BT-Drucksache 17/5449

Stärkung des Europäischen Forschungsraums - Die Vorbereitung für das 8. Forschungsrahmenprogramm in die richtigen Bahnen lenken

Vom 12. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5449
17. Wahlperiode 12. 04. 2011

Antrag
der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter
Bartels, Klaus Barthel, Willi Brase, Ulla Burchardt, Petra Ernstberger, Michael
Gerdes, Iris Gleicke, Klaus Hagemann, Oliver Kaczmarek, Daniela Kolbe (Leipzig),
Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Florian Pronold, Marianne Schieder
(Schwandorf), Swen Schulz (Spandau), Andrea Wicklein, Dagmar Ziegler,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Krista Sager, Sylvia Kotting-Uhl, Birgitt Bender, Viola
von Cramon-Taubadel, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Kai Gehring, Winfried Hermann,
Priska Hinz (Herborn),Tom Koenigs, Agnes Krumwiede, Monika Lazar,
Omid Nouripour, Tabea Rößner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stärkung des Europäischen Forschungsraums – Die Vorbereitung für das
8. Forschungsrahmenprogramm in die richtigen Bahnen lenken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit der Strategie „Europa 2020“ der Europäischen Union (EU) wird an die Lis-
sabon-Strategie von 2000 angeknüpft. Ein Pfeiler des Lissabon-Prozesses war,
bis ins Jahr 2010 den Anteil der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung
in Europa auf 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen. Dieses Ziel ist
leider nicht erreicht worden. Derzeit liegen die Ausgaben für Forschung und
Entwicklung in Europa deutlich unter 2 Prozent. Deutschland steht dabei in der
EU mit 2,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung
relativ gut da. In der „Europa 2020“-Strategie wird das Drei-Prozent-Ziel weiter-
geführt. Zur Erreichung dieses Ziels sowie zur Stärkung des Europäischen For-
schungsraumes ist eine Steigerung der öffentlichen wie auch der privaten Inves-
titionen im Bereich Forschung und Entwicklung dringend notwendig.

Eines der Instrumente zur Erreichung dieses Zieles ist das europäische For-
schungsrahmenprogramm. Für das jetzt laufende 7. EU-Forschungsrahmenpro-
gramm stehen bis 2013 rund 54 Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung zur
Verfügung. Im Vergleich zu anderen Bereichen des aktuellen EU-Haushalts und
gemessen an der wachsenden Relevanz von Wissenschaft und Forschung ist
diese Summe gering. Denn die vor uns liegenden gesellschaftlichen Probleme

können ohne eine kontinuierliche Forschungsförderung nicht gelöst werden.
Deshalb ist es notwendig, der Forschung im EU-Budget ab 2013 eine höhere Pri-
orität einzuräumen. Insbesondere, weil die europäische Staatengemeinschaft vor
großen Herausforderungen steht, die nur mit Hilfe von intensiver Forschung an-
gegangen werden können. Die Forschungspolitik muss sich an dem Ziel orien-
tieren, die gemeinsamen Probleme anzugehen und nachhaltigen Wohlstand für
Europa zu schaffen. Da die zur Verfügung stehenden Mittel gering sind, ist eine

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Konzentration auf die drängendsten Probleme besonders wichtig. Die mit Prio-
rität zu behandelnden „großen Herausforderungen“ müssen allerdings in einem
transparenten und legitimierten Verfahren definiert werden.

Im November letzten Jahres hat eine unabhängige Expertengruppe einen Bericht
zur Zwischenevaluation des 7. Forschungsrahmenprogramms vorgelegt. Grund-
sätzlich betont das hochrangig besetzte Gremium den Erfolg der bisherigen Rah-
menprogramme, insbesondere hinsichtlich der Schaffung eines Europäischen
Forschungsraums – wobei der Erfolg des spezifischen Programms „Koopera-
tion“ unterstrichen wird. Defizite sehen die Experten aber nach wie vor bei der
noch zu geringen Beteiligung von Frauen. Auch zeigt sich, dass die einzelnen
Glieder der Innovationskette oft nicht ineinander greifen. Die Beteiligung von
Industriepartnern an der gemeinsamen Forschung nimmt über die Jahre gesehen
eher ab. Schließlich beklagt die Gruppe, dass durch die Vielzahl an neuen Instru-
menten die Übersicht vollständig verloren geht. Sie regt an, nur sehr restriktiv
neue Instrumente einzuführen bzw. sogar ein Moratorium zu erwägen.

Kernstück des Forschungsrahmenprogramms ist die Verbundforschung („Ko-
operation“). Sie ist ein bewährter Stimulus der transnationalen Kooperation. In
diesen Bereich fließt deshalb der Großteil der EU-Forschungsförderung im
7. Forschungsrahmenprogramm. Dabei wird die Zusammenarbeit von europä-
ischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu ausgewählten Themen ge-
fördert. Im Gegensatz zu anderen Programmen erhalten hier unter anderem auch
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus weniger forschungsprofilierten
Mitgliedstaaten die Chance, in internationalen Forschungsnetzwerken zu arbei-
ten. Aber auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus starken For-
schungsnationen wie Deutschland profitieren von diesem Programmteil. Uni-
versitäten und kleinere und mittlere Unternehmen sind hierbei besonders wich-
tige Kooperationspartner. Die Verbundforschung muss, insbesondere was die
administrativen Hürden anbelangt, vereinfacht werden, um insbesondere diese
Partner weiterhin an der gemeinsamen Forschung zu beteiligen. Dabei sollten
auch die oft zu engen Themenvorgaben überprüft werden.

Mit dem Europäischen Forschungsrat (European Research Council – ERC)
wurde ein wichtiger neuer Weg im Bereich der Förderung europäischer Grund-
lagenforschung betreten. Dabei muss betont werden, dass der Grundlagenfor-
schung eine besondere Bedeutung zukommt, weil sie einen wichtigen Beitrag
zum reinen Erkenntnisgewinn liefert, aber auch mittel- bis langfristig zu Innova-
tionen beiträgt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) war insbesondere
in Bezug auf die Arbeitsweise und die Strukturen Vorbild für den ERC. Die bis-
herigen Ergebnisse des ERC sind im Ganzen exzellent. Für den langfristigen Er-
folg des ERC entscheidend bleibt dabei aber – das zeigt gerade das Beispiel DFG
–, dass dieser hinsichtlich seiner strategischen Ausrichtung und Förderentschei-
dungen rein wissenschaftsbasiert und unabhängig arbeiten kann und Förderent-
scheidungen allein auf Grund von Exzellenz getroffen werden. Die Verstetigung
des ERC mit entsprechender Mittelausstattung ist deshalb unabdingbar.

Unbestritten ist, dass der ERC seine Mittel allein nach dem Kriterium der wis-
senschaftlichen Exzellenz vergeben soll. Gleichzeitig wird zunehmend deutlich,
dass die geförderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Ländern ar-
beiten, in denen eine hoch entwickelte renommierte Forschungslandschaft zu
finden ist. Ebenfalls ist die Rolle von Forschung für die Innovationsfähigkeit ei-
nes Landes unbestritten. Um ein langfristiges Abfallen von strukturschwachen
Ländern zu verhindern, muss strategisch eine Perspektive eröffnet werden, wie
sich leistungsstarke Forschungszentren in diesen Regionen bilden können. Da-
her sollte im Rahmen des Forschungsrahmenprogramms neben dem ERC ein In-
strument entwickelt werden, das es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
in strukturschwachen Ländern und insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten

erlaubt, in den jeweiligen Ländern selbst attraktive Forschungsvorhaben anzu-

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gehen. Dabei sollte die Anbindung an exzellente Partnereinrichtungen in struk-
turstarken Regionen unterstützt werden.

Die kontinuierliche Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist für die
Forschung essenziell. Der demografische Wandel macht die Unterstützung des
Nachwuchses zu einer besonderen Herausforderung von europaweiter Bedeu-
tung. Die Förderung der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler spielt
deshalb auch auf europäischer Ebene eine wichtige Rolle und sollte weiter aus-
gebaut werden. Wichtiges Instrument hierfür ist neben dem ERC besonders das
Marie-Curie-Programm. Die Zuständigkeit für diesen Teil des Forschungsrah-
menprogramms wurde in die Generaldirektion Erziehung und Kultur verlagert.
Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein wichtiges Instru-
ment für eine forschungspolitische Gesamtstrategie. Es erscheint daher dringend
erforderlich, diesen Schritt rückgängig zu machen und das Marie-Curie-Pro-
gramm wieder der Generaldirektion Forschung zuzuordnen.

2009 wurde das Europäische Technologieinstitut (EIT) ins Leben gerufen, um
den Austausch zwischen den Partnern des Innovationsdreiecks Bildung,
Forschung und Industrie zu institutionalisieren. Die Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben dazu kritisch Position bezogen und der
Deutsche Bundestag ist der kritischen Haltung mit der Verabschiedung eines
entsprechenden Antrags (Bundestagsdrucksache 16/5733) gefolgt, in dem klare
Forderungen gestellt wurden. Nachdem Ende 2009 die ersten „Wissens- und
Innovationsgemeinschaften“ (KICs) vergeben worden sind, muss sich nun
zeigen, ob das EIT in den nächsten Jahren einen wirklichen Mehrwert für die
europäische Forschungslandschaft leisten kann. Ende 2011 sollte daher eine
Zwischenevaluation vorgenommen werden.

Einige Forschungsthemen können auf Grund ihrer Komplexität oder auch wegen
ihrer gesellschaftlichen oder internationalen Bedeutung nicht von einem Staat al-
lein gelöst werden. Ein Themenbeispiel dafür ist die Klimaforschung oder der
demografische Wandel. Aber auch die Finanzierung von Infrastrukturprojekten
der Grundlagenforschung kann nur von mehreren Staaten gemeinsam geleistet
werden. Deshalb arbeitet Deutschland mit vielen Ländern im Bereich Forschung
eng zusammen. Nach dem Willen der Europäischen Kommission sollen diese
Kooperationen noch weiter ausgebaut werden. Dafür bedarf es nach Ansicht der
EU-Kommission einer verstärkten Koordination zwischen den verschiedenen
Programmen der Mitgliedstaaten. Um dies zu erreichen, hat die Europäische
Kommission die „Gemeinsame Forschungsplanung“ (Joint Programming – JP)
vorgeschlagen. Auch wenn grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden ist, For-
schung gemeinsam zu planen, so sind viele Detailpunkte der „Gemeinsamen
Forschungsplanung“ noch unausgereift. Der Ausschuss für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung der 16. Legislaturperiode hat dazu einstimmig
einen von der Fraktion der SPD initiierten Beschluss gefasst, der viele Bedenken
beschreibt und Veränderungsbedarf aufzeigt.

Umso erstaunlicher ist es, dass durch die neue EU-Kommissarin Máire
Geoghegan-Quinn jetzt bereits ein weiteres neues Instrument propagiert wird,
welches augenscheinlich in seiner Zielsetzung und Struktur der Gemeinsamen
Forschungsplanung ähnelt. Es handelt sich dabei um die „Europäischen Innova-
tionspartnerschaften“ (EIP), mit deren Hilfe die „Innovationsunion“ implemen-
tiert werden soll. Dieses Konzept sieht vor, dass die Mitgliedstaaten enger zu-
sammenarbeiten, um die großen gesellschaftlichen Herausforderungen schnell
und effektiv angehen zu können. Es existiert unter den Mitgliedstaaten jedoch
die Befürchtung, dass damit nur ein weiteres Instrument angedacht wurde, zu
dem es bisher nur sehr vage Vorstellungen hinsichtlich der Ausgestaltung gibt.
Gleichzeitig zeichnet sich bereits ab, dass die EIP einen weiteren Versuch dar-
stellen, nationale Forschungsgelder in Programme zu leiten, die insbesondere

die Europäische Kommission steuert.

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Neben dem kritisch zu bewertenden Eingriff in die nationale Forschungsförde-
rung scheint bei dem Instrument der EIP bislang der Top-down-Ansatz bei der
Themenfindung zu überwiegen. Forschung sollte aber – durchaus auch im Rah-
men politisch vorgegebener Handlungsfelder – vielmehr wissenschaftlich ge-
trieben sein und einem Bottom-up-Ansatz folgen, um ein möglichst großes In-
novationspotenzial zu heben.

Grundsätzlich sind Europäische Innovationspartnerschaften also nur in deutlich
modifizierter Form weiterzuverfolgen: Die für Forschung und Innovation wich-
tigen Akteursgruppen, nämlich Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, sollten
sich dabei im Rahmen eines Strategieprozesses darüber verständigen, wie die
Forschung zu den großen Herausforderungen konkret auszugestalten ist. Daraus
abgeleitet werden Ausschreibungen formuliert. Der weitere Prozess sollte dann
aber dem gut etablierten und erfolgreichen Vorgehen beim spezifischen Pro-
gramm „Kooperation“ folgen. Europäische Konsortien reichen dabei im Wett-
bewerb Anträge ein und bewerben sich mit konkreten Projektvorschlägen um
die Forschungsmittel.

Die Beteiligung von Frauen in europäischen Forschungsprojekten hat sich in
den letzten Jahren zwar erhöht. Insgesamt liegt der Anteil aber immer noch bei
nur etwa einem Viertel des wissenschaftlichen Personals. Um der Forschungsar-
beit eine neue Qualität zu geben, erscheint es wichtig, die Perspektive und Kom-
petenz von Wissenschaftlerinnen deutlich mehr einzubeziehen. Bei den for-
schungsbezogenen Gremien der EU zeigt sich mit der Zeit ein erfreulicher
Trend. Inzwischen wird hier ein Drittel von Frauen besetzt – teilweise werden
sogar die angestrebten 40 Prozent erreicht. Ländern, die über einen größeren
Pool an Wissenschaftlerinnen verfügen, erwächst zunehmend ein deutlicher
Vorteil, weil sie prozentual mehr in den Gremien vertreten sind.

In den letzten Monaten wurde in Brüssel wie auch in den Hauptstädten der Mit-
gliedstaaten ausführlich über die enormen Kostensteigerungen beim internatio-
nalen Versuchskernfusionsreaktor ITER diskutiert. Eine wichtige Fragestellung
ist dabei auch, inwieweit der Bau von ITER die Finanzierung anderer For-
schungsprojekte gefährdet. Als Konsequenz aus diesen Diskussionen sollte im
Budget des 8. Forschungsrahmenprogramms sichergestellt werden, dass ein ein-
zelnes Projekt, dessen Finanzplanung und Zielerreichung völlig offen ist, nicht
auf Kosten vieler anderer Forschungsprojekte finanziert werden darf. Die aktu-
ellen Erfahrungen mit Hochrisikotechnologien zeigen vielmehr, dass eine Neu-
bewertung und auch eine Veränderung der Forschungsprioritäten vorgenommen
werden müssen und Mittel, wie sie z. B. für den ITER und die Transmutations-
forschung vorgesehen sind, sinnvoller für die Klimaforschung, die erneuerbaren
Energien und die Energiewende einzusetzen sind.

Exzellenz ist auf europäischer Ebene zu Recht das entscheidende Argument für
die erfolgreiche Bewerbung um Fördermittel. Eine elementare Voraussetzung
dafür sind exzellente Forschungsinfrastrukturen. Im europäischen Vergleich ste-
hen diesbezüglich nicht alle EU-Mitgliedstaaten so gut da wie Deutschland. Um
das Potenzial von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus allen Mit-
gliedstaaten nutzbar zu machen und um die Chancengleichheit zu erhöhen, ist
ein gewisses Maß an Kohäsion auch in der Forschungspolitik notwendig. Des-
halb ist der weitere Ausbau der Forschungsinfrastrukturen unter Einbeziehung
des Strukturfonds ein richtiger Weg.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich im Rahmen der Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen für
eine deutliche Prioritätenverschiebung zugunsten von Forschung und Inno-
vation einzusetzen;

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2. sich dafür einzusetzen, dass sich europäische Forschungspolitik auf die so
genannten großen Herausforderungen in den Bereichen Klimawandel, Um-
weltschutz, Energiewende, Gesundheit und soziale Herausforderungen wie
der demografische Wandel konzentriert. Die entsprechenden Schwerpunkte
müssen in einem transparenten und legitimierten Prozess festgelegt werden;

3. sich dafür einzusetzen, dass vor der Einrichtung neuer Forschungsinstru-
mente und Programme unnötige Redundanzen mit bereits bestehenden In-
strumenten und Programmen ausgeschlossen werden. Es erscheint sinnvoll,
bestehende Programme und Instrumente zunächst hinreichend auf die Er-
reichung der gesetzten Ziele zu evaluieren und Entscheidungen über die
Fortsetzung oder notwendige Veränderungen zu treffen, bevor neue In-
strumente hinzugefügt werden. Gegebenenfalls sollte die Bundesregierung
darauf dringen, weniger erfolgreiche Instrumente aufzugeben;

4. sicherzustellen, dass einzelne Forschungsprojekte, wie GALILEO oder
ITER, nicht auf Kosten vieler anderer erfolgreicher Forschungsvorhaben
und Programme aus dem Forschungsrahmenprogramm finanziert werden.
Darüber hinaus muss eine Neubewertung von Hochrisikotechnologien wie
der Atomkraft auch im Bereich der Forschungsförderung vorgenommen
werden;

5. sich dafür einzusetzen, dass sich die Arbeitsbedingungen für Wissenschaft-
lerinnen und Wissenschaftler im Europäischen Forschungsraum verbes-
sern, um die dringend notwendige Mobilität zu fördern (z. B. Portabilität
von Versorgungsansprüchen) und den Europäischen Forschungsraum für
internationale Spitzenforscher und -forscherinnen attraktiv zu machen;

6. in den Verhandlungen darauf zu dringen, dass eine erhebliche Verbesserung
der Partizipation von Frauen in der Forschung erreicht wird durch verbind-
liche Ziele für das gesamte Rahmenprogramm ebenso wie für Teilbereiche.
Die Förderung von Frauen in den Wissenschaften darf sich nicht auf Maß-
nahmen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschränken;

Europäischer Forschungsrat (ERC)

7. sich in den Verhandlungen auf europäischer Ebene zum 8. Forschungsrah-
menprogramm dafür einzusetzen, dass das Budget des ERC anteilig verste-
tigt wird. Die Aufgabe des ERC ist die Finanzierung der besten Grundla-
genforschungsprojekte. Die Grundlagenforschung muss darüber hinaus
auch weiterhin im Rahmen anderer spezifischer Programme gefördert wer-
den;

8. sich dafür einzusetzen, dass der ERC innerhalb des Europäischen For-
schungsraums langfristig verankert wird;

9. darauf zu dringen, dass der ERC noch stärker auf die Förderung des wissen-
schaftlichen Nachwuchses ausgerichtet wird;

Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses

10. sich dafür einzusetzen, dass die Förderung des wissenschaftlichen Nach-
wuchses noch stärker als politisches Ziel des 8. Forschungsrahmenpro-
gramms verankert wird;

11. in den Verhandlungen darauf zu dringen, dass im Bereich des Marie-Curie-
Programmes insbesondere die Graduiertennetzwerke sowie die Individual-
stipendien für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissen-
schaftler finanziell aufgestockt werden;

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12. sich dafür einzusetzen, dass das Marie-Curie-Programm wieder in die Gene-
raldirektion Forschung und Innovation der Europäischen Kommission ein-
gegliedert wird;

Unterstützung der strukturschwachen Mitgliedstaaten

13. in den Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass exklusive Instrumente ein-
geführt werden, bei denen vielversprechende Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler aus strukturschwachen Regionen und insbesondere aus
neuen Mitgliedstaaten gut ausgestattete Grants erhalten können. Darüber
hinaus muss sichergestellt werden, dass die entsprechenden Regionen bei
der Forschungsinfrastruktur aufholen können. Dafür sollten zunächst vor
allem Strukturfondsmittel eingesetzt werden. Aber die entsprechenden
Regionen sollten auch an den für die Infrastruktur vorgesehenen Mittel des
Forschungsbudgets partizipieren können. Ziel ist es, den betreffenden Mit-
gliedstaaten die Möglichkeiten zu geben, exzellentem wissenschaftlichem
Nachwuchs eine Perspektive im eigenen Land zu bieten und langfristig die
Bildung einer vitalen Forschungsstruktur zu unterstützen;

Spezifisches Programm „Kooperation“

14. sich dafür einzusetzen, dass das Instrument der Verbundforschung als Kern-
stück des 8. Forschungsrahmenprogramms erhalten bleibt; deshalb sind
finanzielle Kürzungen in diesem Bereich abzulehnen;

15. sich dafür einzusetzen, dass die Verbundforschung – im Rahmen der thema-
tischen Prioritäten der „großen Herausforderungen“ – ein breites Spektrum
von Themenbereichen abdeckt und die europäische Exzellenz bündelt;

16. in den Verhandlungen darauf zu bestehen, dass die zügig umzusetzende Re-
form der administrativen Abläufe zu einer Vereinfachung für die Antrag-
steller führt und das Vertrauensprinzip dabei eine stärkere Berücksichtigung
findet;

17. darauf hinzuwirken, dass die Kooperationsforschung für die „großen Her-
ausforderungen“ verstärkt interdisziplinäre Ansätze verfolgt und dabei
insbesondere der Anteil von sozialwissenschaftlichen Fragestellungen
deutlich erhöht wird;

18. in den Verhandlungen darauf zu dringen, dass die Chancen auf die Beteili-
gung von kleinen und mittleren Unternehmen sowie Hochschulen an der
Verbundforschung erhöht werden;

Berichterstattung

19. den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des
Deutschen Bundestages bis zur endgültigen Verabschiedung des 8. For-
schungsrahmenprogramms auf dem Laufenden zu halten und regelmäßig
und zeitnah über den Stand und Verlauf der Diskussionen zum 8. For-
schungsrahmenprogramm schriftlich zu informieren.

Berlin, den 12. April 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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