-

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das
Protokoll der 38. Sitzung vom 23. Februar 2011 mit den an-
liegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenver-
bände hat im Vorfeld der Anhörung zu dem Gesetzentwurf
Stellung genommen und hinsichtlich der vormundschafts-
rechtlichen Regelungen kritisiert, diese griffen erheblich in
das kommunale Selbstverwaltungsrecht ein und führten bei
den Kommunen zu einem erheblichen finanziellen Mehr-
aufwand, weshalb der Gesetzentwurf nach Artikel 104a
Absatz 4 des Grundgesetzes (GG) der Zustimmung des Bun-
desrates bedürfe. Was die betreuungsrechtlichen Regelungen
des Gesetzentwurfs anbelange, so entsprächen sie grundsätz-
lich bereits dem geltenden Recht.

Zu dem Gesetzentwurf lag dem Rechtsausschuss eine Peti-
tion vor.

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksa-
che 17/3617 in seiner 45. Sitzung am 13. April 2011 ab-
schließend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs in der aus der
Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung. Die vorge-
schlagenen Änderungen entsprechen einem Änderungsan-

Prof. Dr. jur.
Birgit Hoffmann

Hochschule Mannheim,
Fakultät für Sozialwesen

Dr. Thomas Meysen Vorsitzender des Fachausschusses I
„Organisations-, Finanzierungs-
und Rechtsfragen“ der Arbeitsge-
meinschaft für Kinder- und Jugend-
hilfe AGJ, Berlin

Bernd Mix Stadtjugendamt Osnabrück

Helmut Schindler Justitiar und Abteilungsleiter
der Katholischen Jugendfürsorge
der Diözese Regensburg e. V.

Prof. Dr. jur.
Hildegund Sünderhauf-
Kravets

Evangelische Hochschule
Nürnberg, Fakultät für Sozial-
wissenschaften

Prof. Dr.
Barbara Veit

Georg-August-Universität
Göttingen, Juristische Fakultät,
Institut für Privat- und Prozessrecht,
Vertreterin des Deutschen Familien-
gerichtstags

Hon.-Prof. Dr. Dr. h. c.
Reinhard Wiesner

Freie Universität Berlin,
Fachbereich Erziehungswiss-
enschaft und Psychologie.
Der Rechtsausschuss hat in derselben Sitzung ferner den
Antrag auf Drucksache 17/2411 beraten und empfiehlt mit

und Familienrecht (DIJuF) e. V.,
Heidelberg

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/5512

den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD und DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

Die Fraktion der SPD forderte eine Fallzahlbegrenzung auf
40 Vormundschaften, da die Anzahl 50 von den Sachverstän-
digen in der Anhörung als absolute Obergrenze bewertet und
mehrheitlich eine geringere Anzahl als sinnvoll angesehen
worden sei. Anstatt zwingende monatliche Kontakte zwi-
schen Vormund und Mündel zu verlangen, sei mehr Einzel-
fallbezug erforderlich, weshalb ein Kontakt mindestens ein-
mal im Vierteljahr ausreiche. Ein sofortiges Inkrafttreten
sämtlicher Neuerungen sei für die zuständigen Behörden
nicht zumutbar, weshalb einem gestuften Inkrafttreten ent-
sprechend ihrem Änderungsantrag der Vorzug zu geben sei.

Die Fraktion der SPD hat einen Änderungsantrag im Rechts-
ausschuss eingebracht, der folgenden Wortlaut hatte:

Der Ausschuss wolle beschließen:

Der Bundestag wolle beschließen, den Gesetzesentwurf auf
Drucksache 17/3617 mit folgenden Maßgaben, im Übrigen
unverändert anzunehmen:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Der Nummer 1 wird folgende Nummer 0 vorange-
stellt:

,0. § 1791a Absatz 3 wird wie folgt geändert:

a) Nach Satz 1 werden folgende Sätze eingefügt:

„Vor der Übertragung der Vormundschaft auf
ein Mitglied oder einen Mitarbeiter des Vereins
soll der Verein das Kind oder den Jugendlichen
mündlich anhören, soweit dies nach Alter und
Entwicklungsstand des Kindes oder Jugendli-
chen möglich ist. Jeder Vormund darf bis zu 40
Vormundschaften führen, es sei denn, die ver-
antwortungsvolle Führung der Vormundschaf-
ten gebietet eine geringere Fallzahl.“

b) Der bisherige Satz 2 wird Satz 4.‘

b) Nummer 1 wird wie folgt gefasst:

‚1. § 1793 wird wie folgt geändert:

aa) In Absatz 1 wird nach Satz 1 folgender Satz
eingefügt:

„Der Mündel soll je nach Stand seiner Ent-
wicklung bei der Entscheidung der ihn betref-
fenden Angelegenheiten durch den Vormund
beteiligt sein.“

bb) Die bisherigen Sätze 2 und 3 werden Sätze 3
und 4.

cc) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a ein-
gefügt:

„(1a) Der Vormund hat zur Wahrnehmung
seiner Rechte und Pflichten nach Absatz 1 mit
dem Mündel regelmäßig persönlichen Kon-
takt zu halten. Inhalt, Umfang und Ort des

persönliche Kontakt muss jedoch mindestens
einmal im Vierteljahr stattfinden.”‘

c) Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

‚3. Nach § 1837 Absatz 2 Satz 1 wird folgender Satz
eingefügt:

„Es hat insbesondere die Förderung von Pflege
und Erziehung des Mündels durch den Vormund,
die Einhaltung des persönlichen Kontakts sowie
die Beachtung der Fallobergrenze nach § 1791a
Absatz 3 Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch und § 55
Absatz 2 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetz-
buch zu beaufsichtigen.”‘

2. Artikel 2 wird wie folgt geändert:

Nummer 1 Buchstabe b wird wie folgt gefasst:

‚b) Satz 2 wird aufgehoben und Satz 3 wie folgt gefasst:

„Ein vollzeitbeschäftigter Beamter oder Angestellter,
der nur mit der Führung von Vormundschaften oder
Pflegschaften betraut ist, darf bis zu 40 Vormund-
schaften führen, es sei denn, die verantwortungsvolle
Führung der Vormundschaften gebietet eine geringe-
re Fallzahl.“‘

3. Artikel 3 wird wie folgt neu gefasst:

‚Artikel 3

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

In § 160 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes über das
Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten
der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung der Be-
kanntmachung vom … (BGBl. …), das zuletzt durch …
geändert worden ist, werden nach dem Wort „Eltern“ die
Wörter „oder den Vormund“ eingefügt.‘

4. Der bisherige Artikel 3 wird Artikel 4 und wie folgt ge-
fasst:

„Artikel 4

Inkrafttreten

Artikel 1 Nummer 3 und Artikel 2 dieses Gesetzes tre-
ten am … (einsetzen: „neun Monate nach dem Tag der
Verkündung) in Kraft. Im Übrigen tritt dieses Gesetz am
Tag nach der Verkündung in Kraft.“

Begründung
Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene
Verpflichtung des Jugendsamts zur Anhörung des Mündels
vor Übertragung der Aufgaben des Vormunds auf einen ein-
zelnen Mitarbeiter soll im Interesse der Mündel auf den Vor-
mundschaftsverein erstreckt werden.

Zu Buchstabe b

Zu Doppelbuchstabe aa

Die Mündelinteressen sollen bei Anordnung und Führung
der Vormundschaft stärker berücksichtigt werden. Dies gilt
Kontakts bestimmen sich danach, was dem
Wohl des Mündels am besten entspricht. Der

für die Auswahl des Vormunds wie für die Führung der Vor-
mundschaft. Das Mündel soll je nach Stand seiner Entwick-

Drucksache 17/5512 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

lung bei der Entscheidung der ihn betreffenden Angelegen-
heiten durch den Vormund beteiligt sein. Dies entspricht
auch einer Forderung der BMJ-Unterarbeitsgruppe „Quali-
tätssicherung in Vormundschaft und Pflegschaft“.

Zu Doppelbuchstabe cc

Die Flexibilisierung der im Gesetzentwurf der Bundesregie-
rung vorgesehen Verpflichtung zur monatlichen Kontaktauf-
nahme entspricht der in der Anhörung mehrheitlich vertre-
tenen Auffassung, dass genaue Vorgaben zu Ort und
Häufigkeit der Kontakte zwischen Vormund und Mündel
nicht zielführend seien. Die konkrete Ausgestaltung der vor-
mundschaftlichen Führung soll vielmehr in der Verantwor-
tung des Vormunds verbleiben, der diese am Wohl des Mün-
dels zu orientieren habe. In der Anhörung wurde zudem
deutlich, dass die Notwendigkeit und das Bedürfnis nach
Kontakt je nach individueller Fallgestaltung völlig unter-
schiedlich sein kann. Um zu gewährleisten, dass der Vor-
mund von Veränderungen in der Lebenssituation des Mün-
dels Kenntnis erlangt, sollte jedoch eine Mindestanzahl der
Kontakte in Form eines vierteljährlichen Kontakts gesetzlich
festgeschrieben werden.

Zu Buchstabe c

Um die Einhaltung der Fallobergrenzen zu gewährleisten,
sollte sich die Aufsicht des Familiengerichts auf diesen
Punkt erstrecken.

Zu Nummer 2

Von allen Sachverständigen wurde die Fallzahlbegrenzung
als dringend erforderlich begrüßt. Entsprechend der Emp-
fehlung aus der amtsvormundschaftlichen Praxis ist jedoch
eine Obergrenze von 40 Amtsvormundschaften geboten. Die
im Gesetzentwurf der Bundesregierung als Soll-Vorschrift
vorgesehene Begrenzung reicht nicht aus. Gebietet die Ge-
samtschau der einem Vormund übertragenen Vormundschaf-
ten im Einzelfall eine geringere Anzahl von Vormundschaf-
ten, so ist dem Rechnung zu tragen.

Zu Nummer 3

Nur den Eltern und nicht dem Vormund steht nach § 160 Ab-
satz 1 Satz 1 und 2 FamFG ein Anhörungsrecht zu. Der Vor-
mund soll wie die Eltern bei der Wahrnehmung seiner Rechte
zum Schutz der Kinder gestärkt werden.

Zu Nummer 4

Die gespaltene Inkrafttretensregelung im Gesetzentwurf der
Bundesregierung führt dazu, dass die Verpflichtung des Vor-
munds zum monatlichen Kontakt bereits am Tag nach der
Verkündung, die Fallzahlbegrenzung jedoch mit Rücksicht
auf die Jugendämter erst ein Jahr später in Kraft treten soll,
damit diese Zeit haben, die erforderliche Personalauf-
stockung zu gewährleisten. Dieser Widerspruch kann auch
nicht dadurch aufgelöst werden, dass Verstöße gegen die
Kontaktpflicht innerhalb des Übergangszeitraums von einem
Jahr nicht sanktioniert werden. Die von uns vorgesehene am
Wohl des Mündels orientierte flexiblere Ausgestaltung der
Kontaktpflicht erlaubt eher ein Auseinanderfallen des
Inkrafttretens. Mit Blick darauf, dass die Jugendämter seit
geraumer Zeit von der Absicht der Fallzahlbegrenzung
Kenntnis haben, soll die Regelungen zur Fallzahlbegrenzung

Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD wurde im
Rechtsausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD
bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Die Fraktion DIE LINKE. führte aus, auch sie sei der Auf-
fassung, dass ein sofortiges Inkrafttreten des Gesetzes wegen
des erheblichen Umsetzungsbedarfes bei den betroffenen
Stellen nicht sinnvoll sei. Weiterhin sei unklar, wie die Kom-
munen die Umsetzung, die mit einem erheblichen Personal-
zuwachs einhergehen werde, finanziell bewältigen sollten.
Vor diesem Hintergrund handele es sich nach Auffassung der
Fraktion DIE LINKE. um ein zustimmungspflichtiges Ge-
setz.

Die Fraktion DIE LINKE. hat einen Änderungsantrag im
Rechtsausschuss eingebracht, der folgenden Wortlaut hatte:

Der Ausschuss wolle beschließen:

Der Bundestag wolle beschließen, den Gesetzesentwurf auf
Drucksache 17/3617 mit folgenden Maßgaben, im Übrigen
unverändert anzunehmen:

1. In der Eingangsformel werden nach dem Wort „hat“ die
Wörter „mit Zustimmung des Bundesrates“ eingefügt.

2. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 3 werden nach dem Wort „Mündel“ die
Wörter „sowie die persönliche Förderung und Ge-
währleistung von Pflege und Erziehung des Mündels
durch den Vormund“ eingefügt.

b) Nummer 4 wird wie folgt gefasst:

,Dem § 1840 Absatz 1 werden folgende Sätze ange-
fügt:

„Der Bericht hat auch Angaben zu den persönlichen
Kontakten des Vormundes mit dem Mündel sowie über
die persönliche Förderung und Gewährleistung von
Pflege und Erziehung des Mündels durch den Vor-
mund zu enthalten. Etwaige Hilfepläne nach § 36 Ab-
satz 2 Satz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind
dem Bericht beizufügen.“‘

c) Nach Nummer 4 wird folgende Nummer 4a eingefügt:

,4a. Nach § 1901 Absatz 3 Satz 3 wird folgender Satz
angefügt:

„Der Betreuer hat mit dem Betreuten regelmäßig
persönlichen Kontakt zu halten.“‘

3. Artikel 2 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 1 wird wie folgt gefasst:

,1. Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) Nach Satz 1 werden die folgenden Sätze einge-
fügt:

„Vor der Übertragung hat das Jugendamt das
Kind oder den Jugendlichen zur Auswahl des
Beamten oder Angestellten mündlich anzuhö-
ren, soweit dies nach Alter und Entwicklungs-
stand des Kindes oder Jugendlichen möglich
ist. Ein vollzeitbeschäftigter Beamter oder An-
gestellter, der mit der Führung von Vormund-
schaften oder Pflegschaften betraut ist, darf
und deren Beaufsichtigung durch das Familiengericht be-
reits neun Monate nach der Verkündung in Kraft treten.

höchstens 40 solcher führen. Die Beamten und
Angestellten sollen sozialpädagogische Fach-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/5512

kräfte sein. Bestehendes Personal ist entspre-
chend zu qualifizieren.“

b) Die bisherigen Sätze 2 und 3 werden aufgeho-
ben.‘

b) Folgende Nummer 3 wird angefügt:

„3. Folgender Absatz 4 wird angefügt:

(4) Fachkräfte, die Aufgaben des Jugendamtes
als Sozialleistungsträger wahrnehmen, sind von
der Führung der Beistandschaft, der Amtspfleg-
schaft und der Amtsvormundschaft ausgeschlos-
sen.“

4. Artikel 3 wird wie folgt gefasst:

„Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am … [einsetzen: ein Kalenderjahr
nach dem Tag der Verkündung] in Kraft.“

Begründung
Zu Nummer 1

Der Gesetzesentwurf zur Änderung des Vormundschafts- und
Betreuungsrechts ist gemäß Artikel 104a Absatz 4 des
Grundgesetzes zustimmungsbedürftig. Gemäß dieser Vor-
schrift bedürfen Bundesgesetze der Zustimmung des Bundes-
rates, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleis-
tungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren
Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den
Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Artikel 104a
Abs. 3 Satz 2 GG im Auftrag des Bundes ausgeführt werden,
wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tra-
gen sind.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass es sich bei der
Einführung einer Fallobergrenze für die Anzahl von Vor-
mundschaften und Pflegschaften nicht um die Verpflichtung
zu einer „vergleichbaren Dienstleistung“ in diesem Sinne
handelt, weil die Vormundschaft von Amts wegen – auch ge-
gen den Willen der Beteiligten – angeordnet werden könne
(BT-Drs. 17/3617, Anlage 4, Stellungnahme der Bundesre-
gierung, Seite 13). Dabei verkennt sie aber, dass in Anbe-
tracht der im Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgeset-
zes in der Einzelbegründung zu Artikel 104a Absatz 4 GG,
BT-Drs. 16/813 auf Seite 18 genannten anderen Beispiele für
eine „vergleichbare Dienstleistung“, wie Aufnahmeeinrich-
tungen für Asylbewerberinnen und -bewerber, Freiwilligkeit
nicht erforderlich ist und von Art. 104a Abs. 4 GG auch
staatlich angeordnete Dienstleistungen erfasst werden (Gut-
achten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom
3.3.2011, WD 3 – 3000-076/11, S.4). Eine Vergleichbarkeit
der Dienstleistung mit Geld- und Sachleistungen ist vielmehr
gegeben, wenn sie „unter vergleichbar engen Voraussetzun-
gen“ wie diese „einem Dritten Vorteile gewährt oder sonsti-
ge Maßnahmen gegenüber Dritten veranlasst, die zu einer
erheblichen Kostenbelastung der Länder führen“ (BT-Drs.
16/813, S. 18). Die Voraussetzungen für die Anordnung der
Vormundschaft oder Pflegschaft sind durch die §§ 1773,
7191b und 1791c BGB geregelt. Bestellt das Familiengericht
das Jugendamt gemäß §§ 1789, 1791b BGB zur Vormundin
oder zum Vormund bzw. tritt die gesetzliche Amtsvormund-
schaft gemäß § 1791c BGB ein, bleibt dem Jugendamt kein

tes Buch Sozialgesetzbuch würde die Ausgestaltung der Vor-
mundschaft insbesondere hinsichtlich der einzusetzenden
Personalmittel eng vorgegeben (Gutachten des Wissen-
schaftlichen Dienstes des Bundestags vom 3.3.2011, WD 3 –
3000-076/11, S.5).

Zudem ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der
Inhalt, der bei der Vormundschaft zu leistenden Tätigkeit
nicht verändert wird, und daher eine neue Pflicht, wie für
eine Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 104a Abs. 4 GG
erforderlich wäre, nicht begründet würde (BT-Drs. 17/3617,
Anlage 4, Stellungnahme der Bundesregierung, S. 13). Der
Sinn und Zweck des Art. 104a Abs. 4 GG, nämlich die Inte-
ressen der Länder bei kostenauslösenden Gesetzesprojekten
zu schützen, gebietet es aber, dass eine Zustimmungspflicht
auch bei Änderungsgesetzen besteht, die die Leistungspflicht
der Länder erheblich ausweiten (Gutachten des Wissen-
schaftlichen Dienstes des Bundestags vom 3.3.2011, WD 3 –
3000-076/11, S. 6; Hellermann in von Mangoldt/Klein/
Starck, Grundgesetz Kommentar (Fn.4), Art. 104a Rn. 103).
Die Bundesregierung geht von einer Verdoppelung (BT-Drs.
17/3617, S. 2), der Bundesrat sogar von einer Vervierfa-
chung (BT-Drs. 17/3617, Anlage 3, Stellungnahme des Bun-
desrates, S.11) der bisherigen Kosten aus, so dass unstreitig
ist, dass eine solche erhebliche Ausweitung der Leistungs-
pflicht gegeben ist.

Da das Grundgesetz im Bereich des Vormundschaftsrechts
keine besondere Zuweisung vornimmt, wird der, nach dem
Gesetzesentwurf der Bundesregierung nunmehr eine Fall-
obergrenze einführende § 55 des Achten Buches Sozialge-
setzbuch nach Art. 84 GG, wie es Art. 104a Abs. 4 GG erfor-
dert, durch die Länder ausgeführt.

Zu Nummer 2

Zu a) (Artikel 1 Nummer 3)

Nach der im Gesetzesentwurf der Bundesregierung in
Artikel 1 Nummer 3 vorgenommenen Erweiterung des
§ 1837 Absatz 2 BGB soll für das Familiengericht verdeut-
licht werden, dass sich die von ihm auszuübende Aufsicht
über die Amtsführung der Vormundin und des Vormundes
insbesondere auch auf die mit dem Mündel unterhaltenen
Kontakte bezieht. Zur Anpassung der Aufsichtspflicht an die
geänderten bzw. konkretisierten Aufgaben und Verantwort-
lichkeiten der Vormundschaft ist aber auch die persönliche
Förderung und Gewährleistung von Pflege und Erziehung
des Mündels in § 1837 Absatz 2 BGB aufzunehmen. Indem
Nummer 2 a) des Antrags diese erforderliche Ergänzung
vornimmt wird auch die Beaufsichtigung der durch Artikel 1
Nummer 2 des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung in
§ 1800 BGB aufgenommenen Pflicht zur Pflege und Erzie-
hung durch das Familiengericht sichergestellt.

Zu b) (Artikel 1 Nummer 4)

Korrespondierend mit der gerichtlichen Aufsichtspflicht
muss auch die Berichtspflicht der Vormundin und des Vor-
mundes an das Familiengericht erweitert werden. Für eine
umfassende Einschätzung der persönlichen Lebensumstände
des unter Vormundschaft stehenden Minderjährigen durch
das Gericht ist die Erwähnung der Kontakttermine nicht
ausreichend. Erforderlich ist vielmehr die Beschreibung der
bei den Treffen gewonnenen Erkenntnisse sowie der Maß-
Ermessen hinsichtlich der Frage der Annahme der Vor-
mundschaft. Durch den zu ändernden § 55 Abs. 2 Satz 2 Ach-

nahmen, die getroffen wurden, um bestehenden Missständen
und Fehlentwicklungen entgegen zu wirken. Um die Darstel-

Drucksache 17/5512 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

lung der Tätigkeit der Vormundschaft im Hinblick auf die
Förderung und Gewährleistung von Pflege und Erziehung
im Bericht sicherzustellen, wird der Gesetzesentwurf der
Bundesregierung um diesen Punkt ergänzt.

Damit das Familiengericht außerdem in die Lage versetzt
wird, die Wirksamkeit seiner bei Gefährdung des Kindes-
wohls ausgesprochenen Gebote, öffentliche Hilfen, wie zum
Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der
Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen (§ 1666
Absatz 3 Nummer 1 BGB), überprüfen zu können und außer-
dem das Zusammenwirken aller Beteiligten sicherzustellen,
wird die Beifügung etwaiger Hilfepläne zu dem Bericht an
das Gericht geregelt. Die Hilfepläne nach § 36 Absatz 2
Satz 2 des Achtes Buches Sozialgesetzbuch werden vom Ju-
gendamt gemeinsam mit den Personenberechtigten bzw. Vor-
mundinnen und Vormunden und dem Kind oder Jugend-
lichen erstellt und beinhalten ein Kinderschutzkonzept mit
Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der
Hilfe sowie die notwendigen Leistungen.

Zu c) (Artikel 1 Nummer 4a)

Mit der ausdrücklichen Aufnahme des persönlichen Kon-
takts in § 1901 BGB, der den Umfang der Betreuung und die
Pflichten der Betreuerin und des Betreuers regelt, soll dessen
besondere Bedeutung auch im Rahmen der Betreuung weiter
in den Vordergrund gestellt und sicher gestellt werden, dass
ein solcher auch regelmäßig stattfindet. Nach dem Bericht
des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaft von 2009
über die vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebene
Evaluation des Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes
ist der persönliche Kontakt zwischen betreuter und betreuen-
der Person aufgrund von Veränderungen im Vergütungs-
system in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Durch
ein deutliches Signal an die Praxis soll dieser Entwicklung
mit der vorgenommenen Gesetzesänderung entgegen ge-
wirkt werden.

Um aber Flexibilität je nach Bedarfslage zu ermöglichen
wird weder eine Regelbesuchszeit noch ein Regelbesuchsort
vorgegeben. Zwar sollen Betreuerinnen und Betreuer sich
ebenso ein genaues Bild von den persönlichen Lebensum-
ständen der zu betreuenden Person wie Vormundinnen und
Vormunde im Hinblick auf ihr Mündel verschaffen. Jedoch
besteht bei betreuten Personen, bei denen es sich über-
wiegend um ältere demenzkranke Menschen handelt, eine
andere Gefahren- und Bedarfslage als bei Minderjährigen,
die eine flexiblere Handhabung der Kontaktabstände und
des Kontaktorts erlaubt.

Nach dem Bericht kommt es in der Mehrheit der Fälle zudem
tatsächlich zu einem monatlichen Kontakt, so dass es ge-
rechtfertigt erscheint, eine gesetzliche Konkretisierung zu
unterlassen.

Zu Nummer 3

Zu a) (Artikel 2 Nummer 1)

Die im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgesehene
Einführung einer Anhörung des Mündels vor Übertragung
der Vormundschaft oder Pflegschaft durch das Jugendamt
auf eine einzelne Mitarbeiterin oder einen einzelnen Mit-
arbeiter dient dem Ziel, die Interessen des Mündels und

dels – tatsächlich eine Verpflichtung des Jugendamtes zu
begründen, wird die im Gesetzesentwurf vorgesehene „Soll-
Vorschrift“ durch eine zwingende Regelung ersetzt.

Die Einführung einer Fallobergrenze erscheint zur Gewähr-
leistung des persönlichen Kontakts zwischen Vormundin
bzw. Vormund und dem Mündel erforderlich. Denn bisher ist
teilweise Praxis, dass eine Vormundin bzw. ein Vormund für
über 200 Mündel zuständig ist. So hohe Fallzahlen erlauben
aber, wie auch die Bundesregierung erkannt hat, keine ange-
messene Betreuung der Mündel und bergen die Gefahr von
Beeinträchtigungen des Kindeswohls. Der Gesetzesentwurf
der Bundesregierung sieht daher eine Begrenzung auf
50 Fälle je Vormundin bzw. Vormund vor. Dies stellt zwar
einen erheblichen Fortschritt dar, wird aber in der Fachwelt
überwiegend als noch zu hoch eingeschätzt. Die Empfehlung
der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter aus
dem Jahr 2000 („Dresdner Erklärung“), auf die sich die
Bundesregierung bei der Festsetzung auf 50 jährliche Fälle
stützt, ging von der damals herrschenden Rolle der Amts-
vormundschaft aus, das heißt, dass sie weder monatliche
persönliche Kontakte noch eine persönliche Verpflichtung
der Amtsvormundin bzw. des Amtsvormundes zur Gewähr-
leistung und Förderung der Pflege und Erziehung des Mün-
dels einkalkuliert hatte. Bei 50 Fällen je Amtsvormundin
bzw. Amtsvormund wird der Besuch bei den Mündeln ca. drei
Viertel der Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Nach Abzug der
anderen nicht-mündelbezogenen Tätigkeiten bleiben für die
Förderung und Gewährleistung der Pflege und Erziehung
nur ca. 9,5 Prozent der Arbeitszeit, das sind ca. 19 Minuten
pro Monat je Mündel (Berechnung nach Prof. Dr. jur.
Sünderhauf-Kravets, Stellungnahme zur öffentlichen An-
hörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags am
23.02.2011: BT-Drs. 17/3617 und BT-Drs. 17/2411, Seite 5).
Überwiegend wird daher eine Fallobergrenze von 40 ge-
fordert (Prof. Dr. jur. Sünderhauf-Kravets, ebd.; Deutsches
Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF),
Hinweise von Joachim Beinkinstadt zur öffentlichen Anhö-
rung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags am
23.02.2011: BT-Drs. 17/3617 und BT-Drs. 17/2411, Seite 6;
Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ), Dr.
Meysen, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung im
Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags am 23.02.2011:
BT-Drs. 17/3617 und BT-Drs. 17/2411, Seite 5; Prof. Dr. Dr.
h.c. Wiesner, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung im
Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags am 23.02.2011:
BT-Drs. 17/3617 und BT-Drs. 17/2411, Seite 7). Dann wür-
den die Besuchskontakte immer noch mehr als die Hälfte der
Dienstzeit in Anspruch nehmen. Für die Förderung und die
Gewährleistung von Pflege und Erziehung bliebe je Kind
aber immerhin ca. eine Stunde monatlich (Berechnung nach
Prof. Dr. jur. Sünderhauf-Kravets, ebd.). In problematischen
Einzelfällen müssten die Kontaktzeiten selbstverständlich
insgesamt aber erheblich gesteigert werden.

Zudem ist zwecks Erreichung des Ziels, den persönlichen
Kontakt zu steigern, eine „Muss-Vorschrift“ zweckmäßiger.
Eine „Soll-Vorschrift“, wie sie der Gesetzesentwurf der Bun-
desregierung vorsieht, eröffnet zu viel Spielraum für Abwei-
chungen auch nach oben hin. In Anbetracht knapper kom-
munaler Kassen besteht die Gefahr, dass die Fallzahl von 50
nicht als strikte Obergrenze beachtet wird und so die gesetz-
seinen Einfluss auf das Verfahren zu stärken und ist daher zu
begrüßen. Um aber – bei entsprechender Reife des Mün-

geberische Zielsetzung letztlich leer läuft (vgl. Prof. Dr. jur.
Veit, Stellungnahme der Kinderrechtekommission zum Re-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/5512

gierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vormund-
schafts- und Betreuungsrechts: BR-Drucks. 537/10=BT-
Drucks. 17/3617, Seite 4; Mix, Stadt Osnabrück, Fach-
bereich für Kinder, Jugendliche und Familien, Sachverstän-
digenanhörung am 23.03.2011 zur Änderung des Vormund-
schaftsrechts, Seite 3).

Die Abweichungsklausel war zu streichen, da die damit in
den Blick genommenen „Mischarbeitsverhältnisse“, bei de-
nen Jugendamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern zugleich
Vormundschaften übernehmen aber auch als Leistungs-
träger agieren, abgeschafft werden sollen (dazu im Einzel-
nen unter 2b).

Derzeit sind im Bereich der Amtsvormundschaft überwie-
gend Verwaltungsfachkräfte tätig. Um aber dem neuen
Anforderungsprofil der persönlichen Verantwortung für
Förderung und Gewährleistung von Pflege und Erziehung
gerecht zu werden, benötigen die Fachkräfte neben Kennt-
nissen im Verwaltungswesen insbesondere auch solche in
Pädagogik, Psychologie, Medizin und Recht. Da Sozial-
pädagoginnen und -pädagogen sowie Sozialarbeiterinnen
und -arbeiter in ihrer Ausbildung Kenntnisse in all diesen
Bereichen erwerben, sind sie besonders für die Übernahme
von Vormundschaften geeignet (vgl. Prof. Dr. jur. Sünder-
hauf-Kravets, ebd., Seite 6; DIJuF, Joachim Beinkinstadt,
ebd., Seite 6). Der neue Satz 3 in § 55 Absatz 2 Achtes Buch
Sozialgesetzbuch soll ihre Einstellung sicherstellen und zu-
gleich dafür sorgen, dass die beschäftigten Verwaltungskräf-
te in den erforderlichen Bereichen geschult werden.

Zu b) (Artikel 2 Nummer 3)

In einer Vielzahl von Jugendämtern besteht keine Trennung
der Aufgaben des Jugendamtes als Leistungsbehörde auf der
einen und der als Amtsvormundin bzw. Amtsvormund oder
Amtspflegerin bzw. Amtspfleger auf der anderen Seite. Diese
Personalunion führt mitunter zu Interessenkollisionen. Denn
es besteht die Gefahr, dass die Amtsvormundin bzw. der
Amtsvormund die Interessen des Mündels auf Leistungen
nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (Hilfen zur Erzie-
hung) auch unter fiskalischen Gesichtspunkten bewertet und
es so zu einer Leistungsverkürzung für das Mündel kommt.
Die Amtsvormundschaft muss aber die Interessen des Mün-
dels, auch gegen die Interessen des Amtes, durchsetzen. Der
Gewährleistung einer solchen Vorgehensweise dient der
neue Absatz vier, indem er eine funktionelle, organisatori-
sche und personelle Trennung der Aufgaben der Amtsvor-
mundschaft bzw. Amtspflegschaft von denen des Jugendam-
tes als Leistungsbehörde vorschreibt (so vorgeschlagen auch
von Prof. Dr. jur. Veit, ebd., Seite 9; Prof. Dr. Dr. h.c. Wiesner,
ebd., Seite 9/10; AGJ, Dr. Meysen, ebd.,Seite 6).

Zu Nummer 4 (Artikel 3)

Im Artikel 3 des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung ist
vorgesehen, dass die Aufsichtserweiterung der Gerichte
(Artikel 1 Nummer 3) sowie unter anderem die Fallzahlen-
obergrenze (Artikel 2) erst ein Jahr nach Verkündung in
Kraft treten sollen. Die Kontaktpflicht (in der Regel monat-
lich) und die Verpflichtung der Amtsvormundin und des
Amtsvormundes zur persönlichen Förderung und Gewähr-
leistung von Pflege und Erziehung des Mündels sollen je-
doch sofort in Kraft treten. Das ist praktisch nicht umsetzbar.

von Pflege und Erziehung können nur umgesetzt werden,
wenn die Fallzahlen gleichzeitig drastisch sinken. Bei den
bislang herrschenden Fallbelastungen (von bekanntlich bis
zu über 200 Fällen) ist weder ein monatlicher Besuch (das
wären dann bis zu acht Besuche pro Tag) noch die persönli-
che Führung der Amtsvormundschaft möglich. Es ist auch
nicht sinnvoll, wie vorgesehen, § 55 Absatz 3 Achtes Buch
Sozialgesetzbuch bereits in Kraft treten zu lassen und die da-
mit korrespondierenden Regelungen der §§ 1793 und 1800
BGB noch nicht (vgl. Prof. Dr. jur. Sünderhauf-Kravets, ebd.,
Seite 5). Sachgerecht erscheint daher, das gesamte Gesetz
zur gleichen Zeit in Kraft treten zu lassen. Um den derzeiti-
gen Missstand zugunsten der Mündel alsbald auszuräumen,
ist zudem eine möglichst schnelle Umsetzung wünschens-
wert.

Es ist davon auszugehen, dass die Dauer eines Kalenderjah-
res den Jugendämtern und freien Trägern ausreichend Zeit
gibt, um die erforderlichen zusätzlichen Stellen zu schaffen
und organisatorische Umstrukturierungen zu planen.

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. wurde im
Rechtsausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, sie
hätte die Einführung einer strikten Fallzahlobergrenze be-
vorzugt, habe aber gesehen, dass dies in einem ersten Schritt
wegen der finanziellen Auswirkungen offenbar nicht mög-
lich sei. Aufgrund der Unterschiede zwischen Vormund-
schafts- und Betreuungsrecht seien gesonderte Regelungen
für die beiden Bereiche sinnvoller gewesen als die gemein-
same Behandlung in einem Gesetzentwurf.

Die Fraktion der FDP führte zu der Frage der Fallzahlober-
grenze aus, Ziel des Gesetzentwurfs sei es, solche hohen
Zahlen wie im Fall Kevin zu verhindern, wo ein Amtsvor-
mund für über 200 Mündel zuständig war. Dieses Ziel werde
mit 50 Fällen deutlich erreicht. Was die Kritik anbelange, der
Kontakt solle nicht zwangsläufig einmal im Monat erfolgen
müssen, so werde mit dem Änderungsantrag der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP zu § 1793 Absatz 1a des Bürger-
lichen Gesetzbuchs (BGB) nochmals verdeutlicht, dass auch
längere Besuchsabstände geboten sein können. Forderungen
nach einem verzögerten Inkrafttreten fänden wegen der
großen Bedeutung der Thematik keine Zustimmung der
Fraktion der FDP.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, die Sachverständi-
genanhörung habe ergeben, dass alle Sachverständigen eine
Fallzahlobergrenze von 50 als ausreichend betrachteten.
Eine Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzentwurfs nach
Artikel 104a Absatz 4 GG sei zu verneinen, da es sich bei der
Amtsvormundschaft nicht um eine „vergleichbare Dienst-
leistung“ im Sinne dieser Vorschrift handele. Auch würden
die Aufgaben und Pflichten des Amtsvormunds durch den
Gesetzentwurf weder neu begründet noch erweitert, sondern
lediglich konkretisiert.

IV. Begründung der Beschlussempfehlung
Im Folgenden werden lediglich die vom Rechtsausschuss
Die Verpflichtung zu häufigen persönlichen Besuchskontak-
ten und zur persönlichen Förderung und Gewährleistung

vorgeschlagenen Änderungen gegenüber der ursprünglichen
Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Hinsichtlich der Be-

den, dass die Ausnahme von der Regel nur für kürzere
Besuchsabstände als monatliche gilt. Die Regelung soll aber
im vom Regelfall abweichenden Einzelfall die nötige Flexi-
bilität in beide Richtungen ermöglichen. Diese Flexibilität
war auch den Sachverständigen in der öffentlichen Anhö-
rung besonders wichtig.

Zu Artikel 2 (Änderung des Achten Buches Sozial-
gesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe)

Zu Nummer 1 Buchstabe a (Änderung von § 55 Absatz 2)

Mit der Ergänzung „der Aufgaben des Amtspflegers oder
des Amtsvormunds“ in Satz 2 soll klargestellt werden, dass
eine Anhörung des Kindes oder Jugendlichen vor der Über-
tragung der Beistandschaft nicht erforderlich ist. Bei der

notwendig sind. In diesen Fällen ist die Anhörung aber un-
verzüglich nachzuholen.

Zu Nummer 2 (Anfügung § 55 Absatz 3)

Durch die Ersetzung der Wörter „er hat“ durch die Wörter
„Amtsvormund und Amtspfleger haben“ in Satz 3 wird klar-
gestellt, dass der Beistand von der Regelung ausgenommen
ist. Die Änderung greift eine Anregung der Sachverstän-
digen in der öffentlichen Anhörung auf. Sie ist notwendig,
weil die in § 1712 BGB geregelten Aufgaben des Beistandes
die in § 55 Absatz 3 – neu – Satz 3 des Achten Buches So-
zialgesetzbuch genannten Pflichten zum persönlichen Kon-
takt sowie zur persönlichen Förderung und Gewährleistung
der Pflege und Erziehung nicht umfassen.

Berlin, den 13. April 2011

Andrea Astrid Voßhoff
Berichterstatterin

Stephan Thomae
Berichterstatter

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Ingrid Hönlinger
Berichterstatterin
Drucksache 17/5512 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gründung der unveränderten Bestimmungen sowie der Stel-
lungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf wird auf die
Drucksache 17/3617 verwiesen.

Die vorgeschlagenen Änderungen werden wie folgt begrün-
det:

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetz-
buchs)

Zu Nummer 1 (Einfügung § 1793 Absatz 1a)

Mit der neuen Formulierung „es sei denn, im Einzelfall sind
kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort
geboten“ soll auch im Gesetzeswortlaut ohne jeden Zweifel
klargestellt werden, dass im Einzelfall ein Abweichen von
dem monatlichen Regelbesuch nach unten (kürzerer Zeitab-
stand) aber auch nach oben (längerer Zeitabstand) möglich
ist, wenn die Umstände dies erfordern. Zwar wird das in der
Begründung des Regierungsentwurfs bereits eindeutig aus-
geführt. Ohne Kenntnis der Begründung könnte der bisheri-
ge Text des Regierungsentwurfs „wenn nicht im Einzelfall
andere Besuchsabstände […] erforderlich sind“ aber vom
Rechtsanwender möglicherweise dahin missverstanden wer-

Übertragung dieser Aufgaben ist eine Anhörung des Kindes
oder Jugendlichen im Regelfall nicht erforderlich, weil es
sich bei den Aufgaben des Beistandes nach § 1712 BGB
(Beistand für die Feststellung der Vaterschaft oder für die
Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie die Ver-
fügung über diese) um vorrangig rechtliche Aufgaben han-
delt, die in einem begrenzten Zeitraum ausgeübt werden und
für die eine persönliche Nähebeziehung bzw. ein besonderes
Vertrauensverhältnis zwischen Beistand und Kind oder Ju-
gendlichem nicht erforderlich ist. Im Übrigen erfolgt die
Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung des Unterhal-
tes regelmäßig so früh wie möglich nach der Geburt des Kin-
des, so dass eine Anhörung aus Altersgründen ohnehin nicht
möglich ist.

Die weitere Ergänzung durch den neuen Satz 3, wonach eine
ausnahmsweise unterbliebene Anhörung unverzüglich nach-
zuholen ist, greift einen Vorschlag des Bundesrates auf. Eine
solche Ausnahme, die ein Abweichen vom Grundsatz der
vorherigen Anhörung rechtfertigt, kommt insbesondere bei
Gefahr im Verzug in Betracht, wenn also schnelles Eingrei-
fen und Handeln des Amtsvormundes bzw. Amtspflegers

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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