BT-Drucksache 17/526

Maßnahmenbündel gegen Spekulationen auf den Finanzmärkten und ungerechtfertigte Banker-Boni

Vom 26. Januar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/526
17. Wahlperiode 26. 01. 2010

Antrag
der Abgeordneten Nicolette Kressl, Joachim Poß, Ingrid Arndt-Brauer, Sabine
Bätzing, Lothar Binding (Heidelberg), Ulla Burchardt, Martin Gerster, Iris Gleicke,
Petra Hinz (Essen), Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Bernd Scheelen, Dr. Carsten
Sieling, Manfred Zöllmer, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Maßnahmenbündel gegen Spekulationen auf den Finanzmärkten und
ungerechtfertigte Banker-Boni

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben in Deutschland und weltweit die
Banken mit Milliardensummen und noch höheren Bürgschaften gestützt. Dies
war für eine funktionierende Kreditversorgung für die Realwirtschaft und zur
Sicherung der Kundeneinlagen notwendig – denn die Stabilität des Finanz-
markts ist ein öffentliches Gut.

Die sich verbessernde Lage auf den Finanzmärkten lässt aber offenbar die alten
Untugenden wieder modern erscheinen: Die Banken machen hohe Gewinne,
die vorrangig im Investmentbanking erzielt werden – und zahlen wieder
schwindelerregende Boni.

Dabei sind gerade die dort erzielten Gewinne derzeit vielfach die Folge der
Finanzierung der umfänglichen öffentlichen Rettungsaktionen, insbesondere
durch den Verkauf zusätzlicher Staatsanleihen. Die weiterhin im Investment-
banking tätigen Institute profitieren damit doppelt. Erst einmal unmittelbar aus
der Bankenrettung und der Stabilisierung des gesamten Weltfinanzsystems und
jetzt noch einmal mittelbar an der Finanzierung der öffentlichen Stützungsmaß-
nahmen. Daneben haben vor allem die Notenbanken mit extrem niedrigen Zin-
sen und teilweise sehr unkonventionellen Maßnahmen das Kreditgeschäft der
Banken massiv gestützt.

Als in mehrfacher Hinsicht von den öffentlichen Stützungsmaßnahmen Profi-
tierende müssen die Banken jetzt dazu beitragen, die Lasten der Krisenbekämp-
fung in den öffentlichen Haushalten zu tragen. Zudem muss sichergestellt wer-
den, dass die Anreizstrukturen für die Banken und diejenigen, die in den
Banken tätig sind, nachhaltig so verändert werden, dass eine Wiederholung der
Exzesse, die eine der Ursachen der Finanzkrise waren, möglichst ausgeschlos-
sen wird. Dazu sind wirksame Maßnahmen sowohl auf der Ebene des interna-

tionalen und nationalen Finanzsystems selbst, auf der Ebene der einzelnen
Banken sowie solche in Bezug auf die Vergütungsstrukturen innerhalb der
Banken erforderlich.

Drucksache 17/526 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

II. Vorschläge für solche Maßnahmen liegen seit einiger Zeit auf dem Tisch:

● Eine internationale Finanztransaktionssteuer wäre ein wirksames Mittel, um
die von der Realwirtschaft völlig losgelösten Spekulationen auf den interna-
tionalen Finanzmärkten spürbar einzudämmen und einen Teil der auf den
Finanzmärkten erzielten Gewinne zugunsten der öffentlichen Haushalte ab-
zuschöpfen. Im Jahr 2007 war das Volumen der Finanztransaktionen 74 Mal
so hoch wie das nominelle Welt-Bruttoinlandsprodukt. Dieser enorme
Anstieg ist ausschließlich eine Folge der Expansion der Aktivitäten auf den
Derivatmärkten, die mit der Realwirtschaft nur noch begrenzt etwas zu tun
haben. Deswegen müssen endlich überzeugende Anstrengungen ergriffen
werden, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen. Dadurch würde die Spe-
kulation begrenzt und es würden wichtige Einnahmen für Zukunftsaufgaben
erzielt.

● Die Bekämpfung von Steueroasen und Steuerhinterziehung muss energisch
fortgesetzt werden. Steuerhinterziehung ist kriminell. Während Reiche und
Superreiche ihr Geld am Fiskus vorbeilenken, finanzieren die Bezieher norma-
ler Einkommen die öffentlichen Leistungen mit ihren Steuergeldern. Die natio-
nalen Maßnahmen, die mit einem dazu verabschiedeten Gesetz in Deutschland
nun möglich sind, müssen konsequent genutzt werden. Es geht um konkretes
Handeln – nicht um eine Alibiveranstaltung.

● Die Finanzmarktaufsicht ist international, europäisch und national zu stärken
und um Instrumente zur Überprüfung von Geschäftsmodellen sowie um eine
systemische Komponente zu ergänzen.

● Durch eine Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Gehältern und Ab-
findungen auf maximal 50 Prozent der Beträge, die 1 Mio. Euro übersteigen,
kann überzogenen Vergütungen entgegengewirkt werden. Durch eine Ein-
schränkung der steuerlichen Absetzbarkeit wird sichergestellt, dass die Steuer-
zahlerinnen und Steuerzahler nicht in unbegrenzter Höhe an der Finanzierung
der Boni beteiligt werden.

● Bankerträge müssen zur Ausweitung des Kreditangebots für die Realwirt-
schaft genutzt werden und dürfen nicht in die Taschen von Bankern und Bank-
aktionären fließen. Nach dem Vorschlag von US-Präsident Barack Obama
sind jetzt auch in Deutschland konkrete Schritte zur Abschöpfung eines grö-
ßeren Teils der Bankgewinne und damit zur Begrenzung der Boni unumgäng-
lich. Neben einer unmittelbaren Abgabe auf die Bonuszahlungen der Banken
sollte hierzu auch die Einführung einer allgemeinen Bankenabgabe geprüft
werden. Ziel ist, die finanzielle Verantwortung für die Folgen der Bankenkrise
nicht einseitig auf die Schultern der Bürgerinnen und Bürger abzuschieben,
sondern die Verursacher der Krise stärker in die Haftung mit einzubeziehen.

III. Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf,

● sich konsequent für die Einführung einer internationalen Finanztransaktions-
besteuerung einzusetzen. Sollte sich auf internationaler Ebene keine Einigung
erzielen lassen, soll eine europäische Finanztransaktionssteuer eingeführt
werden. Kann weder eine internationale noch eine europäische Übereinkunft
erreicht werden, soll als erster Schritt eine nationale Börsenumsatzbesteue-
rung nach britischem Vorbild eingeführt werden;

● die zuletzt erste Erfolge zeigenden nationalen und internationalen Maßnahmen
gegen Steueroasen und Steuerhinterziehung mit Nachdruck weiterzuführen;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/526

● bei der Umsetzung ihrer Pläne zur Neuordnung der Finanzmarktaufsicht in
Deutschland auf alle Maßnahmen zu verzichten, die die Aufsicht institutionell
oder personell schwächen könnten. Dazu gehört auch, dass die in der Aufsicht
Tätigen nicht durch monatelange Diskussionen über die zukünftigen Struktu-
ren verunsichert werden. Im Gegenteil muss die Aufsicht gestärkt und für eine
wirksame Kooperation im Rahmen der internationalen und europäischen
Aufsichtsgremien fit gemacht werden;

● unverzüglich Maßnahmen für eine angemessene Beteiligung der Banken an
der Finanzierung der öffentlichen Lasten aus der Krisenbekämpfung zu er-
greifen und umgehend für eine wirksame Begrenzung der Banker-Boni zu
sorgen. Die Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit überhöhter Bonus-
zahlungen als Betriebsausgaben muss sofort umgesetzt werden.

Berlin, den 26. Januar 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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