BT-Drucksache 17/5151

Europäische Rahmenbedingungen der Energiebesteuerung

Vom 21. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5151
17. Wahlperiode 21. 03. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Lisa Paus, Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Winfried Hermann,
Bärbel Höhn, Beate Müller-Gemmeke, Sven-Christian Kindler, Oliver Krischer,
Elisabeth Scharfenberg, Dorothea Steiner, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Europäische Rahmenbedingungen der Energiebesteuerung

Wesentliche Rahmenbedingungen für die Energiebesteuerung in Deutschland
werden durch die EG-Energiesteuerrichtlinie (2003/96/EG) gesetzt. Die EU-
Kommission bereitet gegenwärtig eine Reform dieser Richtlinie vor. Unter an-
derem plant sie, als Klimaschutzmaßnahme eine CO2-Komponente in die Ener-
giebesteuerung einzuführen. Diese soll für Sektoren gelten, die nicht vom Emis-
sionshandelssystem erfasst werden. Dadurch sollen Energieträger mit hohen
CO2-Emissionen wie Kohle stärker belastet werden als umweltfreundliche
Energien. Davon wären vor allem die Bereiche Verkehr, Haushalte und Land-
wirtschaft betroffen.

Die Vorlage eines Entwurfs einer neuen Richtlinie wurde seit Jahren mehrfach
verschoben, da die Pläne auf Widerstand einzelner Mitgliedstaaten treffen. In
der Presse wird berichtet, dass auch die Bundesregierung in Brüssel als Gegner
einer derartigen Reform auftritt. Auf seiner Internetseite führt das Bundesminis-
terium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) aus: „Das Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie wird darauf achten, dass es hierbei zu keiner
Mehrbelastung für die deutsche Wirtschaft kommt, insbesondere im Hinblick
auf die von der EU-Kommission avisierte Einführung einer CO2-Komponente
bei den Mindeststeuersätzen“ (www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Wirtschaft/
Industrie/industrie-und-umwelt,did=338444.html?view= renderPrint, abgefragt
am 17. Januar 2011).

Auch im Rahmen der aktuellen Richtlinie ergibt sich Handlungsbedarf bei der
Energiebesteuerung. Die beihilferechtliche Genehmigung der bestehenden Steu-
ervergünstigungen für Unternehmen durch die Kommission nach Artikel 17 der
EU-Energiesteuerrichtlinie endet Ende 2012 mit dem Auslaufen der „Verein-
barung zur Klimavorsorge“ vom 9. November 2000. Eine Nachfolgeregelung
müsste nach Artikel 17 der Richtlinie auf energieintensive Betriebe beschränkt
werden oder voraussetzen, dass „Vereinbarungen mit Unternehmen oder Unter-
nehmensverbänden oder … Regelungen über handelsfähige Zertifikate oder
gleichwertige Regelungen umgesetzt (werden), sofern damit Umweltschutzziele

erreicht werden oder die Energieeffizienz erhöht wird“.

Drucksache 17/5151 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

Reform der Energiesteuerrichtlinie

1. Strebt die Bundesregierung eine Harmonisierung der Energiebesteuerung
auf europäischer Ebene an?

2. Unterstützt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang das Anliegen
der EU-Kommission, die europäische Energiesteuerrichtlinie zu überarbei-
ten?

3. Welche europäischen Staaten unterstützen die Initiative der EU-Kommis-
sion, und welche sind dagegen?

4. Welche wesentlichen Änderungen in der Energiesteuerrichtlinie werden ge-
genwärtig nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung auf europäischer
Ebene diskutiert?

5. Welche Position vertritt die Bundesregierung bezüglich der diskutierten
Veränderungen?

6. Welche Position vertritt die Bundesregierung insbesondere bezüglich einer
möglichen CO2-Komponente im Rahmen der Energiebesteuerungsrichtli-
nie?

7. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine CO2-Komponente ein
effizientes marktwirtschaftliches Instrument ist, und wenn nein, warum
nicht?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen einer CO2-Kompo-
nente auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft?

9. Sieht die Bundesregierung in der Einführung einer CO2-Komponente bei
der Energiesteuer als ein brauchbares Klimaschutzinstrument für die Berei-
che an, die nicht unter den europäischen Emissionshandel fallen, und wenn
nein, warum nicht?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung insbesondere eine CO2-Komponente bei
der Energiesteuer als Mittel, um Verzerrungen zwischen dem Emissions-
handelsbereich und anderen Energieverbrauchern zu vermeiden?

11. Hält die Bundesregierung eine CO2-Besteuerung prinzipiell für sinnvoller
und wirksamer als den Emissionshandel?

12. Wie würde sich die Einführung einer CO2-Komponente von 20 Euro/t CO2
auf die Höhe der EU-Mindeststeuersätze sowie die Energiebesteuerung in
Deutschland der derzeit von der Richtlinie betroffenen Energieträger aus-
wirken?

13. Welche Auswirkung hätte die Einführung einer CO2-Komponente von
20 Euro/t CO2 auf die deutsche Wirtschaft, wenn bereits alle Sektoren, die
vom Emissionshandel betroffen sind bzw. freie Zuteilungen im Rahmen des
Emissionshandels erhalten, von der Energiebesteuerungsrichtlinie ausge-
nommen wären?

14. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des BMWi, dass die Einführung
einer CO2-Komponente bei den Mindeststeuersätzen zu keiner Mehrbelas-
tung für die deutsche Wirtschaft führen darf, und warum?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen, die eine CO2-Kom-
ponente auf die Besteuerung von Dieselkraftstoff hätte?

16. Welche Mitgliedstaaten der Europäischen Union wenden nur den in der
Energiebesteuerungsrichtlinie festgelegten Mindeststeuersatz an, bezogen

auf die einzelnen in der Richtlinie genannten Energieträger?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5151

17. Wie hoch ist die Besteuerung der in der Energiebesteuerungsrichtlinie ge-
nannten Energieträger in Deutschland im Vergleich dazu?

18. Hat die Bundesregierung eigene Vorschläge für die Reform der Energie-
steuerrichtlinie in die Verhandlungen eingebracht, und wenn ja, welche?

19. Von wem wird die Bundesregierung mit ihren Vorschlägen zur Energiesteu-
errichtlinie auf der europäischen Ebene unterstützt?

20. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, Steuervergünstigung in
Deutschland an die Bedingung zu koppeln, dass die Begünstigten ein Ener-
giemanagementsystem betreiben?

21. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass in der Energiesteuer-
richtlinie Steuervergünstigungen für Unternehmen generell an die Anforde-
rung geknüpft werden, ein Energiemanagementsystem zu betreiben?

Europarechtliche Voraussetzungen für Steuervergünstigungen

22. Strebt die Bundesregierung an, die pauschalen Steuervergünstigungen für
das produzierende Gewerbe nach den §§ 9a, 9b und 10 des Stromsteuer-
gesetzes sowie den §§ 51, 54 und 55 des Energiesteuergesetzes für Unter-
nehmen des Produzierenden Gewerbes sowie der Land- und Forstwirtschaft
nach Auslaufen der gegenwärtigen beihilferechtlichen Genehmigung fort-
zuführen, und wenn ja, warum bevorzugt die Bundesregierung pauschale
Vergünstigungen im Vergleich zu Vergünstigungen nach Artikel 17 Ab-
satz 1a der Energiesteuerrichtlinie, die auf energieintensive Betriebe be-
schränkt sind?

23. Auf welche Regelungen der Richtlinie sollen diese Steuervergünstigungen
gestützt werden?

24. Gibt es bereits Gespräche zwischen der Bundesregierung oder deren Vertre-
tern und Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden über die Voraussetzun-
gen einer solchen Fortführung?

25. In welcher Form (Gesetz, Verordnung, Selbstverpflichtung oder Ähn-
lichem) sollen die Voraussetzungen für die beihilferechtliche Genehmigung
festgeschrieben werden?

26. Wer ist von Seiten der Bundesregierung und der Wirtschaft in diese Gesprä-
che eingebunden?

27. Bis wann plant die Bundesregierung, einen Antrag für die beihilferechtliche
Genehmigung über 2012 hinaus zu stellen?

28. Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, Steuererleichterungen für erneu-
erbare Energien, wie z. B. Steuererleichterungen bei Ökostrom, von der
Stromsteuer oder bei Biokraftstoff von der Mineralölsteuer zu schaffen, um
so eine Klimaschutzlenkungswirkung von Verbrauchern anzuregen?

Berlin, den 18. März 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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